Zinsabschlag und Finanzinnovation

  • Hallo zusammen,


    ein Kollege von mir hatte mit seiner Bank folgendes Problem.


    Er hatte eine Anleihe, deren Zinssatz an irgendeine Bedingung gekoppelt war, und die deswegen als `Finanzinnovation' galt. Die Anleihe wurde in 2001 am Markt fuer 102.5% gekauft und wurde Anfang 2006 faellig.


    Seine Bank rechnet jetzt wie folgt ab:


    Kaufkurs: nicht bekannt (was eigentlich nicht stimmt)
    Rueckzahlungskurs: 100%
    Dann werden 30% des Nennwertes als Gewinn angenommen (bei 10000 EUR also 3000 EUR) und unterliegen der Zinsabschlagsteuer plus Soli (also gut 900 EUR Abzug).


    Soweit ich das verstehe, muss bei einer `Finanzinnovation' die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufkurs als Einkommen versteuert werden, ungeachtet der Spekufrist, und unterliegt damit natuerlich auch der Zinsabschlagsteuer. Aber natuerlich nicht der Rueckzahlungskurs! Zumal der Kaufkurs der Bank bekannt ist. Die Bank sagt ihm auf Nachfrage, dass er die Differenz bei seiner Steuererklaerung angeben muss und dann vom Finanzamt zurueckbekommt.


    Jetzt interessiert mich die Rechtslage:
    (1) Darf die Bank auf irgendeinem Grund den (bekannten) Kaufkurs nicht beruecksichtigen und muss sie das dem Finanzamt ueberlassen?
    (2) Kann er die Bank zwingen, den Kaufkurs sofort zu beruecksichtigen? (Zumal es bei dem Kursverlust von 102.5% zu 100% sogar einen Verlust gegeben hat, der sein zu versteuerndes Einkommen sogar mindern muesste)


    Ich selbst habe neulich einen floater gekauft, und fuerchte nun, dass ich irgendwann dasselbe Problem habe. Wenn da tatsaechlich erstmal 30% von 30% des Nennwertes abgezogen werden, dann ist eine auslaendische Depotbank natuerlich ein extremer Liquiditaetsvorteil.


    Ueber Eure Tips und Hinweise freut sich


    Balkenchart

  • Ich hatte diesen Fall mit einer AT&T-Anleihe, die auch als Finanzinnovation galt, bei comdirect. Die hatte ich zu 89.5% gekauft und zu 99.5% verkauft. Die Differenz (nicht der Nennwert!) wurde mit Zinsabschlag besteuert, obwohl hier meiner Ansicht nach ein Spekulationsgewinn vorlag. Das Finanzamt stellte sich auf den Standpunkt, dass comdirect die Differenz als Zinsertrag bescheinigt habe und sie deshalb auch als Zinsertrag versteuert werden müsste.


    Wenn die Bank selbst den Kaufkurs kennt (weil die Anleihe über diese Bank gekauft worden ist), dann finde ich ihr Verhalten schon recht merkwürdig - anderenfalls (z.B. wenn die Anleihe im Zuge einer Wertpapierübertragung das Depot gewechselt hat) ist es sicher schwierig, der Bank glaubhaft zu machen, dass man einen bestimmten Kaufkurs bezahlt hat.

    "The only function of economic forecasting is to make astrology look respectable." - John Kenneth Galbraith

    Einmal editiert, zuletzt von cktest ()

  • Hallo cktest,


    noch mal deutlicher: Die Bank hat 30% des Nennwertes als Gewinn angenommen (ohne die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufkurs wirklich zu berechnen). Davon sind dann 30% plus Soli als Zinsabschlagsteuer abgezogen worden.


    Mir ging es nur darum, was die Bank sofort abziehen kann/muss.


    Soweit ich das verstehe, muss bei einer `Finanzinnovation' immer der Kursgewinn als Einkommen versteuert werden, und es gibt fuer diese Dinger keine Spekufrist. Diese Regelung schliesst ein Steuerschlupfloch, denn sonst koennte man Derivate oder synthetische Anleihen so konstruieren, dass anstelle von regelmaessigen Zinszahlungen nur eine langfristige Kurssteigerung auftritt, die wegen der Spekufrist dann steuerfrei waere. Man koennte also der Besteuerung des Einkommens ausweichen, indem man Einkommen in einen langfristigen Wertzuwachs verwandelt.


