Owner Earnings, Free Cash Flow, Comprehensive Income

  • Ich würde hier gerne versuchen mehr über die Mechaniken hinter den Owner Earnings anhand von richtigen Beispielen lernen.

    Ich denke das Thema könnte vor allem bei Kapitalleichten, stark wachsenden SaaS-Firmen erhebliche Anpassungen bringen.


    Anfangen will ich mit Amazon, da es ein interessanterFall ist und hier schon öfter drüber gesprochen wurde. Vielleicht nicht die beste wahl da sicher recht kompliziert.

    Ich bin kein Profi, möchte mir aber das Thema gerne erschließen - für jede Hilfe bin ich dankbar! Vor allem wenn irgendwas von mir falsch gedacht ist, bitte sagen.



    Als Basis: Der Annual Report 2019

    https://s2.q4cdn.com/299287126…ar/2019-Annual-Report.pdf


    Seite 18:

    Amazon_AR19_S18.PNG



    Seite 25:

    Amazon_AR19_S25.PNG


    Man sieht auf jeden Fall schon mal einen unterschied zwischen 38Mrd "net cash provided" und 14,5Mrd "operating income".

    Kann man die 38Mrd. als Owner Earnings sehen? Woher kommt der Unterschied zu den 14,5Mrd.

    The invention of the automobile, for example, not only created a large, new sector of the economy but led to people moving out of cities into the suburbs and enabled big box retail, amongst many other things. In other words, it changed the overall economy, not just transportation. Is it so different to the Internet? - Rob Vinall

  • Seite 30:

    Amazon_AR19_S30.PNG



    Kann man das Cash "used in" investing activities" als Investitionen in die Zuktunft ansehen, oder ist dies Capex. Oder gemsicht.

    The invention of the automobile, for example, not only created a large, new sector of the economy but led to people moving out of cities into the suburbs and enabled big box retail, amongst many other things. In other words, it changed the overall economy, not just transportation. Is it so different to the Internet? - Rob Vinall

  • Der größte Unterschied dürfte CAPEX sein.


    Beim Operating income werden noch die Abschreibungen abgezogen was ein Proxy für die Capex ist. Investitionen die über die Abschreibungen hinausgehen kann man näherungsweise als Wachstumsinvestitionen sehen.

  • Seite 37:

    Amazon_AR19_S37.PNG


    Ist "depreciation and amortization" der Knackpunkt? Sind hier Anpassungen zu machen? Ich denke sowohl die Lager- und L

    Logistikhallen, als auch die Flugzeuge, Software und Filmrechte sind reale-wiederkehrende Kosten u. sollten abgeschrieben werden.

    Ich denke z.B. "customer acquisition cost" sind etwas was man stoppen könnte wenn man nicht weiter wachsen will.


    Wo genau würde man die Anpassung von Reportet Net Cash providet zu Owner Earning machen? Was kann man draufrechnen, was runter?

    The invention of the automobile, for example, not only created a large, new sector of the economy but led to people moving out of cities into the suburbs and enabled big box retail, amongst many other things. In other words, it changed the overall economy, not just transportation. Is it so different to the Internet? - Rob Vinall

  • Der größte Unterschied dürfte CAPEX sein.


    Beim Operating income werden noch die Abschreibungen abgezogen was ein Proxy für die Capex ist. Investitionen die über die Abschreibungen hinausgehen kann man näherungsweise als Wachstumsinvestitionen sehen.

    Danke für die Rückmeldung!

    Wie würdes du/man an die Sache rangehen? Gibt es da Bilanzpositionen die du einfach wegrechnest oder ist die Sache schwieriger?

    Ist eine "Pi mal Daumen Formel" wie 50% der depreciation and amortization sind Capex, 50% sind Wachstumsinvestitionen sinnvoll?


    Würdest du eigene Annahmen treffen auf Basis von externen Informationen (Zeitungsartikel wie Amazon hat nun 200 Flugzeuge oÄ., Die Lagerhalle ist 10 Jahre alt und schon total veraltet).


    Und wie behandel ich die Leases? Tatsächliche Kosten/Schulden...

