Richard A. Werner, Neue Wirtschaftspolitik

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    Original von witchdream
    Das ändert aber nichts daran, dass eine gesetzliche Steuerung der Kreditvergabe ziemlich gaga wäre. Und genau das scheint in den USA stattgefunden zu haben.


    Wenn Werner recht hat, waere es nicht 'gaga', sondern im Gegenteil dringend erforderlich. - Natuerlich nicht so, wie es die USA vielleicht gemacht haben.


    1) Wieso sollen die Banken und nicht die Politik entscheiden, wie sich die Kreditsumme auf Cc, Ci, Cg, Cf aufteilt?
    2) Die Banken haben in der Vergangenheit immer wieder demonstriert, dass sie Cc oder Cf aufblasen und so einen Crash erzeugen, dass sie im Gegenzug aber Ci vernachlaessigen und somit der Wirtschaft schaden.


    Die Abgrenzung zwischen Cf, Cc, Ci ist natuerlich nie ganz scharf. So kann z.B. jemand eine Hypothek aufnehmen (waere als Cf klassifiziert), aber nicht, um damit ein Haus zu kaufen, sondern um ein existierendes zu beleihen und fuer den Erloes in den Urlaub zu fahren. Jetzt sag nicht, so bloed ist doch keiner, denn genau so ist das US-Wirtschaftswachstum 2003-2007 zustande gekommen.


    Aber die optimale Wirtschaftsordnung waere vielleicht eine, in der Cf und Cc schlicht verboten ist (was in der Praix natuerlich nicht exakt einzuhalten ist).


    Balkenchart

  • Zitat

    Original von Balkenchart
    Wieso sollen die Banken und nicht die Politik entscheiden, wie sich die Kreditsumme auf Cc, Ci, Cg, Cf aufteilt?


    C= Consumer
    I= Investitionen
    G= Staatsausgaben
    F= Finanztransaktionen


    Derjenige, der das Geschäft betreibt, sollte auch darüber entscheiden, wie er sein Geschäft betreibt.


    Den Staat zum Hüter der Kreditvergabe zu machen, hieße ja wohl, den Bock zum Gärtner zu machen. Es wäre zu erwarten, dass der Staat (i.e. die gewählten Politiker) zunächst mal ihre Staatsausgaben ("G") sicherstellen, und danach ihre Wählerklientel befriedigen ("C").


    Ähnlichkeiten mit der aktuellen Realität wären rein zufällig... ;o) Ich interpretiere Henkel so, dass die Finanzkrise (in den USA) eben auf einer politischen Förderung von "C" beruht und (in Deutschland) eben auf der Förderung von "G".


    Eine Blase in "F" ließe sich relativ simpel steuerlich verhindern (Tobin-Steuer) - da wäre in der Tat der Finanzminister gefragt.


    Es geht also nicht um ein Ausschalten von staatlicher Regulierung, sondern um... ***stotter***
    Also, äähh, Verhinderung von Regulierung zu Gunsten des Staats.
    Und Verhinderung von Regulierung zu Gunsten der Banken.
    Und Regulierung zum Schutz des Konsumenten vor sich selbst.
    Und Regulierung zur Entfaltung von sinnvollen Investitionen.


    Na super - selbst in meinem liberalen Szenario wäre alles wieder voll überreguliert :o((


    Vielleicht sind wir gedanklich doch nicht so weit auseinander...

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    Original von witchdream
    Derjenige, der das Geschäft betreibt, sollte auch darüber entscheiden, wie er sein Geschäft betreibt.


    Das ist aber schon heute nicht der Fall. Die Zentralbank entscheidet z.B. ueber Mindestreserven und Leitzinsen. Das beeinflusst natuerlich, wieviel und zu welchem Zins die Banken verleihen koennen.


    Reguliert ist die Kreditvergabe also schon heute. Die Frage ist nur, ob sie sinnvoll reguliert ist.

