DCC plc (serial acquirer)

  • Hallo,

    aufgrund des Posts von MMI auf seinem Blog ich habe mir jetzt nochmal DCC angesehen.


    Firma gefällt mir bislang ganz gut, aber ich bin mir nicht sicher wie man folgenden Sachverhalt berechnet:


    Prinzipiell möchte ich die Firma mit einem 0% Wachstum bewerten. Sprich wie viel kann die Firma verdienen wenn sie ab jetzt nur noch mit der Inflation mitwächst. Also keine zusätzlichen Ausgaben für Growth tätigt. Das ist nämlich der erste Schritt um dann weiters das Wachstumspotential beurteilen zu können.


    Ganz grob kann man mal sagen, dass die Firma ca. eine EBIT-Marge von 2.4% erreichen sollte. Bei einem Umsatz von 19.000 wären das 456mio. Wenn man hier jetzt noch die Steuern von 20% abzieht, dann kommt man auf einen theoretischen Nettogewinn von 365mio. (Zinsen beachte ich hier nicht, da ich diese in den WACC einrechne)


    Soweit so gut, aber jetzt kommt der knifflige Teil. Denn wie findet man heraus welche Kosten Growth-related sind und welche man für die Aufrechterhaltung des Betriebes benötigt?


    Mein Ansatz lautet wie folgt und ist in 2 Teile gegliedert:

    1. CapEx
      • Das organische Wachstum kommt hauptsächlich von CapEx Investments. Das organische Wachstum betrug laut Unternehmen 3.5% in den letzten Jahren. Nimmt man jetzt den Umsatz von 2017 von 12.269 her und lässt diesen mit 3.5% bis 2022 wachsen, dann erhält man eine Steigerung von 2.302mio.
      • Die durchschnittliche Kapitalquote (also PPE/Umsatz) beträgt ca. 8.8%.
      • Sprich seit 2017 gab es ein Umsatzwachstum von 2.302mio und dafür mussten 202mio (2302*8.8%) PPE angeschafft werden. Sozusagen als CapEx investiert werden. Das ist dann der CapEx der für Growth ausgegeben wurde und bei einem 0%-Wachstum wegfallen würde.
      • Die gesamten CapEx Ausgaben im selben Zeitraum betragen 1017mio. 202/1017=20%. Also 20% vom CapEx entfallen auf Growth.
      • In den letzten 3 Jahren betrug der CapEx im Schnitt 180mio. Die Abschreibung 190mio.
      • Ohne Growth beträge der CapEx nur noch 144mio. Aber hier muss man auch den entfallenen Tax-shield beachten. Also 190-144=46mio*20%=9mio. Man muss also 9mio mehr als Steuern zahlen als zurzeit,
      • Man erspart sich aber 180-144=36mio an CapEx. Zieht man hier die Steuer ab bleiben 27mio übrig. Diese 27mio kann man dem Nettogewinn hinzuzählen.
    2. Intangibles
      • Weiters gibt es noch intangiles welche die letzten 3 Jahre im Schnitt mit 71 abgeschrieben wurden.
      • Da diese intagibles hauptsächlich aus Zukäufen stammen (There are no internally generated brand related intangibles recognised on the Group Balance Sheet.) würden in Zukunft keine mehr hinzukommen.
      • Die Amortisation würde über die Jahre immer weniger werden und schlussendlich den Wert 0 erreichen. Dann wäre die damit verbundene Steuerersparnis weg. Also auch hier kann man wiederum 71*80%=57mio dem Nettogewinn hinzuzählen. (über die nächsten ~11.5 Jahre ist es sogar mehr, denn es wird laufend weniger und erst ganz zum Schluss stehen 71mio mehr Gewinn auf der Bilanz)


    Der Nettogewinn in einem 0%-Wachstumsumfeld beträgt somit 365+27+57=449mio


    Fällt jemanden ein Fehler auf? Kann man das so rechnen?

  • Ein paar Punkte:


    - Bei einem Distributor würde ich nicht mit EBIT Marge rechnen, sondern mit dem Conversion EBIT (EBIT / Gross Profit). Grund: Die Öl- Gaspreise schwanken und DCC erzielt im Grunde eine Handelsmarge von Cent / Liter etc. Die Conversion-Marge ist über sehr sehr lange Zeiträume bei denen extrem stabil bei rund 28-30%. Das funktioniert auch bei anderen Distributoren (Brenntag etc.) mit schwankenden Input-Preisen gut.


    - Du solltest zumindest das statische EBIT der in den letzten 12 Monaten akquirierten Unternehmen mit reinrechne. Die haben in den letzten Quartalen ja relativ kräftig gekauft und das EBIT kommt ja zumindest oben drauf.


    - DCC rechnet und zeigt selber mit EBITA (adjusted operating profit), weil die (akquisitionsbedingt) die Kaufpreise abschreiben müssen. Die Kaufpreisabschreibungen sind nicht ökonomisch relevant und daher unterschlägst Du mit dem EBIT Profitabilität.


    - Die Kosten die Growth related sind geben sie Dir (und so denken die auch): das sind insbesondere M&A-Kosten und Integrationskosten (weil Du ja unterstellst dass die in Zukunft kein M&A mehr machen). Dann kannst und solltest Du hinterfragen ob die Kosten sinnvoll angegeben sind oder das Management "promotional" mit den Kosten umgeht um sich selber schön zu rechnen.


    - Du solltest auch darauf achten, dass das Geschäft saisonal ist. Sprich das erste Halbjahr hat deutlich weniger Gewinn als das zweite Halbjahr (=Heizperiode!) -> Sprich Du kannst nicht einfach das Halbjahr verdoppeln. (Siehe Seite 50 im Annual Report)


    -Capex: Ein Ansatz könnte sein zu schauen wie viel Capex die im Verhältnis zu den Abschreibungen ausgeben: Über 10 Jahre hinweg hat DCC kumuliert rund 1,2 Mrd. abgeschrieben und rund 1,5 Mrd. in Capex investiert. Das ist ein relativ normales Verhältnis (Anlagen heute kosten etwas mehr als Anlagen gestern).


    Meiner Meinung nach kann man in Deiner Betrachtung (Was verdienen die "no growth" die Nettoergebnisse von DCC halbwegs vernünftig verwenden. (Deren "adjusted EPS"). Dort lagst Du bei ~420 Mio. GBP Netto oder 4,30 / Aktie. Für 2023 (GJ endend im März 2023) ist der Konsensus der Analysten irgendwas bei 470, bzw. 4,80 / Aktie. Der ist glaube ich nicht völlig falsch oder verrückt -> und geht in die Richtung die Du hattest.


    Wenn Sie weiter akquirieren (wovon ich ausgehen würde - das ist deren Geschäft), dann solltest Du allerdings M&A Kosten mit reinrechnen.


    Rein historisch ist es bei DCC so, dass das operative Geschäft wenig wächst. Sprich Du hast schon sowas wie eine Trennung von Wachstum / Nicht Wachstum -> weil das Wachstum kommt fast ausschließlich über Zukäufe - und da muss man sich dann eine Meinung bilden ob die das "können" und ob das Sinn macht. Und wenn das nicht kommt, dann wächst da auch nichts mehr.

    Value investing is at its core the marriage of a contrarian streak and a calculator - Seth Klarman

  • Hallo Matze, danke für deine Anmerkungen! :thumbsup:


    Conversion EBIT kannte ich bis jetzt noch gar nicht. Sehr hilfreich. Werd ich mir mal genauer anschauen.

    Mir fällt aber gleich auf, dass die anderen Segemente (Tech & Health) immer größer werden und es hier vermutlich besser wäre mit einer "normalen" EBIT-Marge zu rechnen. Also vermutlich jetzt noch nicht, weil die Segemente noch eher klein sind, aber in Zukunft könnte sich das verändern?

    Aufgrund der sehr stabilen conversion EBIT Marge sehe ich das Geschäft als "sicherer" an, als bis jetzt. Das könnte ein Grund sein die Eigenkapitalkosten etwas zu senken. Dazu aber weiter unten mehr.


    Wenn Sie weiter akquirieren (wovon ich ausgehen würde - das ist deren Geschäft), dann solltest Du allerdings M&A Kosten mit reinrechnen.

    Bei der Growth-Bewertung (die jetzt folgt) rechne ich die M&A und sonstige "Growth-Kosten" natürlich wieder mit rein.

    weil das Wachstum kommt fast ausschließlich über Zukäufe - und da muss man sich dann eine Meinung bilden ob die das "können" und ob das Sinn macht. Und wenn das nicht kommt, dann wächst da auch nichts mehr

    Da ich mich mit Wachstum noch nicht so gut auskenne, möchte ich, dass jede Firma - auch ohne zukünftiges Wachstum - nicht zu teuer ist. Also selbst wenn die ab jetzt nur mit der Inflation wachsen, dann können sie trotzdem 449mio an Dividende jedes Jahr ausschütten. Das entspäche beim heutigen Kurs einer Rendite von 10.5%. Das sehe ich als gute Downside-Begrenzung an.



    Um zu einem abschließenden Ergebnis zu kommen bei der 0%-Wachstumbewertung:

    • Ich gehe von EK-Kosten von 9.5% und von FK-Kosten von 1.8% aus -> das ist dann ein WACC von 7.1%
    • 449mio Earningspower dividert durch 7.1% = 6320mio
    • minus net debt von 1300 = 5020mio.
    • minus 3.5% minority interest = 4840mio
    • bei einer MCap von 4250 ergibt das eine MoS von 14%.

