Börsen, Börsenplätze, Handelsplätze, insb. Tradegate

  • Mal wieder Korinthenkackerei, ich weiß. Ich hab Admiral Group aufgestockt (als langfristig zu haltender Dividendenwert). Hätte ich gleich gestern zum Briefkurs gekauft, wäre ich billiger weggekommen, insofern ist die Zeit für solche Pfennigfuchserei wahrscheinlich falsch investiert. Aber trotzdem, man ärgert sich immer wieder, besonders über Tradegate, und die Preisbildung an den Börsen bleibt mir oft ein Rätsel. Das ist eigentlich eine technische Grundlage, von der ich immer wieder feststellen muß, daß ich sie leider nicht beherrsche.

    Also: Ich stelle also gestern eine Order ein, die heute 10 Cent oberhalb des angezeigten Geldkurses liegt, sogar mit mehr Volumen als der Makler; sie liegt also zwischen Geld- und Briefkurs. Antwort von der Handelsüberwachungsstelle von Tradegate:

    Erstens werden Orders nur angezeigt, wenn sie ein von der Geschäftsführung festgelegtes Mindestvolumen überschreiten. Ist ja nachvollziehbar, aber wie hoch das ist, schreiben sie nicht. Aber das dürfte bei mir der Fall gewesen sein, jedenfalls ist es ja größer als das des Maklers! Dann weiter: Meine Order hat vom System automatisch den Zusatz "AON" (All or none, d.h. keine Teilausführungen möglich) erhalten.

    Zitat

    Gemäß § 5 Abs. 1 der Bedingungen für Geschäfte an der Tradegate Exchange wird eine Order, die ein Ordervolumen aufweist, das nicht größer ist als das bei Ordereingang im Rahmen der Vorhandelstransparenz veröffentlichte Quotevolumen auf der Gegenseite der Order, zum Schutz vor wirtschaftlich nicht sinnvollen Teilausführungen automatisch mit dem Orderzusatz „all or none“ („AON“) versehen.

    Meine Order lag tatsächlich knapp unter dem Volumen der Briefseite und stand daher dem Markt nicht uneingeschränkt zur Verfügung, folglich war die Quotierung korrekt. Das heißt aber auch, daß ein Handel von Kleinanlegern (< ~10.000 Euro) untereinander ausgeschlossen ist! Den angeblichen Anlegerschutz halte ich für vorgeschoben: wenn ein Anleger das möchte, sollte er selbst den Orderzusatz AON selbst wählen, zumal bei den meisten Brokern ohnehin taggleiche Teilausführungen kostenlos sind. Der Grund dürfte eher sein, daß so den Maklern Volumen gesichert wird, denn wenn man als Kleinanleger handeln möchte, bleibt einem nichts anderes übrig als das Angebot des Maklers. Ein eigenes Limit wird auch größeren Marktteilnehmern nicht einmal angezeigt, selbst wenn es ausgeführt werden könnte. Womit verdient Tradegate? Börsengebühren wie anderswo gibt es nicht, die DKB stellt mir keine externen Kosten in Rechnung. Was die zahlt, weiß ich nicht. Gehören die sog. Spezialisten (Makler) zur Tradegate-AG selbst?

    Beim Direkthandel mit der Baader Bank war jedoch der Briefkurs schon niedriger, passend genau für meine Stückzahl, folglich habe ich die dann abgegriffen. Ein Preisvergleich lohnt sich also auch hier. 37 Euro gespart, und hätte ich den Briefkurs auf Tradegate genommen, wäre es sogar das Vierfache gewesen (148 Euro). Eine Preisgarantie wie bei den Baumärkten wäre nicht schlecht, aber man ahnt, daß die nur mit zig Einschränkungen gelten würde.