    Zitat

    Ähnlichkeiten mit der aktuellen Realität wären rein zufällig... ;o) Ich interpretiere Henkel so, dass die Finanzkrise (in den USA) eben auf einer politischen Förderung von "C" beruht und (in Deutschland) eben auf der Förderung von "G".


    Nein. In Deutschland ist Cg nahe null. Die Staatsverschuldung sind ganz ueberwiegend Anleihen, aber nicht Bankkredite. Um Cg zu erzeugen, muesste die Bundesregierung Kredite bei der Zentralbank oder bei den Geschaeftsbanken aufnehmen. Die Emission einer Bundesanleihe aendert Cg dagegen nicht, da hierduch nicht die Geldmenge steigt.

    Zitat

    Eine Blase in "F" ließe sich relativ simpel steuerlich verhindern (Tobin-Steuer) - da wäre in der Tat der Finanzminister gefragt.


    Wenn in den USA Ci zurueckging und stattdessen Cc und Cf gewachsen sind, was bedeutet das?


    a) dass es keine sinnvollen Investitionsideen mehr gab, also tatsaechlich keine Nachfrage nach Ci. Schade. Keine Ideen. Keine Risikobereitschaft. Dann ist das Schicksal offenbar verdient.


    b) dass es fuer die Banken einfacher war, Cc und Cf zu erzeugen als Ci. Bei Ci muss ich ja tatsaechlich eine Meinung zum Sinn oder Unsinn von neuen Geschaeftsideen haben, um die Ausfallwahrscheinlichkeiten zu schaetzen. Ich muss von den Branchen eine Ahnung haben, und ich muss ein paar Jahre mitzittern, ob die neue Geschaeftsidee wirklich klappt.


    Bei Kreditkarten oder Hypotheken gucke ich auf die CDS spreads von verbrieften Krediten am Markt, nehme das als Richtwert fuer die Ausfallwahrscheinlichkeit - der Markt hat ja per definitionem recht -, und schon ist alles ganz einfach. Und auch sehr wissenschaftlich und mathematisch.


    Und Ende 2007 fliegt mir das Zeug um die Ohren, weil ich das Kapitel ueber die Korrelationskoeffizienten nicht gelesen hatte. Aber der Staat und die Fed muessen mich ja sowieso retten. Ich bin ja ein Systemrisiko.


    Ausserdem ist ein Kredit ueber 2 Mrd USD an einen Hedge Fonds natuerlich einfacher zu betreuen als 2000 Kredite ueber je 1 Mio USD an irgendwelche Mittelstaendler. Ich muss ja auch an meine Personalkosten denken.


    Ganz im Ernst. Wieso sollen die Geschaeftsbanken das Recht haben, ueber Ci versus Cc oder Cf zu entscheiden? Ohne jede Richtlinie dazu von politischer Seite?


    Ich glaube auch nicht, dass es sinnvoll waere, den Bundestag einmal pro Jahr ueber eine Erhoehung von Cc abstimmen zu lassen. Das ist schon klar. Aber die Banken gar nicht kontrollieren?


    Balkenchart

  • Mal kurz zu den Staatsschulden, bei den PIIGS lernten wir ja gerade, daß da Banken einiges selbst im Portfolio haben.


    Wenn die Bank eine Staatsanleihe kauft, tut sie das mit geschöpftem Geld, der Vorgang ist doch analog einer Kreditvergabe. Die Tilgung der Anleihe entspricht dann der Tilgung des Kredits und Zinszahlung empfängt sie auch.


    Oder?

    Auch unsere Gedanken sind wircksame Factoren des Universums. Novalis


    Everything will be allright!

  • Zitat

    a) dass es keine sinnvollen Investitionsideen mehr gab, also tatsaechlich keine Nachfrage nach Ci. Schade. Keine Ideen. Keine Risikobereitschaft. Dann ist das Schicksal offenbar verdient.


    Werner postuliert, dass die Kreditnachfrage per se größer ist, als das Angebot. Wohl schon deshalb, weil auch der Kreditnehmer in der Form einer GmbH ein Maximalrisiko in Höhe seines Eigenkapitals besitzt (zumindest theoretisch).