    14% sind prinzipiell nicht viel, aber für ein für gutes Growth-Unternehmen ist so ein Wert sehr selten.


    Es folgt demnächst eine Growth-Bewertung.

  • Ich stehe bei Deinem Bewertungsmodell noch auf dem Schlauch. Du hast es ja auch nur an Beispielfällen dargelegt. Der folgende Einwand würde vermutlich für die DCF-Modelle auch gelten, die ja auch die gewichteten Kapitalkosten (WACC) zugrundelegen. Die Überlegung ist noch nicht fertig und die Gedanken etwas unstrukturiert, aber vielleicht kann die Diskussion erhellen (im Thread "Selten gestellte Fragen" wurde das zuletzt diskutiert, aber da ist sie auch fehlplaziert):


    Wenn die Eigenkapitalkosten nicht angepasst werden in Abhängigkeit von der EK-Quote, dann läuft es doch im Ergebnis darauf hinaus, daß ein konservativ finanziertes Unternehmen, also mit viel Eigenkapital und ohne Finanzschulden, höhere Kapitalkosten und damit eine niedrigere Bewertung zugesprochen bekommt als ein hochgehebeltes? Das scheint widersinnig (jedoch s.u.). Zwar werden die Finanzschulden am Ende wieder abgezogen bei der Bewertung, aber die niedrigere WACC überkompensiert das eventuell sogar. (Rechnung: rein EK-finanziert wären also WACC=9,5%, earnings power bleibt unverändert, daher EPV = 4726 Mio., was weniger ist als die o.g. 5020 Mio.).

    Das identische Unternehmen würde also, nachdem es von einer Heuschrecke mit Schulden beladen und blutleer gesaugt wurde, auf einmal mehr wert sein als vorher! Plus noch den Barbestand, den die Heuschrecke auf dem Konto verbuchen kann. Das wäre das finanzielle Perpetuum mobile.

    Es würde dadurch gelöst, daß die Eigenkapitalkosten in so einem Fall drastisch steigen müßten. Aber um wieviel?


    Fragen, die mir gerade durch den Kopf gehen:

    - Sollte jedes Unternehmen die gleiche WACC haben? Eigentlich nicht, da es doch unterschiedliche Geschäfte gibt, zyklischere und damit riskantere oder defensivere etc.

    - Sollte das gleiche Unternehmen immer die gleiche WACC haben, unabhängig von der Finanzierung? Vielleicht nicht, weil es doch ein Optimum geben könnte, d.h. eine unnötig konservative Finanzierung, womit der Eigentümer eben Wert verschenkt, oder eine zu hohe und damit zu riskante Verschuldung, die auch wieder Wert vernichtet. Die Aufgabe des Managements wäre also, eine angemessene (optimale) Kapitalstruktur zu finden.

    - Die reine EV/EBIT-Betrachtung unterstellt genau das: jedes Unternehmen, zumindest unabhängig von seiner Finanzierung, verdient den gleichen Bewertungsmultiplikator für den Unternehmenswert. Dessen Aufteilung in EK und FK ist dann beliebig.

    - Für mich tut es das glaube ich, da ich keine Wachstumsunternehmen bewerte und eine statische Betrachtung ausreicht.


    Am Ende bleibt auch die Frage, ob Du mit Deinem Ansatz Wert schaffst, indem Du die "richtigen" Werte für die Kapitalkosten ansetzt. Ich traue mir das nicht zu. Mein Ansatz ist auch nicht darauf ausgelegt, Wachstumsunternehmen zu bewerten.

    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

  • Valing : Bitte nimm den folgenden Kommentar nicht persönlich, aber wir haben hier ein schönes Beispiel für ein grundsätzliches Aktien-Analyse-Problem:


    Ich habe den Eindruck, dass hier ernsthaft versucht wird, von außen eine exakte Prognose über die Geschäftsentwicklung von DCC zu treffen.


    Fällt jemanden ein Fehler auf?


    Yep! Die Gefahr von Over-Confidence. Also die Gefahr, die darin liegt, dass man meint, ultra-komplexe Entwicklungen prognostizieren zu können.


    Ich denke, alleine die Tatsache, dass die überwiegende Mehrzahl von aktiv gemanagten Fonds hinter der eigenen Benchmark zurückbleibt, belegt die Gefahr dieses Ansatzes. Was natürlich nicht bedeuten soll, dass einige begnadete Analysten diese hohe Kunst nicht doch beherrschen...

  • Wenn die Eigenkapitalkosten nicht angepasst werden in Abhängigkeit von der EK-Quote, dann läuft es doch im Ergebnis darauf hinaus, daß ein konservativ finanziertes Unternehmen, also mit viel Eigenkapital und ohne Finanzschulden, höhere Kapitalkosten und damit eine niedrigere Bewertung zugesprochen bekommt als ein hochgehebeltes? Das scheint widersinnig (jedoch s.u.). Zwar werden die Finanzschulden am Ende wieder abgezogen bei der Bewertung, aber die niedrigere WACC überkompensiert das eventuell sogar. (Rechnung: rein EK-finanziert wären also WACC=9,5%, earnings power bleibt unverändert, daher EPV = 4726 Mio., was weniger ist als die o.g. 5020 Mio.)............

    Das identische Unternehmen würde also, nachdem es von einer Heuschrecke mit Schulden beladen und blutleer gesaugt wurde, auf einmal mehr wert sein als vorher!

    Die EK Kosten werden im Laufe der Zeit an die EK-Quote angepasst. Und "ja", wenn ein Unternehmen ausschließlich EK hat, dann sind die Kapitalkosten höher und die Bewertung dadurch geringer.
    Falls ein Unternehmen mehr als 30% FK hat, dann ist das Risiko, dass es in einem schwierigen Marktumfeld Probleme bekommt natürlich sehr viel höher. (kommt natürlich auc stark auf das Unternehmen an) Dieses Risiko müsste man dementsprechend einpreisen. Für mich habe ich das so gelöst, dass ich, egal wie hoch die FK-Quote ist, immer mit maximal 30% FK-Quote rechne. Sprich 70% sind immer EK. Das verhindert, dass so ein Unternehmen - wie du es oben beschrieben hast, nie günstig bewertet aussieht.
    Andererseits lege ich viel wert auf einen gesunden Balance sheet und kaufe deswegen auch nur ganz selten Unternehmen mit >30% FK Anteil. Der FK-Anteil wird aber mit den Gesamten Schulden laut Balance sheet + MCap als EK berechnet. Nicht mit dem EK vom Balance Sheet.


    Sollte jedes Unternehmen die gleiche WACC haben? Eigentlich nicht, da es doch unterschiedliche Geschäfte gibt, zyklischere und damit riskantere oder defensivere etc.

    Ganz genau. Sehe ich auch so. Das macht man einerseits mit dem Beta - also risk free rate + beta*ERP. Diese Herangehenweise ist eher theoretisch, aber man kommt auch ans Ziel. Das mache ich aber nur als "Probe".

    Ansonsten lege ich mir zuerst einen Bereich fest. Also für die USA wäre es wie folgt: BAA Corporate Bond liegen dort zurzeit bei 5%. Die Aktienrenditen fangen dann etwas später an. (Weil wer kauft die Aktie, wenn sie weniger Rendite bringt als eine Investmentgrade Unternehmensanleihe?) Also liegt die unterste Aktienrendite zurzeit in den USA bei 6%. Der obere Bereich wären die Renditen von Venture Capital (diese lagen zuletzt so bei 14-17%). Der obere Bereich wird also bei 13% begrenzt. Eine Aktie in den USA sollte demnach zwischen 6-13% rentieren. DCC schätze ich als eher stabil ein. Vermutlich leicht zyklisch. Also werden die EK Kosten irgendwo bei 8% liegen. (Achtung: in meiner Berechnung kommen 9.5% EK Kosten heraus, weil DCC hauptsächlich in UK EU und RoW unterwegs ist und hier die Renditeanforderungen etwas höher sind.)


    Sollte das gleiche Unternehmen immer die gleiche WACC haben, unabhängig von der Finanzierung? Vielleicht nicht, weil es doch ein Optimum geben könnte, d.h. eine unnötig konservative Finanzierung, womit der Eigentümer eben Wert verschenkt, oder eine zu hohe und damit zu riskante Verschuldung, die auch wieder Wert vernichtet. Die Aufgabe des Managements wäre also, eine angemessene (optimale) Kapitalstruktur zu finden.

    Ganz genau. Sehe ich auch so. wie schon oben geschrieben könnten die 30% FK -Quote eventuell optimal sein. Kommt natürlich auf das Unternehmen an. Aber bei DCC z.B. mache ich mir wenig Sorgen wenn sie Schulden haben. Und hier machen Schulden auch Sinn. Dass sie Schulden haben wird durch den WACC mit einer höheren Bewertung abgegolten. Natürlich muss man die Schulden dann wieder abziehen. Dadurch kommt man im Endeffekt vermutlich auf eine ziemlich ähnliche Bewertung, aber das Unternehmen kann dadurch schneller wachsen!