    Nebenbei:

    Wenn man in Deutschland britische Aktien kauft, fällt keine stamp duty an. Dafür bewegen sich die Briefkurse umgerechnet genau um die (mindestens) 1% höher als der Briefkurs am Referenzmarkt in London. Spread hierzulande jedoch seltsamerweise nur 0,74%, in London 1-2 Pence. Warum findet an der LSE überhaupt noch Handel mit Aktien statt, wenn sich das so leicht umgehen läßt? Vermutlich gibt es wieder Ausnahmen für Banken und Handelshäuser, damit die für Liquidität sorgen können und damit diese in London bleibt, und die restlichen Anleger deswegen auch? Es wäre doch rechtlich und technisch einfach, wenn man die stamp duty nicht vom Handelsplatz, sondern für die Umschreibung der Aktien erheben würde, quasi wie beim Grundbuchamt.

    In "unserer Demokratie" werden keine Minderheiten unterdrückt oder zum Schweigen gebracht (Boris Pistorius). Sondern die Mehrheit.
    "Unsere" Demokratie verhält sich zur Demokratie wie Transfrauen zu Frauen.

  • Interessant. Danke.

    AON automatisch. Ist mir noch nicht aufgefallen.

    Aber das (Nicht-)Anzeigen der Order bei Tradegate. Da habe ich mich schon manchmal gewundert, warum eine Oder mal angezeigt wird und mal nicht.

    Woran die verdienen?

    Zum einen an Zahlungen der Börsenplätze für den beschafften Umsatz (irgendwo mal detailliert gelesen. Quelle weiss ich nicht mehr und die Logik, warum die Börsenplätze dafür zahlen, die habe ich damals auch nicht wirklich verstanden. Vielleicht eine Art Werbung.).

    Zum anderen an Arbitrage. Wenn der Briefkurs bei Xetra/Stuttgart/etc gerade bei 27,00 ist, dann ist er bei Tradegate auffällig oft bei 27,02 und ändert sich auch passend. Lohnt sich für den Kleinanleger immer noch, wenn z.B. Stuttgarter Gebühren höher sind als die 0,02 EUR

    Dafür bewegen sich die Briefkurse umgerechnet genau um die (mindestens) 1% höher als der Briefkurs am Referenzmarkt in London. Spread hierzulande jedoch seltsamerweise nur 0,74%, in London 1-2 Pence. Warum findet an der LSE überhaupt noch Handel mit Aktien statt, wenn sich das so leicht umgehen läßt?

    Sieht so aus, als ob du da was in den falschen Hals bekommen hast.

    :-)

    Wieso umgehen?

    1% Briefkursunterschied. Passt zur Stempelsteuer.

    1-2 = ca 1,5 Pence Spread bei Admiralkurs Größenordnung 2200 an der LSE sind ca. 0,74%.

    Passt doch alles.

  • Das mit AON steht sogar auf deren Wikipediaeintrag. Man frägt sich, ob es wohl noch mehr solche unerwartete Regelungen gibt? Es gibt ja auch noch LS Exchange (von der Börse Hamburg und Lang & Schwarz), gettex (von der Börse München und der Baader Bank) und Quotrix (von der Börse Düsseldorf und ICF Bank) mit ähnlichem Geschäftsmodell.

    Zur LSE: Schon klar, für uns halten sich die Kurse gerade die Waage bzw. nach Handelsgebühren und Währungsumrechnung kommt man in Deutschland günstiger weg. Ah, stimmt gar nicht: Es sind ja nur 0,5% Stempelsteuer im UK. DIe 1% werden in Irland erhoben. Insofern, jeweils Stand 13:59 Uhr, bei Geld/Brief 22,52/22,54 GBP @LSE und GBP/EUR 0,8554 wäre das 22,54/0,8554*1,005 = 26,482€ Briefkurs - stattdessen auf Tradegate: 26,40/26,60€. Direkthandel hat 3x 26,20€ Geldkurs. Der entspricht dann 22,60 bzw. 22,42 GBP. Ob also das Geldvolumen bei Tradegate echt ist?

    Man zahlt also doch auf Tradegate Aufschlag zu London (inkl. Stempelsteuer), allerdings nur etwa das, was die dwpbank bei der Währungsumrechnung draufschlägt (~0,5%). Insofern kommt man mit IB beim Kauf wahrscheinlich etwas günstiger weg, aber ich kenne deren FX-Spreads nicht.