    Ich würde auch meinen, wenn eine Bank eine Staatsanleihe kauft, dass ein Teil der zur Verfügung stehenden Kreditsumme an Cg geht, d.h sie "erzeugt" Kredit. Aber mit den Staatsanleihen an Sicherheiten kann sich die Bank bei der ZB wieder neues Geld (=Kreditmittel) beschaffen und z.B. an Cf weitergeben.


    Zu der vorherigen Diskussion: In den USA gab es wohl auch mal den Fall, das jemand durch die Aufnahmeprüfung eines Colleges gefallen war, und daraufhin eben dieses College verklagte, er wäre wegen seiner geringeren Intelligenz diskriminiert worden 8)

    Und irgendwann werden sie feststellen, dass man gendergerechte Sprache nicht essen kann (fefe).

    Einmal editiert, zuletzt von nixda ()

  • Zitat

    Ganz im Ernst. Wieso sollen die Geschaeftsbanken das Recht haben, ueber Ci versus Cc oder Cf zu entscheiden? Ohne jede Richtlinie dazu von politischer Seite?


    Wenn die makroökonomischen Rahmenbedingungen so wären, daß sich letztendlich nur eine Kreditvergabe Ci rentieren könnte, dann würde sich das Problem von selber lösen. Dann hätten weder die Bankmanager die erfolgversprechende Aussicht ein Geschäftsgebaren an den Tag zu legen, das ihre eigenen Profitaussichten auf Kosten volkswirtschaftlich erwünschenswerten Verhaltens fördert noch wäre man darauf angewiesen daß von dieser Problematik vermutlich hoffnungslos überforderte Politiker eine Entscheidung treffen müßten.

    Gold functions like the sun, with all currencies as planets orbiting around it, with only the sun in fixed position (Zijstra)

  • Zitat

    Original von nixda
    Ich würde auch meinen, wenn eine Bank eine Staatsanleihe kauft, dass ein Teil der zur Verfügung stehenden Kreditsumme an Cg geht, d.h sie "erzeugt" Kredit.


    Dann nochmal langsam. Wenn ich bei meiner Bank einen Kredit aufnehme, dann waechst in diesem Moment die Bilanzsumme der Bank. Auf der Aktiv-Seite kommt eine Forderung an mich hinzu und auf der Passivseite das frische Geld, das ich neu auf meinem Konto habe.


    Bei der Frage, ob die Bank das Kreditvolumen ausweitet, kommt es darauf an, ob ihre Bilanzsumme bei der Transaktion waechst. Wenn die Bank im Eigenhandel ein Wertpapier kauft, sollte die Antwort 'nein' lauten. Die Bank tauscht nur ein Aktivum (Cash) in ein anderes (Wertpapier) ein.


    Also vergroessert ein Kauf im Eigenhandel noch nicht das Kreditvolumen. Richtig?


    Balkenchart

  • Ich glaube schon, daß die Bilanzsumme der Bank wächst. Und zwar die Aktiva um die Summe der erworbenen Anleihen, während auf der Passivseite dem Schuldner ein Konto mit dem entsprechenden Guthaben eingeräumt wird. Denn die Bank hat ja das Privileg, daß Forderungen gegen sie als Zahlungsmittel akzeptiert werden.

    Auch unsere Gedanken sind wircksame Factoren des Universums. Novalis


    Everything will be allright!

  • Zitat

    Original von Lando
    Ich glaube schon, daß die Bilanzsumme der Bank wächst. Und zwar die Aktiva um die Summe der erworbenen Anleihen, während auf der Passivseite dem Schuldner ein Konto mit dem entsprechenden Guthaben eingeräumt wird. Denn die Bank hat ja das Privileg, daß Forderungen gegen sie als Zahlungsmittel akzeptiert werden.


    Das verstehe ich noch nicht. Wer ist denn der Schuldner?

  • Ich denke nicht - die Bank kann doch nicht sich selbst einen Kredit geben und selbsttätig die Bilanz verlängern.