    Die reine EV/EBIT-Betrachtung unterstellt genau das: jedes Unternehmen, zumindest unabhängig von seiner Finanzierung, verdient den gleichen Bewertungsmultiplikator für den Unternehmenswert. Dessen Aufteilung in EK und FK ist dann beliebig.

    Das würde ich wie gesagt nur in einem bestimmten Rahmen so sehen. Ist die Verschuldung zu hoch, dann steigt das Risiko überproportional. Ich bezweifle, dass man ein Unternehmen mit >90% FK Belastung mit EV/EBIT bewerten kann. Bzw. wird da immer ein "falscher" Wert herauskommen.



    Am Ende bleibt auch die Frage, ob Du mit Deinem Ansatz Wert schaffst, indem Du die "richtigen" Werte für die Kapitalkosten ansetzt. Ich traue mir das nicht zu. Mein Ansatz ist auch nicht darauf ausgelegt, Wachstumsunternehmen zu bewerten.

    Ich denke, dass unsere Herangeheinsweise sehr ähnlich ist. Denn meine Kapital-Rendite-Anforderung ist nichts anderes als ein GKV (Kehrwert vom KGV). Ein KGV ändert sich nämlich auch mit der Zeit: Zinsen, Verschuldung, Wachstum usw.

    Ich versuche mit meinem Ansatz nur diese Veränderung besser zu verstehen und ich weiß dadurch wo und wie die einzelnen Bestandteile in die Gleichung einfließen. Natürlich kann ich dadurch genauso wenig etwas vorhersagen - aber das ist auch gar nicht gewollt. Ich möchte temporäre Unterbewertungen aufdecken.


    Ich schaffe Wert indem ich auch hier einen antizyklischen Ansatz verfolge. Nur wenn das Unternehmen billiger zu haben ist als es "wert" ist, dann wird gekauft. Der Weg dorthin ist ein anderer, aber ich denke, dass das Prinzip gleich ist.


    Ich habe eigentlich die gesamte Vorgehensweise von dem Buch "Value Investing" von Greenwald.

  • Valing : Bitte nimm den folgenden Kommentar nicht persönlich, aber wir haben hier ein schönes Beispiel für ein grundsätzliches Aktien-Analyse-Problem:

    Kein Problem - dafür bin ich doch hier - für Feedback ^^


    Ich habe den Eindruck, dass hier ernsthaft versucht wird, von außen eine exakte Prognose über die Geschäftsentwicklung von DCC zu treffen.

    Genau das möchte ich eigentlich nicht machen. Ich schaue mir die vergangene Entwicklung an. Schaue ob sich grundsätzlich etwas verändert hat. Wenn nicht, dann schaue ich mir die Margen der Vergangenheit an und übertrage es auf das hier und jetzt.

    Dieser Ansatz ist eigentlich dafür "geschaffen" worden um ohne zukünftige Annahmen auszukommen.
    Eventuell hat es den Anschein, dass ich den Verlauf "exakt" berechnen will, weil ich so viel herum rechne? Oder wie meinst du das mit dem "Grundsätzlichen Aktien-Analyse-Problem"?


    Yep! Die Gefahr von Over-Confidence. Also die Gefahr, die darin liegt, dass man meint, ultra-komplexe Entwicklungen prognostizieren zu können.


    Ich denke, alleine die Tatsache, dass die überwiegende Mehrzahl von aktiv gemanagten Fonds hinter der eigenen Benchmark zurückbleibt, belegt die Gefahr dieses Ansatzes. Was natürlich nicht bedeuten soll, dass einige begnadete Analysten diese hohe Kunst nicht doch beherrschen...

    Natürlich die Gefahr besteht immer. Und ich bin mir ja auch noch gar nicht sicher ob der Ansatz "funktioniert". Aber wie schon oben geschrieben ist der Ansatz nicht von mir. Für mich hat er sich einfach als Erklärung für so Vieles herausgestellt, dass ich beschlossen habe meine ganze Herangehensweise danach auszurichten.

    Also eigentlich hatte ich davor nicht DIE Herangehensweise, weil ich erst Anfang 2020 mit der Einzelaktienanalyse angefangen habe und sich mein Ansatz erst entwicklen muss.


    Ich beanspruche nicht, dass mein Ansatz "besser" ist. Ich sage auch nicht, dass ich damit in die Zukunft schauen kann. Vielleicht werde ich damit die nächsten 5 Jahre Verluste machen? Keine Ahnung. Aber für mich klingt alles so logisch, dass ich mir sicher bin, dass dieser Ansatz zu mir passt. Kann aber auch sein, dass ich in Zukunft etwas verändere.

  • Growth-Bewertung: (wiederum nach dem Vorgehen in dem Buch Value Investing von Greenwald)


    Es wird empfohlen bei der Growth-Bewertung nicht "values" zu berechnen sondern "returns". Man kommt hier also zum Schluss nicht auf eine faire MCap sondern auf den Ertrag den man mit dem Investment pro Jahr erzielen könnte. Also z.B. 10% p.a. .... liegt dieser Wert über den Kapitalkosten, dann sollte das Investment ein positives Risiko/Chance-Verhältnis haben.


    Diese Bewertung ist, meiner Meinung nach, recht komplex (Fehler meinerseits natürlich nicht ausgeschlossen) und erfordert gute Branchenkenntnisse, die ich nicht habe. Aber irgendwann muss man ja mal anfangen ;)


    Prinzipiell gliedert sich die Bewertung in 3 Teile: CashReturn (=Divi+Aktienrückkäufe), OrganicGrowth (via Preiserhöhungen und normales Wachstum des zugrundeliegenden Marktes) und ActiveGrowth (Zukäufe).


    Der zugrunde liegende Gewinn ist (siehe Post): 449mio

    1. Cash Return 4.2%


      • DCC schüttet ca. 180mio aus. Bei einer MCap von 4250 wäre das ein Return von 4.5%
    2. Organic Growth 4.5%
      • sie wuchsen in der Vergangenheit mit 3.5% organisch bei einer Infaltion von ~1.7%. Nimmt man in der Zukunft eine etwas höhere Inflation an (+1%), dann beträgt das organische Wachstum +4.5%.
      • Für dieses Wachstum benötigen sie Investments von 2.5% vom Mehrumsatz in das Working Capital und 9% für PPE. Also insgesamt 11.5%.
      • Beträgt der jetzige Umsatz 19.000, dann wäre ein Wachstum von 4.5% eine Erhöhung um 855mio. 11.5% davon sind 98mio.
      • Organic Growth beträgt also 4.5% und man benötigt 98mio dafür.
    3. Acitve Growth 6.0%
      • Für active Growth bleiben noch 449-180-98 = 171mio übrig
      • Hier muss man bewerten wie ertragreich die Investitionen in der Vergangenheit waren. Im Bezug auf deren Kapitalrendite.
      • Im AnnualReport findet man auf Seite 252 die ROCE-Berechnung. Ich würde die inkl. IFRS16 hernehmen. Das ergibt ein CapitalEmployed von 3859mio für 2022.
      • Zusätzlich nehme ich nicht das adjusted EBIT sondern meinen Net-Profit von 449mio.
      • Das ergibt eine Kapitalrendite von 449/3859 = 11.6%.
      • Das Unternehmen hat - wie weiter oben festgestellt - Kapitalkosten von 7.1%. Das ergibt einen ValueCreationFaktor (VCF) von 11.6/7.1=1.63 .... das ist sehr hoch und ich setze ihn daher bei 1.5 an.
      • Dieser VCF sagt jetzt aus, dass jeder 1.0€ der in Zukäufe gesteckt wird, 1.5€ an Wert generiert. Sprich DCC kauft eine Firma für 100mio und die Bewertung sollte dadurch um 150mio steigen.
      • Daher kann ich die verbleibenden 171mio (siehe 1. Punkt) mit 1.5mio multiplizieren und komme auf 256mio.
      • Diese 256mio entsprechen bei einer MCap von 4250 einer Rendite von 6.0%


    Gesamt beträgt der Return jetzt: 4.2% + 4.5% + 6.0% = 14.7%


    DCC kann diese hohen Renditen aber nur erzielen weil sie etwas besser machen als die Konkurrenz - sprich sie haben einen Burggraben. Falls dieser Burggraben wegbricht, dann werden sie auch keine hohen Kapitalrenditen mehr erzielen. Dieses Risiko muss man einpreisen. Das ist für mich - ohne gute Branchenkenntnisse - sehr schwer abzuschätzen. Man kann aber argumentieren, dass die Firma das ganze schon seit 28 Jahren super macht und die Chance zu 50% besteht, dass sie dies auch die nächsten 28 Jahre schaffen. Also mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% können sie ihre Marktposition in den nächten 28 Jahren erfolgreich verteidigen. Das ergibt einen sogenannten FADE von 2.6% pro Jahr.


    Diesen FADE muss ich von den 14.7% abziehen also 14.7%-2.6% = 12.1%


    Ein letzer Punkt fehlt jetzt noch. Beim CashReturn und beim ActiveGrowth wurde auf die aktuelle Bewertung Rücksicht genommen (es wurde zum Schluss durch die MCap dividiert). Beim Organic Growth wurde das nicht gemacht, da man hier den Return sozusagen vorgegeben hat. Es macht aber einen Unterschied ob die Firma zurzeit unterbewertet ist oder überbewertet. Eine Unterbewertung hebelt die Rendite vom Organic Growth nach oben und vice versa. Warum das so ist, ist relativ komplex und ich verstehe es selbst nicht zu 100%, aber die Formel lautet: OrganicGrowthReturn*GrowthReturn/Kapitalkosten=4.5%*12.1%/7.1%= 7.6%. Der Organic Growth beträgt also weiterhin 4.5% ABER er trägt, aufgrund der Unterbewertung 7.6% (also +3.1%) zum Return bei.


