Market-Timing

  • Anfangen will ich mit einem bekannten Beispiel von Merton:
    1.000 USD revolvierend investiert am 1.1.1927 in 30-tägige Bonds wären am 31.12.1978 3.600 USD wert gewesen. An der NYSE investiert wären daraus 67.500 USD geworden.
    Jeden Monat in die beste der Anlagmöglichkeiten Aktien/Anleihen investiert, hätte das 5,36 Mrd USD ergeben!!!


    Optimales Market-Timing eben. Wie haltet ihr es mit dem Market-Timing? Ist aussichtlos das zu probieren, deshalb immer 100% Aktien?
    Oder einfache Indikatoren wie: je nachdem wie viele Antizykl. Aktien ich finde ergibt sich das Market-Timing von selbst?


    Ich bin gespannt auf die Diskussion.

  • Für mich ist selbst suboptimales Market-Timing aussichtslos ;) :( Daher immer ein Mix aus allem, investiert wird da, wo sich die besseren Gelegenheiten ergeben (z.B. ist es zur Zeit ziemlich aussichtslos, Anleihen zu finden, die mit mehr als 5% rentieren und gleichzeitig unter pari notieren).

    "The only function of economic forecasting is to make astrology look respectable." - John Kenneth Galbraith

  • 10% Edelmetalle für den Fall der Fälle. (am besten Silber)
    90% Aktien und/oder Cash. Je nachdem ob der Markt sich langfristig in einem Aufwärttrend oder Abwärtstrend befindet.

    Ist der Markt im Abwärtstrend ist ein Cashpolster angenehm an man kann in Ruhe auf Gelegenheiten warten. Als Filter macht sich KUV, KCV, KBV gut.


    Ist der Markt im Aufwärtstrend sollte man voll investiert sein. Ich halte wenig davon den Markt bis auf einen Monat genau timen zu wollen. (der Smartinvestor scheitert regelmäßig daran) Auch wenn es im Sommer nochmal runter geht steht man nach Steuern/Spesen sicher besser da, wenn man investiert bleibt. Ganz zu schweigen von dem Aufwand wieder den richtigen Einstiegszeitpunkt zu finden und dabei nichts zu verpassen. Als Filter macht sich KCV, KUV, Relative Stärke gut.


    Anleihen mag ich nicht. Tagesgeldkonten gefallen mir besser.

    They did not know it was impossible, so they did it! --Mark Twain

  • Zitat

    Original von Hofnarr
    Anfangen will ich mit einem bekannten Beispiel von Merton:
    1.000 USD revolvierend investiert am 1.1.1927 in 30-tägige Bonds wären am 31.12.1978 3.600 USD wert gewesen. An der NYSE investiert wären daraus 67.500 USD geworden.
    Jeden Monat in die beste der Anlagmöglichkeiten Aktien/Anleihen investiert, hätte das 5,36 Mrd USD ergeben!!!


    Ich würde eher vermuten, dass ein Privatanleger, der 1927 beginnt, monatlich sein 1000$-Depot einmal in die aus der Glaskugel gelesene beste Anlagemöglichkeit umzuschichten, 1929 wg. Transaktionskosten bankrott ist, selbst wenn seine Glaskugel immer Recht hat...

  • nee, Herakles, Einspruch. DAS hat er in der Glaskugel vorauserkannt, bannich Schulden gemacht, die in der Inflation mit einem Papierlappen zurückgezahlt und die dafür erstandenen Realwerte später produktiv weiterverwendet (oder für Willy: dann ist er Rentier geworden, wie man damals noch so sagte).


    Aber die Angabe von üpszig Mrd. aus tausend ist vollkommener Bockmist, der Meinung bin ich auch. Möchte mal wissen, welcher Töffel sich hinsetzt und die "monatlich beste Anlagestrategie der letzten 100 Jahre" ausrechnet. Hatter nix zu tun?


    Nic

  • Das einzige was dieser "Moderator" kann
    (zur Erinnerung fuers Forumsarchiv: er nannte sich DAQel)
    ist Andersdenkende aus Norbert's ehemals tollem Forum zu ekeln.
    Unser "Moderator" ist ein Troll
    und das finden wir ganz toll!

  • Der Thread ist nicht gerade lang geworden.
    Als Markttiming wird meist nur Ein und Ausstieg von Aktien gennant, aber nicht in was man denn nun umschichten koennte.
    Wie sieht das mit Short-Absicherungsstrategien ab einer bestimmten Ueberbewertung aus? Mit der Volkswagenaktie ging das komplett in die Hose, vorausgesetzt man hatte nicht genug Kapital vorzuweisen um Kurse von 1000 Euro pro Aktie aussitzen zu koennen.
    Dennoch halte ich es nicht fuer nicht zu gefaehrlich einen kleinen Teil an Shortpositionen einzugehen, besonders wenn man bei nicht zu grossen Largecaps shortet (denn bei den Kleinen smallcaps spielen die Hedgefonds und Banker nicht mit, und im Privatbereich glaube ich wird dort nicht dermassen ueblich geshortet. Und viele Kleinanleger haben gar nicht die Moeglichkeit Aktien leer zu verkaufen).
    Das Risiko nach oben (geshortete Aktie zieht nach oben ab) ist theoretisch unbegrenzt. Gleichzeitig ist es sehr sehr unwahrscheinlich, dass es soweit nach oben geht dass es einen ruiniert. Man kann ja stopkurse setzen. Dann ist das Verlustpotential begrenzt.


    Ansonsten gaebe es noch Derivative Instrumente. Ich befuerchte nur, dass die inneren Zinsen solcher Derivate zu hoch sind, um daraus eine langfristige Absicherungsstrategie basteln zu koennen, und Aktien leer verkaufen (vermutlich) fast immer billiger ist.


    Hat noch jemand Ideen/ Studien zu diesem Thema?
    Es gab doch mal irgendwo einen Thread: "Optionen selber schreiben" oder aehnliche Beschreibung. Wo ist dieser Thread?