    „Lasst uns doch die Quadratur des Kreises probieren.“Robert Habeck über sein Politikverständnis

  • Zitat

    Original von Balkenchart


    Bei der Frage, ob die Bank das Kreditvolumen ausweitet, kommt es darauf an, ob ihre Bilanzsumme bei der Transaktion waechst. Wenn die Bank im Eigenhandel ein Wertpapier kauft, sollte die Antwort 'nein' lauten. Die Bank tauscht nur ein Aktivum (Cash) in ein anderes (Wertpapier) ein.


    Also vergroessert ein Kauf im Eigenhandel noch nicht das Kreditvolumen. Richtig?


    Ich hätte jetzt aus dem Bauch heraus vermutet, dass sich das Kreditvolumen erhöht, wenn eine Bank dem Staat Geld leiht. Die Bank kauft ja kein "Wertpapier" im Sinne einer Beteiligung am Staat (wie bei einer Aktie), sondern gibt dem Staat eben Kredit, und der Staat erhöht damit zunächst mal seine Schulden.


    Wenn eine Erhöhung der Staatsverschuldung offiziell nicht als eine Erhöhung des Kreditvolumens zu definieren ist, dann stimmt m.E. irgendetwas nicht mit den offiziellen Definitionen.


    edit: Mir kommt gerade, dass man hier zwischen dem ursprünglichen Kredit (Primärmarkt) und weiterverkauften Krediten (Sekundärmarkt) unterscheiden muss. Dass ist analog zum Zeichnen von Aktien bei Börsengang (Primärmarkt) und dem nachfolgenden Handel mit Aktien (Sekundärmarkt).

  • Zitat

    Zitat von witchdream
    Die Bank kauft ja kein "Wertpapier" im Sinne einer Beteiligung am Staat (wie bei einer Aktie)


    Doch, genau so ist es doch? Um diesen Unterschied geht es ja hier (sofern es einen gibt): Um die Emission von verkehrsfähigen Wertpapieren (nämlich Staatsanleihen), welche hier die Bank auf eigene Rechnung kauft, in der Investmentabteilung (oder auf fremde Rechnung für andere Investoren, dann aber ganz außerhalb der Bilanz), im Gegensatz zur Gewährung eines Kredits mit unterschiedlichem Buchungssatz. Das erstgenannte ist quasi nur ein gewöhnlicher Tausch, wie beim Aktienhandel an der Börse - andere Wertpapiere, Forderungen oder Bankguthaben gegen das Wertpapier Staatsanleihe.
    Was anderes wäre es erst, wenn eine Investmentbank oder ein Hedgefonds Staatsanleihen auf Kredit kauft (bei einer weiteren Bank).


    Oder anders gesagt: Wenn ich einen Privatkredit aufnehme bei einem anderen Forumsmitglied, dann erhöht sich die Geldmenge nicht, weil das Forumsmitglied keine Banklizenz hat. Wohl aber die summierten Kredite. Ähh, jetzt komme ich selbst ins Schleuern. Also ist Geld doch nicht gleich Kredit?


    Jedoch sind die Staatsanleihen hinterlegungsfähig bei der Zentralbank, im Gegensatz zur Forderung gegen normale Kreditnehmer.

    „Lasst uns doch die Quadratur des Kreises probieren.“Robert Habeck über sein Politikverständnis

    2 Mal editiert, zuletzt von Winter ()

  • Hallo witchdream und Winter,


    bei dem Kreditvolumen, das fuer Werners Modell eine Rolle spielt, kommt es nur darauf an, ob Geld geschoepft wird, ob sich also die Bilanzsumme der Zentralbank oder einer Geschaeftsbank vergroessert.


    Wenn ich mir privat bei jemandem Geld leihe, welchselt existierendes Geld nur den Besitzer (und hinterher zurueck).


    Wenn der Staat eine Anleihe emittiert, ist es genauso.


    Wenn ich mir bei meiner Bank Geld leihe, dann waechst die Bilanzsumme der Bank, und es wird dabei das Kreditvolumen vergroessert. Das ist der Fall, der fuer Werners Geldmengendefinition eine Rolle spielt.