    Schlussendlich beträgt der Return 12.1%+3.1% = 15.2%. Im Vergleich mit Kapitalkosten von 7.1% ein sehr ansehnlicher Return.

      • Für dieses Wachstum benötigen sie Investments von 2.5% vom Mehrumsatz in das Working Capital und 9% für PPE. Also insgesamt 11.5%.
      • Beträgt der jetzige Umsatz 19.000, dann wäre ein Wachstum von 4.5% eine Erhöhung um 855mio. 11.5% davon sind 98mio.
      • Organic Growth beträgt also 4.5% und man benötigt 98mio dafür.

    Ich würde auch hier nicht mit Umsatz rechen - weil das alles verzerrt.

    Ähh -> historisch hat DCC negatives Working Capital? Sprich die bekommen Cash wenn sie wachsen? Das ist jetzt in 2022 gerade nicht so (1- wegen der aktuellen Situation und 2-wegen den Akquisitionen -> da kommt ja Working Capital rein -> wird aber dann im Laufe der Zeit glatt gezogen). Ich würde aber davon ausgehen, dass das langfristig entweder wieder negativ wird oder zumindest sehr nahe 0. Die Kehrseite der Medallie ist, dass es in Krisenzeiten -> insbesondere wenn Umsätze fallen dann Cash benötigt. Frag mal Herrn Schlecker.


    Deine Organic Growth Berechnung verstehe ich damit ehrlich gesagt nicht 100% und ich finde das ganze Konstrukt etwas kompliziert.


    Historisch war es so, dass DCC Working Capital 0 oder negativ hatte. (nehmen wir mal 0). Der Kapitalrentabilität auf das tangible Kapital ist relativ hoch: (also Working Capital = 0 + Fixed Capital: 1.330 (ich lasse Leases aus Vereinfachung einmal weg) steht ein Ertrag von dir genannten 450 gegenüber (=34%).


    Sprich, wenn sie intern reinvestieren könnten (in PPE oder Working Capital), dann sollte man davon ausgehen, dass der Ertrag sehr hoch und über den Akquisitionen liegt (34% Rendite ist größer als die von Dir errechneten 11,6% oder vom Unternehmen gegebenen 15%).


    In der gelebten Praxis sieht es doch aber so aus, dass ein rationales Unternehmen so viel investiert wie es kann und danach den Rest für andere Projekte ausgibt. Und bei M&A ist es bspw. so dass man das nur schwerlich planen kann. Um es mit den Worten des CFOs von DCC zu sagen: Ist wie eine Straßenbahn: manchmal kommt eine halbe Stunde keine und dann auf einmal drei nacheinander.

    Value investing is at its core the marriage of a contrarian streak and a calculator - Seth Klarman

  • Musst Du in Deiner Rechnung nicht noch eine Normalisierung des Multiples/Returns annehmen?


    In der Theorie (bzw. einer "perfekten Welt") sollten sich doch irgendwann von dir erwarteter langfristiger Return (15%) und Kapitalkosten (7%) angleichen, oder? (Als Anleihe gesprochen müsste der Kurs dann > doppelt so hoch stehen - damit der Zinsfuß auf 7% geht)


    Sprich wenn diese Angleichung innerhalb von 10 Jahren unterstellt (ich sage nicht dass das kommt), dann sollte da nochmal ein Return von 7% p.a. daraus kommen?


    Oder verstehe ich das falsch?

    Value investing is at its core the marriage of a contrarian streak and a calculator - Seth Klarman

  • Ähh -> historisch hat DCC negatives Working Capital?

    Ich habe alle WC Positionen auf dem Balancesheet zusammengezählt und dann durch den Umsatz dividiert. Da kommen dann diese 2.5% heraus. (1.5%-2.5% über die letzten Jahre) Wenn man sich allerding die CF-Rechnung ansieht, dann ist klar, dass sie die letzten 20 Jahre Cash für Wachstum bekommen haben. (Komisch, warum? Das sollte doch eigentlich langfrisitg zusammenhängen???) Wenn man die Investitionen in die "other operating Assets" berücksichtig, dann kommt man so ca. auf +-0.
    Also die WorkingCapital Investment Anforderungen kann man auf 0 setzen (statt 2.5%). Das hat aber dann zur Folge, dass der Gesamte Return noch höher wird.


    Historisch war es so, dass DCC Working Capital 0 oder negativ hatte. (nehmen wir mal 0). Der Kapitalrentabilität auf das tangible Kapital ist relativ hoch: (also Working Capital = 0 + Fixed Capital: 1.330 (ich lasse Leases aus Vereinfachung einmal weg) steht ein Ertrag von dir genannten 450 gegenüber (=34%).


    Sprich, wenn sie intern reinvestieren könnten (in PPE oder Working Capital), dann sollte man davon ausgehen, dass der Ertrag sehr hoch und über den Akquisitionen liegt (34% Rendite ist größer als die von Dir errechneten 11,6% oder vom Unternehmen gegebenen 15%).

    Die 11.6% beziehen sich auf die gesamte Firma - vermutlich ist die Kapitalrendite von Zukäufen sogar geringer, weil das organische Wachstum so renditestark ist - deswegen habe ich den VCF auch von 1.63 auf 1.50 gesenkt - das war aber mehr geschätzt als gerechnet.


    Die Kapitalrendite bei Organic Growth ist mit Sicherheit sehr viel höher. OrganicGrowth ist demnach immer zu bevorzugen. (So wie du schreibst: ....dass ein rationales Unternehmen so viel investiert wie es kann und danach den Rest für andere Projekte ausgibt.) Das Unternehmen hat es aber die letzten Jahre nicht geschafft mit mehr als 3.5% organisch zu wachsen (eigene Angabe). Daher kann ich in Zukunft auch nicht von mehr ausgehen. Außer +1% wegen höherer Inflation.

    Die Rendite auf das eingesetzte Kapital ist jedoch enorm. Wobei ich es so rechnen würde: 4.5% Wachstum schlägt sich auch 1:1 auf den Gewinn durch. Also 449*1.045=20mio Mehrgewinn durch organisches Wachstum...... 98mio müssen dafür investiert werden -> 20/98 = 20.4% Kapitalrendite. (ich bin absichtlich bei den Zahlen von meiner vorherigen Berechung geblieben, um es übersichtlicher zu halten)

  • Musst Du in Deiner Rechnung nicht noch eine Normalisierung des Multiples/Returns annehmen?

    In der Theorie (bzw. einer "perfekten Welt") sollten sich doch irgendwann von dir erwarteter langfristiger Return (15%) und Kapitalkosten (7%) angleichen, oder? (Als Anleihe gesprochen müsste der Kurs dann > doppelt so hoch stehen - damit der Zinsfuß auf 7% geht)

    Sprich wenn diese Angleichung innerhalb von 10 Jahren unterstellt (ich sage nicht dass das kommt), dann sollte da nochmal ein Return von 7% p.a. daraus kommen?

    Oder verstehe ich das falsch?

    Ich glaube ich verstehe was du meinst, aber ich denke das wäre dann doppelt gemoppelt, weil bei den 15% schon auf die jetzige MCap Bezug genommen wird. - oder verstehe ich dich falsch?

    Ich versuch mal ein Gedankenexperiment:
    In 10 Jahren hat sich die MCap des Unternehmens verdoppelt. Operativ sind sie wie die Jahre zuvor mit ~10% gewachsen. (Umsatz, EBIT, Divi sowie Gewinn)
    sonstige Zahlen bleiben gleich wie im vorherigen Bsp. wegen Vergleichbarkeit (auch wenn z.B. WC falsch ist)


    adjustedGewinn2032=449*1.1^10=1164mio

    Dividende2032=180*1.1^10=466mio

    Umsatz2032=19.000*1.1^10=49300mio

    MCap2032=4250*2=8500mio


    1. Cash return 5.5%
      1. 466/8500=5.5%
    2. organic Growth 4.5%
      1. es hat sich nicht viel verändert bei der Inflation und auch die Märkte sind noch relativ gleich wie heute, also wiederum +4.5% organisches Wachstum
      2. 49300*0.045 =2218mio Mehrumsatz
      3. 11.5% Investment vom Mehrumsatz = 2218*0.115=255mio
      4. Also +4.5% bei 255mio Investitionen
    3. Acitve Growth 7.8%
      1. sie schaffen es weiterhin so gut Kapital zu allokieren und haben weiterhin einen VCF von 1.5
      2. 1164-466-255=443mio bleiben zum aktiven Investieren übrig.
      3. 443*1.5=664mio
      4. 664/8500=7.8%


    Der Fade könnte sogar geringer werden, da das Unternehmen seine Marktposition verteidigt und vermutlich sogar verbessert hat. Der Gesamtereturn wird also sogar noch höher!