    Gruss,
    Joe

    “It’s the little things that matter. It’s one thing to tell someone they look like the first day of spring. It’s another thing to tell them they look like the last day of a long, hard winter.” - Zig Ziglar

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  • Die guten Beiträge zum Thema sind eigentlich zu schade, um in den Tiefen des Lage-Threads zu verschwinden (insbesondere natürlich meine ;)).
    ---
    Balkenchart am 13.10.2009 22:28


    Hallo,


    ich hatte mal mit Shiller's Daten zum KGV10 durchgerechnet, ob ich Market Timing mit dem KGV10 als Kriterium betreiben kann. Ich habe keine signifikante Ueberrendite hinbekommen. Wenn Ihr das besser koennt, gerne, viel Erfolg!
    ---
    Joe am 14.10.2009 00:46


    Balkenchart : Ich erinnere mich an den Versuch. Du hast da allerdings vermutlich einen Rechenfehler gemacht, oder Du hast das KGV10 Kriterium zu lasch eingestellt, entweder beim Aus- oder beim Einstieg. Mir ist das Markettiming gelungen, und ich habe die gleichen Shiller-Daten wie Du gehabt. Ich weiss nicht mehr genau die Parameter, aber jedenfalls war man mit dieser Methode ca. 40% der Zeit nicht investiert (meine ich mich dunkel erinnern zu koennen). Ich schlage folgende Parameter vor:
    Ausstieg bei KGV10 = 22.5 (=4.5%), und einstieg bei KGV10 = 11.1 (ca. 9%).
    Beim Ausstieg musst Du natuerlich davon ausgehen, dass Du den realen Wert des Geldes erhalten kannst plus eine minimale Verzinsung von 1%.
    Man ist damit Jahrelang draussen. z.B. waere man in den 90er Jahren ausgestiegen und bis jetzt nicht wieder drinnen! Das Problem ist natuerlich, dass ich diesen Ausstiegszeitpunkt in den 90er Jahren "verpasst" hatte.
    Streng genommen duerfte ich gar nicht in Aktien investiert sein. Frage
    Sollte der naechste Ausstiegszeitpunkt vorbeikommen (KGV10 = 22.5) dann koennte ich auf das Markttimingmodell aufspringen. Hm.
    Man muss ein Markttimingmodell finden, und sich nicht etwa taeuschen lassen von siegel und co. Denn gerne wird vergessen, dass beim "Stay and hold" es auch zig 20Jahreszeitraeume gab, die eine Performance von unter 2% p.a. brachten. Es schwankte in den letzten 200 Jahren auf 20Jahreszeitraeume gesehen so zwischen 0 und 14%.
    20 Jahre. In Worten: zwanzig. Viele von uns waren vor 20 Jahren nicht einmal erwachsen. Das ist eine lange Zeit.
    Da wir bereits (ungluecklicherweise) einen 20 Jahreszeitraum hinter uns hatten der fast 14% p.a. brachte (endete im Jahr 2000), sollte sich nun eine 20 Jahresperiode anschliessen die 0% p.a. bringen. dann waere es im Mittel wieder 7%.
    Mal abgesehen davon - ich habe ja diese 7% "zerlegt".
    Wir hatten in den letzten 200 Jahren nur deshalb 7% p.a. weil die Bewertung im gleichen Zeitraum am Anfang ein KGV10 < 10 hatte (ich schaetze KGV10 = 8 ), am Ende ein KGV10 = 43.
    Es kann passieren, dass es wieder auf ein KGV10 = 8 schrumpft - in den naechsten 200 Jahren(!). Dann ist das, was die Performance mit einem Bewertungs-Bonus von 2% von ehrlicheren 5% auf Siegelsche 7% hat huepfen lassen ploetzlich andersherum ein Malus der die langfristigen 5% auf 3% schrumpfen laesst. Auf die naechsten 200 Jahre. In Worten: zweihundert.
    Wir wissen nicht, ob die Bevoelkerungsexplosion einen Einfluss auf die letzten 200 Jahre hatte. Aber "zufaellig" ist es so, dass das Phaenomen Wirtschaftswachstum von ca. 1.5% pro Jahr erst seit ca. 200 Jahren existiert. Zeitgleich mit der Bevoelkerungsexplosion.
    Kannst Du bei Wikipedia nachlesen. Vor diesen 200 Jahren betrug das Wirtschaftswachstum 1000 Jahre davor vermutlich nur knapp ueber 0. (Wikipedia gibt 0.05% an oder so).
    Mir ist klar, dass es nicht leicht ist wirklich genau Daten zu ermitteln die aelter sind als nach dem 2. Weltkrieg. Und je aelter die Daten sind, desto mehr Unschaerfen gibt es.


    Die naechsten ca. 15 Jahre erwarte ich eine negative Rendite saemtlicher Industrialisierter Aktienmaerkte in saemtlichen Laendern.
    Ich wuenschte es waere nicht so, denn das hiesse ja, dass unsere Generation die Axxxx-Karte gezogen haette.
    Ich will es eigentlich auch gar nicht wahr haben, und suche staendig nach Gegenbeweisen. Aber so sehr ich auch suche, ich finde das Gegenteil. Ich bin erschuettert, dass nicht einmal Siegels Konstante zu halten ist. Das schlug bei mir ein wie eine Bombe.
    Es koennte allenfalls so sein, dass das KGV10 tatsaechlich gegen unendlich strebt. Mangels Alternative wird man sich in ferner Zukunft mit immer weniger Rendite zufrieden geben. In 100 Jahren koennten wir z.B. ein KGV10= 100 fuer voellig normal halten, weil alles andere noch weniger als 1% bringt. Und Siegel haette dann weiter 100 Jahre recht behalten. Aber wer hat schon 100 Jahre Zeit? Wer will auch "nur" 50 Jahre lang warten? Kurz und Kuerzer: am Markettiming fuehrt kein Weg vorbei. Wer mit "stay and hold" drin bleibt wird im Baerenmarkt (von 2000 bis ca. 2020) gehoerig auf die Schnauze fallen.
    2007 waere genau wie 2000 ein guter Ausstiegszeitpunkt gewesen. Und mit einem bisschen Glueck hat man nochmal die Gelegenheit fuer einen Ausstieg in ein paar Wochen oder Monaten. Ein Ausstieg bedeutet uebrigens immer auch ein Einstieg in etwas anderes: Bargeld, Rohstoffe, Anleihen, eigene Huette kaufen, short gehen, reales Geschaeft gruenden. Dort droht natuerlich ebenfalls Aerger. Wer hat gesagt das es leicht ist?


    Gruss, Joe
    ---
    Winter am 14.10.2009 12:50


    Balkenchart :
    Ich bezog mich auch implizit auf diesen Beitrag von Dir.
    Wenn ich mir aber meine Erfahrung anschaue, seit ich den Aktienmarkt beobachte, dann kann ich sagen, es ist immer genau so gekommen, wie es zu erwarten war. Das ist nicht bloß die "im Nachhinein ist man gescheiter"-Brille. Ja, es ist eine schwierige Aufgabe, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, aber wenn Aktien so eindeutig teuer sind wie 1998/99, dann sollte man rausgehen, auch in Zukunft wieder. Je extremer, desto eher.
    Es muß ja kein vollständiger Ausstieg sein, aber man sollte sich dann zumindest gedanklich darauf vorbereiten ... wenigstens diversifizieren. Das ist in solchen Zeiten nicht einfach (um es mit Joe zu sagen: So schwer ist das nicht. [...] Wer hat gesagt das es leicht ist? Augenzwinkern). Diesmal ist Öl oder Gold als Alternative nicht mehr so attraktiv.
    ---
    Balkenchart am 14.10.2009 18:37


    Joe, zu Deinem Timing. Ich komme maximal auf eine Outperformance von etwa einem Prozentpunkt. Wegen der grossen Zeitraeume und der wenigen grossen Ausschlaege reicht mir das aber nicht fuer eine Entscheidung zum Markttiming.


    Zudem musst Du einrechnen, dass eine Value-Strategie noch eine Outperformance von einigen Prozentpunkten p.a. bringt. Damit lohnt sich das Timing dann nicht mehr, oder?
    ---
    Joe am 14.10.2009 23:34


    Balkenchart : Hm. Einer von uns hat dann einen Rechenfehler drinnen.
    Es ist aber wahr, dass es relativ selten Ein- und Ausstiegssignale generiert. Heute hatte ich es mir kurz angeschaut (und wieder vergessen abzuspeichern). Ich hatte nicht die Performance geprueft (das haette mich schwer nachdenken lassen, und da hatte ich heute keine Lust dazu), aber ich hatte immerhin die Zeit geprueft wie lange man draussen war. 33% der Zeit war man draussen, bis zu 10 Jahren, nur seit 1995 ist man nun schon sehr lange draussen, und das draussen bleiben dauert immer noch an. Es generiert zu wenig aus und einstiegszeitpunkte um daraus mehr als eine Hypothese machen zu koennen. Dabei ist es dann eher egal, ob die Outperformance nur 1% ist oder 5%.
    Mehr hilft sich klar zu machen was das Risiko des draussen bleibens bedeutet: Man nimmt nicht teil an den Dividenden. Die entgangenen Kursgewinne bei einem KGV10>22.5 sind egal, da man ja hoechstwahrscheinlich billiger wird wieder einsteigen koennen (es wird schon nicht ewig oberhalb KGV10 = 22.5 bleiben). Also bleibt als einzig entgangenes die Thesaurierende Dividende. Sollte einem gelingen die zu erwartenden Dividenden ausserhalb von Aktien verdienen zu koennen, dann ist klar, dass ein draussen bleiben sich lohnen wird.
    Im Gegensatz zu frueher haben wir in den neueren Jahrzehnten recht geringe Dividendenhoehen. Es koennte heutzutage also relativ leichter sein, die Dividenden zu ueberbieten. Wenn man etwas findet, dass einem mehr als die Dividenden verspricht, kann man ruhig aussteigen.
    Einen statistischen Beweis brauche ich hierfuer nicht, das erscheint mir nur klar logisch.
    ---
    Winter am 15.10.2009, 16:38


    Du hast mehrere Denkfehler drin in Deinem Beitrag zur Markt-Zeitsteuerung, Joe.
    Es sind nicht bloß die Dividenden, es ist auch der langfristig zu erwartende Zuwachs bei den Gewinnen. Wenn es sich sehr lange hinzieht oder wenn die Inflation sehr hoch ist (was in der Vergangenheit teilweise der Fall war), dann können die Kurse absolut höher stehen bei einem späteren KGV=10 als beim früheren KGV=20. Auch wenn man den Inflationsausgleich für sich alleine noch schafft, kommen die (möglichen, aber keineswegs sicheren!) realen Gewinnzuwächse noch dazu. Für eine Überrendite muß alles drei überboten werden, und die Überrendite der Value-Aktien noch dazu.
    Es hängt folglich davon ab, wie man die Inflations- und Gewinnentwicklung abschätzt, vor allem was die Wahl der Alternativen angeht (neben der geringen Dividendenhöhe, wie Du zu recht anmerkst).


    Zum Beispiel entspricht Dein KGV=25 nicht einer Rendite von 4%, sondern einer realen Rendite von 4%. Das mit kurzfristigen, flexiblen Anlagen zu überbieten, ist fast unmöglich, ohne Klumpenrisiken einzugehen, erst recht, wenn der Markt höher bewertet ist und dann alles steigt.


    Ferner: Es ist nicht besonders überzeugend, wenn sich mit Einstieg bei KGV=11,1 eine Überrendite ergibt, wenn aber vielleicht bei KGV=10 der Wiedereinstieg nie erfolgt wäre und man damit alles verpaßt hätte, und bei KGV=12 hätte es vielleicht schon wieder nicht mehr funktioniert? Man kannte den richtigen Wert ja nicht im voraus. Oder anders gesagt: Hoffentlich ergibt es sich dann in Zukunft wieder so.


    Andererseits, und trotz alledem, bleibe ich dabei: Selbst wenn ich kein Modell für Markettiming mit festen Grenzen habe, so weiß (glaube) ich doch, daß ein extrem teurer Aktienmarkt bisher immer korrigiert wurde, und zwar scharf, denn meistens ist es auch keine stetige Entwicklung, wo der Markt auf hohem Niveau Dividenden thesauriert, sondern es sind ausgeprägte Zyklen. Wie ich sagte: Je höher die Bewertung, desto eher (und desto unwahrscheinlicher erscheint mir eine bloße langfristige Stagnation, wobei Stagnation durchaus auch Schwankungen zwischen 4000 und 8000 bedeutet). Vielleicht noch nicht bei KGV=22,5, aber dann eben höher. Da ist das Risiko eben gerade nicht, ein paar winzige Prozent pro Jahr Rendite zu verpassen (mehr ist ja dann nicht drin!), sondern voll von einem Crash zerlegt zu werden, der immer wahrscheinlicher wird, je größer die Fallhöhe.
    Dieses Risiko des Aktienmarktes wird hier auch noch völlig ausgeblendet: Bei gleicher Renditeerwartung ziehe ich die sicherere Anlage vor. Wenigstens setze ich nicht alles voll auf die eine Karte Aktienmarkt.


    Fazit: Ich habe also kein festes, binäres Modell, und es ist auch nicht einfach, schon wegen der Suche nach Alternativen, aber ich sehe umgekehrt auch nicht, daß man unter allen Bedingungen unbeeindruckt "Buy and hold" praktizieren sollte.
    ---
    witchdream am 15.10.2009, 17:59


    Zitat


    Original von Winter
    Dieses Risiko des Aktienmarktes wird hier auch noch völlig ausgeblendet: Bei gleicher Renditeerwartung ziehe ich die sicherere Anlage vor. Wenigstens setze ich nicht alles voll auf die eine Karte Aktienmarkt.


    Es ist ja nicht so, dass der Aktienmarkt als monolithische Einheit jemals existiert hätte. Niemand wird dir widersprechen, dass man besser nicht in überbewertete Aktien investieren sollte. Muss man ja auch nicht, weil es immer irgendwo günstige Aktien gibt.


    Während z.B. in den 90er-Jahren der überbewertete Nikkei 225 (schwarze Linie) kollabiert ist, hat sich der S&P 500 (blau) prächtig entwickelt:


    [Grafik]


    Wenn der S&P 500 heute überteuert ist, muss man ihn bzw. seine Einzelaktien ja nicht kaufen. Man kann aber trotzdem zu 100% in Aktien investiert sein.

    „Lasst uns doch die Quadratur des Kreises probieren.“Robert Habeck über sein Politikverständnis

  • Es wird also die internationale Diversifizierung mit Länderselektion vorgeschlagen. Nicht schlecht, mache ich zu geringerem Grad bereits (in Euroland), läuft aber wahrscheinlich auf exotische Schwellenländer hinaus. Problem: Es gibt eine hohe Korrelation zwischen den internationalen Aktienmärkten, was die Kursbewegung angeht, aber auch schon in der Bewertung. Vielleicht strahlt der US-Aktienmarkt überallhin aus und überlagert alles. Beispiele sind jüngst die Indizes in Shanghai, in Indien und anderswo.
    Man müßte sich also weniger günstige Märkte suchen als mehr solche, die möglichst wenig weltwirtschaftliche Verflechtung aufweisen. Das wird immer schwieriger. Oder solche, die eine Sondersituation mit eigenen Problemen aufweisen. Japan hat es geschafft, sich (im Negativen) abzukoppeln.


    Einschub:
    Gut, man könnte sagen: 2008/2009 hatten wir eine weltwirtschaftliche Krise, von der die Schwellenländer oft besonders betroffen sind, im Gegensatz zu 2000, als die realwirtschaftlichen Auswirkungen begrenzter waren und sich mehr auf eine Branche konzentrierten. Mal abgesehen davon, daß beides gar nicht getrennt werden kann - der Boom trägt schon den nachfolgenden Bust in sich:
    Wenn ich mir mal ganz unvoreingenommen einige mir bekannte Indizes anschaue, dann finde ich um 2000 ff. zwar keine perfekt ausgeprägte Korrelation, aber jeder Index hat sich mindestens halbiert nach 2000: Der indische Sensex perfekt von Anfang 2000 bis 2001/Frühjahr 2003, der argentinische Merval hat ab Anfang 2000 knapp 70% verloren bis 2001/02. Der unverdächtige thailändische SET, obwohl er damals mehr als 70% unter dem Hoch stand, im Jahr 2000 um 50%. Das isolierte Shanghai (A) hat sich bis 2001 gut gehalten, sich dann ebenfalls bis 2005(!) halbiert.
    Das vermeintlich unabhängige Japan hatte das Hoch und Tief zeitgleich mit dem DAX und 2/3 verloren.


    Obwohl ich weniger für ein strikt mechanisches Modell plädiere als mehr für ein tendenzielles, ist meine (persönliche) Erforschung im Bereich Markettiming-Modelle noch lange nicht abgeschlossen.


    Wenn Balkenchart nun keine signifikante Überrendite finden konnte, dann kann man das natürlich auf zwei Arten interpretieren: Ihr sagt, wenn man bestenfalls gleich abschneidet, warum soll man dann erst rausgehen? Ich aber frage mich: Wenn es bestenfalls keine Rendite abwirft, warum soll ich dann das Risiko auf mich nehmen, drin zu bleiben? Nothing for money, and the stocks for fee, sozusagen.

    „Lasst uns doch die Quadratur des Kreises probieren.“Robert Habeck über sein Politikverständnis

  • Ich hatte auch schon die Kopierfunktion gedrueckt gehabt und wollte es hierher pflanzen, doch der Seelenverwandte Winter ist mir mit dieser Idee zuvorgekommen. Fehlt noch die Grafik von Witchdream:


    witchdream : Ich nehme mal folgende Worte in den Mund, in Vergangenheitsform "Damals war alles anders".
    Es war moeglicherweise wirklich anders, aus folgenden Gruenden: Damals gab es kein Internet, und globale zugaengliche Information war viel weniger ausgepraegt als heute. Die Welt war nicht untereinander gegenseitig so heftig investiert wie heute. Damals gab es die DM, den franzoesischen Franc, hollaendische Gulden, Lire, Peso, Schilling. Und Sprachbarrieren zum japanischen hin hatte wohl auch geholfen. Mit dem Englischen ist das anders. Man kann auch jetzt noch "woandershin" investieren, doch sind die Alternativen weniger zahlreich als damals fuer die Japaner aus japanischer Sicht. Und es sind auch zweifelhaftere politische Rahmenbedingungen.
    Wenn es aber ein Land geben sollte, dessen KGV10 wirklich billig ist, waehrend es hier teuer ist, und gleichzeitig die andere Waehrung und politisches Umfeld relativ stabil sind, und ich die moeglichkeit habe diese aktien zu kaufen (Boerse Bangkok kann ich nicht handeln, aber immerhin HongKong oder Suedkorea), dann waere das eine ernstzunehmende (bessere) Alternative als in Anleihen oder sonstiges umzuschichten.



    Winter :

    Zitat

    Es sind nicht bloß die Dividenden, es ist auch der langfristig zu erwartende Zuwachs bei den Gewinnen


    (Huestel) langfristig zu erwartende Zuwachs bei den Gewinnen?! Wie laaangfristig meinst Du das denn?
    Es gibt nicht nur die Inflation, es gibt uebrigens auch die Deflation. Aber angenommen wir haben es wie gehabt: leichte Inflation.
    Mit den Gewinnen werden teure Uebernahmen getaetigt, und wer seine Dividenden thesauriert, kauft auch staendig teure Aktien. Ich kann dir nicht genau sagen wie sich das auf die Gewinnsteigerungen auswirkt, aber ich vermute, dass sich das selten auszahlt teuer zu investieren. Das gefuerchtete Gewinnwachstum verlangsamt sich durch teures Investieren, waehrend es sich bei einem billigen Markt eher beschleunigt. Das laaangjaehrige Gewinnwachstum wurde historisch auch dadurch beeinflusst, dass die Gewinne durch guenstige reinvestitionen eher stiegen. Bei teuren Investitionen (UMTS-Lizensen) gibt es meist auch noch Abschreibungsbedarf - hinterher. Ein hohes Gewinnwachstum befuerchte ich daher nicht. Es kann natuerlich sein, dass der Aktienmarkt teuer ist, die reale Wirtschaft aller nicht boersennotierte AGs hingegen billig. So recht kann ich daran jedoch nicht glauben.


    Ich habe 9% (Einstiegszeitpunkt) und 4.5% (Ausstiegszeitpunkt) nicht zufaellig gewaehlt. 4.5% ist genau die Haelfte von 9%. Und 4.5% war so die Schmerzgrenze was ich mir zutraue auch ausserhalb moeglicherweise erwirtschaften zu koennen, bzw. selbst wenn nicht, dass ich nicht so weit davon entfernt bin. Reale 1% wuerden nur 3.5% Verlust pro Jahr bedeuten. 3.5% sind in 20 Jahren eine Verdoppelung. Sollten das Ereignis KGV10=11.1 vor Ablauf von 20 Jahren eintreten, dann liegt es daran, dass Kursverluste eingetreten sind. Hm. Wie kann man dann eigentlich auf 4.5% p.a. kommen? Geht nicht. Eher 80 Jahre sind von Noeten, vorausgesetzt das Gewinnwachstum waere so wie in den letzten 100 Jahren. Aber wie, wenn alles so teuer thesauriert wird? Na dann eben in 160 Jahren. Nun gut, dann gebe ich mich geschlagen. 160 Jahre oberhalb von KGV10=22.5?
    Ja, ja, das ist auch nicht ernst gemeint. Denn wenn es unterhalb von 22.5 rutscht, dann thesauriert es sich ja auch nicht mehr ganz so teuer bei 22, 21, 20, 19, 18, ... wenn es dann bei 12 dreht und oder relativ lange bei 12 bis 15 bleibt dann hat man schnell das nachsehen mit dieser Thesaurierung Schritt zu halten.


    Es ist uebrigens nicht so, dass es 11.1 sein muessen. 12 geht glaube ich auch. Und 10 wohl auch. Allerdings sind niedrigere KGV10-Werte immer seltener (und man kaempft gegen immer staerkere Thesaurierung). 25% aller Jahre lagen unterhalb von KGV10 = 11.58
    Auch deshalb habe ich mich fuer 11.1 entschieden (und wenn es nicht so viele teure Jahre in den letzten 20 Jahren gegeben haette, dann waeren 25% unterhalb von KGV=11.1).
    Ich moechte ja auch eine gute Chance haben, dass mein Einstiegssignal von 11.1 vorbeikommt und der Markt nicht vorher dreht.


    Ganz perfekt ist das Markettiming Modell nicht. Ich finde, dass man dieser Idee unnoetig viele Kloetze ans Bein bindet, nur damit man auch ja damit den Kuerzeren zieht.
    So waeren Verbesserungen durchaus drinn. Stets buerdet man dem Markettimer die AAA Staatsanleihen waehrend seiner Auszeit auf. Stets wird nie in Betracht gezogen, dass man bei 22.5 zwar draussen ist, aber sollte es ausversehen doch nach KGV10>33 nach oben abzwitschern, dann koennte man hier sogar noch Shorts eingehen. So wuerde man der Buy & hold Fraktion dann ebenfalls Kloetze ans Bein binden: "Wehe Du faellst unter KGV10 = 33, dann zieh ich Dir auch noch die Shorts aus". So gewinnt man dann nur wenn man in einer Range zwischen 22.5 und 33 bleibt und das viele Jahrzehnte lang. Oder aber die Buy & hold Frraktion geht mit dem Markt runter ohne vorher bei 33 vorbeizuschauen und sinkt. Dann erhoeht sich die Chance dass man nicht sooo viele Jahre warten muss auf einen guenstigen Einstiegspunkt.
    Es gibt viele Szenarien, wie z.b. bei laenger andauernder Wartezeit aber unterhalb von KGV10 = 22.5 koennte man noch Teilweise in Aktien einsteigen, um nicht zu lange das Gewinnwachstum gegen sich zu haben wenn das KGV10 sich laengere Zeit in einem Niveau bei 13 bis 17 aufhaelt.


    Eins wird Markettiming dann immer als Todschlagargument aufbuerden koennen. "Hach, das ist dann ja so kompliziert; halten und nichts tun ist einfacher."


    Gruss,
    Joe
    P.S. die Outperformance der Valuestrategie kommt vor allem in der Hausse vor. In der Baisse verlieren alle Aktien. Habe ich mal "irgendwo" gelesen, aber ich weiss leider nicht mehr wo. Auch suche ich nach Beweisen fuer diese Behauptung. Bis jetzt habe ich nur als Indiz, dass meine bisherige Beobachtung war, dass die Schweinebilligen value-Aktien erst beim Erdbeben an der Boerse entstehen, waehrend sich die Bewertungsspread im teuren Markt annaehern, und Gut nicht mehr von Boese zu unterscheiden ist. Das wuerde auch bedeuten, dass Valueaktien eine volatile Vergangenheit hinter sich haben. Ein Teil der Valuestrategien koennte auch an hoeherem Gewinnwachstum liegen. Die Dividenden sind i.d.R. hoeher, der Gewinn waechst in einem Jahr zur alten Groesse. Also eigentlich tritt ein bisschen auch der Effekt ein den ich oben zum Gewinnwachstum erklaert habe. Value-Aktien erholen sich in billigem Terrain. Der Kurs eskomptiert die langfristig hoeheren Gewinn dann bald wieder, was zum Kursgewinn fuehrt und das ganze somit auch noch hebelt. Zu kompliziert Gedacht?


    Edit: Mehrfache Aenderungen um den Sinn der Saetze einigermassen erkennen zu lassen. Schreibfehler sind sowieso noch drinnen, aber ich hoffe es ist jetzt verstaendlich und lesbarer.

    “It’s the little things that matter. It’s one thing to tell someone they look like the first day of spring. It’s another thing to tell them they look like the last day of a long, hard winter.” - Zig Ziglar

    7 Mal editiert, zuletzt von Joe ()

  • Mein Chart von Nikkei und S&P500 sollte eigentlich nur demonstrieren, dass immer irgendwo Aktien zu teuer sind (Nikkei im Jahr 1990), und dass es irgendwo immer günstige Aktien gibt (S&P 500 im Jahr 1990).


    Euer Ansatz des market timings krankt daran, dass ihr mit den Daten von Shiller die Bewertung "des Aktienmarktes" definieren wollt. Shiller hat m.W. einfach die Bewertung des S&P500 untersucht - das ist dann "der Aktienmarkt"...?


    Wenn der S&P500 ein KGV10 von 350 hat, dann heißt das noch lange nicht, dass nicht irgendwo anders auf der Welt ein schreiend billiger Aktienmarkt existiert. (@ Joe: dies gilt auch in einer zunehmend vernetzten Welt - siehe den Länderspiegel von Norbert). Warum also sollte ich - im Sinne von market timing - aus "dem Aktienmarkt" aussteigen, nur weil der S&P500 gerade überbewertet ist?


    Und noch weiter: Selbst wenn ein Aktienindex XY überbewertet ist, finden sich billige Einzelaktien - sei es bei den Indexaktien oder bei den Nebenwerten.


    Wenn ihr euer market-timing auf Ebene von Einzelaktien betreibt, dann landet ihr bei einer ganz simplen mechanischen Anlagestrategie. Die könnte etwa so aussehen: Man kaufe nur Aktien mit einem KGV10 von <9,0, und verkaufe jede Depotaktie mit einem KGV10 von >15,0 (oder wo auch immer ihr euere Grenzwerte ziehen wollt).


    Das ist dann aber kein klassisches market-timing mehr, im Sinne von "Aktien im Depot: Ja oder Nein?", sondern das ist dann stinknormales value-investing mit mechanischen Regeln.

  • Stimmt, der S&P 500 ist es nicht alleine. die Amerikanischen Largecaps stellen aber 33% der Welt-Marktkapitalisierung dar (so meine Untersuchung der 1000 groessten Aktien nach MCap). Das erklaert, warum alle Welt immer auf Amerika blickt. Japan hat auch noch deutliches Gewicht, beide zusammen haben je nach Wechselkurs manchmal schon die absolute Mehrheit. Erweitert man dann noch auf Angelsaechsische Laender (sprechen alle englisch), dann wird das ganz schoen klumpig bei den dicken Jungs, weil auch UK noch nennenswert einige Prozente beitraegt.
    Ich nehem auch einfach an, dass andere Maerkte langfristig aehnlich reagieren wie der S&P 500. Die Shillerschen Daten sind ja nur die Spielwiese zum austesten. Wenn es dort funktioniert (oder nicht) dann laesst sich die Aussage daraus grundsaetzlich analog uebertragen. Nur weil O'S auch nur den Amerikanischen Markt untersucht hat, muss man doch nicht davon ausgehen, dass die value Strategien nicht auch auf andere Laender uebertragbar waeren, oder?


    Die Strategie von Norberts betreutem Fond basiert auf die Historie und damals galt auch das was ich oben geschrieben habe: Eine Welt, die mehr Waehrungen hatte, und weniger global vernetzt war. Ich hatte mir den Boersenspiegel von Mitte 2007 abgespeichert. Da gab es keine billigen Laender, billig war bereits ein KGV10= 20. Der Durchschnitt war bei KGV10=27... nun da war kein Himmelweiter unterschied mehr, und so kommt es nicht ueberraschend, dass auch der Priamos Fond mit den Weltboersen korreliert wenns abwaerts geht.
    Es gibt immer "relativ" billige Maerkte. Aber schreiend billig war Mitte 2007 kein einziger Markt. Keiner. Punkt.


    Gruss,
    Joe

    “It’s the little things that matter. It’s one thing to tell someone they look like the first day of spring. It’s another thing to tell them they look like the last day of a long, hard winter.” - Zig Ziglar

  • Nur weil der US-Markt einen Großteil der Marktkapitalisierung abdeckt, muss man doch nicht einen Großteil des eigenen Depots dort investieren!


    Wie gesagt:


    Stufe 1 wäre die Suche nach billigen Aktienmärkten.
    Stufe 2 wäre die Suche nach billigen Einzelaktien wo auch immer.
    Stufe 3 wäre dann endlich der Ausstieg aus "dem Aktienmarkt", wenn keine der untersuchten Aktien die fundamentalen Mindestanforderungen erfüllt.


    Kann man Stufe 3 überhaupt noch "market-timing" nennen, oder ist das nicht einfach nur noch value-investing?


    Einfaches value-investing hat jedenfalls den Vorteil, dass man damit eine Überrendite erzielen kann. Für market-timing (im klassischen Sinne) kenne ich keinen entsprechenden Nachweis von Überrendite - siehe Balkenchart...

  • Rueckwaerts:
    Stufe 3 - das ist eine gute Frage. Die wenigsten verstehen darunter Jahrelanges drinn bleiben oder fern bleiben.
    Ich hingegen bin mir nicht mal sicher, ob nicht bereits Stufe 1 ein Market-Timing ist. Und value-investing ist immerhin noch ein "Timing" per se, denn man kauft ja keine teuren Aktien, sondern nur zum Zeitpunkt "Billig".


    Nur bei Stufe 2 -
    die Suche nach billigen Einzelaktien wo auch immer: da wuerde ich das Timing nicht auf relativ billige Aktien einstellen, sondern auf absolut billige Aktien.
    Wenn es "echte" ++20%ige gibt (also KGV10 >= 20%), dann kann man die nicht gut verkaufen. Viele gibt es davon allerdings inzwischen nicht mehr.
    Wenn es dann anfaengt dass man kaum noch 10%ige findet, dann koennte man sich von diesen verabschieden. Es bedeutet, dass man auf 10% p.a. verzichtet (Schluck).
    Die Belohnung koennte jedoch sein, dass man 14 Jahre spaeter in 40%ige einsteigt. In 14 Jahren haette sich der Wert der 10%igen ver-4-facht. Sollten diese dann in 14 Jahren jedoch entsprechend tief fallen, so haette man nicht viel verpasst. Und schliessich: Waehrend man "draussen" ist, ist man ja "drinnen" in etwas anderem, wie z.B. unternehmensanleihen a la Jenoptik-Wandelanleihe.
    Man wird vermutlich in der ersten Zeit von den Valueaktien abgehaengt. Waehrend der Gesamtmarkt jedoch faellte, wird es auch mehr Jenoptik-Anleihen-Moeglichkeiten geben. Der Performanceverlust-Abstand wird deshalb nicht notwendigerweise immer groesser.


    Ganz rund ist die Sache nicht. Man kann Gefahr laufen, dass der Markt dreht, kurz bevor man eigentlich einsteigen wollte. Deshalb messe ich beim Marekttiming dem VStoxx grosse Bedeutung zu. Im Oktober 2008 waren die Maerkte noch nicht in ihrem historischen tief angekommen, doch die Gefahr, dass die dort noch viele Jahre nicht ankommen werden, erschien mir zu hoch. So hat mich der VStoxx verfuehrt im Oktober, November, Dezember viele Aktien zu kaufen (und auch die Chance Steuerfrei nach einem Jahr vekaufen zu koennen war ein Sondereffekt). Bei hoher Volatilitaet findet man auch eher durchgeschuettelte Aktien die schweinebillig sind. Leider hat es mit dem VSucks nicht optimal fuer mich geklappt, aber ich wuerde es naechstes mal genau wieder so tun. Denn die Gefahr von den Stay & Hold Leuten in der Performance abgehaengt zu werden ist nicht zu unterschaetzen, wenn es viele billige Aktien gibt.


    Das fiese bei der Market-timing Ueberlegung ist, dass man mehrere Bedingungen braucht. Und je mehr, desto schwieriger wird eine Beweisfuehrung. Bereits das Markettiming mit KGV10>22.5--> raus, und KGV10<11.5-->Rein generiert nur ein halbes dutzend ein- und ausstiegspunkte in den letzten 140 Jahren. Kaum etwas, warauf man mehr als eine gewagte Hypthese stricken koennte.


    Ach, ja, wenn ich als quantitativer Analyst fuer jemanden arbeiten duerfte, dann haette ich den Zugang zu vielen Daten. Ich haette so gute Ideen per Backtesting zum ueberpruefen. (Und der heiligen Gral ist mir auch bekannt, nur die Beweisfuehrung faellt derzeit noch schwer. Es gibt lediglich Indizien und jede Menge Logik die fuer den Gral sprechen...)


    Gruss, Joe

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    Einmal editiert, zuletzt von Joe ()

  • Zitat

    Original von Joe
    ....... Und schliessich: Waehrend man "draussen" ist, ist man ja "drinnen" in etwas anderem, wie z.B. unternehmensanleihen a la Jenoptik-Wandelanleihe. ......
    Gruss, Joe


    Ich glaube genau dieser Punkt ist der Fallstrick, der Markettimern zum Verhängnis wird. Wer im März versucht hat gute Preise für seine Anleihen zu erzielen, um Aktien zu kaufen, der weiß wovon ich spreche. Nur wer im Tief ausreichend Cash hat, der kann günstig einkaufen. Es ist daher enorm wichtig den Verkauf vom Kauf anderer Anlagen zu trennen. Es soll sogar Antizykliker gegeben haben die gefunden haben, das Aktientief wäre der richtige Zeitpunkt für Hybridanleihen ;)

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  • looser : Stimmt irgendwie, und irgendwie stimmt es doch nicht. Es ist wahr: Ich musste 3 Monate vor Faelligkeit der Jenoptikanleihe erheblich Kredit leihen. Doch wo? Bei Interactive-Brokers bin ich gefaehrlich nahe ans Limit gegangen und musste im Mai 2 Zwangsverkaeufe hinnehmen, und im Juli noch einmal 1 Zwangsverkauf, die ich am folgenden Tag nur mit deutlichem Zuschlag wieder zurueckkaufen konnte. Mir sass im Juni der Schweiss auf der Stirn, pumpte die Familie an, und musste Geld zusammenkratzen. Es tat weh nicht schneller einsteigen zu koennen. Liquiditaetsschwierigkeiten/ Ladehemmungen.


    Vorbeugend fuer "das naechste mal" nehme ich mir folgendes ganz fest vor: Im Vorfeld Kreditlinien organisieren. Und wenn es nur das Girokonto ist mit horrenden Zinsen. Jeder Tausender hilft.
    Ferner werde ich mich Rechtzeitig mit Knockout-Zertifikaten beschaeftigen, und schon welche auf der Watchlist parat haben, so dass ich nicht mehr lange nachdenken muss. Lieber zu 75% teilweise falsch investiert sein (Indexzertifikat), als zu 100% gar nicht.
    Ich haette ja Zeit gehabt, mich z.B. im Dezember 2008 darum zu kuemmern, fuer den Fall, dass es weiter abschmieren sollte... wie geschehen.
    Ansonsten war die Jenoptikanleihe ja grundsaetzlich kurzfristig, und die Faelligkeit nur ein "Steinwurf" weit vom Maerz entfernt. Man sollte also auch kuerzerfristiges im parat haben und nicht ueber mehr als 2-3 Jahre Laufzeit gehen (zu dem Zeitpunkt ab dem man "rausgeht", also in guten Zeiten).


    Liquiditaetsplanung ist jedoch ein guter Punkt, den man auch beruecksichtigen muss.

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    Einmal editiert, zuletzt von Joe ()

  • Witchdream, nochmals: Ausweichen auf andere, noch billige Länder kann durchaus eine gute Idee sein, sofern man solche findet; jedenfalls wahrscheinlich eine bessere, als nur in einem teuren Markt zu verbleiben (vorbehaltlich der Währungsrisiken, und auch die Sprachbarriere ist nicht unproblematisch). Jedoch sind die Aktienmärkte der Welt definitiv nicht unabhängig voneinander. Japan ist die extreme Ausnahme - zu dem Zeitpunkt gab es aber auch einen eklatanten Unterschied in der Bewertung: USA 1989 völlig normal, dagegen war Japan irre teurer, weit teurer noch als der US-Aktienmarkt 2000. Insofern wundert die entgegengesetzte Entwicklung nicht. Meistens aber gilt: Ist Markt A extrem teuer, dann ist auch Markt B teuer, wenn auch vielleicht nicht so extrem. Es geht auch meist mehr oder weniger im Gleichklang runter, wie man im letzten Jahrzehnt gesehen hat. An der Börse, und sogar realwirtschaftlich (globale Verflechtung). Ist es ein Wunder, daß die jetzige Konjunkturkrise ausgerechnet auf eine Zeit folgt, in der viele die Börse (zu recht) als zu hoch bewertet bezeichnet haben? Das sollte einem doch mal zu denken geben. Als oberflächlicher Betrachter hätte man 2007 sagen können: Was haben denn Chinas und Indiens Banken und Industrien mit dem amerikanischen Immobilienmarkt zu tun? Das ist geradezu ein Musterbeispiel dafür.
    Hatte Joe ja alles oben bereits beschrieben.


    Daß es auch in einem teuren Markt noch einzelne günstige Aktien gibt, mag auch stimmen, ist aber genauso Augenwischerei. Wenn ich mir anschaue, was in den Jahren vor dem Abschwung "billig" war, dann kann ich heute nur noch den Kopf schütteln. Das war aus heutiger Sicht wirklich nur Schrott: Herlitz und Saltus und Curtis usw. So billig wie heuer sogar ganz gute Aktien sind/waren, war damals gar nichts. Es gab schlichtweg keine value-Aktien mehr, und das, was nicht gestiegen war, hatte auch keinen Grund dazu. Ich kann bloß froh sein, daß ich nicht allzu viele solcher Aktien im Depot hatte, denn sie wären keinerlei Schutz gewesen, noch nicht einmal relativ zum Gesamtmarkt, sondern sie waren sogar noch überproportional(!) abgestraft worden. Sicher, man kann trotzdem immer versuchen, möglichst unkorrelierte Aktien zu finden, neben alledem. Das geht aber auch sicherlich nicht mechanisch, sondern man muß sich das Geschäft im Einzelnen anschauen. Aber sogar jene defensiven Werte, die ich vorausschauend versuchte zu identifizieren, haben sich nicht gut gehalten. Sogar solche Schlaftabletten wie die Eifelhöhenklinik, die nun wirklich kein Zykliker ist und nicht vom Export abhängt, blieb nicht verschont.


    Ich hatte mir ursprünglich genau das von der antizyklischen Strategie erhofft, als ich in dieses Forum kam, daß es schließlich immer antizyklische Gelegenheiten geben müsse (Firmen mit spezifischen Problemen), aber das war blauäugig. Es ist alles hochgradig korreliert.


    Wie gesagt: Ich will per se auch nicht ausschließen, daß es sinnvolle Verfeinerungen geben könnte, die einem besser helfen, den Ausstiegszeitpunkt zu finden, als nur die KGV10-Höhe, z.B. technische Faktoren.


    Zitat

    (Joe) die Outperformance der Valuestrategie kommt vor allem in der Hausse vor. In der Baisse verlieren alle Aktien.


    Joe : Das halte ich für ein Gerücht, ich ging immer vom Gegenteil aus. Schon während des letzten Aufschwungs, der vor allem von den klassischen Industriewerten, von Small-Caps und Value-Aktien getragen wurde, also von unserer typischen "Klientel", war es extrem schwer, besser abzuschneiden als der Markt. In anderen Haussen waren es im Gegenteil nicht diese, sondern eher (teure) Modeaktien, die den Boom ausmachen. Dagegen haben einige hier in den Musterdepots ihre zwischenzeitliche Überrendite gerade in der Baisse ab 2001 geschafft, durch annäherndes Halten des Depotwertes. Mir ging es zuletzt nicht anders, allerdings nur deswegen, weil ich mir ersparte, den Hügel hinabzurollen.


    Zitat

    (Huestel) langfristig zu erwartende Zuwachs bei den Gewinnen?! Wie laaangfristig meinst Du das denn?


    In einem theoretischen Modell, und davon sprachen wir, gibt es selbstverständlich langfristig zu erwartende Gewinnzuwächse, die einen Teil der Performance erklären (~1,7%). Die reale Gewinnplateau ist heute höher als 1871. Wenn das langfristig der Fall ist, fließt es auch kurzfristig in den Erwartungswert mit ein. Die Inflation ist ebenfalls als Faktor präsent (ich kenne keinen Überbegriff, der die Deflation auch noch miteinschließt - vielleicht das Preisniveau?). Ich hatte oben ausdrücklich geschrieben, daß man das prinzipiell in die Überlegung miteinbeziehen sollte - selbstverständlich ggf. auch Deflation, falls eine solche klar zu erwarten wäre. Ich hatte nicht geschrieben, daß man aktuell von dem einen oder anderen ausgehen müsse. Wenn man von hoher Inflation ausgeht, könnten z.B. Goldminenaktien eine Beimischung sein. Wobei Gold nicht billig ist. Wenn man nicht mit Inflation rechnet und auch nicht mit steigenden Gewinnen in dem Maße, wie sie für höhere Kurse nötig wären (deflationäres Szenario), dann werden Aktien erst recht unattraktiver, dann mag man Festverzinsliche bevorzugen. Zur aktuellen Einschätzung für die nächsten Jahre gibt es bereits an anderer Stelle Diskussionen.


    Dann: Die Jenoptik-Anleine war nun wahrlich kein gutes Beispiel, wie man es machen sollte. Man sitzt fest in einer illiquiden Anleihe mit viel zu langer Laufzeit und kann nicht umschichten ohne Verluste. Ich sehe gerade, looser hat bereits darauf hingewiesen. Dem muß man noch entgegenhalten: Hybridanleihen waren eine sehr gute Wahl!
    Kredit ... Zwangsverkaeufe ... Knockout-Zertifikate - das klingt für mich allerdings nach dem Denken eines Hasardeurs, der sein Schicksal herausfordert, muß ich ehrlich sagen.
    Nebenbei, interessant auch, daß ich als verschrieener Market-Timer-Häretiker immer noch mehr investiert bin als viele andere hier ...

    „Lasst uns doch die Quadratur des Kreises probieren.“Robert Habeck über sein Politikverständnis

  • Man muß nicht entgegenhalten ;)


    Ich habe e.g. A0G4X3 Wienerberger Hybridanleihe zu sehr günstigen Kursen erworben. War mein bisher erster und einziger Verdoppler mit Anleihen. Wenn man das Unternehmen kaufen würde, warum nicht auch die Anleihe ? Auch andere sind gut gelaufen und werden jetzt nach und nach in Aktien getauscht.


    Zu Joe. Für mich kann ich nur sagen, daß ich nicht nur für Aktienkäufe nie einen Kredit in Anspruch nehmen würde. Es gibt imho keine bessere Art Geld zu verdienen, als auf jeden Kredit zu verzichten. Es gibt keine bessere Art Geld zu verlieren als Kredit ( schaffen sogar Preisträger ) .

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  • Naja, das mit dem Kredit, das ist ja nicht so, dass ich das Geld nicht ein paar Monate spaeter haette. Das ist was ganz anderes als grundsaetzlich mit Geld zu zocken was man nicht hat. Jeder, der Aktien haelt und dabei einen Kredit fuer seine Immobilie gleichzeitig abbezahlt zockt streng genommen mit Kredit. Das kommt nicht von mir, sondern value hatte mal auf anderer Stelle darauf hingewiesen.
    Ein Knockout ist nichts anderes als auf Kredit "zu zocken".
    Wenn ich das Geld fluessig haette und voll einsteigen wuerde, waehren die Verluste genauso hoch oder niedrig wie mit dem gehebelten Knockout-Zertifikat.
    Hebeln ist ohnehin nicht grundsaetzlich etwas mit dem man Geld verliert. Jede Bank hebelt doch im Grunde.
    Sind die Zinsen gering (oder im Falle von dem Knockout-Zertifikat nur ausnahmsweise zum ueberbruecken von kurzen Zeitraeumen), kann man damit Gewinn machen.
    Wenn man darueber nachdenkt, dann hebelt man damit uebrigens schon 2.Grades. Denn die Unternehmen an denen ich als Aktionaer beteiligt bin, sind ihrerseits fast immer verschuldet.
    Gefaehrlich wird es erst, wenn man bis ans Kreditlimit hebelt. Mir ist ein Zwangsverkauf passiert.
    Vor kurzem war ich noch leicht gehebelt im Aktienmarkt (und damit ueber 100% investiert), habe allerdings schon hier und da ein paar Aktien verkauft.

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