Beiträge von Nachtfalke

    Kleiner Nachtrag:

    38, kinder- und gerade mal wieder fraulos, und der typische Corona-Home-Office-Einsiedler, habe ich mir gestern mal einen Probemonat Disney+ geleistet - nicht für Baby Yoda, sondern für "The Falcon & The Winter Soldier" und für "Akte X". Der Vergleich sowohl des technischen Services, als auch des Streaming-Angebots fällt relativ eindeutig aus: Netflix hat (noch) die größere Bibliothek, aber Disney+ ist extrem gut aufgestellt. Erstens durch die bekannten Hausmarken - alle nennenswerten Blockbuster der letzten Jahre finden sich auch D+, aber zweitens aber eben auch durch die Fox-Bibliothek. Wenn da mal die bisher noch lizensierten Titel von Amazon und Netflix einrücken, dann wird Disney fast Monopolstatus im Bereich der seichteren Unterhaltungabereiche (Action/Procedural/Fantasy) haben. Netflix hat bisher die deutlich anspruchsvolleren und erwachsenenorientierteren Inhalte, aber diese Lücke ist mittelfristig schließbar, wenn Disney in die richtigen Projekte investiert.

    Kern hier ist die Viabilität: Wer sich mal zur Entspannung Star Wars aufs Tablet ins Hotelzimmer streamen will, der zahlt bei Amazon ca. 90 Euro für Zugang zum Stream, oder eben 9 Euro bei Disney. Addiere dazu die Klassiker-Bibliothek, und die Filme von 20th-Century Fox, und das Angebot steht schon auf einigermaßen sicheren Beinen.

    Als Single mit einem gewissen Interesse an Literatur und kulturellen Inhalten werde ich wohl langfristig bei Netflix bleiben; als Familienvater, der vielleicht auch mal ein Bisserl auf die Moneten achtet, würde ich auf jeden Fall Disney wählen. Anspruchsvolle Unterhaltung ist schön, aber dafür gibt's halt auch die ÖRs und ARTE.

    Die Zitier-Funktion des Forums macht, dass ich wie in "Call of Cthulhu" regelmäßig auf geistige Gesundheit würfeln muss. - Deswegen allgemein und ohne Spezifika erstmal: Danke für das Feedback! :) Tatsächlich werde ich Netflix nicht shorten, aus einer Reihe von Gründen, wie Ihr sie hier anführt.

    Meine pessimistische Diagnose bezüglich des Unternehmens ändert sich aber leider erstmal auch nicht: Allein aus meiner Perspektive als User denke ich, die Konkurrenz ist einfach zu groß: Medialer Hyperkonsum ist zwar das Merkmal der Generation Trump, aber irgendwann stößt selbst die größte Marktexpansion an ihre Grenzen. Habe am WE beispielsweise erfahren, das Spotify ein paar hundert Millionen in Hörspiel-Podcasts. Deren Angebot, das noch in den Kinderschuhen stehen soll, und mit Sprechern wie Daniel Webber, Richard Madden, oder Brian Cox aufwartet, umfasst bereits ca. 100 Stunden Content - für umme.


    Wenn wir uns daneben die wichtigsten Entertainment-Marken anschauen, dann lassen die sich, mit der möglichen Ausnahme der Hasbro-Marken GI-Joe und "Dungeons & Dragons" bereits alle weitgehend eindeutig einem der größeren Streamingdienste zuordnen, und zwar in einer Weise, die eine konstante Entwicklung signalisiert. (HBO Max wird seinen Content kaum in solchen Ländern weiterlizensieren, in denen es sein Streaming auch anbietet. Disney wird seine Lizenzpolitik mit Sicherheit noch weiter zurückfahren, etc.)

    https://en.wikipedia.org/wiki/…grossing_media_franchises

    Die expansive (und entsprechend leicht voraussehbare) Phase des Marktes ist also wahrscheinlich beendet. Was jetzt kommt, kommt halt wahrscheinlich auf die technische Aufbereitung bzw. die Merkmale der jeweiligen Services an, sowie auf das Feedback durch die Nutzer/Kunden. "Game of Thrones" galt als Mega-Franchise lange als unbesiegbar; dann kam Staffel Acht. "Star Wars" war tot, bis Baby Yoda es wiederbelebte. ...Undsoweiter.

    ...Ich werde es also Einigen von Euch gleich tun, und einen Bogen um die Aktie machen, bis ich den Eindruck habe, die Hintergründe besser zu verstehen. Mittelfristig rechne ich persönlich aber damit, dass die Impulse nicht aus dem (Streaming-) Markt selbst kommen werden. Entweder, es gibt irgendwann eine neue "Elephantenhochzeit" á la "Disney kauft Fox", oder es kommen extrem günstige Endkundenangebote, die den Markt dann switchen. Auch da steht Netflix aber 2021 erstmal nicht parat, wenn man sich deren Gebührenpolitik so anschaut.

    Das Problem scheint halt zu sein: Seine jetzige Reichweite hat Netflix nicht durch das erwähnte, hochwertige "Premium TV" entwickelt, sondern, weil es massengefällige Angebote und Marken hat (-te), deren Alleinstellungsmerkmale in den Augen Publikums sehr hoch waren. Die Marktbelegung erfolgte zu einem Zeitpunkt, als es in der Sparte keine vergleichbaren Wettbewerber gab.


