Wir hatten es im Lage-Treat.
Ich wollte Winter/Joe ein Tool an die Hand geben mit dem manche Unternehmen zu entschlüssel sind - die unter normaler "Mechanik" als völlig irre gepreist sind.
Es geht um Customer Lifetime Value - Denke die gerade bei SaaS oder Venture-Capital im Moment en vouge ist.
Gehen wir von einem theoretischen Beispiel aus:
Man hat eine Software-Firma mit einem Kunden. Der Code wurde bereits geschrieben und es gibt einen Mitarbeiter der sich um alles kümmert.
Der Kunde ist die Regierung und überweist im Jahr 100 Euro (+ Inflationsausgleich) und hat sich für 10 Jahre verpflichtet die Software zu nutzen.
Der eine Mitarbeiter der das verwaltet kostet auch 100 Euro (+ Inflationsausgleich).
Nach konventioneller Mechanik ist die Firma 0 wert. (= kein Gewinn, Umsatz ~100 jedes Jahr)
Was passiert nun, wenn die Firma einen zweiten Kunden mit gleichen Konditionen gewinnt?
Das Verdoppeln der Software kostet 0!
Der Nettobarwert dieses einen Kunden (ohne Steuern) ist damit 1000 Euro. (10 Jahre / Inflationsausgleich / AAA-Rating)
Was passiert, wenn das Gewinnen Kunde im ersten Jahr 200 direkter Marketingaufwand (bspw. Provision an Zuweiser) kostet?
Dann ist der Gewinn im ersten Jahr -100 (100 Gewinn minus 200 Euro Werbungskosten) und in den folgenden Jahren jeweils 100 Euro.
Mechanik würde sagen: bah - macht ja keinen Gewinn...
und im Jahr 9 würde die Mechnik sagen: "oh schön: 100 Euro Gewinn - obwohl der Kunde nur noch 1 Jahr dabei ist".
Durchgerechnet würde die Wertsteigerung aber +800 Euro pro neu gewonnenen Kunde sein.
Unternehmerisch gedacht, würde jeder zustimmen: vollständig egal wie viel Verlust Du in Jahr 1 zeigst (solange es AAA-Kunden sind) ... IMMER RAN DAMIT! Wir kriegen das schon irgendwie finanziert?!
Das ist das Schema was aktuell bei SaaS Firmen passiert.
Ja - auch da ist im Detail viel Schindluder dabei - aber "vollständig irrational" ist es nicht.
Wenn man sich die P&Ls anschaut, dann sind große Kostenpositionen oft direkt zurechenbare Marketingaufwendungen.
Vor Marketing sind viele Firmen extrem profitabel.
Viele Firmen geben einem alle Daten die man braucht um den genauen Kundenwert zu berechnen.
Und bei vielen Firmen macht es dann allen Sinn der Welt, dass sie (kurzfristig) in Kundenakquisition investieren.
Die genaue Berechnung ist "eigentlich" simpel. Der Teufel liegt nur - wie so oft im Detail.
Der Wert wird beeinflusst durch
1) Gross Profit / Kunde
2) die Lebensdauer die der Kunde dabei bleibt
3) die Diskontrate die man anwendet (ist das wirklich "sicher" oder sind die Kunden "schnell weg")
Wenn in der "Welt" die Umsätze pro Kunde pro Jahr schnell wachsen, die Kunden länger und länger bleiben und die Zinsen allgemein sinken, dann ist das ein riesiger Hebel für den Lebenswert.
Problem ist, dass man von außen nur anhand von Umsatz / Gewinn nicht auf die Qualität der Kundenkohorten (und damit den Wert) schließen kann.
Damit ist das KUV/KGV etc. für diese Art von Unternehmen vollständig unbrauchbar.
Hoffe das stößt eine Diskussion an