Ich habe mich im aac forum in einer Diskussion in einer Endlosschleife aufgehängt und benötige dringend neue Ansichten.
Hier der thread, soweit er das Thema betrifft:
value:
Horst lehnt sich recht weit aus dem Fenster, wenn er mit anhaltenden Kursgewinnen im deutschen Aktienmarkt rechnet - und wenn es nur die unterbewerteten Nachzügler sind.
Wenn man für den Dax die aktuellen Daten aus der Börse online nimmt, kommt man auf ein KGV auf Basis der Kurse vom 13.01.04 (DAX30 4010 Pkt.) von 28,0. Das ist höher als im März 2000. Weiterhin unterstellen die Analysten einen Gewinnanstieg von durchschnittlich 59% (in Worten neunundfünfzig!!) und kommen damit auf ein KGV 2004 von 17,6. Was meiner Auffassung nach noch immer kein Schnäppchenpreis ist. Wie realistisch diese Gewinnwachstumsprognose ist, mag jeder selbst entscheiden, in einzelnen Branchen ist dies sicher machbar (KfZ, Finanz, Einzelhandel?), aber für den breiten Markt: No way!
Meine Thesen:
- Der breite Markt ist heute höher bewertet als zu Zeiten der Technoblase, damals konzentrierte sich der Marktblödsinn auf wenige Titel, die in astronomische Höhen gejagt worden sind.
- Es gibt derzeit weniger antizyklische Kaufgelegenheiten als 2000. So genial gemütlich, wie damals Horsts fnet-Depot gestiegen ist, wird es in absehbarer Zeit nicht werden.
- Im Smart Investor wird das derzeitige Geschehen als Pit Bull Rally bezeichnet, deren Ende man nicht abschätzen kann. Allerdings wird es dannach zu deutlichen Kursabschlägen kommen. Dem schliesse ich mich an.
(...)
thomasK
Man kann sagen, dass Aktien mal populär sind und mal nicht - ablesbar am KGV, egal was man von dem KGV hält - und ablesbar, am herrschenden Anleihenzins, wie gesagt. Ein Rent-ner, der von seinen Zinseinnahmen legt, muss in Aktien gehen, denn 4 % sind weniger als 8 %, noch dazu real und nach Steuern. Insofern sind Aktienmärkte also Märkte - Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Der kann hoch sein - wie der Tulpenzwiebelpreis in Holland im 17. Jh. oder niedrig. Feststehend ist jedenfalls die Tendenz zur "mean reversion", also zur (Wieder-)Annäherung an den empirisch feststellbaren mittleren Wert. Jede Korrektur lässt sich so interpretieren, im positiven wie im negativen.
Die Nachfrage nach einem Gut wird von der Intensität des Wunsches bestimmt, dieses zu besitzen. Beim Angebot vom Wunsch, es loszuwerden.
Zwar ist es richtig, dass auch unsere AZ-Stockpicks nicht vom allgemeinen Börsentrend losgelöst zu Betrachten sind, aber dass diese langfristig dem Index überlegen sind, also ihn outperformen, ist ebenfalls erwiesen. Warum sonst sollten wir der antizklischen Strategie folgen ?
ThomasK
Was Über- bzw. Unterbewertung angeht, so bin ich der Meinung, dass viele, die dies in den Mund nehmen, nicht wissen, wovon sie sprechen. Als Antizykliker handelt man aufgrund klarer und nachvollziehbarer Kriterien, die der Markt selber liefert d.h. dessen implizite Erwartungshaltung spiegelt. Dieses Prinzip wird von vielen nicht verstanden. Diese Leute geben mit ihrer Wortwahl zu erkennen, dass sie glauben, den "wahren" Wert eines Aktivums zu kennen. Dies ist klarerweise ein Irrglaube.