    Aber was ich meinte, war, warum hat sich der Handel nicht von London wegverlagert? Bestimmt nur wegen bestehender Ausnahmen.

    1-2 Pence in London sind allerdings in dem Fall nicht 0,74%, sondern max. 0,09%, also ein Zehntel. Praktisch so gering wie denkbar, denn die Tickgröße scheint 1 Pence zu sein in der Aktie.

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  • Gerade wieder was gelernt: Ich habe eine Kauforder auf gettex aufgegeben, ein Vielfaches der minimalen Geld- und Briefstückzahlen, in der Mitte des Spreads, und trotzdem wird die Order nicht angezeigt. Anruf bei der HÜST: Ja, das ist eine Marketmaker-Plattform, da wird nur das angezeigt, was der Market-Maker bereit ist zu handeln, jedenfalls außerhalb von Auktionen. Ausgeführt würde die Order auch wieder nur, falls das teilausführungsfrei möglich ist. So sei es auch auf Quotrix und Lang & Schwarz (ich nehme an, er meinte die LS Exchange, das andere ist ja das Live-Trading wie z.B. die Baader-Bank, das eh nur direkt gegen den Marketmaker möglich ist). Das kann man also vergessen, dort Limitorders aufzugeben. Seltsamerweise gibt es manchmal doch größere Umsätze. Tradegate hat er nicht erwähnt, die sind in der Hinsicht wohl noch etwas besser. Dort erschien meine gleiche Order im gleichen Wertpapier gestern und wurde auch ausgeführt (diesmal war nicht die Situation mit AON gegeben wie im vorherigen Beitrag). Es hieß dann noch, mit meiner Stückzahl sei ich auf den klassischen Präsenzbörsen besser aufgehoben. Xetra-Handel gibt es nicht. Ich hatte es zuerst in Frankfurt probiert, weil ich wollte, daß meine Order sichtbar ist für die Gegenseite, und der Geldkurs dort niedriger war als auf Tradegate, wo nur eine kleine Stückzahl zu höherem Geldkurs angezeigt wurde, denn wer verkauft schon gerne blind? Und nicht alle haben vielleicht den Einblick ins Orderbuch, welches es glaube ich bei Tradegate sowieso gar nicht gibt, es wird jedenfalls auf deren Website nichts beworben. In Frankfurt erschien meine Order aber auch nicht. Die Spanne wurde um 14 Uhr festgestellt und seither nichts mehr. Wenn ich einen Tag warte, würde sie wohl angezeigt werden.

    Zum Briefkurs kaufen ginge aktuell gar nirgends! Der Spread ist nennenswert, mehrere Prozent, und aktuell auf Tradegate nur ein Drittel der gewünschten Stückzahl angeboten. Auktionen gibt es in Frankfurt auf jeden Fall; auf Tradegate auch?

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  • Meine nun auf Tradegate eingestellte Order wird auch nicht auf der Geldseite angezeigt, obwohl sie im Spread liegt und größer ist als die Stückzahl auf beiden Seiten. Mögliche Erklärung, weil "bei Ordereingang" die Briefseite größer war (ich weiß es nicht mehr sicher), siehe Zitat aus #1. Muß ich also die Order löschen und neu eingeben, damit ich mein Ziel erreiche? Das ist doch ein Witz.

    Diese ganzen neuen Börsenplätze ziehen eigentlich nur Liquidität von den Präsenzbörsen ab.

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  • Die Börse Athen streicht meine Verkaufsorder für Jumbo mit der Begründung: "Die Ordererfassung wurde vom Handelsplatz abgelehnt. Das Limit ist unrealistisch."

    Limit: 33€, Kurs: 24,64€. Einmal akzeptierte Orders bleiben aber drin bei sinkendem Kurs.

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  • Ich vermute einmal, die wollen Fishing Orders vermeiden, wenn jemand aus Versehen unlimited Orders einstellt.