    Wenn sich ein Hedge Fonds bei der Bank Geld leiht, ist es genauso.


    Wenn die Bank auf eigene Rechnung eine Anleihe kauft, weitet sich ihre Bilanzsumme nicht aus (da bin ich mittlerweile recht sicher). Das geht also nicht in Werners Geldmenge ein.


    Balkenchart

  • Wobei es hier ja nicht um die Definition von Geld- und Kreditmenge geht, sondern um die Auswirkungen auf reale Investitionen. Der Kredit der Forenteilnehmer untereinander wird nur einmal nachfragewirksam auf dem Investitionsgütermarkt. In dem Fall investiert nicht der Kreditgeber direkt, sondern stattdessen der Kreditnehmer. Wenn das kreditnehmende Forumsmitglied dagegen einen Kredit bei einer Bank aufnimmt, dann können zwei Investitionen getätigt werden. (Modell: Ursprungszustand: A hat Bargeld, B hat nichts. Hinterher bei 1.: A hat nicht verkehrsfähigen Schuldschein gegen B, B hat das Bargeld und Schulden bei A; bei 2.: A hat nach wie vor Bargeld, B hat auch Bargeld und Schulden bei der Bank).


    nixda : Mmh. Ich war immer zurückhaltend bei solchen volkswirtschaftlichen Rechnungen, weil ich nie genau nachvollziehen könnte, um welche Größen es da geht, ob in nominaler oder realer Rechnung, ob es "nur" um geldmäßige Bewertung geht oder um reale Produktionsmengen, oder wie auch immer geartet. Mir wurde da schnell schwindlig. Besonders, wenn die Finanzmärkte ins Spiel kamen (und wie trennt man überhaupt scharf zwischen realwirtschatlichen und Finanzmarkt-Transaktionen?) Daß es gut möglich ist, daß die Annahme von Werner die Realität die meiste Zeit beschreibt, sehe ich übrigens mittlerweile ein, was man z.B. daran erkennen könnte, daß die Banken schon an der Grenze der regulatorischen Möglichkeiten operieren. Jedenfalls:



    Dann müßte man doch immer unterscheiden zwischen allen Ersparnissen und solchen, die für realwirtschaftliche Investitionen verwendet werden? Oder besser umgekehrt auf der linken Seite zwischen realwirtschaftlichen und Finanzinvestitionen, z.B. in nutzlose Edelmetalle.


    Das erinnert mich an Kostolanys Erklärung, warum die deutsche Börse während der Wirtschaftswunderzeit trotz der hohen Wachstumsraten so schlecht abgeschnitten hat: Es wurde angeblich alles Geld von der Realwirtschaft absorbiert (Investitionen), und damit blieb nichts mehr für die Börse. Wobei das mit einer statischen Geldmenge irgendwo im Kreis herum führte, denn jedem Kauf an der Börse steht ein Verkauf gegenüber (außer bei IPOs, dort aber letztlich auch), der wiederum Geld freisetzt, das anderswo nachfragewirksam werden kann. Jetzt müßte man das nur noch im voraus erkennen können und nicht nur hinterher erklären können, also z.B. wie Cf sich entwickeln wird und damit die Nachfrage nach Finanzmarktprodukten, d.h. die Entwicklung der Bankkredite und deren Aufteilung. Und das möglichst zeitnah, denn wenn ich an Zweitrundeneffekte denke, dann wird mir schon wieder schwindlig.
    Aber damit kommen wir dann von der Wirtschaftspolitik näher an das Thema Spekulation.


    Grammatik-edit: Artikel ergänzt.

    „Lasst uns doch die Quadratur des Kreises probieren.“Robert Habeck über sein Politikverständnis

    2 Mal editiert, zuletzt von Winter ()

  • Ich finde dazu noch Folgendes, einen Auszug aus Otmar Issings "Einführung in die Geldtheorie"


    http://board.trendinvest.net/showthread.php?t=3517


    Da heißt es recht eindeutig p61, was unten steht: Geschäftsbankengeld wird geschaffen, wenn sich die Summe der Guthaben der Nichtbanken (zB der Finanzagentur) bei den Geschäftsbanken erhöht. Das ist der Fall, dafür erhält die Bank die Anleihen, und summiert diese unter ihre Forderungen auf der Aktivseite.


