AZ beim Fondskauf

  • Hallo,
    folgender Artikel bezieht sich allerdings nur auf die kurzzeitige 1-2 Jahresperfomance bei Fonds und ist so gesehen nicht sehr differenziert. Allgemein rät er aber zu einer antizyklischen Denkweise, wenngeleich nicht sehr fundiert.


    Gruß
    bäs
    [hr]


    SPIEGEL ONLINE - 21. Januar 2002, 12:15
    http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,178200,00.html


    Aktienfonds

    Wie aus Siegern Verlierer werden


    Von Ulrich Stockheim


    Wenn den Bankberatern gar nichts mehr einfällt, was sie den Anlegern noch verkaufen können, greifen sie zu den Hitlisten der besten Fonds. Dann preisen
    sie die Papiere an, die im vergangenen Jahr die meisten Prozente gebracht haben. Motto: "Das geht so weiter." Anleger sind gut beraten, gerade diese
    Fonds nicht zu kaufen. Tun Sie das Gegenteil - kaufen Sie die Verlierer.


    Welch eine Brüller-Bilanz in diesem miesen Börsenjahr 2001: Fonds mit Goldminen-Aktien - plus 30 Prozent. 30 Prozent Rendite und mehr auch
    mit russischen Aktienfonds. Nastrowje! Ja, selbst eigentlich langweilige Anleihenfonds, die in amerikanische Staatspapiere investieren, brachten im
    Schnitt fast zwölf Prozent. Wer will denn da klagen? Neuer Markt mit 60 Prozent in den Miesen, Dax minus 20 Prozent, Europas Börsen 15
    Prozent unter Wasser: Wen, der die Super-Fonds 2001 besaß, interessiert das schon?


    Das Problem: So gut wie kein Privatanleger hat vergangenes Jahr auf Gold, Russland oder amerikanische Anleihen gesetzt. Alle Goldminenfonds
    zusammen, in die deutsche Anleger investieren können - und das sind immerhin zehn Stück - verwalten gerade einmal 342 Millionen Euro. Das ist
    ein Bruchteil dessen, was internationale Fonds-Flaggschiffe wie der Fidelity European Growth (6,1 Milliarden Euro), der DWS
    Vermögensbildungsfonds I (4,1 Milliarden Euro) oder der DekaFonds der Sparkassen (3,9 Milliarden Euro) verwalten. Und der beste
    Russland-Fonds, den die britische Foreign & Colonial verwaltet (plus 94 Prozent), kommt gerade mal auf schlappe 15 Millionen Euro an
    Anlagegeldern. So viel geben die Deutschen am Tag zwar nicht für Wodka, wohl aber für Bier aus.


    Aber wenn Sie noch keine Goldminen- oder Russland-Fonds haben, so suggeriert in diesen Tagen so mancher Anlageberater unwissenden Kunden,
    dann nehmen Sie doch jetzt einen. Damit der Kelch im wahrscheinlich erneut bescheidenen Anlagejahr 2002 nicht wieder an Ihnen vorübergeht.
    Fonds, die sich in derart schlechten Zeiten so gut geschlagen haben, sollten auch 2002 wieder besser sein, so das größte Verkaufsargument der
    Finanzhaie.


    Gewinner von gestern, Verlierer von morgen


    Spätestens bei dem Satz sollten Anleger das Beratungsgespräch beenden und unter Absingen schmutziger Lieder die Bank verlassen.
    Denn die Logik, die sich vielleicht auf die Hitlisten des deutschen Schlagers übertragen lässt, zieht bei den Fonds überhaupt nicht. Die
    Gewinner von gestern sind die Verlierer von morgen. Das ist erwiesen, wie eine Untersuchung der Vermögensverwaltungsgesellschaft
    Feri Trust zeigt.


    Beispiel: Von 92 Aktienfonds, die im Jahre 1999 an der deutschen Börse anlegten, stieg oder fiel jeder im Jahr darauf um
    durchschnittlich 31 Ränge. Der Plusfonds der Adig Investment etwa landete Ende 1999 auf Platz vier unter allen deutschen Aktienfonds,
    ein Jahr später auf Rang 90. Aufschluss liefert auch das extreme Börsenjahr 1993. Da standen Fonds mit bis zu 200 Prozent
    Wertzuwachs an der Spitze, die in asiatischen Aktien angelegt hatten. Die Manager der Tiger-Fonds, die besonders erfolgreich in
    indonesische Zement-Produzenten und thailändische Banken investiert hatten, waren die Titelhelden der Wirtschaftsmagazine.