ThomasK
Bei der Aktienbewertung muss man doch ganz klar sehen, dass dies Aktiva sind, die in Konkurrenz stehen mit anderen Anlagevehikeln. Und hier muss man doch ganz klar sehen, dass Anleihen als Hauptkonkurrenten der Aktie sehr viel teurer sind. Dies war Anfang 2000 nicht so. Auch wird sich die Nachfrage nach Aktien ganz generell wieder entwickeln, dies ist angesichts eines Umfeldes mit tiefen Zinsen und Preisen zwangsläufig so. Ausserdem wird aufgrund des globalisierten Umfeldes der Reformdruck bei uns so massiv hoch sein, dass diese auch durchgeführt werden. Es wird, es muss so kommen. Eine dauerhafte Baisse und der damit verbundene Glaube, die deutsche Börse sei "überbewertet" , halte ich für völlig irreal.
value:
Du unterliegst dem Fehler, den R. Sattler in seinem Buch Aktienkursprognose auf Seite 206 "Nominalverzinsungsillusion" nennt.
Wenn eine Anleihe 3,5% Verzinsung bringt bei gleichzeitiger Nullinflation ist das nämlich rentierlicher als 7% Verzinsung bei 5% Inflation. Trotzdem müsste sich nach deiner Auffassung im 2. Fall der Aktienkurs wegen der gestiegenen Anleihenzinsen HALBIEREN!
ThomasK
Hallo value,
in der Tat gab es Ender der 60er/Anfang 70er und dann wieder Anfang der 80er eine Hochzinsphase. Dies waren ausgesprochene Bärenmärkte. Erst als man mittels einer rigiden Geldpolitik das Inflationsproblem in den Griff bekam, war der Weg frei für steigende Aktienkurse.
value
Zitat aus Smithers & Wright Valuing Wall Street p.243f
dein Argument sollte damit gegessen sein, oder?
In search for a messure of value the recent fashion among stockbrokers has been to compare stocks with bonds. (...) From the viewpoint of economics they are really rather bizarre, since their lack of validitycan readily be shown.
(...)
The supreme nonsense of this argument is best illustrated by comparing it with the exact oppositeview that was held, generally with equal enthusiasm, in the previous 20-year bull market from 1950 to 68. In this period, inflation was rising, and there was an equally accidental correlation between rising bond yields and rising P/Es. It is interesting to note, that from a statistical viewpoint, the evidence in this erlier period witch exactly contradicts the bond/yield ratio was actually stronger than it was in support of the theory in the later period. While the stock market, interest rates, and inflation were all rising together in the 50s and 60s, it was then believed that inflation was good for shares.
thomask
Was soll das heissen, sollte gegessen sein? Es sollte nicht besonders schwer fallen, ein entsprechendes Zitat z.B. von Siegel oder Buffett rauszusuchen, das genau das Gegenteil aussagt. Das ist halt immer so ne Sache mit den Zitaten, man sucht sich immer die raus, die einem gerade in den Kram passen. Das ist zwar bequem, ersetzt aber nicht das eigenständige Denken. Das zum einen. Zum andern gibt es zu praktisch jedem Thema soviel unterschiedliche Meinungen und Ansätze, dass es für eine Diskussion ziemlich beliebig ist, wer sich da was heraussucht. Wenn Du behauptest, wir steuerten auf einen DAX von 3.000 zu, solltest Du besser versuchen, das mit Deinen eigenen Argumenten zu begründen anstatt zu versuchen, Deinen Gesprächspartner mit irgendwelchen Zitaten totzuschlagen.
value
ich sage damit nur, daß der von dir unterstellte Zusammenhang zwischen Anleihezins und KGV über einen Zeitraum von fast 20 Jahren so nicht bestanden hat. Daher ist dein Argument nicht stichfest sondern nur eine beliebige Zufallsbeobachtung.
thomask
Das ist eine recht unzulässige Vereinfachung, die unschwer zu wiederlegen ist. Gewinne werden über die Zeit abdiskontiert und folglich muss der Gegenwartswert dieses Gewinns sinken, wenn der Opportunitätszins - eben der Anleihenzins - ansteigt. Schau Dir mal in Deutschland die Perioden mit steigenden bzw. sinkenden Zinssätzen an und die Entwicklung der Aktienkurse.
Dieser Zusammenhang ist nicht schwer zu erkennen und gilt mit Sicherheit auch anderswo. Ich weiss auch nicht, in welchem Zusammenhang Smithers diese Frage diskutiert, deswegen kann ich dazu redlicherweise nichts sagen, zumal ich auch dieses Buch nicht besitze.
