Geldmengenwachstum M3

  • etwas hintergrundwissen, für alle die sich damit bisher noch nicht so auseinandergesetzt haben:


    05.09.2001


    D I E   G O L D M A N - S A C H S - K O L U M N E


    Die Kunst, M3 zu verstehen

    Trotz des gegenwärtigen Geldmengenwachstums hat sich die Europäische Zentralbank für eine Zinssenkung entschieden. Das war richtig so. Ein Inflationsschub ist nicht zu erwarten, meint Thomas Mayer, Europa-Volkswirt bei Goldman Sachs.


    Die jüngste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) ist von einigen Volkswirten kritisiert worden, weil sie trotz relativ starken Geldmengenwachstums erfolgte. Doch der Eindruck trügt. Bei näherer Betrachtung erscheint die Geldmengenentwicklung nicht so bedrohlich für die Inflationsaussichten. Die Entscheidung der EZB war deshalb richtig.


    Warum die Entwicklung der Geldmenge wichtig ist


     
     
    Thomas Mayer ist Co-Director of European Economic Research bei Goldman Sachs in Frankfurt

    Für die Entscheidungen über die Geldpolitik ziehen die Zentralbanken verschiedene Indikatoren zu Rate, um die weitere Entwicklung der Wirtschaft richtig zu beurteilen. Einer dieser Indikatoren ist das Geldmengenwachstum. Seit Anfang der achtziger Jahre scheint jedoch der Zusammenhang zwischen Geldmengenwachstum und Inflationsrate in einigen Ländern nachgelassen zu haben. Aus diesem Grund haben mehrere Zentralbanken das Gewicht der Geldmenge in ihren geldpolitischen Strategien verringert oder sie ganz fallen lassen. Eine Ausnahme machte die Deutsche Bundesbank, die ihre Geldpolitik weiterhin stark am Geldmengenwachstum ausrichtete. Sie begründete dieses Verhalten damit, dass die Geldnachfrage in Deutschland nach wie vor einen stabilen Zusammenhang zwischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) und Zinsen aufwies. Daher beeinflusste eine Abweichung des Geldmengenwachstums von der theoretischen Geldnachfrage die zukünftige Inflationsrate und machte in der Sicht der Bundesbank eine Änderung der Geldpolitik notwendig.


    Im Vorlauf zur Europäischen Währungsunion haben verschiedene Volkswirte die Existenz und Stabilität einer europäischen Geldnachfragefunktion untersucht. Die meisten Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass eine solche Geldnachfragefunktion nicht nur existiert, sondern dass sie außerdem zuverlässiger und stabiler ist als das Pendant für Deutschland. Eine mögliche Erklärung hierfür ist die Substituierbarkeit der europäischen Währungen untereinander, die zu Schwankungen der nationalen Währungen durch Substitution mit anderen Währungen führt. In einer europaweiten Geldnachfragefunktion werden diese Schwankungen ausgeglichen.


    Die Erfahrungen der Deutschen Bundesbank und die Ergebnisse der Untersuchungen - die von Analysen der EZB selbst bestätigt wurden - veranlassten die Europabank dazu, dem Geldmengenwachstum in ihrer Geldpolitik eine tragende Rolle zukommen zu lassen. Um jedoch die Unsicherheiten der Euro-Einführung zu würdigen und eine Lockerung des Zusammenhangs zwischen Geldmengenwachstum und Inflation zu ermöglichen, hat die EZB sich kein Geldmengenziel gesetzt. Statt dessen analysiert sie die Geldmengenentwicklung relativ zu einem Referenzwert, der mit dem Inflationsziel von weniger als zwei Prozent konsistent ist.


    Die Entscheidung für einen Referenzwert im Gegensatz zu einem Geldmengenziel ist aus zwei Gründen wichtig: Erstens sollte eine Abweichung des Geldmengenwachstums von einem Referenzwert nicht immer sofort eine geldpolitische Reaktion hervorrufen. Eine genaue Analyse der Gründe für die Abweichung ist in jedem Einzelfall notwendig. Geldpolitische Maßnahmen sind nur bei einer Abweichung durch ein Überangebot an Geld angebracht. Zweitens ist der Zusammenhang des Geldmengenwachstums mit einem Referenzwert lockerer als der mit einem Geldmengenziel. Abweichungen von einem Referenzwert können größer sein und länger anhalten als Abweichungen von einem Geldmengenziel, bevor ein geldpolitischer Eingriff notwendi

  • Hallo upwind,


    sehr interessanter Artikel, besten Dank!


    Ich hab jetzt aber mal eine technische Frage - vielleicht kann mir ja hier im Forum einer weiterhelfen.


    Ich verstehe nicht, wieso bei zunehmender Volatilitaet die M3 steigen muss. Weil Geld auf dem Verrechnungskonto geparkt ist (was in M3 eingeht) und nicht mehr in Aktien investiert ist? Aber wenn ich meine Aktie verkaufe und dafuer Cash bekomme, dann gibt es aber doch auch irgendwo einen zugehoerigen Kaeufer, der mit Cash fuer die Aktie bezahlt. Wie kann das die Geldmenge beeinflussen? Ausser natuerlich, dass der Kaeufer im Ausland sitzt (dann geht die Transaktion aber in die Zahlungsbilanz ein) oder dass die Aktie aus buchungstechnischen Gruenden einen Tag lang niemandem gehoert und dafuer das Geld unterwegs ist (wie wenn ich einen Wechsel schreibe, den jemand anderes sofort einloest und gutgeschrieben bekommt, bevor er mir belastet wird. Dafuer muss ich aber dann auch Zinsen zahlen, weil ich mir effektiv Geld bei der Zentralbank geborgt habe).
    Also mir ist nicht klar, wie wegen der Volatilitaet die M3 steigen kann.


    Aber wenn das so ist (bitte erklaert mir wieso), dann sehe ich folgendes Problem: Wenn jetzt ganz viele Anleger ihre Aktien verkaufen und das Geld auf dem Verrechnungs- oder Tagesgeldkonto stehenlassen und sich deswegen die M3 erhoeht, dann gibt es doch ein Problem bei fallenden Kursen. Ich koennte eine Aktie, die ich anfangs verkauft habe, nach einiger Zeit billiger zurueckkaufen. Am Ende habe ich die gleiche Anzahl Aktien, aber noch Cash uebrig.


    Wieso gibt es dann bei fallenden Kursen nicht die Gefahr, dass die Geldmenge steigt? Wenn das so waere, dann droht wirklich Ungemach, weil dann dem Kursverfall noch eine Teuerungswelle folgen koennte.


    Aber wie gesagt, ich verstehe schon den ersten Punkt nicht.


    Danke fuer Eure Tips


    Balkenchart