Hintergründe zu Buybacks

  • Da die Dividendendiskussion aktuell wieder aufkam:


    Da stand ich letztes Jahr im März während des Höhepunktes des Corona-Crashes auf dem Schlauch oder hab die Argumente überlesen, wobei die andere Fraktion sogar noch teils (Rechen-)Fehler eingebaut hat (zu Lasten ihres Punktes). Ihr hattet das in meiner Abwesenheit (wohl nur u.a.) hier ebenfalls schon diskutiert. Tatsächlich ist für den Anleger der Aktienrückkauf gegenüber der Dividende stets gleich (vor Steuern und Handelsgebühren), wenn es so gehandhabt wird, daß am Tag nach der HV statt Dividende zu zahlen Aktien zurückgekauft werden, und der Anleger am gleichen Tag für die gleiche Summe, die er sonst als Dividende bekommen hätte, Aktien verkauft. In der Praxis schlagen wie gesagt die Handelsgebühren zu + evtl. Spread.


    Aktienverkäufe sind zwar in D mitnichten steuerfrei, aber die steuerliche Bemessungsgrundlage ist stets niedriger als die Verkaufssumme, es sei denn, man hätte die Aktien geschenkt bekommen, und wenn man sie mit Verlust verkauft, hat man sogar noch den steuerlichen Verlust(vortrag). Da i.d.R. der Steuervorteil die gesamten Transaktionskosten übersteigt, ist man mit Aktienrückkäufen besser dran. So weit Zustimmung.


    Eines stimmt aber nach wie vor nicht, für sich betrachtet so allgemein:


    Und eine Firma sollte sich auch nicht nach den finanziellen Zielen Ihrer Anleger richten sondern nach den Chancen/Risiken und Cash-Bedürfnissen des eigenen Geschäfts.


    Also wenn es nicht um Aktienrückkäufe vs. Dividenden geht, sondern um Ausschütten oder nicht, dann gilt das so nicht. Denn es ist ein Unterschied, ob die Anleger langfristig orientiert sind und nur daran interessiert, wo die Firma in +/-20 Jahren steht, oder aber ob sie währenddessen davon leben wollen. Wenn ins eigene Geschäft reinvestiert wird, mag das zwar steuerlich günstiger sein und ggf. auch sonst langfristig vorteilhaft (sofern es denn richtig gemacht wird - manche Firmen schütten nicht alles aus, der Gewinn wächst aber trotzdem nicht), aber wenn zu zwischenzeitlich niedrigen Kursen verkauft werden muß, schlägt der umgekehrte cost-average-Effekt durch. Mit Dividenden ist man vom Kurs unabhängig (und damit auch vom sequence-of-returns-risk). Was "eine Firma" (also das Management) machen soll, weiß ich nicht, aber ich weiß, welche Art von Aktien ich bevorzuge - und das ist kein irrationaler Bias. Ich nehme an, das ist evident?

    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

  • aber wenn zu zwischenzeitlich niedrigen Kursen verkauft werden muß, schlägt der umgekehrte cost-average-Effekt durch.

    cost average kürzt sich raus.

    cost average gilt für dich als Aktionär UND gilt für die rückkaufende Firma



    Beispiel

    Man habe zwei wirtschaftlich gleiche Firmen.

    Beide machen stets Gewinn, beide schütten den kompletten Gewinn an ihre Aktionäre aus.

    Die eine via Dividende, die andere via Rückkäufe.

    D.h. die Marktkapitalisierung bleibt bei beiden Firmen gleich (theoretisch jederzeit, praktisch unter Schwankungen langfristig auch).

    Bei der ersten bleibt auch der Kurs der Aktien gleich, da Gewinne ausgezahlt.

    Bei der zweiten sinkt die Aktienanzahl und der Kurs steigt entsprechend.


    Der Aktionär benötigt jährlich einen Bezug aus seinen Aktien.

    Im Dividendenfall nimmt er die Bruttodividende und versteuert sie.


    Im Rückkauffall verkauft er anteilig Aktien in Höhe der Bruttodividene (=Rückkäufe) und versteuert sie. Dabei ist sein Verkaufskurs der Rückkaufkurs der Firma. Er versteuert aber NUR den Kursgewinn (Verkaufkurs minus Einkaufkurs minus Kosten)

    D.h. er verkauft bei gleichem Nettoergebnis weniger Aktien, als die Firma zurückkauft.

    irgendwann in ferner Zukunft verkaufen beide alle ihre Aktien.