    Fazit: Wenn sich der Kurs in den nächsten 10 Jahren verdoppelt, dann wäre die Firma ein besseres Investment als heute. (alles andere gleich)


    Wenn man jedoch annimmt, dass die Verdoppelung morgen passiert, dann gilt folgendes:

    1. Cash return 2.1%
      1. 180/8500=2.1%
    2. organic Growth 4.5%
      1. Organic Growth bleibt gleich, denn eine höhere Bewertung ändert nichts an den zugrunde liegenden Märkten und auch nichts an den Kapitalanforderungen.
      2. Also +4.5% bei 98mio Investitionen (wie im vorherigen Beispiel)
    3. Acitve Growth 3.0%%
      1. wie beim vorherigen Post weiter oben bleiben im Endeffekt 171mio für actives Investment übrig. Mit einem VCF von 1.5. Also 256mio.
      2. 256/8500=3.0%


    Der Fade beträgt weiterhin 2.6%. Also der Gesamtreturn beträgt: 2.1+4.5+3-2.6= 7.0%.

    Das liegt ganz genau bei den Kapitalkosten und daher muss man auch den organic Growth nicht berichtigen. Man könnte jetzt annehmen, dass das Unternehmen fair bewertet ist.

  • Also das bestätigt meine Befürchtungen. Du hast einen Bewertungsansatz, der genau das Gegenteil macht von dem, was meiner Meinung nach richtig wäre, nämlich konservativ finanzierten Unternehmen eine höhere Bewertung zuzugestehen. Das versuchst Du dadurch zu beheben, daß so lange an den Zahlen herumgeschraubt wird, bis - nach Deinem Gefühl - das Ergebnis einigermaßen plausibel ist. Das zeigt sich an vielen Faktoren, mal ist die obere Begrenzung willkürlich bei 13% Rendite, mal wird ein Faktor von 1,63 auf 1,5 begrenzt usw. Es kommen also eine Menge subjektiver Faktoren ins Spiel, und damit gilt witchdreams Einwand.


    Es will mir nicht in den Kopf, warum ich es negativ bewerten soll, wenn die Firma aktuell viel oder ausschließlich Eigenkapital hat! Das muß ja nicht so bleiben. Künftige Investitionen können anders finanziert werden als die Zusammensetzung der aktuellen Bilanz. Es ist sogar so, daß eine Firma, die noch keine Schulden hat, dazu überhaupt erst den nötigen finanziellen Spielraum hat, während eine, die bereits maximal gehebelt ist, sich damit schwerer tun wird.


    Folgendes klingt wie ein Scherz:


    Andererseits lege ich viel wert auf einen gesunden Balance sheet und kaufe deswegen auch nur ganz selten Unternehmen mit >30% FK Anteil. Der FK-Anteil wird aber mit den Gesamten Schulden laut Balance sheet + MCap als EK berechnet. Nicht mit dem EK vom Balance Sheet.


    MCap statt EK für die EK-Quote. Das heißt doch, je stärker der Kurs steigt, desto höher also die EK-Quote, und desto eher kann man die Aktie kaufen. Je teurer, desto konservativer/sicherer wird sie. :S

    Also polemisch gesagt, entweder muß die Firma Schulden haben oder ein hohes KBV.


    Immerhin dürfte der folgende Absatz Matzes Einwand der Bewertungsnormalisierung aus dem letzten Beitrag bereits berücksichtigen - das sollte schließlich nur genau einmal stattfinden:


    Es macht aber einen Unterschied ob die Firma zurzeit unterbewertet ist oder überbewertet. Eine Unterbewertung hebelt die Rendite vom Organic Growth nach oben und vice versa. Warum das so ist, ist relativ komplex und ich verstehe es selbst nicht zu 100%, aber die Formel lautet: OrganicGrowthReturn*GrowthReturn/Kapitalkosten


    Klingt für mich danach, als ob man quasi das faire KGV durch das aktuelle KGV teilt, bloß daß es so auf eine jährliche Rendite umgelegt wird, daß statt man ein Kurspotential ohne Zeitrahmen erhält.


    Aus antizyklischer Sicht geht man eher davon aus, daß sich die Kapitalrendite normalisiert - allerdings zum Mittelwert des Marktes, nicht des historischen Wertes des Unternehmens. Immerhin wird das berücksichtigt durch die FADE-Berechnung. Also je länger die Überrendite bereits besteht, desto länger auch der Normalisierungszeitraum (Lindy-Effekt). Ich gehe allerdings mal davon aus, daß Du das nicht für die letzten 28 Jahre überprüft hast... (praktisch ziemlich schwierig).


    Ich kann es auch nach wie vor nicht nachvollziehen, eine Zusatzrendite wegen der künftigen Inflation einzurechnen, ohne daß sich dies zugleich in den Kapitalkosten niederschlägt. Beides ist nicht unabhängig oder sollte es jedenfalls nicht sein - es sei denn, man kann solche Makro-Prognosen besser als der Markt. Aktuell sind die Zinsen noch künstlich niedrig, aber es scheint einigermaßen fraglich, darauf zu spekulieren, daß das ewig anhalten wird. In einem Land mit dauerhaft 20% Inflation pro Jahr sollten schließlich auch die risikolosen Anleihezinsen bei 20% liegen.


    Ich gehe stattdessen anders vor. Du hast recht, die Kapitalkosten sind irgendwie ähnlich dem fairen GKV. Obwohl das Kaufen von niedrigen KGVs empirisch gesehen im Mittel outperformt hat (sofern die Studien sauber waren - leider hat sich nie jemand die Mühe gemacht, das einmal prospektiv durchzuführen, obwohl das leicht machbar wäre und seit dem ersten Erscheinen der Bibel nach O'S schon ausreichend Jahre vergangen sind), bestreite ich nicht, daß es oft so sein wird, daß eine Aktie zu recht ein günstiges KGV hat. Daß also die Hoffnung auf eine Neubewertung/Bewertungsausweitung nicht gerechtfertigt ist - z.B. wegen verhältnismäßig hoher Verschuldung, zyklischem Geschäft, mäßigen Geschäftsaussichten etc. (Es kann beides zugleich richtig sein) Das kann man versuchen zu berücksichtigen und damit die Rendite verbessern.


    So wie jemand, der in einem Elektronikladen einen TV sucht mit möglichst gutem Preis-Leistungs-Verhältnis (wie immer man das in diesem Beispiel definieren mag), kann man verschiedene Strategien einschlagen, dieses zu finden, bei uns entsprechend dem Chance-Risiko-Verhältnis oder der Unterbewertung: Die einen schauen sich nur gute Firmen an und suchen diejenigen, die nicht besonders teuer sind. Ich orientiere mich stattdessen an den Erkenntnissen von O'S und anderen und suche nur innerhalb der mechanisch gesehen günstigsten Aktien. Denn O'S Entdeckungen sind unendlich wertvoll - nein, das dann doch nicht ganz. Ihr Wert ist eher ~10% p.a., aber das reicht auch. Die wichtigste Aufgabe ist, sich das zunutze zu machen. Die meisten scheitern daran, genauso wie am antizyklischen Ansatz, beidesmal aus psychologischen Gründen. Und das muß auch so sein, denn sonst würde er nicht funktionieren! Und das ist das immer wieder Faszinierende daran, daß es die meisten früher oder später davon wegzieht. Jedenfalls, statt einfach mechanisch die billigsten 20 von 1000 zu kaufen, würde ich eher in den billigsten 100 suchen, und dann qualitativ aussortieren.


    Wenn ich Empfehlungen lese von Investoren mit einer guten historischen Performance, dann interessieren mich überhaupt nur diejenigen, die in dieses Raster passen.

    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

  • KPV = GKV/UKV

    (KPV = KGV/KUV).


    Wenn man nach Rang sortiert, sieht man, dass margenstarke Unternehmen ein hoeheres KUV haben.

    m.E. filtert O´S nur nach einem teil des heiligen Grals: entweder nach dem Nenner, oder nach dem Zaehler. Wenn zumindest die Haelfte des terms KGV/KUV stimmt (entweder das KGV oder das KUV), dann ist das immerhin etwas und erklaert die Ueberrendite.


    Ich habe auch schon 2-filter strategien gesehen wie "ROE + KBV", was aber "KGV/KBV * KBV" ist, wobei sich dann das KBV rauskuerzt und die Strategie letztlich nur noch eine einfilter-KGV-Strategie ist.


    Und das ist dann auch was winter immer wieder feststellt:


    "man quasi das faire KGV durch das aktuelle KGV teilt" - sowas ist schnell passiert, und wenn es dann so formuliert ist wie KGV/KGV dann wird einem das schnell klar. Ist es in diversen Buechern jedoch nicht, da wird mit beispielsweise mit ROE "getaeuscht", die Autoren taeuschen sich selbst, es ist keine Absicht.

    Leicht kann man dann fehler machen, und auch wenn ich hier jetzt keine Fehler aus dem Kopf heraus konkret nennen kann, weiss ich, dass Fehler dieser Art sehr schnell passieren wenn man mit Marge, ROE und FK hantiert.

    Achtung: Marge = Gewinn/ Umsatz, also KGV/KUV, etc.

