• Eigentlich fühle ich mich wohler mit Unternehmen, bei denen ich mir sicher bin, dass sie langfristig erfolgreich sein werden (deshalb bin ich auch nicht so fixiert darauf, sie möglichst billig einzukaufen). Heute möchte ich aber noch einen echten Zykliker vorstellen (der Credit für diese Idee geht an ValuingDutchman.com):


    X-FAB Silicon Foundries SE


    X-Fab ist ein belgisches Halbleiterunternehmen, das in Paris notiert ist. Das Unternehmen ist auf die Herstellung kundenspezifischer integrierter Analog- und Mixed-Signal-Schaltungen (ICs) spezialisiert. X-Fab wurde 1992 gegründet und hat sich zu einem führenden Anbieter in der Halbleiterindustrie entwickelt. Seine Produktionsstätten sind in Europa (Frankreich, Deutschland), USA und Malaysia. Das Unternehmen wird noch von seinen Gründern geführt, die auch einen großen Anteil an den Aktien halten.


    Heftige Schwankungen sind bei diesem Wert an der Tagesordnung. Aktuell sind wir bei ca. 85 % des Buchwerts, und das bei einem Unternehmen mit einer soliden Bilanz und einem fähigen Management, das zudem in einem Wachstumsmarkt tätig ist.


    Kennzahlen (Yahoo Finance):

    3,1 x EV/EBITDA (2,9 x erwartetes EV/EBITDA)

    5 x EV/EBIT (5,4 x erwartetes EV/EBIT)

    5,83 x KGV (7x erwartetes KGV)

    0,82 KUV

    0,73 P/B

    3,02 EV/EBITDA

    keine Dividenden, keine Aktienrückkäufe


    Was macht X-Fab?

    X-Fab ist insbesondere auf Analog- und Mixed-Signal-Designs spezialisiert, bei denen sowohl analoge als auch digitale Schaltungen auf einem einzigen Chip integriert werden. Diese Fähigkeit ermöglicht es den Kunden, komplexe Funktionen zu implementieren, die sowohl analoge als auch digitale Komponenten erfordern.


    Die Dienstleistungen von X-Fab umfassen den gesamten Produktionsprozess, vom Design und der Herstellung bis hin zum Testen und Verpacken von ICs. Das Unternehmen bietet seinen Kunden auch technische Unterstützung und Beratung, um ihre Designs zu optimieren und die gewünschte Leistung zu erzielen. X-Fab beliefert eine Vielzahl von Branchen, darunter die Automobilindustrie, industrielle Anwendungen, medizinische Geräte, Kommunikation, Unterhaltungselektronik und den Energiesektor. Die Produkte von X-Fab werden in verschiedenen Anwendungen wie Sensoren, Aktoren, Leistungssteuerungen, drahtlose Kommunikation, Energiemanagement und mehr eingesetzt. Zu den spezifischen Anwendungsbereichen gehören Elektrifizierung, Komfort, Sicherheit und autonomes Fahren in der Automobilindustrie, Fabrikautomatisierung, Smart Cities, das Internet der Dinge, erneuerbare Energien, Energiemanagement, Device-to-Device-Kommunikation in industriellen Umgebungen, Lab-on-a-Chip für medizinische Tests, Ultraschall- und Röntgengeräte sowie persönliche medizinische Anwendungen. Was X-Fab auszeichnet, ist seine Flexibilität und sein kundenorientierter Ansatz. Während der großen Chip-Knappheit im Zusammenhang mit der Pandemie stellte X-Fab sicher, dass alle Kunden beliefert wurden, um Unterbrechungen zu vermeiden. Das Unternehmen räumte den Kunden Priorität ein und arbeitete nicht nach dem Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“.


    Für X-Fab sind die Automobilindustrie, der industrielle Sektor und der medizinische Sektor die drei Kernsektoren, auf die sie sich konzentrieren. Zusammen machten diese Sektoren im ersten Quartal dieses Jahres 92,6 % des Umsatzes aus.


    Marktstellung:

    X-Fab konzentriert sich auf analoge Chips, im Gegensatz zu digitalen Chips wie denen von Nvidia. Analoge Chips werden für Funktionen wie Belichtungssteuerung, Kamera-Autofokus, Audiogeräte und elektrische Steuerungen in Autos verwendet, im Gegensatz zu digitalen Chips, die sich auf Rechenleistung und Speicher konzentrieren.


    Der Markt für digitale Chips ist zwar viel größer, doch handelt es sich dabei oft um Massenproduktion mit dem damit verbundenen Druck auf die Gewinnspannen und den Preiswettbewerb. Der Markt für analoge Chips wird in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich um jährlich etwa 7 % wachsen (laut Technavio) und hat höhere Eintrittsbarrieren, wegen den hohen Kosten und dem Zeitaufwand für Chipdesigner, wenn sie den Hersteller wechseln.


    X-Fab ist der größte Hersteller dieser Art von Chips in Europa, obwohl der Markt von asiatischen Anbietern dominiert wird. Das Unternehmen hat eine besonders starke Position in den Bereichen Automobil, Industrie und Medizin. Eine Besonderheit ist, dass sie mit Melexis verbunden sind (einem belgischen Player im EV-Segment).


    X-Fab ist derzeit deutlich billiger ist als seine Wettbewerber. Das könnte daran liegen, dass sie ein eher kleiner Player sind, dass sie in Paris notiert sind, und dass der Automobilsektor derzeit als so unsicher gilt. Das macht X-Fab aktuell preiswert.


    Aufgrund hoher Erweiterungsinvestitionen hat sich die Verschuldung leicht erhöht. Derzeit liegt die Schuldenquote bei bescheidenen 24,8 % (= 1x EBITDA). Das sieht harmlos aus.