    The invention of the automobile, for example, not only created a large, new sector of the economy but led to people moving out of cities into the suburbs and enabled big box retail, amongst many other things. In other words, it changed the overall economy, not just transportation. Is it so different to the Internet? - Rob Vinall

  • Boa Amazon ist schwierig - da 25 Geschäfte in einem und gleichzeitig schlechtes Disclosure.


    Punkte die spannend sind:

    1) Retail Nordamerika ist reifer und profitabler als international (also wahrscheinlich näher an der Steady State Marge) (+4% EBIT vs. -2% International)

    2) AWS macht eine 25% Marge obwohl es so krass wächst.

    3) R&D Expenses in der P&L sind 37 Mrd. USD oder 12,5% vom Umsatz. Ein Teil davon wird im "steady state" nicht mehr da sein.

    4) Das Geschäft ist negativ im Working Capital -> Sprich der Kunde finanziert das Wachstum. Wenn man wächst ist das gut - wenn man schrumpft macht man den "Schlecker". Würde diesen Effekt quantifizieren - weil das Delta kein echter Cashflow ist der strukturell kommt - sondern Einmaleffekt.

    Value investing is at its core the marriage of a contrarian streak and a calculator - Seth Klarman

  • Hey donale ,

    da bist du mir zuvor gekommen ^^.

    Ich habe auch gerade einen Artikel zu den Owner Earnings vorbereitet (Google) - weil ich diese Kennzahl äußerst interessant finde, und auch noch nicht ganz sicher bin wie ich sie am besten berechnen sollte.


    Ich finde die OE lassen sich am besten bei langsam wachsenden und stabilen Unternehmen berechnen. Am besten mit wenigen Pensionsverpflichtungen.


    So würde ich die OE von Amazon berechnen: (alles in mio$)


    Net Income
    +11.588
    Depreciation .....and other
    +21.789
    Stock based compensation
    +6.894
    other expense
    -249
    Deferred Income Taxes
    +796
    Inventories -3.278
    Accounts receivable
    -7.661
    Accounts payable
    +8.193
    Accrued expenses
    -1.383
    unearned revenue
    +1.711
    SUMME vor Maintenance Cap Ex
    +38.400


    Anmerkungen:

    Stock based compensation: Das sind Aufwände ohne cash-Auszahlung, deswegen muss (?) man sie bei den OE wieder hinzurechnen. Aber das Unternehmen muss die Aktien ja auch selbst am Aktienmarkt kaufen - da würde das Geld dann doch aus der Kassa fließen. Wie seht ihr das?

    Other operating expense, net - lasse ich weg, da es nur eine kleine positive Summe ist.

    Other expense - nehme ich dazu, weil es eine kleine negative Summe ist.

    Deferred income taxes - Latente Steuern. Ich nehme, an dass das Einmaleffekte sind. Da die latenten Steuern sich bis 2018 ca. die Waage gehalten haben. Nur in 2019 hat man erheblich weniger gezahlt als man Aufwand hatte. Deswegen nehme ich diesen Posten dazu.

    operatives Leasing: Da ab 2019 auch Operatives Leasing bilanziert wird, sind die Kosten in der P/L enthalten und werden, dann mit dem Posten "Depreation&Amortisation" wieder von den OE abgezogen, um dann wieder als MaintenanceCapEx anteilsmäßig hinzugerechnet zu werden.



    Ich berechne den MaintenanceCapEx indem ich mir anschaue wie viel ich in PPE investieren muss um 1$ mehr Umsatz zu bekommen. Dann kann man errechnen wie viel CapEx für das Wachstum draufgeht. Bei Amazon muss man für 1$ Umsatzsteigerung ca. 35$-Cents in PPE investieren (PPE/Revenue = 97.846/280.522 = 35%). Das Umsatzwachstum 2019 beträgt 47.635$. Sprich der Growth-CapEx beträgt 47.635*35% = 16.672$. Dementsprechend beträgt der MCapEx 189 $.


