Autoaktien

  • Hallo zusammen,


    aktuell fällt mir auf, dass viele Auto- und Zuliefereraktien recht günstig geworden sind.
    Auch wenn der Autozyklus momentan in eine Hochphase reinläuft, sind die Aktien aus der Branche die letzten Monate durch VW, E-Mobilität und China abgestraft worden, einige davon völlig zu Unrecht.
    Z.Bsp. liegen die KGVs von Daimler und BMW bei etwas über 7 und dazu gibt's knapp 5% Dividendenrendite. Leoni sieht auch interessant aus.


    Ich finde, dass es in der Branche große Chancen gibt.


    Wie ist eure Einschätzung dazu? Wo seht ihr den Grund, warum diese Aktien so günstig erscheinen?
    viele Grüße

  • Wo seht ihr den Grund, warum diese Aktien so günstig erscheinen?
    viele Grüße


    Spitzengewinne sorgen für ein optisch niedriges KGV. Sehr gefährlich, sich allein darauf zu verlassen.
    Ich würde hier noch weitere Kennzahlen zu Rate ziehen (KUV, KBV) und schauen, wie diese sich über den Zyklus entwickeln.

    "I am not buying anything right now. I am mainly looking out the window." (Jim Rogers, Feb. 2012)

  • Zyklische Aktien sehen am Top eines Konjunkturzyklus sehr oft spottbillig aus - weil in den Kursen schon die Sorge vor den schwereren Zeiten des Abschwungs enthalten sind, die Kennzahlen sich aber noch auf die Umsätze und Gewinne in den besten Zeiten beziehen.
    Preisfrage: Wie groß sind bei Autoaktien die Risiken eines Abschwungs?
    In meinen Augen groß:
    - Die Konjunktur lief so lange so gut, dass sich unweigerlich Ineffizienzen und Managementschwächen eingeschlichen haben. Die Schwierigkeiten von VW, mit dem Dieselgate umzugehen, zeigen das recht deutlich.
    - Der große Motor des Aufschwungs, China, ist mächtig ins Stolpern geraten.
    - Die Herausforderungen durch neue Technologien (Fahrerlose Autos - Google, Elektroautos - Tesla) könnten sich als schwierig erweisen.
    - Konjunkturen verlaufen nahezu immer zyklisch. "This time ist different" gehört zu den sichersten Verlustsprüchen an der Börse.

  • "Die Täter seien besonders raffiniert vorgegangen"


    das behauptet man natürlich immer, um nicht wie der letzte Depp dazustehen.
    Tatsache ist, hier wurde einfach ein Mailabsender gefälscht und der Mitarbeiter ist drauf reingefallen dass "der Chef" ihn vertraulich darum gebeten hat gewisse Regeln/Prozeduren zu umgehen.


    In einem anderen Artikel zu der Masche ( http://www.deraktionaer.de/aktie/leoni--40-millionen-euro-futsch---aktei-bricht-ein-265470.htm ):



    "Besonders anfällig seien patriarchalisch-autoritär geführte Unternehmen, in denen Zweifel und Widerspruch nicht erwünscht sind."

  • Meinungen zu Daimler? Die Fundamentaldaten sehen sehr günstig aus:
    KGV16 <8
    KGV17e <7
    Dividendenrendite~5%
    KBV~1,3
    Und ganz schlecht ist der Laden anscheinend auch nicht geführt, die Skandale warten eher bei VW.


    Aber die Risiken für die Autowirtschaft sind auch nicht ohne:
    - Disruption durch Elektroantrieb?
    - Diesel auf der Abschussliste?
    - Chinaexposition


    Tesla ist wertvoller als manche traditionelle Autokonzerne. Ist deshalb Tesla überbewertet oder die traditionellen Autohersteller unterbewertet - oder sieht der Markt zu recht einen Umbruch, den ich in der Radikalität noch nicht sehe?

  • Wie sehen denn Daimlers margen aktuell im Vergleich zur Historie aus ? Ich würde zumindest mal die Margen normalisieren.......


    Als weiteres Risiko würde ich Lohninflation sehe...

  • Ich bin seit gut dreieinhalb Jahren in Daimler und BMW investiert, u.a. wegen der attraktiven Bewertung. Das hat meiner Meinung hauptsächlich zwei Gründe: 1. Der VW-Skandal hat alle Automarken in Mitleidenschaft gezogen, wird aber langfristig keine größeren Auswirkungen auf Image und Gewinn der Branche haben. 2. Die Elektromobilität hat dazu geführt, dass Tesla immense Chancen eingeräumt werden und stark überbewertet ist und traditionelle Autobauer eher im Nachteil gesehen werden. Doch gerade Punkt 2. teile ich nicht. Sowohl Daimler als auch BMW haben die letzten Jahre kräftig investiert und haben durch ihre Größe m.M. nach in der Produktion neuer E-Modelle Kapazitäts- und Kostenvorteile als eben Tesla, die kräftig wachsen und investieren müssen, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Daimler u. BMW können diese Kosten locker mit ihren Gewinnen abdecken, Tesla eben nicht.