    Heute aber gehören die weltweit erfolgreichsten Entertainment-Franchises bis auf wenige Ausnahmen aber alle zu Unternehmen, die mittlerweile selbst eigene Streaming-Plattformen anbieten. Wie und wo da also noch Wachstumsmöglichkeiten für Netflix bestehen könnten, die vergleichbar mit den Margen des letzten Jahrzehnts wären, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht klar. Disney+ zeichnet sich wegen der Kinder-/Jugendfreundlichkeit der Inhalte langfristig als Marktführer ab.

    Ob Netflix langfristig mit Eigenmarken ("Sex Education", "Rake") gewissermaßen als ARTE der postmodernen Streamingdienste seine Sparte findet - und ob der Zugang zu solchen Inhalten dem Durchschnittsbürger dann ca. zehn Euronen im Monat (oder mehr) wert ist - wird davon abhängen, denke ich, wie sich die Konkurrenz entwickelt. Und mittelfristig haben alle drei Hauptkonkurrenten (Amazon, Disney+, und HBO MAX) das inhaltlich höherprofilige Angebot. Ich denke, das macht wahrscheinlich auch viel bei der Akquise von Neukunden aus: "Queen's Gambit" und "The Haunting of Hill House", schön und gut, aber bei Disney+ sind halt Jack Sparrow, Luke Skywalker, Captain America, und eben halt auch seit dem Fox-Merger Jack Bauer, Peter Griffin, und die Simpsons. Da ist eigentlich klar, was mehr ziehen sollte.

    ...Netflix zu shorten, vielleicht durchaus ganz reizvoll. (Ohne, dass ich mir das je im Detail angeguckt hätte.)

    Netflix profitiert von Singles und von medieninteressierten Tweenies und Threenies (das gibt's), vor allem über eigene Prestigemarken wie "The Witcher", "Altered Carbon", "The Last Kingdom" etc. und hat in der Vregangenheit über seine Serien natürlich auch noch den Marvel-Boost mitgenommen. Darüber (und über die behindertengerechte Hörfilm-Funktion) hinaus hat Netflix aber wenige klare Alleinstellungsmerkmale. Von gelegentliche Auftritten von Superstars (Tom Hanks, Kevin Costner, Chadwick Boseman) mal abgesehen hat man aber sonst keine Marktführer-Merkmale á la Amazon (mediales Gesamtpacket, Prestigemarken wie "The Expanse", "Lord of the Rings", etc.) oder Disney (mit Marvel, Star Wars, und der Klassiker-Videothek).

    Die große Frage ist, nach den Glücksgriffen der letzten Jahre, wie viele (Überraschungs-) Hits kann Netflix noch landen? - "The Witcher", die meistgesehene Serie der letzten Jahre, hat Potential für fünf oder sechs weitere Staffeln, bis die Bücher erschöpft sind, und auch "The Last Kingdom", "Lupin", oder das in der Zwischenzeit auf Eis gelegte "Mindhunter" hätten noch Potential, die Marke ein paar Jahre voraussehbar sicher zu vertreten. Daneben wird's aber durchaus ein offener Wettbewerb um die Gunst der Zuschauer:


    Dieses Jahr kommen als Prestige-"Mega"-Produktionen (soviel ich weiß) voraussichtlich die Comic-Verfilmungen "Sandman", "Cowboy Bebop" und "Masters of the Universe" - und vielleicht noch drei, vier weitere Eigenproduktionen, wie "Army of the Dead". Was davon echtes Hit-Potential haben wird, besonders im Vergleich zur Konkurrenz, darf aber bezweifelt werden: Amazon hat mit "The Lord of the Rings" und "The Wheel of Time" zwei relative Safe-Sales. Disney hat Marvel und die diversen "Star Wars" -Spinoffs. HBO hat "Game of Thrones", "DC Comics", und diverse weitere prestigeträchtige Eigenproduktionen wie "Perry Mason" oder "Westworld".

    ...Ob sich Netflix da besonders langfristig behaupten kann, würde ich sehr bezweifeln. Wenn die zweite Staffel "Witcher" nicht so gut wird, wie man es gerne hätte, läuten vielleicht schon die ersten Trauerglocken. Denn so nett die sonstigen Netflix-Eigenproduktionen sind: Wenn wir die Wahl haben, uns "Falcon & Winter Soldier" reinzudrehen, oder die neue Staffel von "Der junge Wallander", dann gewinnt halt meistens langfristig nicht das Ah-Brain-Fernsehen. Dass Netflix langfristig gegenüber Amazon und Disney ein Player bleibt, halte ich unwahrscheinlich - es sei denn, Netflix weitet sein Geschäft auch in andere Bereiche aus.


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    Nebenbei, i bims, der Coucy. Ich mag lange Spaziergänge am Strand und den Hardcore-Modus von "Call of Duty". Ein paar von Euch kennen mich vielleicht vom WPF. Mein Investmentziel: Ich will so reich werden, dass ich mir eine eigene Insel kaufen kann, wie Sancho Panza aus dem "Don Quijote". Bin auch garantiert kein Bot, mag keine Witze über Spanier, und dass ich mich hier ent-lurke hat gar nichts damit zu tun, dass im Moment alle Bars zu sind. In diesem Sinne, beep boop beep.