• Tag zusammen,

    die wohl heißeste Turnaround-Spekulation läuft derzeit in Irland. So steht die altehrwürdige AIB Bank (Allied Irish) seit Monaten unter Druck, die irische Housing-Bubble lässt grüßen..
    Ende September bezifferte der irische Staat den weiteren Kapitalbedarf der Bank auf 5,4 Mrd. Euro. Bei einer damaligen Marktkapitalisierung des Instituts von rund 700 Millionen Euro war an eine geordnete Kapitalerhöhung nicht zu denken. Und so will der irische Staat Ende November via seine Pensionskasse nachschießen. Und so dürfte sich die Aktienanzahl veracht-verneunfachen und der Staat mit ca.95 Prozent fast Alleinbesitzer. Die Pensionskasse hat zugesagt, die neuen Aktien zu 0,50 Euro je Stück abzunehmen. Doch der Markt hadert, denn die AIB-Aktie ist inzwischen auf 0,34 Euro abgetaucht und bringt nunmehr nur noch eine Marktkapitalisierung von ca. 370 Mio auf die Waage.
    Nach Abschluss der Kapitalerhöhung wird das EK der Bank aber rund zehn Mrd Euro betragen (neues Kapital + Verkauf Tafelsilber + Rest-EK).
    AIB ist flächendeckend in Irland aufgestellt und hat, soviel ich weiß, einen großen Teil der faulen Kredite mit Riesen-Discounts an die staatliche bad bank abgegeben, d.h. das Loan-Book dürfte inzwischen sauberer sein...
    Für langfristig orientierte Antizykliker ergibt sich somit die Möglichkeit nun zum schätzungsweise halben Buchwert einzusteigen...ich bin mit einer ersten position zu 0,51 euro rein und denke an eine aufstockung...
    hat noch jemand den titel auf dem radar? Pferdefüße?
    gruss aus dem rheinland

  • Zitat

    Original von jacomo
    Pferdefüße?


    Was beudeutet 'Buchwert' bei einer Bank, die nach IASB-Regeln bilanziert? Sie brauchen ja nicht mehr wertberichtigen, solange sie nur behaupten, sie wollten ihre Anlagen langfristig halten.

    Was nuetzt mir eine Bank, die mehrheitlich einem Staat gehoert, der selbst auf der Liste der Pleitekandidaten ganz oben steht?

    Was hilft mir ein Filialnetzt in einem Land, in dem die Bevoelkerung bis Unterkante Oberlippe mit ihren Haeusern verschuldet ist und in dem die Regierung entweder eisern sparen muss oder selbst ueber die Klippe geht.

    Ich wuerde eher nicht auf einen Turnaraund warten, sondern darauf, dass den Leuten irgendwann das Licht aufgeht, dass sich da fuer eine gute Generation erstmal nicht mehr so viel drehen wird.

    Das ist kein scheinbarer Wuerg-Faktor, das ist ein echter.

    Ich sehe Banken nach 2008 und Euro-Randstaaten nach 2010 so wie Telekommunikation und Internet nach 2000, nur noch wesentlich schlimmer. Als Sektor insgesamt sollten sie am Boden bleiben - die Tatsache, dass der Finanzsektor in vielen Laendern seit Maerz 09 einen Boom hatte, liegt nur daran, dass die Regierungen weiterhin ungeniert Steuergelder reinpumpen - aber auch das wird ein Ende haben, weil es nicht ewig so weitergehen kann. Wenn die EZB ihre Tender wieder limitiert wie vor der Krise, ist AIB innerhalb von 48h weg - siehe 'Staatsanleihen in 2010' Thread.

    Erstmal eine Investitionspause von 5+ Jahren sollte nicht schaden. Ab 2013 oder spaeter kann man dann mal darueber nachdenken, ob bzw. wieviel von dem Sektor uebrigbleiben wird.

