Ich dachte, ich nehme unteren Artikel mal zum Anlasse mache einen neuen Thread zum Thema auf, damit nicht immer alles in "Die Lage" landet:
ZitatAlles anzeigenReumütige Rückkehr aus dem Osten
Immer mehr deutsche Unternehmen, die in China oder Osteuropa Kosten senken wollten, kehren inzwischen reumütig nach Deutschland zurück. Plusminus hat die Gründe dafür untersucht und mit Mittelständlern und Wissenschaftlern gesprochen. Das Fazit eines Globalisierungsforschers: "Deutschland nicht wettbewerbsfähig? Das ist doch lächerlich."
Von Ingo Blank und Wolfgang Wirtz-Nentwig
...Jahrelang hatte die Firma ihre Tresore wegen der geringeren Löhne in Polen produziert. Acht Stunden brauchte ein Schweißer für einen handgemachten Rohling. Das Werk in Polen hat Format nun dicht gemacht und dort 150 Leute entlassen. Durch die neue Fertigungsanlage in Deutschland werden heute nur noch Spezialtresore manuell hergestellt. Ansonsten ist die Produktion hoch automatisiert und effizient - wie in vielen Branchen üblich.
Ständige Qualitätskontrollen verteuern Produktion"Als wir damals die Entscheidung trafen, nach Polen zu gehen, lagen die Lohnkosten in Polen etwa bei einem Euro", erklärt Format-Geschäftsführer Rainer Grösch, "doch die haben sich inzwischen etwa um das Zehnfache verteuert. Das bedeutet, dass ich heute zwischen zehn und elf Euro Lohnkosten dort habe. Und das ist bei einem Arbeiter, der jetzt hier in Hessisch-Lichtenau arbeitet, in etwa gleich."
Die Löhne in dem hoch automatisierten Werk machen ohnehin nur noch 15 Prozent der gesamten Produktionskosten aus. Aber es gibt auch noch andere Gründe, warum Format nach Deutschland zurückgekehrt ist, erklärt Grösch: "Einmal natürlich das Knowhow - das mussten wir nicht in das Werk nach Polen transferieren. Auf der anderen Seite waren die hohen stetigen Qualitätskosten, die wir dadurch hatten, dass wir ständig überprüfen mussten, ob die Qualität eingehalten wird." Zudem habe die Infrastruktur für Hessisch-Lichtenau gesprochen.
..."Bedeutung der Globalisierung wird stark überschätzt"
In Genf sitzt die Ilo, die Internationale Arbeitsorganisation, die 1919 gegründet wurde und heute der Uno angegliedert ist. Hier sind Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Regierungen aus 178 Staaten vertreten, um internationale Standards für die Arbeitswelt festzulegen und zu überwachen.
Peter Auer ist Leiter der Abteilung Beschäftigungsanalysen und -strategien. Der gebürtige Österreicher beschäftigt sich nicht zuletzt mit den Auswirkungen der Globalisierung auf die Arbeitsmärkte. Alle vorliegenden Studien, so sagt er, weisen darauf hin, dass der Verlust an Arbeitsplätzen durch Standortverlagerungen deutlich geringer ist als allgemein angenommen - in Deutschland wie überhaupt in Europa. Auer: "Das wird überschätzt. Es ist ganz klar, dass die Bedeutung der Globalisierung stark überschätzt wird. Die Zahlen geben das nicht her. Wir gehen von fünf Prozent Arbeitsplatzverlusten auf europäischer Ebene aus. Das zeigt, dass das Problem zwar existiert, und dass das im Einzelnen natürlich auch schmerzhaft ist, wenn eine Firma abwandert. Aber dass nicht die gesamte Wirtschaft abwandert, ist ziemlich klar."
...Nicht wettbewerbsfähig? - "Das ist doch lächerlich"
Nicht die Arbeitskosten seien das Hauptproblem in Deutschland, sondern eher die schwache Binnen-Nachfrage und vor allem die Bürokratie: 20 Jahre für einen Flughafen oder 30 Jahre, um doch keine Transrapid-Bahn zu bauen. Ansonsten seien die Deutschen Weltmeister darin, den eigenen Standort schlecht zu reden, glaubt Auer: "Warum Deutschland eine so schlechte Presse hat, obwohl es gar nicht so schlecht ist, das ist für mich ein Rätsel. Man ist Exportweltmeister. Wie kann man dann sagen: 'Deutschland ist absolut nicht wettbewerbsfähig?' Das ist doch lächerlich."
...Aus: http://www.tagesschau.de/aktuell/meldun…6010818,00.html