Da es schon ein paar Diskussionen zu dem Thema gegeben hat, hab ich mir gedacht ich mache mal einen neuen Thread auf und fasse zusammen wie dieser Bewertungsansatz funktioniert.
Grob gesagt gibt es 3 Bereiche:
- AssetValue (Entweder LiquidationValue oder ReproduktionValue) - es werden die Assets bewertet
- EarningsPowerValue - es wird der nachhaltige Gewinn bewertet
- Growth - es wird das Wachstum bewertet
Nehmen wir BIC als Beispiel.
- AssetValue
Zuerst muss man schauen ob das Unternehmen in einer Branche unterwegs ist die es in Zukuft noch geben wird. Falls man das mit "nein" beantwortet, dann muss man die Firma nach dem LiquidationValue bewerten. Falls "ja", dann nach dem ReproduktionValue.
Bei ersterem muss man sich fragen, wie viel bekomme ich für die Firma wenn ich sie in den nächsten 1-3 Jahre verkaufe? Beim zweiten muss ich mich fragen wie viel ein Konkurrent zahlen müsste um die gleiche operative Firma zu haben. Hier zählen dann auch Intangibles wie z.B. Strukturkosten, Umsatzkosten usw. dazu. (Strukturkosten: Es reicht ja nicht alle Assets zu kaufen, sondern man muss auch das Zusammenspiel der einzelnen Filialen/Firmen herstellen. Das dauert oft 1-3 Jahre. Umsatzkosten: Auch wenn man sich alle Assets gekauft hat, muss man ja noch irgendwie zu den Kunden kommen. Das geht z.B. über Makler. Diese kosten aber x% vom Erstjahresumsatz. Diese Kosten muss man deswegen auch berücksichtigen.)
Für BIC müsste man den ReproduktionValue berechnen. Dieser beträgt für die Tangibles (Asstes-Liabilities (Anpassungen müssen vorgenommen werden)) 1916mio und für Intangibles 687mio. somit kommt man auf einen ReproduktionValue von 2600mio.
- EarningsPowerValue
Hier muss man sich zuerstmal Gedanken über die Kapitalkosten machen. Wenn das Unternehmen auch Fremdkapitaleinsetzt, dann muss man dieses auch beachten. Hier möchte ich jetzt nicht zu ausführlich werden, sondern es reicht hier mal zu wissen, dass es sich hier um den WACC handelt.
Dann muss man noch die nachhaltigen Gewinne berechnen. Also wie viel Gewinn kann das Unternehmen erzeugen, wenn es nicht mehr wachsen - aber auch nicht schrumpfen - würde?
Dann muss man noch alle sonstigen, nicht für den operativen Betrieb notwendigen, Asstes zusammenzählen und von den zinstragenden Schulden abziehen. Net Cash oder Net Debt sozusagen (Nettofinanzverbindlichkeiten).
Mit diesen 3 Werten kann man den EPV berechnen. Nämlich: (nachhaltiger Gewinn / WACC) + Nettofinanzverbindlichkeiten. (Also Cash addiert man und Schulden zieht man ab.)
Bei BIC wäre das wie folgt:
WACC von 11%. (Viel Umsatz in riskanten Ländern wie z.B. LateinAmerika, Fast nur EK was teurer ist)
Nachhaltiger Gewinn von 250mio. (2100mio Umsatz * 17% EBITMarge -29% Tax Rate = 250mio)
Net Cash von 370mio.
= 250/11% + 370= 2642 = EarningsPowerValue
Zusammenfassung:
Jetzt sieht man, dass der EPV ca. gleich groß ist wie der AssetValue. Die Kapitalrendite entspricht sozusagen den Kapitalkosten. BIC ist nicht in der Lage durch Wachstum Wert zu schaffen. Sie sind anscheinend in w
ettbewerbsintensiven Branchen unterwegs wo sie vermutlich auch keinen großen Marktanteil haben. Sie können auch keine höheren Kapitalrenditen aufgrund von Economics of Scale oder "Habits" erzielen. Deswegen ist für BIC die beste Strategie das Geld an die Aktionäre auszuschütten oder bei tiefen Kursen Aktien zurück zu kaufen. Beides machen sie.
Die MCap von BIC war zu der Zeit (7.11.2022) 2532mio - also in etwa gleich dem EPV und dem AssetValue.
Man kann von dem Investment in BIC also eine jährliche Rendite von 11% erwarten, aber die Firma ist nicht unterbewertet und somit kein Antizyklischer Kauf. Man wird hier lediglich für sein Risiko korrekt entlohnt.
Die Firma wäre erst dann ein Antizyklischer Kauf, wenn der Kurs unter 2000mio fällt. Dann hätte man eine angemessene Margin of Safety die einen gegen Fehler schützt und sogar noch die Rendite steigern kann.