    Balkenchart

    Einmal editiert, zuletzt von Balkenchart (1. November 2010 um 21:24)

  • moin,

    klare position, balkenchart.
    Gehe ich davon aus, dass die bad news nun endlich alle draußen sind und mit der anstehenden rekapitalisierung der bank das konkurs-risiko schwindet und die Bank wieder ausreichend kapitalisiert sein wird, dann ist der dunkelste teil der nacht vielleicht vorbei..
    Ich denke, dass Irland besser dasteht als Griechenland und die Euro-Finanzkrise ihren Höhepunkt gesehen hat. Die Iren sind tougher. Zudem ist eine Voll-Verstaatlichung der AIB wohl nicht gewünscht, wohl mehr ein galanter Exit in einigen Jahren zu dann vermutlich deutlich höheren Kursen.
    Und wir sollten nicht vergessen, dass der ganze irische Housing-Bubble-Horror im Kurs drin sein sollte. Die Aktie ist von 24 Euro auf 0,34 Euro abgeschmiert.
    Dass angesichts dieser verbrannten Erde ein Comeback schwierig wird, da gebe ich dir recht, die Branche ist verbrannt. Aber eine Erholung auf 1 Euro wäre ja auch nicht das Schlechteste..

    gruss

  • Ich sehe das so ähnlich wie Balkenchart.

    Die Branche hat in den letzten Jahren damit gutes Geld verdient, dass sie ihre Eigenkapitalquoten bis unter 5%, teilweise sogar bis 3%, heruntergefhahren haben (Die Banken reden dann gerne von Kernkapitalquoten von 8% oder 10%, als ab die dahinterstehenden Nachranganleihen kein Fremdkapital wären). Auf der Aktivseite haben sie sich Risiken eingekauft, so ihre Bilanz verlängert und Gewinne ausgewiesen und ausgeschüttet.


    Das heutige Management hat es hierdurch geschafft, zukünftige Gewinne nach heute zu transferieren. Die nachfolgenden Generationen von Bankern werden daran zu knabbern haben. Das ganze muss jetzt zurückgefahren werden. Auf der Passivseite werden die Eigenkapitalvorschriften werden verschärft und die Eigenkapitalrenditen werden heruntergehen. Auf der Aktivseite müssen die Abwertungen für die Risiken vorgenommen werden. Beide Prozesse schlagen auf die Gewinne je Aktie durch, der Abbau der Aktiva wird sich über Jahre (evtl. über Jahrzehnte) hinziehen.

    Zudem werden sich die Gewinne nicht so einfach wiederholen lassen, weil das Geschäftsmodell sich als nicht tragfähig erwiesen hat. Man muss also abwarten, wo die zukünftigen Gewinne herkommen werden. Die einzige, was ich derzeit hier sehe, ist das M&A Geschäft.

    "Don't believe anything you read on the internet"

    (Abraham Lincoln)

  • #jacomo,

    ich bin manchmal durchaus ein Fan des "Extreme Knife Catchings", aber AIB würde ich mir auch mehrfach überlegen.

    Der dunkelste Teil ist noch lange nicht vorbei. Die eigentliche Rekapitalisierung steht erstmal noch an:

    Allied Irish May Have Debt-for-Equity Swap Next Month, Glas Says
    2010-10-21 13:31:40.797 GMT


    By Fergal OBrien
    Oct. 21 (Bloomberg) -- Allied Irish Banks Plc may have a
    debt-for-equity swap next month at the same time as a planned
    share placement to raise additional equity, Glas Securities in
    Dublin said.
    The debt-management exercise will probably take the shape
    of a debt-for-equity swap, with bondholders having the option to
    sell their shares simultaneously into a rights issue, Glas
    said today in an e-mailed note. It said 250 million euros to 300
    million euros is a realistic equity raise from this.
    State ownership in the bank could reach 93 percent in March
    if there is no private investor participation in the share
    placement, Glas also said. Liquidity risk at the bank is
    overstated, it said, adding that it sees the bank having
    continued reliance on the European Central Bank.

    Eine 93% dilution ist quasi eine Enteignung.


    In solchen Fällen darf man auch nicht den Fehler machen, auf vergangen Aktienkurse zu schauen. Die haben nichts mehr mit der aktuellen Situation zu tun.

    Eine Erholung auf 1 EUR ist in dem Zusammenhang sehr unwahrscheinlich, ausser bei einem 1:10 reverse split vielleicht.

    Wenn Irland, dann würde ich mir eine Irish Life and Permanent ansschauen.

