Costain - net-net oder bauende Pensionskasse?

  • Die britische Infrastruktur-Baufirma Costain (ISIN: GB00B64NSP76) hatte ich verschiedentlich einmal hier im Forum erwähnt. Ich hatte die kleine Position zuletzt aufgestockt bei 42 Cent. Jetzt war die Aktie wieder auf das Corona-Tief gefallen, das auch Ende Oktober 2020 wieder erreicht worden war. Heute berichten sie vorab über das erste Halbjahr, das über den Erwartungen lag. Kurs steigt von unter 35 Pence auf aktuell 38,6%, +11%. KGVe 3-4. Bemerkenswert ist vor allem die erwähnte Net-Cash-Positon von ca. 95 Mio. Pfund. Börsenwert aktuell: 106 Mio. Pfund.

    https://www.investegate.co.uk/…ance/202207200700080937T/


    Ende 2021 lag die von Costain berechnete Net-Cash-Position bei 93,2 Mio. Pfund - das ist abzüglich Finanzschulden und Leasing-Verbindlichkeiten, jedoch ohne Rückstellungen von 50 Mio. Pfund. In Q1 wurden 43,4 Mio. Pfund an National Grid bezahlt, wegen eines verlorenen alten Rechtsstreits (Peterborough & Huntingdon (P&H) contract). Demnach wären in H1 rund 45 Mio. Pfund freier Cashflow angefallen. Auch für das zweite Halbjahr wird ein positiver FCF erwartet. Letztes Jahr: 39 Mio. Pfund.


    Solche Baufirmen haben zwar üblicherweise Nettocash, von welchem man nicht erwarten kann, daß es ausgeschüttet wird. Aber daß die Firma an der Börse kaum mehr kostet, dürfte doch eine Seltenheit sein. Selbst wenn man den Cashbestand überhaupt nicht in Abzug bringt, ist die Bewertung extrem niedrig. Die Felder, in denen Costain tätig ist, sind wenig zyklisch: Transportation (High Speed-2-Bahnstrecke), Water, Energy und Defence. M.W. haben sie eine Inflationsindexierung in ihren Verträgen. Das Problem in der Branche ist, daß wenn es läuft wie geplant, erzielt man nur eine niedrige Marge, aber wenn was schiefläuft, kann man weit in die roten Zahlen geraten, was in der Vergangenheit wiederholt passierte. Jedoch berichteten sie von einem Strategiewechsel mit besserem Risikomanagement, Konzentration auf höhermargiges Geschäft und Beratungsdienstleistungen.


    Die Pensionsverpflichtung weisen sie nur netto aus in der Bilanz. Das waren zum 31.12.2021 838 Mio. Pfund an Verpflichtungen, denen 905 Mio. Pfund an "Fair value of scheme assets" gegenüberstehen, d.h. aktuell mit 67 Mio. Pfund überdeckt. Ein Jahr zuvor waren es noch -6 Mio. Pfund. Eigenkapital 191 Mio. Pfund. Das ist extrem und für mich ein schwer kalkulierbares Risiko, wie sich das mit der Inflation und steigenden Zinsen entwickelt. In einem schlechten Jahr kann wahrscheinlich auch leicht mal der komplette Börsenwert verloren gehen? Sie haben u.a. 137 Mio. Pfund in "global equities" und 133 in "Multi-asset growth funds".

    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

  • Nach den +14% heute nochmals +11%.


    Zu den Pensionsverpflichtungen siehe Anhang 21 auf Seite 167 im GB: https://www.costain.com/media/…/1-38297-cos-ar21-web.pdf

    Sie müssen aktuell 10 Mio. GBP pro Jahr zuführen, aber damit sind sie nicht aus dem Schneider. Neue Anwartschaften werden seit 2009 nicht mehr erworben. Da bräuchte man jetzt doch jemanden, der sich mit sowas auskennt. :/

    Mir ist auch nicht klar, warum von der Differenz bei den Pensionsverpflichtungen von +72,7 Mio. GBP in der Gesamtergebnisrechnung nur +62,7 auftauchen.


