Schweinezyklus-Branchen

  • Nach unserem Hauskauf im vergangenen November möchte ich bald an die Börse zurück, aber mit einer anderen Anlagestrategie. Dafür schwebt mir das Ausnutzen von "Schweinezyklen" vor, also Investitionen in Branchen, die von folgenden Faktoren geprägt sind:


    - Produkte sind relativ austauschbar
    - Die Anbieter haben keine Preissetzungsmacht, teilweise werden die Produkte sogar an Börsen gehandelt
    - Es dauert Jahre, bis Angebot und Nachfrage angepasst werden können, in der Zwischenzeit kann es zu extremen Preisschwankungen kommen


    Folgende Branchen fallen mir dazu ein:


    - alle nichtagrarischen Rohstoffe
    - Schifffahrt
    - Halbleiter
    - Petrochemie
    - (Gewerbe-)Immobilien in Städten
    - Papier


    Nicht sicher bin ich mir bei:
    - Grundstoff-Chemie
    - Fischzucht
    - Beton/Baustoffe


    Fallen euch noch mehr solcher Branchen ein? Schifffahrt und Stahl sind ja momentan relativ lecker bewertet, wenn man warten kann.

    "Hey Du, möchtest Du ein A kaufen?" Standard & Poor's (zitiert aus: Marc-Uwe-Kling: Der falsche Kalender - 365 falsch zugeordnete Zitate)

  • - Automobil (jedenfalls die Massenhersteller wie VW, Toyota, Ford, ...)
    - LKW
    - Maschinenbau (z.B. Motorenhersteller wie Deutz)

    "I am not buying anything right now. I am mainly looking out the window." (Jim Rogers, Feb. 2012)

  • Zitat

    Original von Chiru
    - Automobil (jedenfalls die Massenhersteller wie VW, Toyota, Ford, ...)


    Bei näherer Betrachtung völlig richtig, allerdings versuchen die Automobilhersteller eifrig zu vertuschen, dass ihre Produkte dank Gleichteile-Strategie und großer Zulieferer ziemlich austauschbar sind. Außerdem geht es derzeit einigen Autoherstellern gut (z.B. VW), anderen sehr schlecht (Peugeot), weshalb für mich keine Möglichkeit für ein "einfach antizyklisches Engagement" erkennbar ist.


    Zitat

    Original von Chiru
    - LKW
    - Maschinenbau (z.B. Motorenhersteller wie Deutz)


    Lkw müsste ich prüfen, Maschinenbau sicher nicht, da die Produkte zu unterschiedlich sind. Es gibt Unternehmen, die sich dem aktuellen Negativtrend entziehen, beispielsweise Hermle: Artikel: Hermle wächst gegen den Maschinenbau-Trend

    "Hey Du, möchtest Du ein A kaufen?" Standard & Poor's (zitiert aus: Marc-Uwe-Kling: Der falsche Kalender - 365 falsch zugeordnete Zitate)

  • Zitat

    Original von schnueffelnase
    Außerdem geht es derzeit einigen Autoherstellern gut (z.B. VW), anderen sehr schlecht (Peugeot), weshalb für mich keine Möglichkeit für ein "einfach antizyklisches Engagement" erkennbar ist.


    Gilt dieser Einwand nicht für alle Zykliker mehr oder weniger?
    In der angeführten Stahlbranche z.B. ist bei Thyssen wegen starker Verschuldung die Finanzlage angespannt, während Salzgitter sehr solide dasteht. Andererseits macht Salzgitter nur in Stahl, während bei Thyssen Aufzüge der Hauptertragsbringer sind.


    Zusätzlich kommen exogene Faktoren hinzu, die schwer einzuschätzen sind: Überkapazitäten - wann werden die abgebaut? Schlagartig durch Pleite oder erhält man Firmen durch Subventionen jahrelang am Leben?