    „Sei vorsichtig Glaukon, dein Streben nach Ruhm könnte sonst ins Gegenteil umschlagen! Merkst du nicht wie leichtsinnig es ist, etwas zu tun oder zu reden, wovon man nichts versteht? […] Wenn du im Staate Hochachtung und Ruhm genießen möchtest, dann erarbeite dir zuallererst die Kenntnisse, welche du für die Aufgaben brauchst, die du lösen willst!“

    (Sokrates)

  • Aus der Reihe "Spaß mit Tradegate". Daß dort unerwartete Regeln gelten, hatten wir ja oben schon. Jetzt hatte ich den Fall, daß ich in den angezeigten Geld-/Briefkursen ("Vorhandelspreisinformation") der einzige auf der Geldseite war, und daß später auch Teilausführungen meiner Order zustandekamen, wo ich den vollen Handelsumsatz bekam, und danach aber ein Umsatz zum gleichen Kurs, von dem ich aber nur einen kleineren Teil abgerechnet bekam. Wer hat den Rest gekauft? Es gilt, daß im fortlaufenden Handel die ältere Order zuerst zum Zug kommt (Preis-Zeit-Priorität). Also keine Aufteilung. Und da ich den vorherigen Umsatz zu 100% bekommen habe, muß meine Order die älteste gewesen sein zum gegebenen Limit. Siehe §33 (1) der Börsenordnung. Die Börsenregeln gibt es übrigens hier: https://www.tradegate.de/regelwerk.php

    (Nebenbei, unter "Handelsinformation" findet man Aufhebungen von Geschäften und Preiskorrekturen.)

    Die Auskunft der HÜST läuft darauf hinaus, daß es wohl eine Order oberhalb der meinen gab, die aber nicht angezeigt wurde. Sie wurde jedoch zum gleichen Kurs ausgeführt, was nicht meiner Erwartung entspricht. Außerdem habe der Spezialist gewisses Ermessen, auch was die Anzeige von Geld- und Briefkursen angeht, dabei kleinere Volumina zu ignorieren.

    In der Schlußauktion ist übrigens eine Aufteilung möglich. Es war zwar der letzte Umsatz des Tages kurz vor 22 Uhr, jedoch offenbar keine Auktion; es gab auch noch zwei umsatzlose Kursfeststellungen nach 22 Uhr.

    Die Tickgröße im gegebenen Fall ist offenbar 10 Cent, jedenfalls gibt es nur solche Umsätze, ich hatte es jedoch zuerst geschafft, eine Kauforder 5 Cent darüber zu platzieren. Vielleicht ist das der Trick, daß die dann nur abgerundet ausgeführt wird?

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  • In Texas wurde die TXSE, eine Börse ohne ESG Pflichten, die NASDAQ und NYSE mittlerweile verlangen, gegründet.

    Auch unsere Gedanken sind wircksame Factoren des Universums. Novalis

    Everything will be allright!

  • Erstaunlich ist, daß Blockrock zu den Gründern gehört, die doch zu den Vorreitern des ESG-Investments zählten. Zeichen einer Wende auch in diesem Bereich?

    https://www.manager-magazin.de/finanzen/boers…75-85b9539d5b0e

    https://www.spiegel.de/wirtschaft/tex…79-15c3ede39beb

    https://en.wikipedia.org/wiki/Texas_Stock_Exchange

    In "unserer Demokratie" werden keine Minderheiten unterdrückt oder zum Schweigen gebracht (Boris Pistorius). Sondern die Mehrheit.
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  • Das sind zwar Überzeugungstäter, aber deren Überzeugung heisst nicht ESG :) (und auch nicht Klima).

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  • Das sind zwar Überzeugungstäter, aber deren Überzeugung heisst nicht ESG :) (und auch nicht Klima).

    Jop.

    Im Optimalfall wird die Herde alle paar Jahre in eine neue Klasse Fonds/ETFs reingetrieben, die jedesmal nen schönen neuen Ausgabeaufschlag generieren.

    "I swear by my life and my love of it that I will never live for the sake of another man, nor ask another man to live for mine." - John Galt in "Atlas Shrugged"

    "If you act out of fear, anger, despair or suspicion - this will ruin everything." - Thich Nhat Hanh