    Sie haben open-book contracts (auch cost-plus contract genannt), d.h. Kostenersatz mit einer vereinbarten Marge, die auch von der Zielerreichung abhängt, was wohl bei öffentlichen Auftraggebern im UK üblich ist, im Gegensatz zu sonst in der Baubranche üblichen Festpreisen, was besonders bei Inflation weniger riskant sein sollte.


    Die IR antwortet, daß der Nettocashbestand vor Leasingverbindlichkeiten gemeint ist, die Ende 2021 27 Mio. GBP ausmachten (sprich: dann 68 netto, immer noch sehr gut). Ich war mir nicht ganz sicher, weil beides im GB genannt wird. 45 wären zu gut für ein Halbjahr, die 95 lassen auf 19 Mio. GBP schließen (denn 119,4 ./. 43,4 + 19 = 95) - genau die Hälfte des FCF von 2021 und etwas über dem Wert für H1/2021 von 16,5, was jetzt nicht so überraschend ist. Wahrscheinlich wurden negative Effekte der Inflation befürchtet, die ausbleiben.


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  • Costain heute mit FY2022-Zahlen. Jeweils in Pence: Umsatz +21%, EpA 9,9 adjusted und 9,4 reported. Kurs ~48, damit KGV 5.

    In Mio. Pfund: Net cash 124, MCap 131, ohne Pensionskasse (s.u.). Nach Leasingverbindlichkeiten 99,7. Keine Finanzschulden mehr.

    Keine Aussage zur Dividende, was ich nicht verstehen kann, wenn sie gleichzeitig ihre Bilanz so rühmen. Die HV ist bereits am 11.5. So weit ich das Herumgeeiere auf die Nachfrage im CC (Minute 43:00) verstanden habe, ist es fraglich.

    Die adjustierte operative Marge soll von 2,6% (2. JH: 3,0%) auf 3,5% und 4,5% in den Jahren 2024 und 2025 steigen, langfristig >5%. Jedoch keine Aussage zu 2023, schwach.


    Costain ist ein typisches Beispiel, wie mit der (adjusted) FCF-Angabe Schindluder getrieben wird. Ich bin mal gespannt, was TIKR daraus macht. Jeweils in Mio. Pfund:

    Operativer Casflow 16,7, jedoch nach Zinsen nur 14,1. Ein üblicher Trick.

    ./. Capex 0,5 = 13,9 (auch das nicht ganz eindeutig, was als Capex zählt).

    Von den 46,4 adjusted items gehen 43,4 ./. 5,2 = 38,2 auf den alten P&H contract zurück, s.o.

    Die laufende Zuführung zur Pensionskasse darf selbstverständlich nicht wieder hinzugerechnet werden, das ist nicht für die Aktionäre gedacht.

    Unter dem Strich dennoch beeindruckende 40% der MCap an FCF!


    Die Nettoüberdeckung der Pensionskasse sank leicht auf 60,2, "primarily due to the fall in the value of Liability Driven Investment portfolio due to the significant increase in long term bond yields over the year, being slightly greater than the reduction in scheme liabilities." Man sollte also meinen, daß durch das LDI Zinsen und Inflation gehedgt sind. Wenn man die Nettoüberdeckung einrechnet, notieren sie also deutlich unter Nettocash selbst nach Leasingverbindlichkeiten (160).

    Off-topic, die Lebenserwartung laut aktuarischer Tabelle sank auch leicht.


    Fazit: MCap grob auf Höhe Nettocash und extrem niedriges KGV/KCV und Wachstum durch steigende Margen. Extrem.

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  • Zum Vergleich mein anderer Bauwert Heijmans aus den Niederlanden bei Kurs 12,46€:

    Umsatz nur +4%, Orderbuch +14%, EpA +14%, auf 2,56€, somit KGV 4,9.