    Risiken und Chancen:

    X-Fab investiert seit Jahren erheblich, was den gesamten freien Cashflow aufgebraucht gat. Diese Investitionen sind nicht freiwillig, sondern notwendig, um die von den Kunden geforderten Kapazitäten zu schaffen. Wenn diese Expansion nicht schnell genug erfolgt, besteht die Gefahr, dass die Kunden sich anderswo umsehen.


    Bisher haben die großen Hersteller digitaler Chips kein Interesse an den von X-Fab hergestellten Chips gezeigt, da es sich nicht um Standardprodukte handelt und sie nur in geringen Mengen hergestellt werden. Wenn der Markt jedoch weiter wächst, könnte es für die großen Player attraktiver sein, X-Fab zu übernehmen, als selbst ein ähnliches Geschäft aufzubauen.


    Aufgrund der hohen Fixkosten und Investitionen gibt es einen Hebeleffekt. Wenn die Dinge gut laufen, sind die Gewinne beträchtlich. Aber wenn sich der Zyklus dreht, können die Gewinnspannen schnell schrumpfen. Angesichts des umfangreichen Investitionsprogramms ist eine niedrige Verschuldung kein Luxus, sondern eine absolute Notwendigkeit. Dies ist auch der Grund, warum sich immer mehr Chipentwickler dafür entscheiden, die Produktion auszulagern, was Akteuren wie X-Fab zugute kommt.


    Fazit & Bewertung

    Die hohen Investitionen von X-Fab stellen nach meiner Einschätzung einen realen Vermögenswert dar. Zwischen 2023 und 2025 werden neue Anlagen im Wert von 1 Milliarde Dollar installiert. In 90 % der Fälle ist X-Fab der einzige Lieferant für ein bestimmtes Produkt für seine Kunden. Ich gehe davon aus, dass sich die Investitionen auszahlen werden. Allerdings ist die Firma derzeit genau in der Talsohle zwischen Investitionen und Ertragsverbesserung.


    Aktuell steht die Aktie bei 5,18 €. Der Reproduktionswert, also das Geld, das ein Wettbewerber investieren müsste, um ein ähnliches Unternehmen zu gründen, wird auf 11,5 € je Aktie geschätzt (fairer Wert?). Als Mindestwert würde ich den materiellen Buchwert von 7,48 € ansetzen. Für mich klingt das nach gut möglichen 100% innerhalb von 3 Jahren für ein Unternehmen, das in einem wachsenden Markt tätig ist, über eine solide Bilanz und ein fähiges Management verfügt.


    Meinungen?

  • Der 10-Jahres-Chart zeigt, dass der Kurs auch noch ein schönes Stück tiefer kommen könnte. Trotzdem fühle ich mich mit diesem Zykliker wohler als mit K+S (die ich zuletzt vorgestellt habe), weil ich X-Fab grundsätzlich für eine gut geführte Firma halte.


    XFAB.jpg

  • Danke wisi , die Firma sieht für mich interessant aus und ist schon auf der watchlist.


    Laut SWS ist bis Ende 2024 mit (weiter) sinkenden Umsätzen und Gewinnen zu rechnen, und der FCF sieht wirklich nicht schön aus - aber du hast ja erklärt, warum. Normalerweise meide ich belgische Aktien wegen der absurden Quellensteuer auf Dividenden, aber dieses Argument läuft mangels Dividende ins Leere.


    Was mir wiederum gefällt, ist der Netto-Cash-Bestand - das deutet auf ein sorgfältig planendes Familien-Unternehmen.


    Ich werde sie mir auf jeden Fall mal näher ansehen - vielen Dank für den Tipp.

  • Wenn ich den TIKR Daten vertraue, haben sie seit 2014 aggregiert noch keinen einzigen Dollar/Euro free cashflow erwirtschaftet. Hast Du mal geschaut, was vor 2014 war? Mit Blick nach vorn scheinen sie ja weiter eifrig zu investieren.


    Melexis gefällt mir von den beiden deutlich besser.

  • Wenn ich den TIKR Daten vertraue, haben sie seit 2014 aggregiert noch keinen einzigen Dollar/Euro free cashflow erwirtschaftet. Hast Du mal geschaut, was vor 2014 war? Mit Blick nach vorn scheinen sie ja weiter eifrig zu investieren.


    Melexis gefällt mir von den beiden deutlich besser.

    Die sind erst seit 2017 an der Börse, da mußten sie für den IPO vermutlich die 3 Vorjahre ausweisen und das war es dann mit der Datenhistorie.

  • "Langfristig wohlfühlen" und hochzyklische Hightechindustrie, die man selbst nie durchschauen wird und die sich in wenigen Jahren technologisch bedingt verändern kann, passt für mich nur bedingt zusammen. Aber wohlfühlen ist auch mehr Gefühlssache...

    Mechanisch gesehen sind hohe Investitionen übrigens keine Begründung für den schlechten FCF, sondern eher für sich negativ.

    Auch ein neomarxistisches System erkennt man daran, daß es die Kriminellen verschont und den politischen Gegner kriminalisiert.

  • Hmm. Ich habe ja nichts grundsätzlich gegen Investitionen. Die Frage ist halt, was kommt dabei heraus.


    Wenn ich mal das IPO Jahr 2017 als Basis nehme, waren es hier etwa 7% p.a. Umsatz-, 6% Buchwert- bzw. (margenbereinigt) 6% Gewinnwachstum. Dafür haben sie ihren kompletten operativen Cashflow reinvestiert plus etwa 150 Mio USD dazu. Finde ich von der Input/Output Betrachtung jetzt nicht gerade überzeugend. Ich würde sogar sagen, man müsste hier von weiteren Investitionen nüchtern betrachtet abraten.