    Fondsanbieter wie Fidelity oder Flemings schlugen für ihre Super-Performer kräftig auf die Werbetrommel. Wer Anfang 1994 einstieg in Asien, versemmelte anschließend
    richtig viel Geld. Und so ging es die nächsten Jahre munter weiter - bis 2001, als die Gewinner-Fonds 1999 und 2000, die in Aktien vom Neuen Markt oder in Internet-Werte
    investierten, brutal abschmierten.


    Gold und Bonds haben schlechte Chancen


    Meine Warnung: Wer jetzt auf Russland-Aktien, Goldminen-Fonds und US-Staatsanleihen setzt, spielt russisches Roulette. Vielleicht geht das Spiel mit dem
    Rendite-Revolver noch glimpflich aus bei Aktien aus Moskau oder St. Petersburg, wo vielleicht allein deshalb die Kurse noch ein wenig steigen könnten, weil einige große
    Fondsgesellschaften entweder über neue Fonds oder ihre Osteuropa-Produkte Geld investieren müssen.


    Gold aber hat schon seit Jahren seinen Glanz verloren und blitzte im vergangenen Jahr nur deshalb noch einmal auf, weil die Terror-Attacken so manchen an den Dritten
    Weltkrieg glauben ließen - und im Krieg ist Gold besser als Papier, sagen die Alten. Außerdem: Auch die dritte Rendite-Rakete, der US-Rentenfonds, wird 2002 wieder
    sinken, weil die Zinsen derart niedrig sind, dass es keine Kursgewinne bei Anleihen mehr geben wird. Im Gegenteil: Springt die Konjunktur wieder an, steigen tendenziell
    die Zinsen wieder - schlecht für diese Art von Fonds.


    Wenn Sie schon russisches Roulette spielen und voll auf Risiko gehen wollen, dann sollten Sie die Hitlisten 2001 einmal auf den Kopf stellen
    und nach den Verlierern gucken. Das sind all die Fonds, die auf Technologie, Internet und das gesetzt haben, was die Fondsbranche gerne
    als Telemedia bezeichnet. Da ging es teilweise bis zu 80 Prozent in den Keller. Telekommunikation, Internet, Mobilfunk - das hat Anleger
    2001 nicht interessiert. Aber dieses Jahr könnte das wieder anders aussehen, wenn sich Spreu von Weizen getrennt hat und die guten
    Unternehmen ihrer Branche wie Telefónica in der Telekommunikation, Cisco im Internet oder Nokia im Mobilfunk Morgenluft wittern.


    Besonders viele Verlierer-Fonds finden sich auch dort, wo ihre Manager in deutsche und europäische Nebenwerte investierten. Die so
    genannten Mid-Cap- und Small-Cap-Fonds rutschten im Schnitt um 38 Prozent, in der Spitze um bis zu 75 Prozent ins Minus. Auch hier
    können Mutige es wagen, genau in diese Fonds wieder einzusteigen, weil eine Reihe von Aktien, die nicht so sehr im Fokus der
    Öffentlichkeit stehen, nun völlig unterbewertet sind. Gerade die stillen Stars aus der zweiten Reihe - und das sind speziell die Mid-Caps -
    versprechen 2002 eine bessere Performance.


    Aber Vorsicht: Während die Aussichten attraktiv sind, mit den Verliererfonds 2001 in diesem Jahr viel Geld zu verdienen, bleibt das Risiko
    hoch. Wie beim russischen Roulette eben. Am Ende lautet darum der ernsthafte Rat, eher in die Mitte der Hitlisten zu schauen. Dort stehen
    die Flaggschiffe, die sich seit Jahren, teils Jahrzehnten behaupten. Und die in Märkten anlegen, die auch in schlimmen Jahren wie 2001 noch
    halbwegs solide dastehen. Fonds, die weltweit, in den USA oder in Europa investieren, gehören in jedem Jahr in ein solides Depot. Wenn Ihr
    Berater schon nicht von allein auf die Klassiker kommt, dann fragen Sie ihn danach.