    Die Steuer soll künftig von 18,5% auf den nominalen Satz von 25% steigen, ferner findet eine erhebliche laufende Verwässerung statt (sichtbar an: Nettogewinn +20%) u.a. durch Aktiendividenden, so daß der gleichbleibende Umsatz- und EBITDA-Ausblick zu einem sinkenden EpA führen könnte.

    Dividende 1,01€, somit 8,1% Dividendenrendite

    Nettocash stieg von 90 im Vorjahr, was auch Analystenkonsens war, auf 151 bei MCap 293 - das ist bereits abzgl. Leasingverbindlichkeiten, im Gegensatz zu Costain.


    Property development (Wohnbau) hat aktuell sogar ein minimal höheres Orderbuch als Ende 2021. Dessen Schwäche soll mehr als ausgeglichen werden durch die anderen Segmente.


    PS. Helma und Heijmans sind bald gleichauf - also was die absolute Höhe des Aktienkurses angeht. :P

    Helma seither -40%, Heijmans +30%.

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  • Die 8.4mio für Leases gehören noch vom FCF abgezogen. Es bleiben also nicht 13.9mio übrig, sondern nur 5.5mio.


    Die Leases werden nämlich durch die Abschreibung wieder zum "net cash from operations" dazugezählt, deswegen muss man sie auch wieder abziehen.


    Ergibt meiner Meinung nach auch Sinn, denn die Abschreibungen betragen 11.3mio und der CapEx nur 0.5mio. Mit den 8.4mio von den Leases, kommt man etwas näher an die 11.3mio.


    Woher soll die starke Margen-Erhöhung kommen? Costain hatte im Schnitt gerade mal Gross-Margins von 4-5%.


    EDIT: bezieht sich auf den Costain-Post.

    EDIT#2: Ich finde die Bilanzen von Costain extrem undurchsichtig und meiner Meinung nach ist auf sehr viel aufzupassen. Die langfristigen Zahlen (auf TIKR) erschließen sich mir nicht zu 100% und ich schaffe es nicht (auf die Schnelle) eine normalisierte Marge zu errechnen.

  • Oh, ich werde diese IFRS-16-Änderungen wohl immer wieder vergessen.

    Die P&H-Auszahlung Anfang 2022 (netto 38,2) würde ich mit etwas Goodwill (pun intended) als einmalig durchgehen lassen, d.h. der FCF ist dann genau ein Drittel des Börsenwertes (43,7/132).


    Sonst siehe Ausgangsposting. Mein Investmentcase basiert hier nicht auf der Fortschreibung der schlechten historischen Zahlen, die den niedrigen Kurs wohl erklären, sondern auf der angestrebten Margenverbesserung. die auf für Costain risikoärmeren Verträgen basiert, besserem Controlling (neue CFO), daß sie nur noch höhermargig auf Ausschreibungen bieten wollen und auf den oft begleitenden digitalen und Consulting-Dienstleistungen.


    Es mag Würg-Faktoren geben, das gilt wohl für die gesamte Branche. Aber wie niedrig sollte der faire Preis sein? Wenn diese Kennzahlen immer noch nicht günstig genug sind, dann weiß ich es auch nicht. Ich denke, die Aktie hat das Potential zu einem Vervielfacher. Angemessen wäre ein doppelt so hohes KGV, also knapp 10. Wenn sie es schaffen sollten, die Marge wie geplant (mindestens) zu verdoppeln, dann auch nochmals eine Verdopplung. Wobei es früher mal hieß >6%, dann von 5-6% die Rede war und aktuell >5% genannt wird. Vielleicht gilt es nur nach diversen Adjustierungen... :rolleyes:

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  • Ich will jetzt hier nicht als Spielverderber auftauchen - aber ist das wirklich etwas was Du "besitzen" willst?


    Zoomen wir mal ganz weit raus.
    Das Unternehmen ist eine Baufirma die regelmäßig Großprojekte wie Tunnel, Brücken etc. baut.
    Kann man ganz gut auf Wikipedia nachvollziehen:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Costain_Group


    Eine Chance dass man von außen versteht ob die >1,5 Mrd. GBP Baukontrakte vernünftig gepreist wurden - hat man nicht.