    Zitat

    Original von schnueffelnase
    Lkw müsste ich prüfen, Maschinenbau sicher nicht, da die Produkte zu unterschiedlich sind. Es gibt Unternehmen, die sich dem aktuellen Negativtrend entziehen, beispielsweise Hermle: Artikel: Hermle wächst gegen den Maschinenbau-Trend


    Maschinenbau ist sehr heterogen - vom einfachen Motoren- bis zum Spezial-Werkzeugmaschinenhersteller - da muss man jedes Unternehmen im Vergleich zur Konkurrenz auf Alleinstellungsmerkmale prüfen.
    Auf die Schnelle ist mir hier Deutz eingefallen, weil es als klassischer Früh-Zykliker gilt und ziemlichem internationalen Wettbewerb ausgesetzt ist.

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  • Maschinenbau kann man beim Thema Schweinezyklen vermutlich vergessen, das Feld ist einfach zu weit. Außerdem hat man da noch das Problem, dass die Investitionszyklen weltweit unterschiedlich sein können. Herman Simon schreibt z.B. in seiner neuesten Ausgabe von "Hidden Champions", dass die Dürr AG (Hersteller von Autolackieranlagen) mehrfach davon profitiert hat, dass die Investitionszyklen der Autoindustrie in Europa, Amerika und Asien zeitversetzt verliefen.


    Ist das bei Beton anders? Heidelbergcement ist interational tätig, ähnliche Effekt wie bei Dürr sind hier ebenfalls vorstellbar. Wobei China mit einem Anteil von 60% des weltweiten Betonverbrauchs möglicherweise eine Sonderrolle zufällt.


    Außer beim Thema Schifffahrt hätte ich Probleme, was die Identifizierung von Schweinezyklen angeht.

  • Schifffahrt scheint mir auch am besten handelbar in Bezug auf Schweinezyklen.
    Hier gibt es eben nicht (wie in anderen Branchen) zeitversetzte Zyklen, sondern nur einen Großen, da Schiffe mobil und standardisiert sind. Auch dürften Aktien stark auf den Zyklus reagieren.
    Es dürfte klar sein in welcher Phase des Zyklus wir hier grad stehen:
    Äh, bäh, pfui, Bloß nicht anfassen, Schiffsaktien, Schiffsfonds etc, alles Verbrecher...


    Die zweite Branche, die mir unter dem Aspekt Schweinezyklus gefällt ist Fischzucht, auch hier scheint ein globaler Zyklus vorzuliegen. V.a. beim Lachspreis.
    Hier ist das Tief vor nem Jahr oder so gewesen, ein Investment war damals sinnvoll, aktuell dagegen drängt es sich m.E. nicht auf. Viele Zuchtaktien sind enorm gelaufen, hier würde ich erstmal warten aufs nächste Tief.


    Auch in der (Rück-)Versicherung wird gerne von Zyklen geredet. z.B. die KFZ-versicherung ist sehr zyklisch. Aktuelle Phase dort:
    Tief soeben verlassen, Preise steigen. Könnte sich ggf. positiv auf Versicherer-Aktien auswirken. Leider spielen hier noch so viele andere Faktoren (Zins etc.) mit rein, dass man wohl kaum drauf spekulieren kann.


    Auch gibt es Studien, die allgemein Industrie-Rohstoffen (bei Öl wäre ich nicht so sicher) einen Zyklus zuschreiben, meist sehr langphasig, also 20 Jahre oder so von Tief zu Tief.
    Aktuelle Phase dort:
    Hoch soeben verlassen, falls es wirklich einen Zyklus gibt, dürfte es nun erst mal LANGE bergab gehen mit den Preisen.


    Auch Kaffee dürfte zyklisch sein, m.W. dauert es 3-4 Jahre bis die Sträuche tragen, also dürfte ein Zyklus ähnlich lange brauchen.
    Phase dort: Preise tief, könnte man sich glatt man ansehen.


    Alles in allem liebe ich Schweinezyklen, wäre sehr glücklich wenn jemand noch ne attraktive Branche diesbezüglich ausgraben kann.


    Gruß,
    Woodpecker

    "Nicht Völker führen Kriege gegeneinander, sondern Regierungen führen Kriege gegeneinander"

    "If you act out of fear, anger, despair or suspicion - this will ruin everything." - Thich Nhat Hanh


  • Was mir noch einfällt, wäre der Anlagenbau: Auch hier gibt es große Zyklen, wobei die Laufzeit der Aufträge so lang ist, dass keine zu großen Lücken bei den Unternehmen entstehen. Man müsste mal schauen, ob es überhaupt noch Anlagenbauer an der Börse gibt (GEA macht ja viele andere Sachen auch noch mit). Klar, auch das ist nicht standardisiert, aber als Zyklus mit Sicherheit handelsfähig.