    Dieser wird jetzt abgezogen:

    +38.400 - 189 = 38.211$


    Hm, das Ergebnis gefällt mir nicht. Die gesamten Investitionen in PPE waren nur für Wachstum zuständig. Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich lasse es aber dennoch so stehen. Eventuell hat ja jemand eine Meinung dazu.

    PS: Diese Berechnungsmethode kommt von Bruce Greenwald und man kann sie hier nachlesen.



    Jetzt kommt man zum nächsten Punkt. Man muss auch die Growth-kosten beachten, welche nicht bilanziert werden. Forschung&Entwicklung und Marketing. Diese beiden Posten betragen in der P/L zusammen 54.809$. Würde das Unternehmen nicht mehr wachsen, dann würden diese Kosten mit Sicherheit sinken, da man nicht mehr so viele neue Produkte auf den Markt bringen muss und nicht mehr so viele (teure) Neukunden gewinnen muss.


    Ich habe keinen Plan wie ich hier den Anteil berechnen soll, der für das Wachstum zuständig ist. Aber ich habe es jetzt folgendermaßen gelöst:


    Ich habe jetzt einfach mal angenommen, dass diese F&E und Marketingkosten zu 100% bilanziert werden. Im Anhang findet man, dass die Intangibles, welche schon bilanziert sind eine durchschnittliche Amortisationszeit von 5 Jahren haben. Die F&E und Marketingkosten der letzten 5 Jahre ergeben summiert ca. 170.000$. Ein Fünftel (Afa) davon sind 34.000$. 2019 betrugen diese Kosten, wie oben erwähnt 55.000$. Investitionen welche die Afa übersteigen kann man annähernd als Wachstumskosten verstehen. Sprich wir haben 21.000$ an Wachstumskosten in der P/L. Der Gewinn würde damit steigen und Amazon muss mehr Einkommenssteuer zahlen. Ups - Amazon zahlt ja (fast) keine Steuern. Dann kann man das vernachlässigen.


    Daraus ergibt sich:


    38.211 + 21.000 = 59.211$ Owner Earnings


    Das wären dann pro Aktie 117$ oder wenn man so will ein KOEV von 20.6

    Ich verstehe das Ergebnis meiner Berechnung selbst nicht ganz, da es mir viel zu hoch erscheint, aber ich komme selbst nicht dahinter wo ich etwas ändern soll. Ich würde mich über Kritik sehr freuen :thumbsup:

  • Anmerkungen zu oben:


    Mein Verständnis von Owners Earnings oder "No Growth Earnings" ist ein bisschen eine theoretische Übung. Sinn ist es zu schauen was die Firma verdient, wenn Sie heute aufhört zu wachsen. Wie viel Cash sie dann als Dividende regelmäßig ausschütten könnte.


    Der Zweite Schritt nach den Owners Earnings ist dann meiner Meinung nach die Beurteilung ob die interne Reinvestition sinnvoll ist.


    Zu oben:

    1) Stock Based Compensation: ziemlich einfach - das erhöht zwar den Cashflow - verwässert aber. Auf jeden Fall Kosten! nix abziehen.

    2) Bei Amazon funktioniert das mit dem Maintenance Capex offensichtlich nicht -> das hast Du gut gesehen :-D

    3) Ich finde die Herangehensweise mit den R&D Kosten grundsätzlich ok. Diese 21 Mrd. sind ein dicker Daumen -> aber rund die Hälfte des R&D + Marketing Budgets. Das kann schon gut hinkommen.


    4) Was Du im Fall von Amazon unterschlagen hast: Investitionen in Preise und Prime. Amazon ist notorisch darin bestimmte Dienste querzu-subventionieren. Bspw. Amazon-Music, Amazon Video, Audible-Probeabos oder der Photo-Space für Prime-Kunden. Das sind Dienste die man im "no growth" case wahrscheinlich kosten-neutral halten könnte/sollte. Ich habe keine Ahnung wie viel das ist - aber es ist nicht unwahrscheinlich dass das auch nochmal deutlich >10 Mrd. USD sind. (2019 hat Amazon wohl 9 Mrd. in Content investiert)


    Nehmen wir das nochmal oben drauf, dann kommen wir auf 17x OE.

