Historische Marktbewertungen vs. aktuelle

  • Wie doof von mir. Ich hatte das dann auch bemerkt, nachdem ich mir den Performance-DAX vorgenommen hatte (Schaubild anbei). Vielleicht erklärt das die Diskrepanz zum Chart von der FTD, denn bei denen steht der Index derzeit bei über 50% über dem Trend und bei mir nur bei 35%. Klar, für die Investoren zählt wie Du schon geschrieben hast nur die Gesamtrendite, und bei 7% Dividende könnte der Preisindex auch dauerhaft auf dem gleichen Niveau verharren, ohne deswegen je unterbewertet zu sein.
    Es gibt noch einen anderen Aspekt: Es liegt in der Natur der Sache, daß diese Betrachtung ex post tendenziell gute Timingzeitpunkte ermittelt, denn die Trendlinie wird schließlich gerade so gewählt, daß sie zwischen Hochs und Tiefs liegt, oder? Zu den damaligen Zeitpunkten hätte sie anders ausgesehen. Daß die Steigung hier nur 1,75% pro Jahr ist, erklärt sich aber aus den fehlenden Dividenden und der Inflationsbereinigung. Die Trendgerade des Performance-Index würde dann eine Steigung in der Nähe oder gleich der Siegel-Konstante haben, bloß tue ich mir schwer, den Performance-Index zu berechnen, weil ich die genauen Ausschüttungen (Zeitpunkte und Höhe) nicht vorliegen habe, nur geglättet. Der Hindsight Value nach Smithers dürfte jedoch nicht genau das gleiche abbilden! Für den wird die Rendite von verschiedenen Zeitpunkten der letzten 30 Jahre bis heute gemittelt, und diese dann mit der ganz langfristigen Rendite verglichen (siehe hier). Das Ergebnis dürfte trotzdem wohl ähnlich sein.


    Der FTD tust Du meiner Meinung nach unrecht. Ich finde es jammerschade, daß diese Zeitung eingestellt wird, speziell "Das Kapital" war für mich das Filetstück der deutschen Wirtschaftspresse! Auch wenn sie mal die Aktienmarktkapitalisierung mit dem BIP verglichen haben - dafür lieferte sie viele Einblicke in langfristige Zusammenhänge, die man sonst kaum wo findet.


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    Noch ein Beleg, daß die Gewinnmargen der US-Firmen auf Nachkriegsrekord sind (so weit reicht die Statistik zurück):
    http://www.businessinsider.com/profits-versus-wages

    Dateien

    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

  • Winter,


    hast Du mal den DAX inflationsbereinigt und die Steigung der Trendlinie im log-Diagramm berechnet? Wo finde ich die Daten dazu?


    Den Performance-Index zum S&P500 kannst Du aus Siegel's Spreadsheet berechnen. Er hat monatliche Mittelwerte fuer die Dividenden, und wenn Du die einfach monatlich wieder anlegst, bekommst Du die Siegel-Konstante ziemlich gut heraus. (Die Zahlen sind sehr schoen, auch wenn Du die Ausschuettungszeitpunkte nicht genau kennst - der Effekt mittelt sich natuerlich heraus, wenn Du lange Zeitraeume untersuchst).


    Benny,


    das ist richtig. Der Performance-Index beruecksichtigt die Steuern nicht. Trotzdem kannst Du aus dem inflationsbereinigten Performance-Index eine mittlere Eigenkapitalrendite berechnen, und der Markt kehrt langfristig zur Trendlinie zurueck.


    Balkenchart

  • Übrigens nicht vergessen, heute die 44 Seiten starke letzte Ausgabe der FTD am Kiosk zu ergattern (sofern ihr noch welche bekommt)!
    "Das Kapital" war auch nicht nur pessimistisch ;): http://www.ftd.de/finanzen/mae…-schlechter/70124856.html
    Für die FTD-Hasser bleibt immerhin Thomas Frickes Wirtschaftswunder-Blog übrig: http://wirtschaftswunder.ftd.d…isschen-ftd-geist-bleibt/


    An der Inflationsbereinigung für den DAX werde ich mich versuchen, ich melde mich wieder. Beim S&P500 meintest Du die Shillerdaten? Da sind die monatlichen Dividenden über die letzten 12 Monate gemittelt.

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    Einmal editiert, zuletzt von Winter ()

  • Hier noch das Verhältnis von Marktwert/net worth für den S&P500 (vermutlich: KBV).



    und eine aktualisierte Grafik der Vorhersagekraft dieser Kennzahl für die nachfolgenden 5 Jahre:



    Es stehen jetzt auch auf kurzfristige Sicht alle Zeichen auf Sturm, bei S&P500 über 1500 Punkten und praktisch auf Höhe der beiden vorherigen Allzeithochs.

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  • Zitat

    Original von Winter
    ...bei S&P500 über 1500 Punkten und praktisch auf Höhe der beiden vorherigen Allzeithochs.


