• Ich hab mir im Februar 2022 Nabaltec Aktien zu 31.50€ gekauft. Ich denke, dass ich viel zu teuer gekauft habe und möchte erklären warum, um eventuell eine Diskussion anzustoßen.


    Annahme1:
    Mein Case beruhte darauf, dass die BÖHMIT Produktion stark wächst und 30% EBIT-Margen erwirtschaftet. Somit sollte dieses Produkt im Jahr 2025 ca. 50% vom gesamten EBIT ausmachen. Gesamt-EBIT-Marge dann rund 15%.


    Annahme2:
    Ich habe der Aktie ein faires KGV von 20 unterstellt.


    Was mich im Nachinein an dieser Vorgangsweise stört, ist, dass ich damit die Zukunft gekauft habe (keiner weiß wie die Zukunft wird) Das mein Fehler bei dieser Investition. Leider habe ich das damals nicht gesehen. Erst jetzt, mit meiner "neuen" Bewertungsmethode, habe ich gesehen, dass ich hier vermutlich zu teuer gekauft habe.


    Anbei eine kurze Neu-Bewertung:


    Ich rechne einerseits mit einer nachhaltigen EBIT-Marge von 8% (=langjähriger Schnitt) und andererseits mit 13% (jüngste EBIT Margen). Umsatz 220mio.


    Damit kommt man auf EBITs von 17.6mio und 28.6mio. Hinzuzählen muss man Growth-related Kosten von 1.5mio (eventuell sind es sogar mehr). Also 19.1mio und 30.1mio. Steuersatz von 30% ergibt Nettogewinne von 13.3mio und 21.00mio.


    Die Kapitalkosten schätze ich für das EK auf 10.5% und für FK auf 1.8%. Gewichtet 8%


    Somit ergibt sich ein EarningsPowerValue von 166mio und 262mio. Hier muss man noch 50mio net debt abziehen. Also 116mio (Normal Case) oder 212mio (Best Case).

    Die MCap steht zurzeit bei 176mio. Bei meinem Kauf stand sie bei 277mio!!! Sogar jetzt ist die Aktie in meinen Augen kein Schnäppchen, aber ob ich verkaufe weiß ich auch nicht.


    Man kann die Aktie noch nach "Growth" bewerten, aber ich weiß nicht ob die Aktie einen langfristigen Wettbewerbsvorteil hat. Und Wachstum macht nur Sinn, wenn man diesen hat. (Also wenn Kapitalrenditen > Kapitalkosten)

  • Deine neue Methode klingt doch auf den ersten Blick nicht so schlecht.

    Obwohl es aus meiner Sicht Sinn macht noch mehr Faktoren einzubeziehen. Und sei es nur, damit man gezwungen wird einen Blick auf die zu werfen.


    Wie waren die Margen der Vergangenheit?

    Wie hoch sind Verschuldung, Eigenkapital, FCF, Dividende, Valuekennzahlen (KBV, KUV, KPV, KGV10 etc).


    Nabaltec speziell kenne ich nicht.

    Aber "Growth" allgemein ist grade out, bzw. verliert stark an Strahlkraft insofern würd ich sie gar nicht erst anschauen wenn ihr ganzer Case darauf beruht.


    Value dagegen ist nach vielen vielen Jahren Durststrecke wieder im kommen.

    Gut, beinhaltet auch eine gewissen Portion Wunschdenken meinerseits, aber die Anzeichen mehren sich eben. Die enorme Divergenz Nasdaq/Dow neuerdings ist eines davon.

    "Nicht Völker führen Kriege gegeneinander, sondern Regierungen führen Kriege gegeneinander"

    "If you act out of fear, anger, despair or suspicion - this will ruin everything." - Thich Nhat Hanh


  • Verschuldung bzw. Kapitalstruktur beziehe ich bei der Berechnung der Kapitalkosten mit ein. Darüber habe ich aber nichts geschrieben, weil es für einen ersten Post den Rahmen sprengen würde.


    KBV, KUV usw. liegen mir nicht. Finde ich bei diesem Ansatz auch nicht notwendig, denn wie findet man ein faires KUV heraus? Ist ein Unternehmen mit KUV 2 billig oder nicht? Im Vergleich mit den Peers? Bei gleicher Kapitalstruktur? Bei gleicher Marge? Das finde ich sehr verwirrend und ist für mich nicht hilfreich. Verteh mich bitte nicht falsch, ich hab das auch schon probiert und war auch großer Fan vom bereinigten fairen KGV, aber ich habe etwas passenderes für mich gefunden. Ich versuche nämlich das ganze über Kapitalkosten und Kapitalrenditen aufzubauen.