    Das ist ja gerade das Wesentliche, worin sich Banken von sonstigen Unternehmen unterscheiden, sie zahlen mit Forderungen auf sich selbst. Die können das garnicht anders verbuchen.

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    Auch unsere Gedanken sind wircksame Factoren des Universums. Novalis


    Everything will be allright!

    Einmal editiert, zuletzt von Lando ()

  • Die Geldschöpfung wird eigentlich ganz klar am Beispiel eines Wechsels (die es kaum noch gibt): ein auf einem Kontrakt basierendes unbedingtes Zahlungsversprechen mit Termin, das an einen Dritten (und Vierten, usw) weitergegeben wird. In diesem Moment wird das Geld geschöpft, nämlich das, das der Wechsel darstellt, der weitergegeben wird.


    Der Kredit ist der Vorschuß, und weist damit die Richtung auf, in die Dinge sich entwickeln müssen, um dann entweder am Termin zu leisten/tilgen oder abzuschreiben. Insofern folgt die wirtschaftliche Tätigkeit dem Kredit.

    Auch unsere Gedanken sind wircksame Factoren des Universums. Novalis


    Everything will be allright!

  • Hallo Lando,


    was Du schreibt, ist ja prima, aber was hat das mit dem Eigenhandel einer Bank zu tun?


    Wenn sich die Summe der Sichteinlagen der Finanzagentur bei einer Bank erhoehen soll, dann muss die Finanzagentur eben einen Bankkredit aufnehmen. Das erhoeht Werners Cg. Da stimme ich zu.


    Die Emission einer Anleihe geht aber anders. Die Finanzagentur gibt dem Investor eine Anleihe. Dafuer gibt der Investor der Finanzagentur Geld. Dabei wird aber kein Kredit geschoepft. Fuer eine Anleihenemission brauche ich auch niemanden, der eine Banklizenz hat. Das kann soger eine reine Investment`bank' machen, die gar keine solche Lizenz hat. Oder es kann sogar 'over the counter' gehen. (Dass der Kaufpreis fuer die Anleihe in der Regel irgendwo auf einem Bankkonto liegt und nicht bar gezahlt wird, spielt dabei keine Rolle)


    Der alte Wechsel (gemeint ist ein zentralbankfaehiger Wechsel) ist ein Kredit, den die Zentralbank zur Verfuegung stellt. Jeder geschaeftstreibende kann ihn in Anspruch nehmen, und es gilt (zumindest damals zu vor-Euro-Zeiten) fuer alle der Diskontsatz.


    Ich verstehe das so: Du lieferst mir einen LKW voller Kartoffeln. Ich schreibe Dir einen Wechsel ueber den Kaufpreis. Dadurch waechst schon die Bilanzsumme der Zentralbank. Auf der Aktivseite steht eine Forderung gegen mich, zahlbar in 30 Tagen zu Kaufpreis plus Zins. Auf der Passivseite steht eine Verbindlichkeit, naemlich dass die Zentralbank in 30 Tagen dem Inhaber des Wechsels den Kaufpreis geben muss. Und das Eigenkapital der Zentralbank waechst um den Zins. Der Wechsel selbst ist so gut wie Bargeld.


    Nach 30 Tagen bringst Du den Wechsel zur Zentralbank. In dem Moment schrumpft die Bilanzsumme der Zentralbank. Sie ziehen mir vom Konto den Kaufpreis plus Zins ab (Passivseite). Dafuer verschwindet die Forderung gegen mich (Aktivseite). Auf der Passivseite wird der Eintrag fuer den ausstehenden Wechsel geloescht und stattdessen bekommst Du den Kaufpreis in Deinem Konto gutgeschrieben.