    Der Dividendenaktionär zahlt keine weiteren Steuern mangels Kursgewinn.

    Der Rückkaufaktionär zahlt wieder Steuern auf den Kursgewinn. .


    In Summe profitiert der Rückkaufaktionär davon, dass die Firma länger mit seinen Steuern arbeiten kann.

  • Das ist richtig, und genau das hatte ich doch oben geschrieben (drücke ich mich so unverständlich aus?), wobei Du zusätzlich noch die nur aufgeschobene Steuerzahlung in der Zukunft berücksichtigt hast, falls man denn irgendwann verkauft (die im Falle der Aktienrückkäufe höher ausfällt).


    Da sind wir uns einig. Nochmals: Ich rede nicht von Aktienrückkäufen, sondern von Firmen, die weder Dividende ausschütten, noch Aktienrückkäufe tätigen. Da kürzt sich nichts raus.

    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

  • Firmen, die weder Dividende ausschütten, noch Aktienrückkäufe tätigen. Da kürzt sich nichts raus.

    ah, jetzt. Sorry.


    Hm, bist du sicher?

    Denn es steht der akkumulierenden Firma ja stets frei, worin sie die akkumulierten Mittel investiert. Und sei es eben doch in eigene Aktien.

    Womit sich der cost averaging Effekt eben doch wieder rauskürzen würde.

  • ah, jetzt. Sorry.


    Hm, bist du sicher?

    Denn es steht der akkumulierenden Firma ja stets frei, worin sie die akkumulierten Mittel investiert. Und sei es eben doch in eigene Aktien.

    Womit sich der cost averaging Effekt eben doch wieder rauskürzen würde.


    chfin : Ich stand wie gesagt selbst bei diesem Thema mal auf dem Schlauch und hatte die Argumente der Gegenseite ignoriert. Bist Du sicher, daß Du meinen Beitrag gelesen hast? "Ich rede [...] von Firmen, die weder Dividende ausschütten, noch Aktienrückkäufe tätigen."

    Eine Firma, die eigene Aktien kauft, gehört nicht zu den Firmen, die keine Aktienrückkäufe tätigen. (Ist jetzt wieder doppelte Verneinung, ich weiß ;))


    Zum Thema: Gerade bei ausländischen Quellensteuern auf Dividenden spielt das eine Rolle. Auf die Kursgewinne muß ich nur die deutsche Abgeltungssteuer zahlen, ohne mich auf Vorabbefreiung oder Rückerstattung kümmern zu müssen.

    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

  • Zitat von winter

    (drücke ich mich so unverständlich aus?)

    Nein, eigentlich kann man das nicht wirklich sagen bzw wirlich kann man eigentlich nicht ja sagen.

    Aber wenn es wer verstehen will wird es es verstehen, es sei denn er will es nicht verstehen, dann nicht.


    Spass beiseite: nein, alles im gruenen Bereich. Ich lese Deine Beitraege gere und kann sie verstehen, es sei den die Materie an sich ist kompliziert, aber das hat dann nichts mit Deine Formulierung zu tun, sondern liegt in der Natur der diskutierten Sache.

    Und sind es letztlich nicht die komplizierteren Sachverhalte die besonders von Interesse sind?



    Zitat von winter


    Eine Firma, die eigene Aktien kauft, gehört nicht zu den Firmen, die keine Aktienrückkäufe tätigen.

    Das gilt uebrigens auch umgekehrt: eine Firma, die keine Aktienrueckkaeufe taetigt, gehoert nicht zu den Firmen, die eigene Aktien kaufen.


    Oder doch? :/

    “It’s the little things that matter. It’s one thing to tell someone they look like the first day of spring. It’s another thing to tell them they look like the last day of a long, hard winter.” - Zig Ziglar

  • Eine Firma, die eigene Aktien kauft, gehört nicht zu den Firmen, die keine Aktienrückkäufe tätigen

    jein.


    Ich gehe davon aus, dass eine Firma das Geld optimal anlegen sollte/möchte etc.

    d.h., wenn sie keinen Rückkauf macht, dann legt sie das Geld noch besser an, als beim Rückkauf.

    Und damit sind wir wieder bei "kürzt sich raus".


    Ok, Schluss von meiner Seite.

  • Kein Grund, sich auszuklinken - die alte Diskussion "Aktienrückkäufe vs. Dividenden" ist ja soweit einvernehmlich gelöst. Jetzt geht es um was anderes.