    Also: An der Steuerpflicht ist offenbar nicht zu ruetteln.


    Meine Frage ist, ob die Bank 30% des Nennwertes als Gewinn annhemen kann/muss oder ob sie die Differenz zwischen tatsaechlichem Kauf- und Verkaufkurs berechnen muss und nur das als Gewinn annhemen muss.


    Gruesse,


    Balkenchart

  • Ich hab's schon kapiert (denke ich ;)) - meine Rede ist, dass mir bei der comdirect im Jahr 2002 nur die tatsächlich erzielte Differenz mit dem Zinsabschlag belastet wurde, so dass eine Besteuerung des Nennwerts zumindest in einem Fall (nämlich meinem) nicht eingetreten ist. Die Antwort auf Deine Frage ist also "nein, die Bank muss nicht 30% des Nennwerts als Gewinn annehmen" (aber vielleicht kann sie das, und wenn ja, was sind die Voraussetzungen dafür?).


    Bezüglich "sonst koennte man Derivate oder synthetische Anleihen so konstruieren, dass anstelle von regelmaessigen Zinszahlungen nur eine langfristige Kurssteigerung auftritt, die wegen der Spekufrist dann steuerfrei waere": sowas gibt es, es heißt Zerobond und funktioniert genau so wie beschrieben. Zerobonds sind meines Wissens keine Finanzinnovationen. Leider kenne ich keine Zeros mit attraktiven Zinssätzen.

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    4 Mal editiert, zuletzt von cktest ()

  • Wenn die Bank den Einkaufskurs nicht kennt, dann wird bei Verkauf der Einkaufskurs mit 0 festgesetzt. Man ist dann bis zur nächsten Steuererklärung Kreditgeber an den Staat. Da hilft nur ein Übertrag in ein ausländisches Depot, Verkauf im Ausland und die Versteuerung selbst vornehmen. Bezüglich KANN oder MUSZ die Bank .... Wenn die Bank KANN ( Kauf/Verkauf war auf einem Depot/Kontonummer ) und nicht will, hilft ein angedrohter Wechsel der Bankverbindung. Ich fürchte, derartige Mehrarbeiten der Bank für den Staat werden aber in Kürze Kostenpflichtig.


    cktest . Bzl. Zerobonds - ZB werden natürlich auch versteuert. Allerdings erst bei Fälligkeit. Der Vorteil bei ZB ist eher die Möglichkeit Gewinne erst zu einem steuerlich günstigerem Zeitpunkt versteuern zu müssen. Bis vor kurzem waren die etwa 4% für Staatsanleihen-ZB die man bekommen konnte nicht so schlecht. Wird natürlich mit Wegfall von Freibeträgen uninteressanter.

    "If it sounds too good to be true, it probably is."


    "Theoretisch gibt es keinen Unterschied zwischen der Theorie und der Praxis. Praktisch stimmt das aber nicht."


    "Erfahrung ist das was man bekommt, wenn man nicht bekommt was man möchte."

  • Balkenchart : Kein Problem ;)


    looser : Offenbar habe ich da was verwechselt... Stimmt folgendes? ???
    Zerobonds: Zinsertrag läuft auf, muß aber am Laufzeitende wie Zinsertrag verrechnet werden.
    Genußschein: Zins wird auf den Wert des Scheins aufgeschlagen und 1x jährlich ausbezahlt, bei vorzeitigem Verkauf kann man den Zins aber in Spekulationsgewinne umwandeln.

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  • - stimmt.

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  • Glaube ich nicht, für sog. Differenzgeschäfte fallen immer Steuern an.

    Das Drehbuch für den Untergang steht fest - es geht nur noch um den Preis für die beste Maske (H. v. Buttlar)

  • http://www.bmf.gv.at/Steuern/B…ationseinknfte/_start.htm