    MMI

  • Zitat

    Original von memyselfandi007
    Must read Artikel zu Irland:


    Ich moechte noch folgendes hinzufuegen:

    1) Irland hat in den 00ern nicht nur von den niedrigen Zinsen im Euroraum profitiert, sondern die EZB hat aktiv das Kreditvolumen in Irland ausgeweitet, waehrend es in Deutschland begrenzt gehalten wurde. Siehe dazu folgenden Artikel von Richard Werner auf einer japanischen (?) Webseite: http://www.yomiuri.co.jp/dy/columns/com…0100507dy03.htm

    2) Wer kennt Irland besser und kann das folgende bestaetigen oder berichtigen?
    Irgendwo (Zerohedge?) wurde geschrieben, dass der Markt fuer privatgenutzte Immobilien in Irland noch nicht abgestuerzt ist so wie in den USA. Wenn es stimmt, dass das noch ansteht, dann haben die Iren erst die ersten 50% der Krise gesehen.

    Ich finde den Einwand zumindest plausibel, wenn man mit dem UK vergleicht. Im UK sind die Hauspreise ebenfalls noch nicht ernsthaft eingebrochen. Sie sind aber weltweit am staerksten ueberteuert, noch vor Kanada, wenn man Verhaeltnisse wie z.B. den Preis fuer ein mittleres Einfamilienhaus pro Familieneinkommen betrachtet.

    D.h. im UK steht der Einbruch bei den Privatimmobilien noch bevor. Ich habe keine Kollegen oder Bekannte in Irland und kenne mich daher mit der Lage in Irland nicht gut aus.

    Im UK wird die Gefahr bei den Privatimmobilien im wesentlichen ignoriert ('real estate always goes up', 'this country is so small, there is a serious shortage of space', ...). Die Tatsache, dass das in Irland momentan nicht diskutiert wird, besagt daher gar nichts.

    Balkenchart

  • Wäre es nicht besser, Anleihen der AIB zu kaufen, statt Aktien?

    Schließlich war es bis jetzt oberstes Gebot für unsere geliebten Regierungen, die Anleihegläubiger zu schützen; denn eine Spekulation auf einen AIB Turnaround kann ja nur eine Spekulation auf Bailout sein (von Spekulation auf Eintritt eines Wunders mal abgesehen).

    Auch unsere Gedanken sind wircksame Factoren des Universums. Novalis

    Everything will be allright!

  • Zitat

    Original von Lando
    Wäre es nicht besser, Anleihen der AIB zu kaufen, statt Aktien?

    Schließlich war es bis jetzt oberstes Gebot für unsere geliebten Regierungen, die Anleihegläubiger zu schützen; denn eine Spekulation auf einen AIB Turnaround kann ja nur eine Spekulation auf Bailout sein (von Spekulation auf Eintritt eines Wunders mal abgesehen).

    So wie ich mich umschaue, sehe ich entweder Tier-1- oder -2-Anleihen, wo eine ernsthafte Gefahr des Haircuts besteht (siehe Anglo-Irish-Umtauschangebot), oder die Stückelungen sind Kleinanleger-unfreundlich - 50 K und mehr sind einfach zu viel für mich.

    Nicht zuletzt aus den schlechten Erfahrungen mit Thomson/Technicolor habe ich mich für die Devise "Wenn Schweinkram, dann richtig" entschieden.

    Allied Irish habe ich übrigens nicht auf der Watchlist, dafür Bank of Ireland.

    "Hey Du, möchtest Du ein A kaufen?" Standard & Poor's (zitiert aus: Marc-Uwe-Kling: Der falsche Kalender - 365 falsch zugeordnete Zitate)

  • Sehr schoen. Die FAZ erhoert unseren Ruf und bringt Zahlen:

    Zitat

    Ende September standen die Iren demnach mit Immobilienkrediten allein für private Wohnhäuser von 117,4 Milliarden Euro bei den Banken in der Kreide. Eine Summe, die knapp drei Viertel des irischen Bruttoinlandsprodukts entspricht.
    [...]
    Nach Angaben der Zentralbank ist die Zahl der Immobilienkredite mit Zahlungsverzögerungen in den drei Monaten bis Ende September um 11,1 Prozent gestiegen. Etwa einer von zwanzig Kreditnehmern ist mit seinen Raten mehr als drei Monate im Verzug. Die Problemkredite haben ein Volumen von 7,8 Milliarden Euro.
    [...]
    Seit dem Höhepunkt der Immobilienhausse im Jahr 2006 sind die Häuserpreise in Irland um 36 Prozent gefallen. Die Leerstandsraten sind dramatisch gestiegen: Schätzungen zufolge ist etwa jedes fünfte Haus in Irland derzeit ungenutzt. Die Preise für Bauland sind teilweise um bis zu 90 Prozent gefallen.