    “It’s the little things that matter. It’s one thing to tell someone they look like the first day of spring. It’s another thing to tell them they look like the last day of a long, hard winter.” - Zig Ziglar

  • Also das bestätigt meine Befürchtungen. Du hast einen Bewertungsansatz, der genau das Gegenteil macht von dem, was meiner Meinung nach richtig wäre, nämlich konservativ finanzierten Unternehmen eine höhere Bewertung zuzugestehen. Das versuchst Du dadurch zu beheben, daß so lange an den Zahlen herumgeschraubt wird, bis - nach Deinem Gefühl - das Ergebnis einigermaßen plausibel ist. Das zeigt sich an vielen Faktoren, mal ist die obere Begrenzung willkürlich bei 13% Rendite, mal wird ein Faktor von 1,63 auf 1,5 begrenzt usw. Es kommen also eine Menge subjektiver Faktoren ins Spiel, und damit gilt witchdreams Einwand.

    Es ist kein absolut 100% mechanischer Ansatz - das stimmt. Überhaupt die Growth-Bewertung hat meiner Meinung nach ein paar subjektive Faktoren, überhaupt wenn man sich in der Branche nicht gut auskennt und ein paar Faktoren abschätzen muss. Deine 2 Beispiele aber habe ich aber erklärt, oder? Die 13% deswegen weil sie unter den Kapitalanforderungen für VentureCapital liegen (außerdem berechne ich die Kapitalkosten immer auf 2 Wege - wie oben geschrieben - und habe somit eine "Probe" - liegen die 2 Ergebnisse weit auseinander, dann kann ich beurteilen warum das so ist und die Firma verwerfen wenn ich mich nicht auskenne) und die 1.63->1.5 weil sich die 1.63 auf die Kapitalrendite des gesamten Unternehmens bezieht, und ich den margenträchtigen Anteil des OrganicGrowth abziehen muss.


    MCap statt EK für die EK-Quote. Das heißt doch, je stärker der Kurs steigt, desto höher also die EK-Quote, und desto eher kann man die Aktie kaufen. Je teurer, desto konservativer/sicherer wird sie. :S

    Prinzipiell geht es darum, dass jeder der in diese Aktie zum jetzigen Zeitpunkt investiert eine angemessene Rendite auf sein eingesetztes Kapital haben möchte. Wenn sich alles Investoren halbwegs einig sind und alle 10% Eigenkapitalrendite erzielen möchten, dann muss das Unternehmen auch dieses Geld erwirtschaften, ansostens ziehen die Investoren Geld ab und der Kurs sinkt - solange bis wieder eine angemessene Rendite auf das eingesetzte Kapital gegeben ist. Die Schulden kann man vom Balancesheet nehmen, weil sich diese Summe durch Marktschwankungen ja nicht verändert.

    Und "ja", prinzipiell gilt je höher der Kurs desto höher die EK-Quote für die Berechnung der WACC. Wenn aber die EK-Quote für die WACC steigt, dann steigen auch die Kapitalkosten (EK meistens teurer als FK). Diese höheren Kapitalkosten wiederum senken die Bewertung - was wiederum zu sinkenden Kursen führt - soweit bis alle Stakeholder einen angemessenen Ertrag auf deren eingesetztes Kapital erhalten. Habe ich das verständlich zum Ausdruck gebracht? - Bin mir nicht ganz sicher.


    Klingt für mich danach, als ob man quasi das faire KGV durch das aktuelle KGV teilt, bloß daß es so auf eine jährliche Rendite umgelegt wird, daß statt man ein Kurspotential ohne Zeitrahmen erhält.

    Naja, man hat dann eben kein Kurspotential, sondern ein Return-Potential. Es wird bei der Growth-Bewertung nicht mit "Values" gerechnet, sondern mit Returns, weil sich die Values sehr stark ändern können wenn man nur eine kleine Anpassung an den Eingangsparamtern vornimmt. (Siehe DCF Valuation). Und weil man beim Organic Growth Return keinen Bezug auf den aktuellen Kurs hat, muss man diese Anpassung mit einer Multiplikation mit Kapitalrendite/Kapitalkosten vornehmen.


    Aus antizyklischer Sicht geht man eher davon aus, daß sich die Kapitalrendite normalisiert - allerdings zum Mittelwert des Marktes, nicht des historischen Wertes des Unternehmens. Immerhin wird das berücksichtigt durch die FADE-Berechnung. Also je länger die Überrendite bereits besteht, desto länger auch der Normalisierungszeitraum (Lindy-Effekt). Ich gehe allerdings mal davon aus, daß Du das nicht für die letzten 28 Jahre überprüft hast... (praktisch ziemlich schwierig).

    Geht man nicht davon aus, dass ein Unternehmen, welches keinen Burggraben hat, im Mittel seine Kapitalkosten verdienen wird? Manchmal verdient es weniger, dann könnte es ein guter Kaufzeitpunkt sein.

    Einige wenige Unternehmen schaffen es mehr als ihre Kapitalkosten zu verdienen, weil sie einen Burggraben haben. Z.B. coca cola und vermutlich auch DCC? Und nur bei solchen Unternehmen ist Wachstum sinnvoll und schafft Wert. Solche Unternehmen sind dann auch nach KGV, KBV usw. meistens immer optisch überbewertet. Deswegen braucht man hier den Growth-Bewertungsansatz.


    Ja beim 2ten Punkt stimme ich dir zu. Die 28 Jahre sind ziemlich aus der Luft gegriffen. Im Buch wird zwar erwähnt, dass man das so machen kann, aber prinzipiell braucht man dafür eine gute Branchenkenntniss - die ich wie gesagt nicht habe. Ich möchte aber Erfahrungen sammeln, deswegen habe ich mich trotzdem dafür entschieden es hier zu Posten - auch wenn hier ein größeres Fragenzeichen darüber schwebt.

    Wenn der Burggraben z.B. im hohen Marktanteil liegt, dann könnte man schauen wie schnell sich Marktanteile verändern und abschätzen ab wann die Firma deswegen keinen Burggraben mehr hat.


    Ich kann es auch nach wie vor nicht nachvollziehen, eine Zusatzrendite wegen der künftigen Inflation einzurechnen, ohne daß sich dies zugleich in den Kapitalkosten niederschlägt. Beides ist nicht unabhängig oder sollte es jedenfalls nicht sein - es sei denn, man kann solche Makro-Prognosen besser als der Markt. Aktuell sind die Zinsen noch künstlich niedrig, aber es scheint einigermaßen fraglich, darauf zu spekulieren, daß das ewig anhalten wird. In einem Land mit dauerhaft 20% Inflation pro Jahr sollten schließlich auch die risikolosen Anleihezinsen bei 20% liegen.

    Ich habe überlegt ob ich es beim vorherigen Post dazuschreiben soll. Habe mich dagegen entschieden, aber hier die Erklärung:

    Ich habe in den Eigenkapitalkapitalkosten höhere Zinsen - durch Erhöhung der Risk free rate bzw. Erhöhung der Corporate Bonds- berücksichtigt. Bei den FK Kosten habe ich das hier im Forum leider verabsäumt. Hier müsste man noch 1% (?) oben drauf geben. Also abzüglich des TaxShields 0.8%. Das erhöht die Kapitalkosten dann um ca. 0.3%.


    Ich erhöhe also sowohl die Infaltion als auch die Zinsen(=Kapitalkosten). Weil ich auch der Meinung bin, dass Inflation und Zinsen sich über kurz oder lang relativ gut angleichen werden.


    Denn O'S Entdeckungen sind unendlich wertvoll - nein, das dann doch nicht ganz. Ihr Wert ist eher ~10% p.a., aber das reicht auch. Die wichtigste Aufgabe ist, sich das zunutze zu machen. Die meisten scheitern daran, genauso wie am antizyklischen Ansatz, beidesmal aus psychologischen Gründen. Und das muß auch so sein, denn sonst würde er nicht funktionieren! Und das ist das immer wieder Faszinierende daran, daß es die meisten früher oder später davon wegzieht. Jedenfalls, statt einfach mechanisch die billigsten 20 von 1000 zu kaufen, würde ich eher in den billigsten 100 suchen, und dann qualitativ aussortieren.

    10% p.a. würden mir auch vollkommen reichen :D


    Mich hat es auch schonmal davon weggezogen. NakedWines, AFL, Manolete oder JET waren Beispiele davon. Das hat mir viel Performance gekostet. Aber ich denke, dass ich daraus gelernt habe und versuche deswegen eine stabile und fundierte Strategie aufzubauen. (Auch wenn es nach außen hin vermutlich zurzeit noch nicht danach aussieht.) Zukünftige Fehler nicht ausgeschlossen.

  • Geht man nicht davon aus, dass ein Unternehmen, welches keinen Burggraben hat, im Mittel seine Kapitalkosten verdienen wird?

    Das verstehe ich nicht, und ich gebe zu: Ich habe erst mal gegoogelt, was man offiziell unter "Kapitalkosten" versteht. Hier bin ich fündig geworden:


    Zitat

    Definition: Unter Kapitalkosten versteht man die Rendite, welche der Investor auf dem in der Unternehmung investierten Kapital (Fremd- & Eigenkapital) erwartet. Diese Rendite stellt für die Unternehmung (als Gegenseite zum Investor) Kosten dar.

    Auf der Fremdkapitalseite sind dies die zu bezahlenden Zinsen, auf der Eigenkapitalseite die auszuschüttenden Dividenden und die durch erfolgreiche Geschäftstätigkeit zu bewirkende Erhöhung des Aktienkurses.