    Daher bleibe ich für beide Aktien zuversichtlich, nebenbei werfen beide auch ordentlich Dividende ab.
    Der letzte Punkt Chinaexposition sehe ich weder positiv noch negativ, sondern ich betrachte China als genauso wichtigen Markt wie Europa u. die USA. Sollte die Autobranche einen Abschwung erleben (und den wird es sicherlich demnächst wieder geben), so ist eigentlich egal wo dies geschieht. Eine höhere Diversifizierung (Länder, Produktpalette) kann dies allerdings abfedern.


    Fazit: Ich möchte Tesla nicht seine Berechtigung absprechen oder nicht an dessen Zukunft glauben. Ich denke nur, dass der Markt die Chancen Teslas zu optimistisch sieht und die Gefahren für die traditionellen Hersteller zu pessimistisch einschätzt. Wenn beide Übertreibungen sich wieder normalisieren, dann bin ich gerne auf der Seite von BMW und Daimler.


    Btw: heute Prognoseanhebung für 2017 bei Daimler.


    Viel Erfolg beim Investieren!

  • Ich versuche das mal aus der psychologische Sicht zu erläutern.


    Ich denke die "Profi-Anleger" haben die Autobranche schlichtweg jetzt schon abgeschrieben. Egal was die machen, den Gewinn steigern , Umsätze steigern , Salto rückwärts springen :-), in den Köpfen der "Profis" steckt die Zukunft und die Erwartungshaltung diesbezüglich ist sehr hoch. Sieht man am Aktienkurs von Tesla.


    Ich denke die meisten denken, dass zwar die Gewinne und Umsätze noch weiter steigen werden, aber die Zukunft elektrisch ist. Und bis dato haben sch die deutschen Autobauer noch nicht wirklich als E-Mobil Hersteller hervorheben können. (Audi Q5 E-Tron oder Audi A3 Strom schaffen gerade mal 50 km mit Strom !!)


    Sobald sich aber bemerkbar machen sollte, dass die deutschen doch mithalten können, könnte sich das Blatt drehen. Bisher sind das alles Visionen was VW & Co in Shanghai gezeigt haben. BMW versucht es mit der I Reihe.
    Bis dahin könnte es noch dauern und es ist mit viel Unsicherheit verbunden , ob die Autohersteller dass finanziell tragen können.


    Die einzigsten Halter dieser Autoaktien sind meistens Rentner aus Deutschland .

  • Mal ein paar facts:


    Daimler Nettomarge 2016: 5,56%


    5 Jahre Durchschnitt: 5,60%
    10 jahre Durchschnitt 4,0%
    15 Jahre 3,39%
    18 Jahre 3,28%


    D.h. wir sind bei den Margen zumindest historisch gesehen ziemlich am Peak, eine Normalisierung wäre nicht so unwahrscheinlich in dem Geschäft. Es sei denn man glaubt an ein "permanently higher plateau".


    Wenn ich z.B. das avg. P/E der letzten 18 Jahre nehme (12,7) und die 18 Jahre Durchschnittsmarge von 3,28%, dazu annehme das 2017 150 EUR pro Aktie Umsatz gemacht werden, dann komme ich auf einen fairen "mean reversion" Wert von knapp 63 EUR. Also sieht das gar nocht soooo billig aus.

  • Bei BMW sieht es so aus:


    Daimler Nettomarge 2016: 7,29%


    5 Jahre Durchschnitt: 7,0%
    10 jahre Durchschnitt 5,4%
    15 Jahre 5,3%
    18 Jahre 4,4%


    Bei BMW würde ich auf einen "mean reversion" Wert von 92 EUR kommen, also leicht über börsenkurs. Subjektiv halte ich BMW für die besser geführte Firma.

  • Heute morgen im Radio hat jemand aus dem Verkehrsministerium erzählt, das "Problem" mit den Elektroantrieben für die Industrie wäre, dass ein Elektrofahrzeug 40% weniger Wertschöpfung als eines mit Verbrennungsmotor hätte (oder waren das nur 40% der Wertschöpfung?).


    Könnte für die Autoindustrie ziemlich disruptiv werden.

    Und irgendwann werden sie feststellen, dass man gendergerechte Sprache nicht essen kann (fefe).

  • @mmi: Woran würdest du das bessere Management durch BMW gegenüber Daimler festmachen?
    Mean reversion ist definitiv ein Thema, derzeit brummt Daimler - und sie wollen für 2017 noch einen draufsetzen.


    Die geringere Wertschöpfung bei Elektroautos höre ich auch oft als Argument, die ganze Motorentechnologie als ein Kompetenzvorteil deutscher Hersteller wäre dann wertlos. Mir stellt sich aber die Frage, wie schwer das gegenüber den anderen etablierten Stärken (Kompetenz im "restlichen" Autobau, Patente, Markenstärke, Entwicklungskompetenz, Vertriebsnetz und -erfahrung, Erfahrung mit Massenproduktion in zahlreichen Ländern auf hohem Qualitätsniveau...) wiegt.