    (Sprich auch ein neuer CFO / CEO bringt Dir gar nichts - weil der Murks lange in den Büchern bleibt).


    Ein Teil des Cashs ist auf jeden Fall über Anzahlungen und Projektverbindlichkeiten zu erklären. Die bekommen Cash angezahlt und haben die Verpflichtung Projekte zuende zu bringen, bzw. ihre Subunternehmer zu bezahlen. (Was sie wohl regelmäßig schlunzen: https://www.constructionenquir…shamed-over-late-payment/)


    Historisch scheinen Sie für die Aktionäre einen grauenhaften Job gemacht zu haben. In gleich mehreren (!) Krisen haben sie offensichtlich zum schlechtest möglichen Zeitpunkt (in der Krise) Kapital aufgenommen um nicht unterzugehen und damit mehrfach die Aktionäre ausradiert.


    Zuletzt geschehen 2020 wo sie die Aktienzahl schlank ver-2,7-facht haben (von 108 auf 275) obwohl sie zum 31.12.2019 180mn Cash und eine Nettokasseposition von 35mn hatten.


    Davor hatten sie 1993 die Aktienzahl von 3 auf 6mn verdoppelt (Höchstkurs umgerechnet 400 GBP damals!) und 1997 von 12 auf 34mn verdreifacht.

    Dann war ein paar Jahre Ruhe. Aber 2008 wieder das gleiche Spiel. Notkapitalerhöhung mit Verdopplung der Aktienzahl.


    Problem mit 1-Jahresbertrachtungen ist, dass die immer mal wieder Jahre haben wo die richtig operativen Cashflow verdienen. 2016/2017 rund 50 Mio. GBP. Nur um dann in den folgenden Jahren jeweils richtig hässlich negativen operativen Cashflow zu haben.


    Über die letzten 22 Jahre (seit 2000) hinweg haben sie laut Datenbank in Summe 130mn operativen Cashflow produziert, 50mn in Capex gesteckt und 100mn in Akquisitionen versenkt. Dividende über diese 20 Jahre: 100mn die praktisch über Kapitalerhöhungen finanziert wurden.


    Dieses Unternehmen hat NOCH NIE wirklich Geld verdient... Geschweige denn an die Aktionäre ausgeschüttet oder was sinnvolles damit gemacht.


    Zu den Pensionen: Vorsicht an der Bahnsteigkante. Man sieht alleine durch den riesen Swing von 2020 auf 2021 (von -5,6mn auf +29mn) dass dort ein großes Brutto rumgeschleift wird. Die Zinsen sind letztes Jahre irre gestiegen. Damit wird technisch die Pension mit einem höheren Zins abgezinst und kleiner. (zumindest bilanziell gut!) Das Bruttovolumen lag 2021 bei 840 GBP (vs. Plan Assets von 904) (Seite 169 im AR:2021). Die Pensionen sind effektiv in Aktien, "Growth Funds" und LDI-Investments (was immer zur Hölle da drin ist) investiert.


    Was da ökonomisch passiert: Inhaltlich hast Du ein 100mn Marketcap Bauunternehmen mit einem Zwangs-angeschlossenen 900mn Hedgefonds der 900mn Assets hat und 850mn Schulden.


    Dessen Gewinne laufen immer für die Pensionäre, nie für die Aktionäre; Eventuelle Verluste laufen aber immer gegen Dich als Aktionär. Krachen die Märkte um 50% oder verspekuliert sich die Fonds, bist Du gelackmeiert (Such mal Pensionsfonds in UK 2022 - da war auch in Zinsen richtig was los). Nachschusspflicht wird meine ich alle 3 Jahre geprüft.