    "Hey Du, möchtest Du ein A kaufen?" Standard & Poor's (zitiert aus: Marc-Uwe-Kling: Der falsche Kalender - 365 falsch zugeordnete Zitate)

  • Eigentlich sind alle kapitalintensiven Branchen Schweinezyklus anfällig.


    Aus meinem bisherigen Research gilt das insbes. auch für


    - Raffinerien
    - Zement
    - Bambusplantagen und andere "einfach" Agrarfirmen
    - Bauindustre
    - Rohstoff und Zulieferer
    - Hafenbetreiber
    - Getreidemühlen
    - Telekom
    - Versicherung
    - Investment Banking



    Der Zyklus ist einfach: Aufgrund des hohen Fixkostenblocks steigt bei steigender Nachfrage der Gewinn überproportional an.


    Dann werden mit etwas Zeitverzögerung zusätzliche Kapazitäten geschaffen. Meistens aber zuviel. Dann wird solange verkauft, so lange die Grenzkosten positiv sind. Erst mit ehr langer Verzögerung gehen dann Kapazitäten vom Markt.


    Über den Zyklus bedeutet das i.d.R. miese Kapitalrenditen, wenn man aber richtig timed kann es interessant werden.


    Allerdings sollte man aufpassen, dass nicht zwischendurch die Lichter ausgehen (Insolvenz).


    MMI

    Einmal editiert, zuletzt von memyselfandi007 ()

  • Zitat

    Original von Chiru


    Gilt dieser Einwand nicht für alle Zykliker mehr oder weniger?
    In der angeführten Stahlbranche z.B. ist bei Thyssen wegen starker Verschuldung die Finanzlage angespannt, während Salzgitter sehr solide dasteht. Andererseits macht Salzgitter nur in Stahl, während bei Thyssen Aufzüge der Hauptertragsbringer sind.


    Zusätzlich kommen exogene Faktoren hinzu, die schwer einzuschätzen sind: Überkapazitäten - wann werden die abgebaut? Schlagartig durch Pleite oder erhält man Firmen durch Subventionen jahrelang am Leben?


    Verschuldung und Aufstellung der Unternehmen sind sozusagen der zweite Schritt in der Auswahl, wenn man sich antizyklisch engagieren will.

    "Hey Du, möchtest Du ein A kaufen?" Standard & Poor's (zitiert aus: Marc-Uwe-Kling: Der falsche Kalender - 365 falsch zugeordnete Zitate)

  • Ganz wichtig ist zu wissen, wie hoch die "Marktaustrittsbarrieren" sind. Du willst ja schließlich eine gut positionierte Aktie kaufen, die nach der "Zerstörung" der Überkapazitäten der Konkurrenz so richtig durchstarten kann.


    Eine gewisse Höhe der Marktaustrittsbarriere ist wichtig, sonst kommt es nicht zur Krise.
    Aber: Wenn die meisten Wettbewerber Geschäftsbereiche von Konglomeraten mit dicken Taschen sind, staatlich unterstützt werden, und Werksschließungen z.B. aus Umweltgründen einfach nicht möglich sind, kannst du mit deinem Investment am Ende Pech haben.


    Siehe: Michael Porter :)


    An Industrien wie MMI gesagt hat, eher Commodities (wegen Überkapazitäten), und eher Kapitalintensiv. Ich würde noch "Upstream", also am Beginn der Wertschöpfungskette hinzufügen (weil hier die "Schwingungen" besonders stark sind (siehe Bullwhip-Effekt).


    Mir fallen spontan noch ein:
    - Solar-Panels
    - DRAM Hersteller (z.B. Micron)
    - vllt. Kohleminen in den USA. Extrem eingebrochen


  • Jo, trifft alles wunderbar auf meinen Favoriten (Schiffe) zu.

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  • hmm, ich habe eben einen Post hier geschrieben zum Thema Kautschuk und nach Absenden ist er verschwunden ???? Oder ich bin zu blöd....

