low risk anomaly

  • Ich habe in der NZZ eine interessante Erklärung zur mir bislang unbekannten "Low Risk/volatilty Anomaly" bei Aktien gelesen.

    Erst einmal zur low risk anomaly:

    Zitat

    Bei dieser Anomalie geht es darum, dass Aktien, die weniger stark schwanken und damit ein geringeres Risiko haben als stärker schwankende Aktien, eine höhere Rendite liefern als diese. Das widerspricht dem Grundsatz, dass ein höheres Risiko mit einer höheren Rendite verbunden sein sollte.
    Woher kommt diese Anomalie? Turan Bali und seine Kollegen zeigen, dass sie vor allem dadurch zustande kommt, dass die Preise für volatile und damit riskante Aktien zu hoch sind. Das führt zu schlechten risikoadjustierten Renditen. Demgegenüber sind Aktien mit geringen Risiken höchstens leicht unterbewertet. Die Low-Volatility-Anomalie entsteht also praktisch nur an einem Ende, nämlich an demjenigen mit den riskanten Aktien.

    https://www.nzz.ch/finanzen/ve…vestmentfehler-ld.1578392


    Fast noch interessanter ist der Erklärungsansatz hinter der Theorie, denn er zieht einen weiten Bogen:
    These 1 (belegt mit einer interessanten Interpretation des Marshmellow-Tests): Kinder wohlhabender Eltern können aus ihrer Erfahrung heraus eher darauf vertrauen, dass zukünftige Versprechen auch in Erfüllung gehen und leben entsprechend mit einem deutlich höheren Grundoptimismus.
    These 2: Aus einem höheren Grundoptimismus resultiert eine höhere Risikobereitschaft, auch bei der Geldanlage. Das geht nicht notwendig mit der Fähigkeit einer Risikoabschätzung einher.

    These 3: Die geringere Risikobewertung für hochriskante, aber auch chancenreiche Aktien resultiert aus einer überdurchschnittlichen Anlegerschaft reicher Privatpersonen, die dank großer Geldvermögen eine relevante Wirkung haben.

    Resultierend gibt es keinen Abschlag für low-risk-Anlagen, sondern eher einen systematischen Aufschlag für risiko- aber auch chancenreiche Aktien.


    Aber der ganze Artikel lohnt sich, noch aus weiteren Gründen:
    "Vermögende Haushalte machen einen systematischen Investment-Fehler – das können Anleger daraus lernen

    Die Reichen seien anders, heisst es – das gilt auch beim Investieren. Privatanleger können diese Erkenntnis nutzen, um die eigenen Resultate zu verbessern."

    https://www.nzz.ch/finanzen/ve…vestmentfehler-ld.1578392


    Ebenso der aktuelle Artikel, durch den ich darauf stieß:
    "Die Reichen bestimmen den Verlauf der Wirtschaft – was Investoren darüber wissen sollten

    Die meisten Menschen unterschätzen die herrschende Ungleichheit. Das führt zu falschen Vorstellung darüber, wie Wirtschaft und Finanzmärkte funktionieren."

    https://www.nzz.ch/finanzen/fo…der-wirtschaft-ld.1602691


    Den Autoren Patrick Herger sollte man im Auge behalten. Er bietet interessante datengestützte, psychologische Erklärungsansätze zur Börsenentwicklung.

  • Spannende Artikel.


    Eine Anmerkung zur low risk anomaly:


    Es wäre auch denkbar dass die Kausalität in die andere Richtung wirkt:


    Also dass zu teure Aktien zu ihren hohe Preis gerne auch erhöhte Volatitität "dazu bekommen" durch das Verhalten der Anleger.

    Warum?

    Weil sie die "gambler" unter den Marktteilnehmern ansprechen, die recht locker mit Limits, Hin- und Hertraden und Bewertung umgehen.


    Grade in Zeiten wo der gambler-Anteil hoch ist (aktuell zB), stürzen die sich alle auf "heiße", phantasiegetriebene, teure Aktien, deren Vola damit noch weiter steigt.


    Nur so ein Gedanke.