    Waehrend der 30 Tage war die Bilanzsumme der Zentralbank groesser - hoffentlich Ci.


    (Was es etwas komplizierter macht, ist die Tatsache, dass die Zentralbank erst am Ende der 30 Tage von dem Geschaeft erfaehrt - ich kann ja den Wechsel schreiben ohne vorher bei der Zentralbank anzurufen. Aber der Wechsel ist so gut wie Bargeld, und daher spielt es keine Rolle, wann sie den Vorgang verbuchen.)


    Balkenchart

  • Zitat

    Original von Balkenchart


    Die Emission einer Anleihe geht aber anders. Die Finanzagentur gibt dem Investor eine Anleihe. Dafuer gibt der Investor der Finanzagentur Geld. Dabei wird aber kein Kredit geschoepft.


    Genau mit diesem Punkt habe ich ein riesiges Problem. Ich akzeptiere jetzt einfach mal Werner's Definition, dass bei der Emission einer Staatsanleihe kein neuer Kredit und kein neues Geld geschaffen wird.


    Wo kommt nun das Geld für die steigende Staatsverschuldung her? Es kann nur
    a) entweder aus der existierenden Geldmenge abgesaugt werden, was zu Lasten der Realwirtschaft gehen muss,
    b) oder das Geld wird an anderer Stelle neu geschaffen, indem Kredite zum Kauf von Staatsanleihen aufgenommen werden.


    Genau Punkt b) dürfte in den letzten Jahren massiv zugenommen haben, wenn ich z.B. an die carry-trades in japanischen Yen denke: Die Banken nehmen niedrig verzinste Kredite bei japanischen Banken auf und kaufen damit höher verzinste Staatsanleihen. Werner's Modell sieht hier nur eine Ausweitung von C_F und blendet komplett die höhere Staatsverschuldung aus.


    Eigentlich müßte man nun auch die gestiegenen Staatsausgaben in dem Modell berücksichtigen, d.h. wofür werden die fremdfinanzierten Staatsausgaben verwendet?
    - für Investitionen? --> C_I
    - für Sozialhilfe? --> C_C
    - für Zinszahlungen? --> C_F
    - für Transfers an Kommunen? --> C_G

  • Ich bin in aller Freundschaft nach wie vor der Ansicht, daß eine Bank beim Ankauf von Anleihen Geld schöpft, also ihre Bilanz verlängert, indem sie die Anleihen als Aktiva und den Kaufpreis als Passivum bucht. Wozu sollte sie auch dafür was von ihren anderen Aktiva hergeben, wo sie doch Geld schöpfen kann. Der einzige Grund könnte sein, daß die neuen Aktiva höhere Zinsen brächten, das kompensiert aber bereits der Preis (Kurs), dh sie würde sich durch solchen Aktivtausch bloß zusätzliche Arbeit ohne zusätzlichen Nutzen machen, und sollte die "neue" Anleihe niedriger rentieren, damit ihre zukünftigen Einnahmen mindern. Welche Aktiva hätte die HRE denn gegen die griechischen Anleihen getauscht, die sie in den letzten Quartalen erworben hat und wozu?


    Aber ich halte mal Ausschau nach weiteren Belegen dafür.


    ----------------


    Noch zum Wechsel, die Zentralbank muß nicht zwingend involviert sein, der Wechsel muß nur "zentralbankfähig" sein, dann kann er unter den Kaufleuten munter bis zur Fälligkeit kreisen und die haben damit "selber" Geld geschöpft. Das war den Banken natürlich ein Dorn im Auge, deshalb wurde der weggedrängt.


    ------------------


    C_G teilt sich mE auch wieder in viel C_C, einiges C_F und ein bißchen C_I.


    C_F ist das Teufelszeug, siehe Josefspfennig und Tsatsiki-Effekt, den die Griechen gerade erleben, aber die sind da nur Vorläufer, es kommen alle dran :)

    Auch unsere Gedanken sind wircksame Factoren des Universums. Novalis


    Everything will be allright!

    Einmal editiert, zuletzt von Lando ()