Da ich von Patriot Scientific (899459) langfristig überzeugt bin und sicherlich noch einiges zu diesem Wert mit einzigartiger Story schreiben werde, lohnt sich ein eigener Thread dazu. Ältere Postings hierzu finden sich in den Anmerkungen zu meinem Userdepot. Außerdem gibt es bei Wallstreet Online einen mittlerweile mehr als umfangreichen Thread, der alle noch offenen Fragen beantworten dürfte.
Ich muss voranschicken, dass ich beruflich deutlich vorbelastet bin. Als Leiter der Patentabteilung unserer kleinen Firma (Na ja, eigentlich BIN ich die Patentabteilung) bilde ich mir ein, in Hinblick auf gewerblichen Rechtsschutz und geistiges Eigentum einigermaßen fundierte Einschätzungen abgeben zu können. Zwar kenne ich mich besser in der Biotechnologie- als in der Chipbranche aus, aber die fundamentalen Patentierungsvoraussetzungen sind im Grunde genommen dieselben.
Hier also in aller Kürze eine Zusammenfassung der Faktenlage zu Patriot Scientific:
Die in den 80er Jahren gegründete Patriot Scientific (PTSC) ist eine winzige amerikanische Computerfirma (6 Angestellte!), die unter anderem mit Fördermitteln des US-Verteidigungsministeriums mehr oder weniger erfolglos Spezialprozessoren entwickelte. Zu den Produkten gehörte der Stack-Prozessor PSC1000, der in den späten 90er-Jahren auch als sparsamer Java-Prozessor angeboten wurde. Aktuell hat PTSC noch die 32-Bit-Stack-Chips Ignite 2FX und Inflame im Angebot. Die Haupteinnahmequelle für Patriot sind jedoch mittlerweile Lizenzeinahmen aufgrund von Basispatenten über elementare Prozessortechnologien.
Vor allem die drei US-Patente 5,809,336, 6,598,148 und 5,784,584 und ihre europäischen und japanischen Äquivalente sind nach Ansicht der Fachwelt von "elementarer Bedeutung für beinahe alle Mikroprozessor-Designs". Jeder Prozessor der heute auf dem Markt ist und über eine höhere Taktrate als 120MHz verfügt, nutzt die darin patentierte variable clock-speed technology , die erst Taktraten über 120MHz ermöglicht. In allen modernen Notebooks, PCs, DVD Playern und elektronischen Geräten laufen Prozessoren mit Taktraten über 120MHz. Der bekannten Anwalt Roger L. Cook resümierte treffend, die Patente von PTSC seien "der Traum jedes Patentanwalts". Ein weiteres Zitat stammt vom PTSC CEO David Pohl selbst: Virtually every electronic product that a consumer or business comes into contact with is touched by this portfolio. The...fundamental patents in our Patent Portfolio cover techniques widely used in designing microprocessors, Digital Signal Processors (DSPs), embedded processors and system-on-chip solutions. Weitere Beispiele für patentverletzende Produkte sind unter anderem Handys, Mikrowellen, Grafikkarten, Soundprozessoren, Playstations und vieles mehr.
Patriot Scientific und der Lizenzmakler TPL hatten letztes Jahr einen langjährigen Streit um diese Patente beigelegt. PTSC hatte nach eigener Ansicht die alleinigen Rechte am Patent 5,809,336 (Ringoszillator) weil man die Rechte des Miterfinders Russell H. Fish III (über Umwege, etwa über die Firma Nanotronics) erworben habe. TPL dagegen Zugriff auf die Patente über den Forth-Erfinder Chuck Moore. PTSC hatte Nutzungsrechte an AMD auslizensiert, TPL dagegen an Intel. Mittlerweile haben die beiden Firmen ihren Streit beigelegt und formal ein gemeinsames Patent-Portfolio gebildet, dessen exklusive Vermarktung die TPL Group (bzw. ein neugegründetes Teilunternehmen namens P-Newco) übernimmt.
Die Firma TPL (Technology Properties Limited, Domain ohne Inhalt) mit Sitz im kalifornischen Cupertino gehört Daniel E. und D. Mac Leckrone, wohl Vater und Sohn. Beide sind spezialisierte Anwälte. Mac Leckrone war oder ist bei Dolby International und betreibt die Firma Alliacense (www.alliacense.com) als Lizenzmakler.
Mittlerweile sind zu den ursprünglichen Lizenznehmern AMD und Intel noch Hewlett Packard, Fujitsu und Casio hinzugekommen. Über die absolute Höhe der Lizenzeinnahmen ist noch nicht viel bekannt, es wird jedoch vermutet, dass außer einem einmaligen Upfront-Payment auch wiederkehrende Lizenzahlungen pro Produktverkauf (Royalties) vereinbart wurden, wodurch regelmässige und dauerhafte Geldzuflüsse für PTSC gesichert wären. Genaue Angaben zum aktuellen KGV und anderen Finanzkennzahlen der Firma sind jedoch nicht möglich.
Nach Ansicht von PTSC verletzen über 200 Firmen die Patentrechte. Patriot bzw TPL haben darum beispielhaft eine Gruppe von ehemals 5 japanischen Unternehmen (Fujitsu, NEC, Sony, Panasonic, Toshiba) auf Schadenersatz verklagt. Von diesen hat mittlerweile Fujitsu klein beigegeben und sich zu Lizenzzahlungen verpflichtet. Sony ist aus unbekannten Gründen nicht mehr unter den verklagten Firmen; Gerüchte über einen bevorstehenden Lizenzvertrag zwischen Sony und PTSC halten sich deshalb hartnäckig. Die verbleibenden NEC, Toshiba und Panasonic haben insofern relativ schlechte Karten, als dass der Verletzungsprozess in Texas geführt werden wird und die texanischen Gerichte in der Regel schnell urteilen und ausländische Firmen benachteiligen.
Eine weitere wichtige Aussage von PTSC ist, dass man mittlerweile mit Dutzenden von Firmen in aktive Lizenzverhandlungen eingetreten sei. Somit kann mit etlichen Abschlüssen in näherer Zukunft gerechnet werden. Ein deutlich positiver Einfluss auf den Aktienkurs ist nahe liegend.
Negativ ist anzumerken, dass Patriot an der amerikanischen Gaunerbörse OTC gelistet ist, an der Kursmanipulationen durch Marketmaker an der Tagesordnung sind. Bei weiter ansteigendem Kurs ist jedoch ein Wechsel an die NASDAQ vorstellbar. Als eines von ganz wenigen Unternehmen an der OTC zahlt PTSC mittlerweile eine Dividende von 6 Cent pro Aktie, was einer Dividendenrendite von ungefähr 4% entspricht.
Soweit zu den Fundamentals. Patriot steht in Deutschland zur Zeit bei 1,30 Euro, auf Jahresfrist erhoffe ich mir Kurse um die 3 Euro. Meiner Meinung nach sind auch höhere Kurse im Rahmen des Möglichen. Hoffentlich wird was draus.
Der Chart: