Hallo wp,
weil Du fragtest. Ich bin 30 - kann also nichts dazu sagen wie sich Leistungsgerechtigkeit seit den 90ern verändert hat.
Mein Punkt ist nur dass ich eine große Gefahr für kapitalistische Systeme sehe, wenn Erbmasse nicht angemessen versteuert wird. Tendenziell bewegt sich sonst das Vermögen in immer größere Ansammlungen und das kann auf Dauer nicht gut für den sozialen Frieden sein. Und vor allem nicht gut für die Wirtschaft, weil ich davon ausgehe dass höhere Löhne in der Breite sehr gut für die Wirtschaft sind.
Viele Leute bei uns erkennen gar nicht wie privilegiert sie sind. Nicht nur solche die gar nicht mehr arbeiten müssen. Auch wenn einer "nur" ein Haus bekommt oder eine Top-Ausbildung. Und das noch dazu in einem Land wie Deutschland. Das allein ist ein Riesen-Privileg. Aber der Kern ist, es ist einem Nicht-Erben finde ich schlecht vermittelbar dass ein Großteil an Vermögenswerten zu mickrigen Erbschaftssteuern vererbt werden, wenn er gar nichts bekommt.
Das war natürlich schon immer so. Bei uns in Oberbayern historisch bei Höfen. Die Bauern blieben unter sich, die Knechte hatten Pech. Wenn ein Bauer mit ner Magd ein Kind hatte wurde das natürlich nicht angenommen. Die sind teilweise bis heute sehr privilegiert, wenn die Landwirtschaft auch nicht mehr läuft, hat man vielleicht das Glück dass man Grundstücke als Bauland verkaufen kann. Aber so ist es halt und natürlich ist es nicht fair zu machen. Das ist unmöglich. Aber es gäbe Möglichkeiten es fairer zu machen und da passiert finde ich sehr, sehr wenig. Z.B. könnte man eben eine nennenswerte Erbschaftssteuer machen. Oder man würde Leuten die nichts erben höhere Freibeträge/geringere Steuersätze geben.
War historische auch nicht so möglich, da man viel in Cash etc. machen konnte. Ich denke hier ist digital hilfreich, auch wenn viele Datenschutzbedenken haben. Aber naja, die die ich kenne die sich aufgeregt haben dass die 500er abgeschafft werden, waren halt die, die gern was schwarz bezahlt haben.
Apropos, weil es hieß in Japan sei die Erbschaftssteuer hoch. Hab heut eine Kollegin gefragt, sie erwartet mal ein Hochhaus in Tokio. Sie hat nur gelacht und gesagt in der Theorie schon. Macht man halt dann in Cash über die Jahre bzw. als Immobilien, etc. Das nur bzgl. der Erbschaftssteuer, weil ich mich einfach wundere wie man eine so hohe Staatsverschuldung bei gleichzeitig schlechter Gegenleistung hinbekommt. Will aber nicht wieder die Diskussion aufgreifen, ich denke wo es einem besser gefällt ist wohl einfach Geschmackssache :).
Außerdem glaub ich dass man vielen gar keinen Gefallen tut wenn sie zu viel bekommen. Das kann auch ein Klotz am Bein sein, Wohlstandskrüppel sagen wir manchmal. Klingt hart, trifft's aber bei manchen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich fände es zielführender wenn man während des Lebens deutlich weniger Steuern zahlen müsste und dafür wesentlich höhere auf Erbschaften. Das würde Leistung fördern und motivieren, außerdem erschiene es mir fairer. Und es würde den (Binnen-)konsum ankurbeln. Vielleicht könnte man auch ein Wahlrecht machen. Ich würde das allemal bevorzugen.
PS: Mir ist völlig klar dass ein etwaige Umsetzung sehr schwierig wäre. Für mich ist das aber zumindest philosophischer Natur wichtig. Ich diskutier mit Leuten die meinen es ist fair/nicht ungerecht dass einer was bekommt und der andere nicht. Das find ich falsch. Was man dann real-politisch machen kann ist natürlich oft eine andere Sache.
Und manche Leute sollten einfach ein bißchen bescheidener sein wenn sie selber wenig geleistet haben und Geburtsglück hatten. In USA soll da grad so einer rumlaufen..