    Vorweg, damit Du Dich nicht ausklinkst: Matzes Haltung, daß eine Firma das Geld (die Cashflows) immer dort anlegen sollte, wo es am gewinnträchtigsten ist, ist durchaus auch einleuchtend. D.h. erst, wenn es keine rentableren Investitionsmöglichkeiten mehr gibt, sollten sie an Ausschüttungen denken. Eine feste Ausschüttungspolitik steht dem entgegen (für die es aber auch subjektive Gründe gibt, wie ich bereits erläutert habe!). Wobei es noch eine andere Sache ist, ob die Investitionen immer rentabel sind, siehe z.B. Bayer und viele andere. Es dürfte sogar oft eher prozyklisch investiert werden.


    In dem Fall kürzt sich aber nichts raus, weil die Investitionen und die Gewinnentwicklung nicht das gleiche sind wie die Kursentwicklung. Der Kurs setzt sich zusammen aus Gewinnen und deren Bewertung. Die Investitionen können sich langfristig rentieren und die Gewinne in der Folge steigen lassen, und trotzdem kann der Kurs sich zwischenzeitlich halbieren. Das aber ist der Punkt für den umgekehrten cost-average-Effekt. Ich kann nicht von den Gewinnen leben und noch weniger von denen der Zukunft, sondern nur von laufenden Dividenden oder vom aktuellen Kurs (durch Aktienverkäufe). Nochmals anders formuliert: Langfristig mag sich der Kurs an der Gewinnentwicklung orientieren, ja. Aber bis dahin bist Du unter Umständen pleite. Wenn das nicht klar ist, daß dieser mittelfristige Effekt den langfristigen überwiegen kann, dann kann ich gerne eine Excel-Tabelle anhängen.

    Reales Beispiel: Amazon hat glaube ich nie Dividende ausgeschüttet und eventuelle Cashflows superb zur Finanzierung des eigenen Wachstums eingesetzt (weiß nicht, ob sie die schon hatten oder extern finanziert). Wenn Du aber nach der Jahrtausendwende Aktien hättest verkaufen müssen, wärst Du möglicherweise bei Null aufgeschlagen, bevor Du von der anschließenden Erholung etwas hättest haben können.

    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

  • In dem Fall kürzt sich aber nichts raus, weil die Investitionen und die Gewinnentwicklung nicht das gleiche sind wie die Kursentwicklung.

    korrekt - Unterschied zw. Theorie und Praxis.


    Dann hilft es dir halt nur, Aktien zu kaufen, die entweder Dividenden zahlen oder Rückkäufe machen oder beides.

    Also Finger weg von Growth.


    Oder du pufferst dieses Risiko anderweitig im Sinne Diversifikation. Z.B. Cash / Gold / Immo / Anleihen ...

  • Ich kann nicht von den Gewinnen leben und noch weniger von denen der Zukunft, sondern nur von laufenden Dividenden

    ich gebe dir Recht: man muss seine aktuelle Situation berücksichtigen und sich selbst überlegen,was man braucht/will. Wenn ich jetzt (regelmäßig) Cash für den Konsum brauche, ist mir eine möglichst stabile Dividende lieber als volatile Kurssteigerung. Wenn ich aber erst in der (fernen) Zukunft Geld brauche und dabei idealerweise auch noch flexibel bin und eine Baisse aussitzen kann und heute durch andere Einkommen mehr als genug Cash verdiene, dann brauche ich heute nicht unbedingt eine Dividende. Bei den Negativzinsen stört zuviel Cash sogar. Dann ist es mir lieber, ich habe eine Firma, die ihren Gewinn sinnvoll in zukünfitige Gewinnsteigerungen steckt.

    Wie gesagt: ich bin nicht gegen eine Dividende und kann mir sehr gut vorstellen, dass ich als Rentner verstärkt auf Aktien mit 3-4% Dividendenrendite umschwenke, um den Cashflow zu erhöhen. Aber so weit bin ich noch nicht.

  • Ich vermute es ist schwerer >20 Jahre an einer Aktie fest zu halten, wenn keine Dividende fließt, denn ab einen gewissen Buchwertverlust ziehen die meisten die Reißleine.

    »In meinem Alter begreife ich, dass Zeit mein kostbarster Besitz ist.«
    »Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen muss wie andere Menschen.«
    »Eine Aktie zu verkaufen die fällt, ist in etwa so, als ob man ein Haus für 100.000 Dollar kauft und es verkauft, sobald jemand 80.000 Dollar dafür bietet.«
    Buffett