    Zurück zu Nabaltec:
    Ich habe mir den Reproduktionswert errechnet (Schnellschätzung): 220mio


    Fall1: EBIT Marge 8% (durchschnitt der letzten Jahre)

    Man erhält eine Kapitalrendite von 8.6%.


    Bei Kapitalkosten von 8% deutet das darauf hin, dass die Firma keinen Wettbewerbsvorteil hat und nur schafft die Kapitalkosten zu erwirtschaften. Das ist prinzipiell nicht schlecht, aber das bedeutet auch, dass Wachstum nichts bringt. (außer man kann dadurch Kosten reduzieren)


    Fall2: EBIT Marge 13% (Marge seit 2021, H1 22 sogar 14.2%)

    Man erhält eine Kapitalrendite von 13.7%. Das deutet darauf hin, dass das Unternehmen ein Burggraben hat und, dass es so viel Geld wie möglich in Wachstum investieren muss. (Das macht es auch, denn die Dividende ist sehr gering) Aber es stellt sich mir die Frage: Welchen Burggraben hat Nabaltec? Kunden-Gewohnheiten sind es nicht, da BtoB. Skaleneffekte? Glaube ich nicht, denn es gibt viele große Firmen die in den Bereichen tätig sind. Technologie? Das ist es am ehesten. Aber das ist leider auch der "schwächste" Burggraben, denn Technologie ändert sich schnell.



    Ich habe das Unternehmen auch schnell (starke Annahmen) nach Growth bewertet, und zwar mit einer Ausgangs-EBIT-Marge von 10.5% (genau die Mitte).

    Also insgesamt komme ich auf ein Wachstum von 14% p.a. . Das wäre, bei Kapitalkosten von 8% extrem gut, aber hier muss man noch den sogenannten FADE abziehen. Also die Wahrscheinlichkeit, dass Nabaltec seinen Burggraben verliert. Es gibt hier eine Erklärung dahinter, aber kurz gesagt, würde ich 4.5% abziehen (Das Unternehmen verliert mit 50% Wahrscheinlichkeit in den nächsten 15 Jahren seinen Burggraben). Damit kommt man auf ein Wachstum von 9.5% p.a.. Bei Kapitalkosten von 8% ist das nicht überbewertet, aber auch nicht wirklich unterbewertet. Bei meinem Kauf damals, war die Aktie aber auf alle Fälle überbewertet.

  • Wie kommst Du auf Fk Kosten von 1,8%?

    Laut Annual Report 2021 gab es 1.83mio Zinsen und dem standen zinstragende Schulden von 103mio gegenüber -> ~1.8%


    Im H1 2022 lagen die Zinsen sogar nur mehr bei 1.5%. Grund: Es wurde ein neues 90mio Schuldscheindarlehen ausgegeben. Vorstand: “Die langfristige Finanzierung sichert zukünftige Wachstumsprojekte und optimiert zudem unsere Finanzierungskosten.”


    Ich habe aber leider keine Details gefunden. Habe aber auch nicht allzulange gesucht, denn selbst wenn sich die FK-Zinsen um 1-2% erhöhen, dann erhöhen sich die Kapitalkosten nur um 30% dessen. Also 0.3 - 0.6%. Deswegen habe ich die Recherche diesbezüglich eingestellt und wollte nur beobachten.


    EDIT: Die Änderung sollte sogar noch geringer sein, denn die Schuldscheindarlehen sind teils fix und teils variabel. Wenn man von 50:50 ausgeht, dann schlägt sich das dann auch nur zur Hälfte auf die Kapitalkosten durch. 0.15-0.3%.

  • Hallo Valing,

    auch ich habe Nabaltecaktien aufgrund der Böhmit-Wachstumsgeschichte gekauft welche ja nun anscheinend etwas ins Stocken geraten ist.


    Andererseits ist durch die politische Entwicklung der letzten Monate , ob man will oder nicht, eine neue Wachstumsgeschichte entstanden die vielleicht nicht so im Rampenlicht steht wie Böhmit. Spezialoxide, das kleinere der beiden Segmente, umfasst ballistische Keramiken für Schutzwesten und Fahrzeugpanzerung. Welchen Umsatzanteil diese innerhalb des Segmentes haben konnte ich im Geschäftsbericht nicht finden. Im Halbjahresbericht 2022 ist etwas kryptisch davon die Rede, dass die "wertschöpfungsstarken" Spezialoxide weiter an Bedeutung gewinnen werden. Ich frage mich, ob das eine verschämte Umschreibung für das Rüstungssubsegment ist.