    Das halte ich jetzt nicht für besonders niedrig. Man darf das NICHT wie ein KGV benutzen!

    Das hieße ja, dass Amazon 6% FCF-Yield hätte - dafür aber nicht mehr wächst. Das ist jetzt nicht so richtig sexy?


    Bei Google allerdings kommt man dann auf deutlich niedrigere Werte.


    Das ist ja im Grunde nur eine Normierung um zwischen verschieden schnell wachsenden/schrumpfenden Unternehmen zu unterscheiden. Es gibt. bspw. auch Firmen wo man erheblich investieren müsste um das langfristige Schrumpfen aufzuhalten. Wie bei allen Analysen (oder DCF) gilt aber "shit in - shit out". Wenn die Inputs schwachsinnig sind, dann kann auch nichts vernünftiges rauskommen.

    Value investing is at its core the marriage of a contrarian streak and a calculator - Seth Klarman

  • Danke für die gute und einfach Zusammenfassung. Würdest du damit sagen, dass man die OE nicht als Ertragskraft-Kennzahl verwenden sollte? (Also wie z.B. den FCF)

    Also eine einfach Multiplebewertung ist mit den OE nicht sinnvoll?



    1) Stock Based Compensation: ziemlich einfach - das erhöht zwar den Cashflow - verwässert aber. Auf jeden Fall Kosten! nix abziehen.

    Danke. Ja das hört sich logisch an. (mit "nix abziehen" meist du eh, dass man es nicht wieder hinzu addieren darf?)

  • Ja doch das kann man schon als Multiple betrachten. Nur Du darfst es nicht mit KGV oder FCF gleichsetzen.
    Sondern mit anderen Owner-Earnings. Ist ja eine höchst-theoretische Kennzahl - da a) diese "Vollbremsung" nie eintritt und du b) normalerweise keine Hand auf den Cashflow hast.


    @SBC: sorry falsch ausgedrück: Ich ziehe den Cashzufluss durch SBC vom Cashflow ab. Rechne sie also als Kosten ein!

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  • Ach ja und noch ein ganz wichtiges Thema: Working Capital macht in vielen Cashflow-Statements echt große Hin- und Her-Bewegungen.

    Die Idee von Owner Earnings ist natürlich, dass man diese Working-Capital Swings bereinigt.


    Bei vielen Software Firmen (Kunde zahlt vorher) heisst das weniger! Cash wenn man nciht mehr wächst! Bei kapitalintensiven Geschäften natürlich: mehr Cash.

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  • Investitionen die über die Abschreibungen hinausgehen kann man näherungsweise als Wachstumsinvestitionen sehen.

    Die Herausforderung beim OE scheint zu sein, wie man an die maintenance-CAPEX kommt. Würde man bei der Berechnung von MCX, die mmi vorgeschlagen hat, einfach die gesamte depreciation und amortization als Proxy für MCX vom Nettogewinn abziehen?

    For what each man wishes, that he also believes to be true

    Demosthenes


    First the innovator, then the imitator, then the idiot

    Warren Buffett

  • Würde man bei der Berechnung von MCX, die mmi vorgeschlagen hat, einfach die gesamte depreciation und amortization als Proxy für MCX vom Nettogewinn abziehen?

    Ich glaube die Frage ist nicht wirklich zu beantworten. Aber generell gilt für mich, dass ich im Zweifelsfall (weil ich es z.B. nicht verstehe) eher daran interessiert bin, dass die OE zum Schluss eher zu niedrig als zu hoch sind. Sozusagen eine (eventuelle) Margin of Safety

  • Wie handhabt ihr es bezüglich IFRS16 - operatives Leasing?


    Eigentlich gehören die Kosten für operatives Leasing vor 2019 zum Abschreibungsposten und auch zum CapEx hinzugezählt, oder seht ihr das anders?


    Bzw. auch nach 2019 gehören die Kosten für Leasing als CapEx deklariert und nicht zum finanzierungsCF.....?