    Von daher mögen die Kennzahlen günstig sein - aber ich halte das längerfristig (wenn man etwas >5-10 Jahre halten wollte) für das sprichwörtliche Münzen vor der Dampfwalze einsammlen. Natürlich kann sich die Aktie mal zügig erholen - aber langfristig würde ich darum wetten, dass die Dich in spätestens 15 Jahren mal wieder ausradiert haben :rolleyes:

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    Value investing is at its core the marriage of a contrarian streak and a calculator - Seth Klarman

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  • Schön, wieder von Dir zu lesen, Matze!

    Das ist mir alles bewußt und das meiste hatte ich doch in den Beiträgen oben selbst schon dargestellt. Die Pensionskasse ging übrigens durch die gesunkenen Zinsen auf 587 assets und 527 liabilities zurück. Ja, alle drei Jahre wird überprüft, und vielleicht kann deswegen auch die jährliche Zuführung künftig reduziert werden, wenn es so bleibt wie jetzt? Bei >10 Mio. pro Jahr und 26 Mio. Nettogewinn macht das was aus! Die Turbulenzen im UK waren mir bewußt - aber interessanter Gedanke, daß ein Aktienmarktrisiko bestehen könnte.

    Die Geschichte mit den verspäteten Zahlungen im April 2019: sie wurden bereits im Juli wieder in die entsprechende Liste der Regierung aufgenommen. Mittlerweile gehören sie zu den schnellsten Zahlern in der Branche: https://www.constructionenquir…rys-quickest-payers-list/


    Ich stimme schon zu, daß es keine Aktie ist, die man dauerhaft im Depot haben möchte (das suche ich sonst durchaus auch!). Es ist eine klassische antizyklische Situation mit Sicht auf wenige Jahre, eine verhasste Aktie innerhalb eines verhassten Sektors. Die Vergangenheit, insbesondere die verheerende Kapitalerhöhung ausgerechnet während des Coronacrashs (hatte damit aber wenig zu tun) sitzt den Investoren noch im Nacken, das erklärt die zweifellos sehr niedrige Bewertung. Aber ob es sie rechtfertigt?

    2021 war der Kurs übrigens schon bei 68 Pence, und ich sehe nicht, wieso er nach diesen guten Zahlen für 2022 noch darunter stehen sollte. 2020 wurde nach der KE bereits ~90 Pence erreicht. Das wäre mein Kursziel für sofort. Die Firma kann wieder ganz anders wahrgenommen werden, wenn sie Vertrauen zurückgewinnt - weder Costain, noch Baufirmen im allgemeinen waren immer schon so niedrig bewertet. Die Chance auf Margenerhöhung kommt noch dazu.


    Bei Kier sieht der Chart ähnlich aus. Mir scheint aber, daß Costain risikoärmer unterwegs sein sollte als die anderen, denn Infrastrukturbau sollte nicht so zyklisch sein - vielleicht wird Costain derzeit auch etwas in Mithaftung genommen -, und die inflationsindexierten cost-plus-Verträge (s.o.) sollten vorteilhafter sein als als sonst übliche Festpreisverträge, die sie nicht mehr im Orderbuch haben. Galliford Try notiert offenbar mit EV=0 seit Corona, das war früher auch nicht so, Royal BAM aus NL auch. Abgesehen von denen ist Costain nicht nur relativ zur eigenen Historie (KGV und KUV entspricht aktuell der historischen Untergrenze), sondern auch im Branchenvergleich sehr günstig.


    Ich habe mir die Passage nochmals zu Gemüte geführt - es wird keine Dividende geben. Das ist ein Witz und spricht aus meiner Sicht für sich leider klar gegen die Aktie. Wenn sie wenigstens mind. 50% ausschütten wurden und eine Dividende von 10% hätten. Angestrebt ist nur ein Drittel; Heijmans hat 40% als Ziel und schüttet das auch aus.


    Heijmans gehört nach KGV, Dividendenrendite, Kurs/FCF und KBV zu den günstigsten Bauaktien in Europa, jeweils Top 4. Hier absichtlich ohne EV-basierte Kennzahlen.


