tom20
, PapaDola, Investor, witchdream und zoro
Investor hat vollkommen Recht, Fragen zur Kreditwürdigkeit oder zur Finanzlage eines Unternehmens sind nicht eindeutig zu beantworten. Eine 100 prozentige Sicherheit, dass ein antizyklischer Kandidat den Turnaround schafft bekommt man auch nicht durch die gründlichste Bilanzanalyse, man kann allenfalls besser prognostizieren. Ein gutes Beispiel ist Xerox – einige Analysten denken an einen Bankrott, andere schließen das fast völlig aus...
Trotz allem halte ich die Bilanzanalyse für wichtig. Deshalb möchte ich gern meine Meinung zu den wichtigsten Kennzahlen posten. Der Finanzwirtschaftler Peter Kralicek ist mir leider unbekannt – aber eines ist sicher, dieses System mag vielleicht für einen ersten Blick geeignet sein aber die Probleme eines Unternehmens werden genauso wenig bekannt wie unterschiedliche Branchenmaßstäbe berücksichtigt werden.
Folgende Kennzahlen sollte man sich meiner Meinung nach für eine „Bilanzanalyse“ wenigsten einmal kurz anschauen und einen Branchenvergleich durchführen:
Liquidität 2. Grades = (ZM + kurzfrist. Forderungen)/kurzfr. Fremdkapital
(Quick Ratio = liquid current assets/current liabilities)
Interpretation: Kann ein Unternehmen seine kurzfristigen Schulden (Laufzeit<1 Jahr) mit Cash-Beständen und kurzfristigen Forderungen decken? Alle Werte unter 1 signalisieren Gefahr (Branchenabhängigkeit).
Liquidität 3. Grades = Umlaufvermögen/kurzfr. Fremdkapital
(Current Ratio = current assets/ current liabilities)
Interpretation: Kann ein Unternehmen seine kurzfristigen Schulden (Laufzeit<1 Jahr) mit dem Umlaufvermögen(Cash + Forderungen + Vorräte) decken? Alle Werte unter 1 signalisieren bedrohliche Liquidationsengpässe (Branchenabhängigkeit).
Anlagendeckungsgrad B = (Eigenkapital + langfr. Fremdkapital)/Anlagevermögen
((equity + current liabilities)/noncurrent assets)
Interpretation: Ist das Anlagevermögen, als langfristiger und zentraler Unternehmensbestandteil, mit Eigenkapital und langfristigen Krediten finanziert? Falls nicht (Werte unter 1) besteht die Gefahr, dass Anlageverkäufe nötig werden könnten und das bedroht das Unternehmensdasein. (Branchenabhängigkeit)
Verschuldungsgrad= Fremdkapital/Eigenkapital
(debt/equity)
Das Verhältnis FK zu EK bestimmt nicht nur die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens. Grundsätzlich kann man sagen: je höher der Verschuldungsgrad eines Unternehmens umso abhängiger ist das Unternehmen von externen Gläubigern und umso schwieriger sind neue günstige Kredite zu organisieren. Durch den Leverage-Effekt steigt mit steigendem Verschuldungsgrad bzw. fallender EK-Quote die EK-Rendite. (Branchenabhängigkeit)
Neben diesen Bilanzkennzahlen ist das ROI und die EK-Rentabilität von Interesse:
ROI (return on investment) = Jahresüberschuss/Gesamtkapital
(earnings/total assets)
Diese Kennzahl entspricht der Gesamtkapitalverzinsung. Je höher desto besser.
EK-Rentabilität = JÜ/EK
(earnings/equity)
Diese Kennzahl entspricht der Eigenkapitalverzinsung. Sie ist durch den Leverage-Effekt direkt von der EK-Quote abhängig. Je höher desto besser.
Diese Kennzahlen gibt es schon fertig ausgerechnet auf zahlreichen Börsenseiten. Quicken.com bietet sogar graphische Darstellungen an. Wer selber rechnen möchte, dem ist vielleicht eine kleine Übersetzung der Bilanz(US-GAAP) nützlich:
Aktiv-Seite(ASSETS)
Cash or Cash Equivalents flüssige Mittel
Marketable Securities Wertpapiere
Accounts and notes Receivable Forderungen aus
- Trade Receivables - Lieferungen und Leistungen
- Other Receivables - Sonstige Forderungen
Inventories Vorräte
Prepaid Expenses Rechnungsabgrenzungs