    Ich hatte bisher immer angenommen, dass die Kapitalkosten nur die Firmenkosten für Fremdkapital (also die Zinsen auf Kredite) betreffen. Dass die (erwarteten!) Gewinne der Firmeneigentümer und Aktionäre auch als "Kosten" betrachtet werden, ist für mich Neuland und bringt mein bisheriges Verständnis von Kosten und Gewinnen ins Schwanken.


    Dazu kommt die Problematik, wie man "Investor" definiert. Die meisten Aktionäre (zumindest ich) sind ja Käufer an der Börse, also auf einem Sekundär-Markt. Die Einzigen, die wirklich "in die Firma investiert" haben, sind ja die Firmengründer und ggfs. noch anfängliche Venture-Kapital-Geber. Die haben sicherlich Rendite-Wünsche, aber ob die erfüllt werden, steht doch in den Sternen, oder? Jedenfalls würde ich solche Wünsche nicht unter "Kosten" verbuchen. Und die Rendite-Wünsche von nachfolgenden Aktien-Käufern wie uns kann man m.E. erst recht nicht als "Kapitalkosten" verbuchen. Was soll eine Firma denn machen, wenn ein "Mister-Dausend-Prozent" ihre Aktien an der Börse kauft? Zaubern kann nicht mal die Geschäftsleitung einer Firma, das weiß ich aus eigener Erfahrung.


    Kurz gesagt: Ich stolpere gerade über das Konzept "Kapitalkosten", aber vielleicht ist die von mir gegoogelte Definition ja auch Schrott. Andernfalls wäre ich äußerst misstrauisch, wenn mit so einem Konzept Gewinn- und Kurs-Prognosen begründet werden.

  • Grob gesagt kannst du die gezahlten Dividenden als Eigenkapitalkosten betrachten.


    Ich habe vor x-Jahren mal einen Autor gelesen, der die Meinung vertreten hat, eine Firma müsse ihr Fremdkapital unter diesem Gesichtspunkt erhöhen, wenn die FK-Kosten unter den EK-Kosten liegen würden und umgekehrt. (Wenn die ausgeschütteten Gewinne dabei bei verringertem Eigenkapital auf weniger EK verteilt wird, steigen die Eigenkapitalkosten in Prozent des Eigenkapitals. Es gibt also eine optimale EK-Quote )

    „Das große Karthago führte drei Kriege. Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr aufzufinden.“

  • Grob gesagt kannst du die gezahlten Dividenden als Eigenkapitalkosten betrachten.


    Ich habe vor x-Jahren mal einen Autor gelesen, der die Meinung vertreten hat, eine Firma müsse ihr Fremdkapital unter diesem Gesichtspunkt erhöhen, wenn die FK-Kosten unter den EK-Kosten liegen würden und umgekehrt. (Wenn die ausgeschütteten Gewinne dabei bei verringertem Eigenkapital auf weniger EK verteilt wird, steigen die Eigenkapitalkosten in Prozent des Eigenkapitals. Es gibt also eine optimale EK-Quote )

    Verrückt. Bei dieser Betrachtungsweise gibt es so etwas wie Gewinne überhaupt nicht. Denn Überschüsse sind dann per definitionem Kosten, welche die Investoren verursachen. Je besser die Firma funktioniert, desto höhere Kosten verursachen die Investoren...

  • Ich komme mit diesem Konzept gedanklich auch ins Schleudern. Die Idee von (fairen) Bewertungsmultiples, die ggf. angepasst werden um Einflußfaktoren, liegt mir näher. Siehe oben. Ich finde auch einiges verrückt, was ich bereits dargelegt habe in diesem interessanten Thread, ging leider wohl für einige unter, allerdings geht es bei den Kapitalkosten nicht um die tatsächlichen Gewinne, sondern nur um einen Erwartungswert, der sich aus dem Eigenkapital ableitet.

    Aber der Gedanke ist gut, zu unterscheiden zwischen der Sicht des Managements bei Kapitalerhöhungen und der Sicht von Käufern auf dem Sekundärmarkt. Für Ersteres ist die Betrachtung der Kapitalkosten doch eigentlich gemacht, oder? Also wenn man etwas durch günstiges Fremdkapital finanzieren kann, dann ist es meist besser als durch eine Aktienkapitalerhöhung. (Dabei spielt auch die optimale Kapitalzusammensetzung eine Rolle, aber dazu morgen noch mehr - man kann zu hoch hebeln und erhöht damit überproportional das Risiko, falls man dann überhaupt noch FK bekommt) Ich bleibe dabei, daß es komplett widersinnig ist, als Anleger eine Firma zu bestrafen, weil sie viel Eigenkapital hat. Was interessiert mich das, wie sie ihr jetziges Geschäft finanziert haben? Das Eigenkapital der ursprünglichen Eigenkapitalgeber kostet mich exakt gar nichts! Künftige Investionen können ganz anders finanziert werden, und zwar gilt dort wie beschrieben der genau gegenteilige Zusammenhang: je mehr Eigenkapital und je weniger Fremdkapital vorliegend sind, desto eher können sie mit Fremdkapital finanziert werden. Hier scheint nämlich ein Zirkelschluß drin:


    Und "ja", prinzipiell gilt je höher der Kurs desto höher die EK-Quote für die Berechnung der WACC. Wenn aber die EK-Quote für die WACC steigt, dann steigen auch die Kapitalkosten (EK meistens teurer als FK). Diese höheren Kapitalkosten wiederum senken die Bewertung - was wiederum zu sinkenden Kursen führt - soweit bis alle Stakeholder einen angemessenen Ertrag auf deren eingesetztes Kapital erhalten. Habe ich das verständlich zum Ausdruck gebracht? - Bin mir nicht ganz sicher.


    Du setzt dabei doch schon die Gültigkeit Deines Bewertungsmodells voraus. Das bestreite ich aber. Wir sollten stattdessen davon ausgehen, daß die Bewertung nicht sinkt - dann scheint die Firma für Dich zu teuer bzw. uninteressant. Ich bewerte entweder die Gewinne - und zwar, wenn schon, dann niedriger, wenn sie gehebelt sind durch viel Fremdkapital und höher, wenn nicht -, oder ich bewerte den Buchwert und setze damit eine Normalisierung voraus in dem Sinn, daß die Kapitalrendite sich normalisiert, d.h. daß jede Firma die gleiche Kapitalrendite erzielt. Oder? (Gilt vielleicht so nicht uneingeschränkt, siehe auch Deine gute Bemerkung weiter unten) Ganz ausformuliert oder "ausgedacht" ist es noch nicht.


    Ferner: Die ganze Geschichte mit der Suche nach der hohen (Eigen-)Kapitalrendite läuft tendenziell immer irgendwie darauf hinaus, ein hohes KBV zu filtern, denn es gilt, ganz hart: EK-Rendite = KBV/KGV. Das ist ein rein mathematischer Zusammenhang. (Minderheitsanteile wären eine Spitzfindigkeit, die nichts ändert, dann betrachtet man eben "return on common equity" statt "return on equity").

    Wenn man andere Renditen berechnet, wie die Gesamtkapitalrendite oder anders definierte ROIC, dann gilt dieser Zusammenhang nicht mehr mathematisch zwangsläufig, aber doch tendenziell. Denn bei gegebenem Gewinn/EBIT/etc. muß die Kapitalbasis möglichst klein sein, um eine hohe Rendite zu ermöglichen (= "Gewinn"/Kapitalbasis). Tendenziell wird dann auch das KBV höher sein; ich sehe nicht, wie es anders sein könnte. Die "Magic Formula" von Greenblatt enthält ja auch eine Kapitalrendite. Und diese Formel funktionierte offenbar! Gleichzeitig haben wir m.E. Grund zur Annahme, daß nicht nur niedriges KGV und niedriges KBV separat funktionieren, sondern auch beides zusammen, also zu einem niedrigen KGV tritt besser ein niedriges KBV als ein hohes. Das widerspricht sich also. Auch die theoretische Erklärung beißt sich. Von Norbert wissen wir, daß eine hohe Gesamtkapitalrendite zumindest einer tendenziellen mean reversion unterliegt, d.h. sie bleibt überdurchschnittlich, geht aber in Richtung des Marktmittels zurück, und umgekehrt. Ich würde die mechanische Suche nach hohen Kapitalrenditen mal als umstritten bezeichnen.

    Der folgende Punkt von Valing ist aber gut:


    Geht man nicht davon aus, dass ein Unternehmen, welches keinen Burggraben hat, im Mittel seine Kapitalkosten verdienen wird? Manchmal verdient es weniger, dann könnte es ein guter Kaufzeitpunkt sein.

    Einige wenige Unternehmen schaffen es mehr als ihre Kapitalkosten zu verdienen, weil sie einen Burggraben haben. Z.B. coca cola und vermutlich auch DCC? Und nur bei solchen Unternehmen ist Wachstum sinnvoll und schafft Wert. Solche Unternehmen sind dann auch nach KGV, KBV usw. meistens immer optisch überbewertet. Deswegen braucht man hier den Growth-Bewertungsansatz.


    Da muß ich noch drüber nachdenken. Das könnte ein Knackpunkt sein.