    Es ist auch eine Gelegenheit, sich über das Thema Cash nochmals Gedanken zu machen. Wir hatten das irgendwo mal angerissen, ich glaube in dem Thread von Valing (ich komme leider nicht dazu, darauf zu antworten...). Ein quasi betriebsnotwendiger Cashbestand, der nur durch Anzahlungen zustandekommt, muß evtl. nochmals anders bewertet werden. Vielleicht verlangen die Kunden das auch? Bei Lastminute.com ähnlich. Die nehmen das Geld erst von den Kunden ein und zahlen ihre Reiseanbieter später. Trotzdem ist es freilich besser, wenn ein hoher Saldo vorliegt, als wenn er stets +/-0 steht und sie notfalls auf Kredite zurückgreifen. Aber es ist zu unterscheiden von einem nicht bestriebsnotwendigen Cash, der ohne Weiteres ausgeschüttet werden könnte und allenfalls eine vorsichtige Haltung des Managements ausdrückt. Bijou Brigitte wäre so ein Beispiel. Aber auch in solchen Fällen scheint es ratsam, den Cashbestand in der Bewertung vorsichtig anzusetzen. Denn wenn man mangels Mehrheit nicht an den Cash herankommt und er bis zum Sankt-Nimmerleinstag nicht ausgeschüttet werden wird, was ist er dann wert? Diskontiert eigentlich null. 3U ist ein anderer Fall, dort wird der verbleibende Cash (nach Dividendenausschüttung) investiert werden. Da sollte man dann bloß nicht so tun, als ob die Aktie dadurch nach unten abgesichert wäre. Ist sie nicht, sobald die Investition stattgefunden hat. Centrotec hat auch einen sehr hohen Cashbestand, bei dem unklar ist, was der Großaktionär damit vor hat.

    Aber wir diskutieren das lieber dort, das hat auch mit dem EV-basierten Ansatz im allgemeinen zu tun.

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  • Costain mit Zahlen für 2023: Eine Menge "adjusted" und teils irreführend berichtet (ohne diluted, Cashflow vor Pensionszuführung).

    Jeweils in Pence pro Aktie: EPS adjusted stieg von 9,9 auf 12,2, reported jedoch runter von 9,4 auf 7,8 diluted = KGV 8,6.

    Comprehensive income nur 8,5 statt net profit 22,1 (Vorjahr: 11,1 vs. 25,9).

    Der Netto-Cashbestand wuchs um 40,6 Mio., plus noch rund 1 Mio. für die gezahlte geringe Zwischendividende. Der echte FCF ist also 41,7 Mio. Pfund.

    Zuführung zu den Pensionen war 8,1 Mio., bis 2027 sind jährlich 3,3 Mio. vereinbart, inflationsangepasst, im Falle der Unterdeckung, sonst nichts.

    Börsenwert @67 Pence: 185 Mio. Pfund, also immer noch Kurs/FCF 4,5.

    Nettocash: 164,4 Mio. Pfund, knapp unter Börsenwert. Es wird erwartet, daß jener Ende 2024 auf dem gleichen Niveau liegt, d.h. FCF ~ 0.

    Die "adjusted operating margin" soll dieses Jahr weiter steigen von 3,0% auf 3,5% und nächstes Jahr auf 4,5%. Man wird sehen, ob das am Ende nur "adjusted" gilt. 2024 soll es noch 5 Mio. Pfund an "transformation and restructuring costs" geben, danach nichts mehr, was separat ausgewiesen wird. So gesehen kann man hier m.E. nochmals 2 Jahre zuwarten.

    Es gibt eine geringe Dividende, künftig soll ein Drittel der adjusted earnings ausgeschüttet werden. Wenig für meinen Geschmack, aber es könne auch Sonderdividenden und Aktienrückkäufe geben im Falle der Überkapitalisierung. Offensichtlich sehen sie das derzeit nicht, dementsprechend vorsichtig ist der Nettocashbestand zu interpretieren. Das ist viel Wasser in den Wein.

    https://www.research-tree.com/…full-year-results-2298944

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