Dass Du von einer "beliebigen Zufallsbeobachtung" sprichst, ist doch absolut lachhaft. Du nimmst Dir irgendein Dir genehmes Zitat, behauptest dann aufgrund dieses Zitats, der von mir behauptete Zusammenhang würde nicht gelten. So etwas nenne ich eine zufallsgesteuerte Argumentation der Beliebigkeit. Zufallsgesteuert deswegen, weil aus dem Meer des Wissens ein klitzekleines Tröpfchen geschöpft wird, das die Erkenntnis zu stillen vorgibt.
value
Ich habe keinen Zitatschnipsel herausgeklaubt. Ich habe dir eine exakte Zeitperiode genannt (1950-196, in der Dein Zusammenhang so nicht existiert hat sondern im Gegenteil viele Anleger einen, statistisch sogar noch signifikanteren gegenteiligen Zusammenhang postulierten. Damit ist deine Hypothese einfach nicht mehr haltbar - sie ist falsifiziert. Ich habe also keine Meinung von einem Herrn Smithers zitiert, sondern Fakten.
"Gewinne werden über die Zeit abdiskontiert und folglich muss der Gegenwartswert dieses Gewinns sinken, wenn der Opportunitätszins - eben der Anleihenzins - ansteigt"
Das ist deine Behauptung - bloß stimmt sie nicht. Sie ist sozusagen ein "Irrglaube".
nochmal Smithers
The statistical case for valuing equities in relation to either bond yields or inflation is a prime example of selecting data to support the case you wish to make, rather than using data objectively in an attempt to discover truth.
Economists, when faced with a conflict between theory and evidence, discard their theory. Stockbrockers discard the evidence.
thomask
Also dann greif Dir doch bitte ein Buch über Finanzmarkttheorie und studiere das mal in Ruhe, anschliessend können wir dann ja vielleicht weiterdiskutieren. Ich glaube, wir können uns jetzt im Kreise drehen, das hier führt uns nicht weiter, so wie es aussieht. Ich halte Deine Argumentation für zutiefst einseitig. Deinen andauernden Zitate von dem Herrn Smithers beeindrucken mich in keinster Weise und ich für meinen Teil möchte diese Auseinandersetzung, denn eine solch ist ja auch nun hier entstanden, hiermit beenden.
Korrektur: Von einer Argumentation kann man ja hier gar nicht sprechen, denn Du zitierst ja wieder und wieder aus dem Smithers-Buch, ohne auch nur einen halbwegs plausiblen kausalen Grund anzuführen, weshalb das so sein könnte. Deine Behauptungen widersprechen jeder geltenden Erkenntnis und deine Zitate beweisen das nur - sie sind völlig bar jeder zusammenhängenden Begründung. Aber es ist ja hier nicht meine Aufgabe, Dich von Deinen verfehlten Ansichten abzubringen.
value:
Also nochmal zum mitschreiben:
Von 1950 bis 1968 stieg in den USA die "Bond Yield" von 1,5 auf 12%. Das Anleihen KGV als Kehrwert davon fiel von 66 auf 8,3.
Im gleichen Zeitraum fiel die Dividenden Rendite von 8,5% auf 3,5% und die "Earnings-Yield von 17% auf 6% Der Kehrwert der Earnings Yield ist das Aktien KGV. Dieses stieg von 5,9 auf 16,6.
Also eine Entwicklung vollkommen konträr zu dem von Dir postulierten Diskontierungseffekt.
und nochmal: Ich zitiere keine Meinungen von Smithers sondern statistische Tatsachen, mit denen du dich inhaltlich aber noch nicht auseinandersetzen wolltest. Seis drum.
thomask
Ja, aber begreif doch um Himmelswillen, dass zu dieser Betrachtung noch andere Faktoren gehören wie nur der blosse Zinssatz! Dazu gehören die Gewinn und noch viel wichtiger die Gewinnwachstumserwarteungen die Zinsänderungserwartungen und die Inflationserwartungen. Denn Märkte pflegen zukünftge Entwicklungen vorwegzunehmen. Value, ich kann Dir wirklich nur sehr eindringlich empfehlen, Dich mit der ganzen Materie etwas intensiver auseinanderzusetzen. Gute Literatur hierzu unter anderem: Malkiel, A Random Walk Down Wall Street; Heri, was Anleger wissen sollten. Neben den Büchern,, die von Horst empfohlen werden, m.E. weitere Werke, die mit Gewinn gelesen werden können.