  • Ich auch nicht...


    Nochmal in Kurzform: Kautschuk ist ein sehr schönes Beispiel für den Schweinezyklus. Ich kann leider keinen Chart auftreiben (Ticker TSR20, Singapur), aber der Preis geht Richtung 10 Jahres low.


    Kautschuk braucht ca. 5-6 Jahre bis man ernten kann (http://de.wikipedia.org/wiki/Kautschukbaum). In der Boomzeit 2007/2008 wurden dementsprechend viel neu angepflanzt, was jetzt auf die Preise drückt.


    Ein Kautschuk "pure play" ist die Französische SIPH mit Kautschukplanatagen in Afrika, deren Kurs allerdings entsprechen grauslig aussieht:



    Sollte sich Kautschuk mal wieder erholen, wäre das ein ganz interessantes Investment. Der Kautschukpreis selber zeigt eine gewisse Bodenbildung.


    MMI

  • Inwieweit ist Kautschuk synthetisch gleichwertig substituierbar ? Gibt es zufällig Chemiker hier welche über Vor- und Nachteile erzählen können? Wie hoch sind die Preisunterschiede zwischen den beiden?

    beati pauperes spiritu


    "we shall fight on the landing grounds, we shall fight in the fields and in the streets, we shall fight in the hills; we shall never surrender.“ W.C.


    “Facts do not cease to exist because they are ignored.” – Aldous Huxley



  • Kautschuk wird m.W. bei Reifen z.B. für Sonderprodukte verwendet, z.B. LKW und Flugzeuge.


    Lanxess ist im Übrigen Marktführer für Synthetischen Kautschuk.


    mmi

  • »In meinem Alter begreife ich, dass Zeit mein kostbarster Besitz ist.«
    »Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen muss wie andere Menschen.«
    »Eine Aktie zu verkaufen die fällt, ist in etwa so, als ob man ein Haus für 100.000 Dollar kauft und es verkauft, sobald jemand 80.000 Dollar dafür bietet.«
    Buffett

    2 Mal editiert, zuletzt von dev ()

  • @memyselfandi007


    Hast du dich schon näher mit der Firma SIPH beschäftigt? Ich find der Chart sieht nicht gruselig aus, sondern hoch interessant.


    Anscheinend kann Natur und künstlicher Kautschuk gemischt werden:


    "Synthetischer Kautschuk kann als alleiniges Polymer oder in Mischungen mit Naturkautschuken verwendet werden. Zwischen 65 % und 70 % des gesamten Kautschuks geht in die Produktion von Autoreifen. Weitere Hauptanwendungsgebiete sind Bindemittel für die Papierstreicherei, die Teppichrückenbeschichtung sowie getauchte Artikel wie z. B. dünne Handschuhe."


    http://de.wikipedia.org/wiki/Synthesekautschuk
    Wobei ich noch nicht verstehe was die Vor- und Nachteile der jeweiligen Kautschukarten sind.


    @dev
    Danke für den Link. Hast du zufällig auch Informationen über synthetische Kautschukpreise?
    Der Spezialchemie-Konzern LANXESS hebt zum 1. Juni 2014 weltweit die Preise für seine Kautschuk-Chemikalien an. Je nach Region und Produkt beträgt die Anpassung bis zu 0,70 Euro/kg bzw. 1,10 US-Dollar/kg.
    http://lanxess.de/de/corporate…informationen/2014-00054/



    Kennt jemand die Marktverhältnisse (Marktstruktur, Liefervertragsdauern, Einfluss des Spotpreises,etc) vom Kautschuk Markt?

    beati pauperes spiritu


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    “Facts do not cease to exist because they are ignored.” – Aldous Huxley



  • @qed1984 Nein, hatte mich nur an diesen Link erinnert ( damals Kali)

    »In meinem Alter begreife ich, dass Zeit mein kostbarster Besitz ist.«
    »Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen muss wie andere Menschen.«
    »Eine Aktie zu verkaufen die fällt, ist in etwa so, als ob man ein Haus für 100.000 Dollar kauft und es verkauft, sobald jemand 80.000 Dollar dafür bietet.«
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