    Daß Wachstum nicht automatisch wertsteigernd ist, wenn es mit sehr niedrigen Kapitalrenditen einhergeht, ist ein "take-away" dieser Diskussion. "Irgendwie" weiß ich das aber die ganze Zeit schon, daß gerade in stark wachsenden Sektoren der Wettbewerb hoch ist und die Kapitalrenditen drückt, sprich, daß es nicht umsonst ist und sich für die Aktionäre nicht notwendigerweise positiv auswirken muß.


    Nachtrag: Es gibt natürlich Leute, welche die mechanischen Erkenntnisse live in der Praxis angewandt haben - und damit unterdurchschnittlich performt haben. Seit 2009, seit dem letzten Update der Bibel, hat die Value-Strategie auch nach anderen Quellen grauenhaft performt. Genaueres wissen wir leider nicht, und wie es dann insgesamt seit 1953 aussehen würde. Immerhin hat sich der (Bewertungs-)Spread zwischen Value und Growth auf historisch extreme Niveaus ausgeweitet, so daß die Chancen künftig besser sein sollten für eine klassische Value-Strategie. Aber das nur ganz nebenbei.


    Joe : Daß das faire KGV durch das gegebene KGV geteilt wird (gegeben = TTM oder 10-Jahres-Mittel oder was auch immer), ist an sich ja ok. Sofern man plausibel ein faires KGV bestimmen kann, erhält man wie gesagt das Kurspotential, nur leider über eine unbestimmte Zeitdauer. Es macht einen Unterschied, ob das in einem oder erst in fünf Jahren erreicht wird. Das weiß aber keiner. Wüßte man es, könnte man Value-Traps vermeiden, die dauerbillig bleiben.

    Um es nochmals anders zu formulieren: Ich bin mir dessen bewußt, daß ein faires KGV, KCV oder faires EV/EBIT "hilfreich" wäre - um es mal so zu sagen -, wenn man auf derartige Kennzahlen setzt, so wie ich es tue, und viele hier. Ich versuche das aber nicht analytisch herzuleiten und dann damit das Kurspotential zu bestimmen. (Eine grobe Vorstellung von einem Kursziel kann ich im Einzelfall dennoch haben) Sondern wie gesagt ich wähle unter den günstig(st)en - wobei ich derzeit nicht (hart) mechanisch vorgehe, also mit einer festen Rangliste -, und versuche dann die qualitativ besten zu selektieren, also z.B. mit der besten Bilanz, sei es nach zahlenmäßig faßbaren oder nach weichen Faktoren. Meine Überrendite, sofern sie existiert, kommt nicht daher, daß ich mehr weiß als der Markt, also die tollen Unternehmen identifizieren kann wie Buffett bzw. Munger, die eine dauerhaft hohe Kapitalrendite aufrechterhalten und dabei zugleich wachsen können (beides muß zusammenkommen - das eine ohne das andere ist jeweils witzlos), sondern sie kommt aus der Ineffizienz des Marktes, die wiederum letztendlich in der menschlichen Psychologie begründet liegt, u.a. dem Herdentrieb. Die kann man sich zunutze machen entweder durch mechanisch antizyklisches Vorgehen, oder man ist ein geborener Antizykliker, für den ich mich halte, der das auch ohne das hinbekommt. Daß mir der "Kapitalkosten-Ansatz" dabei weiterhilft, kann ich bisher nicht erkennen.

    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

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  • Dazu kommt die Problematik, wie man "Investor" definiert. Die meisten Aktionäre (zumindest ich) sind ja Käufer an der Börse, also auf einem Sekundär-Markt. Die Einzigen, die wirklich "in die Firma investiert" haben, sind ja die Firmengründer und ggfs. noch anfängliche Venture-Kapital-Geber. Die haben sicherlich Rendite-Wünsche, aber ob die erfüllt werden, steht doch in den Sternen, oder? Jedenfalls würde ich solche Wünsche nicht unter "Kosten" verbuchen. Und die Rendite-Wünsche von nachfolgenden Aktien-Käufern wie uns kann man m.E. erst recht nicht als "Kapitalkosten" verbuchen. Was soll eine Firma denn machen, wenn ein "Mister-Dausend-Prozent" ihre Aktien an der Börse kauft? Zaubern kann nicht mal die Geschäftsleitung einer Firma, das weiß ich aus eigener Erfahrung.


    Das muss man differenziert betrachten - ich tue mich hier leichter wenn ich annehme, dass ich das Unternehmen zu 100% kaufen würde. Und man muss zwischen Unternehmenssicht und Aktionärssicht unterscheiden.



    Wenn man als Investor in ein Unternehmen investiert, dann möchte man auch eine angemessene Rendite. Also wenn das Unternehmen 100 verdient und man die gesamte Firma zu 1000 kaufen kann, dann hat man eine Rendite auf sein eingesetztes Kapital von 10%. Man kann dem Unternehmen befehlen, dass es seine gesamten (nachhaltigen) Gewinne (=EP, EarningsPower) ausschütten soll. Somit materialisiert sich die Rendite sofort. Meist ist es aber besser, wenn das Unternehmen einen Teil in Wachstum steckt, Schulden zurück zahlt, Aktien zurückkauft und nur einen Teil als Divi ausschüttet. Je nach Branche und Firmenlebenszyklus.


    Wenn das Unternehmen aber in einem sehr riskanten Staat (z.B. Argentinien) seine Umsätze macht, dann werden 10% Rendite wohl nicht ausreichen. Dann muss man die Rendite vielleicht sogar auf 20% erhöhen. Die Gewinne bleiben aber weiterhin bei 100, denn operativ hat sich die Firma ja nicht verändert. Somit ist es für mich nur sinnvoll die ganze Firma zu kaufen, wenn ich nicht mehr als 500 bezahle. Denn ich brauche ja meine 20% Rendite um mich für das erhöhte Risiko zu entlohnen.


    Weiters ist es jetzt so, dass Unternehmen A (=beheimatet in einem sicheren Land) bei 1000 fair bewertet ist und Unternehmen B (=Argentinien) bei 500 fair bewertet ist. Obwohl sie das gleiche verdienen. (Risiko muss man noch nach Unternehmensgröße, Branche, Kapitalstruktur usw anpassen - das wird recht komplex)


    Sprich wenn wir jetzt bei Unternehmen B bleiben, dann sieht man, dass es - trotz 20% Renditen - kein Schnäppchen ist, weil dadurch nur das erhöhte Risiko ausgeglichen wird. Ein Schnäppchen ist es erst dann wenn es weit unterhalb der 500 notiert. Also z.B. 350. Dann hätte man eine ausreichend große MoS.


    Das alles hat mit "echten Kosten" für das Unternehmen nichts zu tun und kann der Firma auch egal sein(?). Für mich als Aktionär ist es aber sehr wichtig.

    zu unterscheiden zwischen der Sicht des Managements bei Kapitalerhöhungen und der Sicht von Käufern auf dem Sekundärmarkt. Für Ersteres ist die Betrachtung der Kapitalkosten doch eigentlich gemacht, oder?

    Ich weiß nicht woher die "Kapitalkosten" ursprünglich kommen, aber sie werden in der Unternehmensbewertung (auch für die Bewertung von AGs) eingesetzt. Z.B. von Shannon Pratt. Der hat sogar ein ganzes Buch über Kapitalkosten geschrieben.

    Hier scheint nämlich ein Zirkelschluß drin:

    Ich sehe es weniger als Zirkenschluss sonder mehr als Marktplatz - wo es so lange hin und her geht bis ein passender Preis gefunden wurde.


    Ferner: Die ganze Geschichte mit der Suche nach der hohen (Eigen-)Kapitalrendite läuft tendenziell immer irgendwie darauf hinaus, ein hohes KBV zu filtern, denn es gilt, ganz hart: EK-Rendite = KBV/KGV.

    Man sucht ja nicht eine Firma mit einem hohen ROE sondern eine Firma die laut EPV (Earningspowervalue = Gewinn / Kapitalkosten) unterbewertet ist. Das Eine ist das EK auf dem Balancesheet - das andere die MCap. Das muss man für diesen Ansatz unterscheiden. Denn wenn du KBV/KGV dividierst, dass nimmt du das "K" heraus und hast keinen Bezug mehr zum Kurs und somit ist es nur noch eine Kennzahl des Unternehmens und keine "Bewertungszahl" mehr.


    Z.B. Mo-Bruk hat einen extrem hohen ROE, aber sie sind trotzdem kein Schnäppchen, deswegen habe ich sie verkauft.


    Hier eine ganz kurze Bewertung von MoBruk @ MCap 1027mio PLN um zu verdeutlichen wieso:


    sondern sie kommt aus der Ineffizienz des Marktes, die wiederum letztendlich in der menschlichen Psychologie begründet liegt, u.a. dem Herdentrieb. Die kann man sich zunutze machen entweder durch mechanisch antizyklisches Vorgehen, oder man ist ein geborener Antizykliker, für den ich mich halte, der das auch ohne das hinbekommt. Daß mir der "Kapitalkosten-Ansatz" dabei weiterhilft, kann ich bisher nicht erkennen.

    Eventuell hilft er dir nicht weiter - du hast ja bis jetzt vermutlich auch eine zufriedenstellende Rendtie erwirtschaftet.


    Und es ist ja nur ein Ansatz von vielen. Die Theorie dahinter finde ich aber faszinierend und logisch und sie erklärt mir sehr viele Sachverhalte.