Da Du aber offensichtlich grossen Wert auf statatistische Kennziffern legst, hier ein kurzer Rückgriff auf die jüngere Vergangenheit:
Anfang 2000 lag das DAX-KGV bei über 30, der Anleihenzins aber bei etwa 5,5%, macht ein Kurs-Anleihen-Verhältnis von etwa 18, macht einen Aufschlag von über 60%. Wir alle wissen, was seither passiert ist.
Anfang 2003 lag das DAX-KGV teilweise bei 10, das Kurs-Anleihe-Verhältnis bei fast 20%, was seither passiert ist und vor allem aufgrund deswegen war mir sehr sicher dass der DAX in 2003 kräftig steigen würde. Exogene Schocks werden dabei zwangsläufig ausser Acht gelassen.
Dies sollte doch einen gewissen Anhaltspunkt dafür geben, dass die Rolle der Zinsen als Resultat der Geldpolitik doch nicht so unbedeutend ist wie von Deinem Protagonisten Smithers angenommen(welcher wie gesagt nur eine Interpretation unter mehreren liefert).
Nun darf auch ich einmal mit einem Zitat enden: "The thing that most affects the stock market is everything."(Zitiert aus Siegel, Stocks for the long run).
value
Wenn du den Chart im Buch von Smithers sehen könntest... Es kann nicht sein, daß ein von dir behaupteter ursächlicher Zusammenhang zwischen Anleihen- und Aktien KGV während 18 Jahren der Nachkriegszeit einfach nicht bestanden hat, sondern ein umgekehrter statistischer Zusammenhang mit höherer Signifikanz nachzuweisen gewesen ist (der da lautet: je höher das Anleihen- KGV, um so höher auch das Aktien-KGV). Über 18 Jahre hinweg kannst du auch nicht mit Sondereinflüssen wie Gewinnerwartungen, Inflationserwartungen u.ä. kommen - der Zeitraum ist zu lang. Oder glaubst du, die Anleger hätten 1950 darauf spekuliert, daß 1968 die Inflation sinken wird?
thomask
Deine Frage zeigt ein weiteres Mal, dass es überaus problematisch ist, ein derart komplexes Thema derart verkürzt abzuhandeln.
Du sagst:"Über 18 Jahre hinweg kannst du auch nicht mit Sondereinflüssen wie Gewinnerwartungen, Inflationserwartungen u.ä. kommen - der Zeitraum ist zu lang." Wenn jemand Gewinn- und Inflationserwartungen als Sondereinflüsse bezeichnet, dann beschleicht mich das Gefühl, das derjenige einige grundlegende Zusammenhänge nicht versteht. Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber ich wüsste nicht, wie ich es anders ausdrücken sollte. Weiter: "Oder glaubst du, die Anleger hätten 1950 darauf spekuliert, daß 1968 die Inflation sinken wird?" Wie Du Dir sicherlich denken kannst, glaube ich das nicht, genausowenig wie ich glaube, dass im heutigen DAX die Gewinne des Jahres 2022 eingepreist sind.
Deswegen zum letzten Mal: Unter sonst gleichen Umstände übt die Erwartung ansteigender Zinsen Druck auf den Aktienmarkt aus. Das umgekehrte ist bei erwarteten Zinssenkungen der Fall. Ich hatte eigentlich gedacht, dass jemandem wie Dir diese Zusammenhänge geläufig sind. Aber man wird ja immer wieder aufs neue ueberrascht.
value
Kennt ihr den Intelligenztest für Regenwürmer?
- Ein Regenwurm hat zwei Ausgänge aus seiner Wohnröhre. An einen Ausgang legt man eine Elektrode, die kleine Stromstösse verteilt.
Wie oft probiert der Regenwurm trotz der Stromstösse diesen Ausgang? - Nun, in dem Experiment waren es 168 Versuche, bis sich der Regenwurm für den anderen Ausgang entschied.
PS Ich habe aber keine Lust, meine Argumentation 168 Mal zu wiederholen.