    Zum Wettlauf Tesla versus deutsche Autoindustrie: M.E. ist die weitere Entwicklung des E-Autos nicht ganz billig. Die deutschen Konzerne verdienen viel Geld, während Tesla immer noch Geld verbrennt und für die laufende Produktion wie auch Zukunftsinvestitionen stetig den Finanzmarkt anzapfen muss - eine auf Dauer wacklige Geschichte.

  • Was mich bei Tesla stark irritiert ist, dass deren Chef allen Ernstes zum Mars fliegen will und das niemanden beunruhigt.

    Auch unsere Gedanken sind wircksame Factoren des Universums. Novalis


    Everything will be allright!

  • Das Problem mit der Wertschöpfung ist aber ein anderes. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass Mercedes VW und BMW auch mit Elektroantrieben dominante Autofirmen bleiben, wird ihnen der kleinere Wertschöpfungsanteil des Restautos Probleme machen.

    Und irgendwann werden sie feststellen, dass man gendergerechte Sprache nicht essen kann (fefe).

  • Natürlich. Aber das Geschäftsfeld "Auto" ist ja immer variabel. Mit ihren Carsharing-Flotten steigen sie beispielsweise stärker in das Flottenmanagementgeschäft ein.
    Davon abgesehen bin ich von einem schnellen Erfolg des E-Autos absolut noch nicht überzeugt. Durch die hohe Energiedichte von Benzin sehe ich hier eine viel stärker verankerte Nische für fossile Energien als in der herkömmlichen Stromerzeugung.

  • Das mit der Wertschöpfung habe ich heute morgen auch gehört. Das war der Wirtschaftsmann der CDU-Bundestagsfraktion und deren Vizevorsitzender. Diese Bemerkung kam aber so aus der Ecke, die ich mit einer DDR-Anekdote beleuchten will:


    Kurz nach der Wende hab ich in Thüringen natürlich Förster bzw.Forstverwaltungen aufgesucht. Einer sagte mir, sie hätten auch ein Sägewerk in ihrem Beritt. Der Betriebsleiter dort zeigte uns alles und war sehr redselig (Betrieb lief mit alten Vorkriegsmaschinen, so wie ihn der ehemalige Eigentümer vor 50 Jahren eingerichtet hatte, wie im Sozialismus üblich). In einem Nebengebäude nagelten Frauen, die sonst im Wald pflanzten (die Wende war ja im Winter), aus Schwarten Schneeverwehungsschutzzäune für Straßen zusammen, mit Hand und Hammer. Auf meine Bemerkung, dass sie sich doch Druckluftnagler, was ja keine Raketentechnik sei, zulegen sollten, erwiderte der nur, die Technik kennten sie schon, aber wenn sie die hier einsetzten, wären die Frauen zu schnell mit dem nur begrenzt vorhandenen Material fertig.

    Auch unsere Gedanken sind wircksame Factoren des Universums. Novalis


    Everything will be allright!

  • Die sinkende Wertschöpfung wird sicher auch die Margen der großen Autobauer senken. Auch Carsharing hat ja insgesamt eher den Effekt, das weniger Autos benötig werden. Derzeit stehen ja die meisten Autos die meiste Zeit entweder in der Garage oder auf einem (Firmen-)Parkplatz herum. Allerdings denke ich, dass ein Teil der Zulieferer da noch erheblich größere Probleme bekommen wird, ebenso die Werkstätten, da Elektromotoren wartungsärmer sind.


    Tesla halte ich aber in jedem Fall, auch im Vergleicht mit den "klassischen" Autobauern, für krass überbewertet. Wenn man sich so anhört, was der eine oder andere Bekannte aus der Autobranche erzählt, hat der geringe Anteil an Elektrofahrzeugen bei Daimler, BMW und Co nur einen einzigen Grund: mangelnde Nachfrage. Derzeit lässt sich mit Autos mit Verbrennungsmotor einfach mehr Geld verdienen (siehe Wertschöpfungsquote). Deshalb haben die Autofirmen auch kein Interesse daran, verstärkt E-Autos auf den Markt zu kippen. Wenn sich das Blatt aber mal wenden sollten, wird das alles sehr plötzlich gehen. Pläne dafür gibt es genügend in der Schublade. Durch Know-How-Vorsprung kann man bei E-Motoren auch wenig reißen, die sind halt nicht so kompliziert wie ein moderne Verbrennungsmotor.


    Wenn nämlich irgendwann immer mehr Tankstellen dicht machen, weil es immer mehr E-Autos und Hybride gibt, würde ich davon ausgehen, dass das Bild ziemlich plötzlich kippen könnte. Selbst mit einem Hybridauto mit eine Reichweite von real nur ca. 30 km kann man, wenn man vor allem auch viele kurze Strecken fährt, locker den Spritverbrauch halbieren, vielleicht sogar mehr (wie ich aus eigener Erfahrung weiß). Noch lohnt sich das aber weder finanziell (z.B. wg. der Anschaffungskosten), noch verringert es den Carbon Footprint (wenn man annimmt, dass der Extra-Strom aus Kohlekraftwerken kommt).

    Vor die Wahl zwischen zwei möglichen Alternativen gestellt, wähle die Dritte!