    Und angehaengt noch ein Chart der mittleren Hauspreise.

    Balkenchart

  • Was mich zu der oben geäußerten Meinung geführt hat, war die Tatsache, daß es nur ca 4,5 Mio Iren gibt, die diese ganze Last am Buckel haben. Und von denen arbeitet vermutlich nur wie überall ein Drittel.

    schnueffelnase
    Was hat es mit den Tiers und Haircut auf sich? Noch gilt doch, Rettung ohne Haircut, oder habe ich was verpasst. Der komische Vorschlag dieser Tage von wegen "Anleger beteiligen" war ja wohl nicht ernstgemeint, denn die Rettung gilt ja immer den finanzierenden Banken. Wenn man die wegen der "Anlegerbeteiligung" Pleite gehen ließe, könnte man die Rettung auch ganz lassen.

    Auch unsere Gedanken sind wircksame Factoren des Universums. Novalis

    Everything will be allright!

    Einmal editiert, zuletzt von Lando (19. November 2010 um 09:55)

  • #lando,

    haircuts wird es auf jeden Fall bei den Nachrängen geben.

    bei Senior Bonds ist das m.E. eher unrealistisch.


    MMI

  • Zitat

    Original von Lando

    schnueffelnase
    Was hat es mit den Tiers und Haircut auf sich? Noch gilt doch, Rettung ohne Haircut, oder habe ich was verpasst. Der komische Vorschlag dieser Tage von wegen "Anleger beteiligen" war ja wohl nicht ernstgemeint, denn die Rettung gilt ja immer den finanzierenden Banken. Wenn man die wegen der "Anlegerbeteiligung" Pleite gehen ließe, könnte man die Rettung auch ganz lassen.

    Als schneller Hinweis: Schau mal ins Bondboard forum.baadermarkets.de in den Anglo-Irish-Thread. Da gibt es ein Umtauschangebot für die Inhaber der LT2-Anleihen: Entweder Umtausch zu 20% des Nennwertes in eine von der Republik Irland garantierte Anleihe, oder Zwangsabfindung zu 1 Cent pro 1000 Euro Nennwert.
    Sorry, um das Original-Angebot im Internet herauszusuchen, habe ich gerade keine Zeit.

    "Hey Du, möchtest Du ein A kaufen?" Standard & Poor's (zitiert aus: Marc-Uwe-Kling: Der falsche Kalender - 365 falsch zugeordnete Zitate)

  • werden demnächst wohl "nationalisiert" wie einige Analysten analysiert haben:

    http://ftalphaville.ft.com/blog/2010/11/2…banking-sector/

    Assuming no dilution to the current market price (preference share conversion treated in the same way), this would result in 98% government ownership of AIB, 91% of BKIR and 92% of IL&P. In short, a de facto nationalisation of the entire Irish banking sector.

    Tja, dann sind (und blkeiben) die Bankaktien wertlos. Gut dass ich mir IL&P noch verkneifen konnte.


    MMI

    Einmal editiert, zuletzt von memyselfandi007 (24. November 2010 um 20:49)

  • Weitere irische Banken mit Haircut bei den Nachranganleihen ([url=http://www.ft.com/intl/cms/s/0/3…b49a,s01=1.html]Quelle[/url]):

    Zitat

    Three of Ireland's lenders revealed plans to impose losses of up to 90 per cent on bondholders in attempts to make them shoulder some of the cost of recapitalising the country's banks.

    Bank of Ireland said it would shortly announce a cash offer for ¤2.6bn ($3.7bn) of its subordinated debt, with discounts of either 80 per cent or 90 per cent depending on the type of bond. Two smaller lenders, Irish Life & Permanent and EBS, planned to impose similar losses on holders of about ¤1bn of debt.
    [...]
    The terms are more aggressive than the 22.5-25 cents offered to the tier-two junior bondholders at Allied Irish Banks, which is already 93 per cent owned by the state.


    Balkenchart