    Das kann man vom DAX Kursindex (S&P 500 ist auch ein Kursindex) ja nun nicht behaupten, der steht 50% unter seinem ATH aus dem Jahr 2000.


    wp

    "Nicht Völker führen Kriege gegeneinander, sondern Regierungen führen Kriege gegeneinander"

    "If you act out of fear, anger, despair or suspicion - this will ruin everything." - Thich Nhat Hanh


    Einmal editiert, zuletzt von woodpecker ()

  • Angesichts der Diskussion im Lage-Thread, die Kleinanleger seien noch nicht eingestiegen und daher sei noch genug "Luft" nach oben, hier mal ein paar Zahlen.


    Nach Andrew Smithers ist der US-Markt beim derzeitigen Stand des S&P 500 bei 1632 nach Tobin's q um etwa 65% überbewertet, wenn man Finanzwerte ausblendet, und um etwa 73% überbewertet, wenn man alle Titel berücksichtigt.


    Eine langfristig durchschnittliche Bewertung hätten wir also bei etwa 940 bis 990 im S&P 500, und eine Einstiegschance wie 1982 bei einem S&P 500 von 500 bis 600.


    Ich habe seit Ende 2012 meine Datenbank nicht mehr geupdated, aber wenn ich einfach mit den laufenden Kursen weiterextrapoliere, habe ich für den deutschen Markt immer noch eine leichte Unterbewertung, vielleicht so ca 5%.


    Balkenchart

  • Andrew Smithers hat neue Zahlen zum Stichtag 30.9.2013.


    Mit den Fundamentalzahlen zum 30.9.2013 und den Kursen von heute (S&P 500 bei 1841) bekomme ich folgende Resultate: Die nicht-Finanz-US-Firmen sind etwa 76% überbewertet und die S&P 500-Firmen incl. Finanzsektor etwa 86%.


    Den Zahlen nach ist die Übertreibung damit deutlich stärker als mein Bauchgefühl es aufgrund der Stimmung hier in Deutschland schätzt.


    Irgendwo bei John Hussman gab es außerdem zwei weitere Eckwerte. Sowohl die "bullishness" der Analysten als auch das Volumen der Margin-Kredite haben neue Höchststände nach 2007 erreicht.


    Insgesamt ist der US-Aktienmarkt damit so riskant wie nur zu sehr wenigen Gelegenheiten in der Geschichte.


    Balkenchart

  • Die Profitmargen waren wohl in den USA tatsächlich schon einmal höher als heute, nämlich in den 40er Jahren. Die Statistiken unterscheiden sich diesbezüglich aber etwas. Die erste Grafik stammt noch aus dem Jahr 2012, d.h. mittlerweile dürften die Margen noch höher sein.



    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

    Einmal editiert, zuletzt von Winter ()

  • Ich verstehe nicht, wieso wieder pro BIP gerechnet wird. Mich interessieren ja nicht die Umsatzrenditen der nicht-börsennotierten Nagelstudios und Hundesalons, sondern die der börsennotierten Firmen.


    Man müsste also z.B. die mittlere Umsatzrendite der S&P500-Firmen plotten.


    Balkenchart

  • Hussman legt in der aktuellen Kolumne überzeugend dar, daß die Statistiken, welche derzeit zwar hohe, aber nicht rekordhohe Profitmargen zeigen, irreführend sind, weil der Vorsteuergewinn herangezogen wird. Siehe mein letztes Posting. Richtig wären seiner Meinung nach Nachsteuergewinne. Damit ergibt sich dann das zuvor bekannte Schaubild, zuletzt verlinkt von witchdream im Market-Timing-Thread. Tatsächlich sind die Unternehmenssteuern in den USA auf jahrzehntelangem Rekordtiefstand. Das erklärt die Diskrepanz vollständig. Für den Unterschied Vor- und Nachsteuer siehe: http://www.epi.org/publication…ates-and-economic-growth/


    Die Betrachtung der Volkswirtschaft als Proxy kann schon Sinn ergeben, denn der Anteil bzw. die Zusammensetzung der börsennotierten Unternehmen kann sich auch verändert haben und somit wäre ein historischer Vergleich ebensowenig repräsentativ.



    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

  • Update von Smithers:


    Nach Tobin's q mit den Flow of Funds zum 31.12.2013 war der S&P 500 am 6.3.2014 um 76% überbewertet (ohne Finazfirmen). Nach Shiller's KGV10 waren es 83% (alle Firmen).


    Durch den Rückgang im DAX seit Anfang des Monats, den der S&P 500 (noch?) nicht mitgemacht hat, ist der Bewertungsunterschied zwischen den USA und Deutschland weiter gestiegen.


    Balkenchart



  • Witzigerweise war gestern das Bewertungsniveau von DAX und S&P auf Basis des P/E EXAKT gleich bei ca. 17,25 (2013).

  • Bloomberg nimmt bei denen die noch nicht berichtet haben, die Schätzungen für das letzte Quartal.


    mmi