    Ich glaube der Einfluss und das Verhalten der "gambler" ist noch zu wenig untersucht. Ist ja auch nicht leicht weil passt null zum homo oeconomicus, zur efficient market hypothesis usw.

    "Nicht Völker führen Kriege gegeneinander, sondern Regierungen führen Kriege gegeneinander"

    "If you act out of fear, anger, despair or suspicion - this will ruin everything." - Thich Nhat Hanh


  • "Low Vol" Strategien die das ausnutzen gibt es schon recht lange.


    Eric Falkenstein war z.B. ein Blogger der das vor mehr als 10 Jahren schon ziemlich aktiv vertreten hatte:


    http://falkenblog.blogspot.com…volatility-investing.html


    Erklärungsversuche gibt es viele, Die "Lotterielos Theorie" scheint mir persönlich am realistischen. Die sagt dass Leute wie in der Lotterie bereit sind Prämien zu zahlen, wenn es eine geringe Wahrscheinlichkeit gibt einen hohen Betrag zu verdienen.


    Ich vermute mal aber dass die Lo Vol Strategien die letzten 2-3 Jahre sehr stark unterperformt hat.


    mmi

  • Das Lotterielos Ding geht in die Richtung von dem was ich oben meinte, muss ich mich mal einlesen.


    Denke auch dass das in den letzten Jahren underperformed hätte, da war es ein Markt so wenig Gambler (=Lotterieloskäufer) unterwegs waren.


    Dürfte in den nächsten Monaten/Jahren aber recht gut klappen.

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  • Bei ETF's ist Low Vola eher nicht so toll :).


    https://www.fondsweb.com/at/ve…IE00BYYR0C64,IE00B4X9L533


    Viel Vola findet man im SP500, bei den 'World' Portfolios sind die low Vola ETF's eher nicht so toll.

    "If it sounds too good to be true, it probably is."


    "Theoretisch gibt es keinen Unterschied zwischen der Theorie und der Praxis. Praktisch stimmt das aber nicht."


    "Erfahrung ist das was man bekommt, wenn man nicht bekommt was man möchte."

  • Wenn man 100 Euro hat, und 10% gewinnt, anschliessend 10% verliert, dann endet man bei 99 Euro.

    Umgekehrt genauso: erst verliert man 10%, dann gewinnt man 10% - und man endet ebenfalls bei 99 Euro.

    Noch schlimmer wird es wenn man 50% verliert und "nur" 80% gewinnt: man endet bei 90 Euronen.


    Soweit "wissen" wir das alle.


    Erstaunlich ist allerdings, was dieses Video uns lehrt:


    “It’s the little things that matter. It’s one thing to tell someone they look like the first day of spring. It’s another thing to tell them they look like the last day of a long, hard winter.” - Zig Ziglar

    Einmal editiert, zuletzt von Joe ()

  • deswegen kaufen wir schlaue Antizykliker ja auch keine doofen Aktien die nur +80% machen, sondern sich mindestens verdoppeln....:/


    ....oder so ähnlich ^^

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  • Beim Münzwurf steht das Ergebnis einer großen Zahl von Würfen fest, beim Investieren weiss man leider nur etwas über die Erfolgsquoten der Vergangenheit. Wenn man da Kelly oder halbes Kelly anwendet und man liegt öfters falsch, führt das dazu, dass das Vermögen auch schneller schwindet ...

    Auch unsere Gedanken sind wircksame Factoren des Universums. Novalis


    Everything will be allright!

  • stimmt schon. Aber: im Mittel sind die Erfolgschancen wohl nicht so verschieden?

    Was kann man daraus ableiten? Ich nehme an, dass das ganze fuer Diversifikation spricht. Nicht nur im Sinne: "Man gewinnt nicht so viel, verliert dafuer aber auch nicht so viel" sondern es ist wirklich so, dass man eher gewinnt wenn man diversifiziert?


    Oder ich habe einen Denkfehler. Jedenfalls: interessantes Video.

    “It’s the little things that matter. It’s one thing to tell someone they look like the first day of spring. It’s another thing to tell them they look like the last day of a long, hard winter.” - Zig Ziglar