Wachstumswerte, Growth at a reasonable price, etc

  • Vorab: ich poste das unten stehende zum Lernen für mich; gegen die zwei genanten Firmen habe ich nichts, auswahl ist eher zufällig



    Hallo,

    die Eröffnung des Fadens steht unter dem Einfluss von 2 Medienveröffentlichungen die ich vor kurzem gesehen/gehört habe:

    • Die von MMI gepostete Pareto Securities Conferenz bei der unter anderem Adesso und Nexus AN vorgestellt wurden (Link)
    • Der 3-teilige Podcast zu Wirecard von Finanz-Szene

    Wie kann man bei Growth Investing vermeiden das nächste Wirecard zu erwischen?


    Frage bzw. Sachverhalt:

    Im Wirecard Podcast wurde gesagt, dass das Wachstum wie mit dem Linial gezogen (+25%pa bei 25%EBITDA-Marge) ein erster großer Anhaltspunkt war.


    Wenn ich mir jetzt das Wachstum von Adesso und Nexus anschaue, dann kommt dass mit dem Linial schon recht nahe. Die Marge schein aber "bodenständiger".

    Adesso

    nexus ag

    z.B. bei Amazon ist das Wachstum auch eher wie mit dem Linial, aber durch die Marktmacht und meine eingene Erfahrung plausibel.

    Weiter wurde gesagt, dass der Gewinn weit höher war als der CF ... bzw. der CF negativ war.

    Wirecard Annual 2019

    Jetzt wird aber bei WC 2019 ein CF von 500Mio ausgewiesen, dass heißt einfach die CF-Zahl zu glauben geht nicht?

    bzw. auf Seite 120 - dem consolidated income statement würde mir auch nichts auffallen.


    Die dritte Red-Flag waren die undurchsichtigen Töchter im Ausland - am besten weit weg, ggfs. gepart mit der regelmäßigen Kauf neuer Geschäfter (im Ausland).

    bei adesso z.B. war das 2020 mehrere DE/EU Firmen u.a. eine Fa. in Budapest für 18,7Mio

    Seite 36 annual 2020

    bzw. Adesso Geschichte



    Worauf würdet Ihr schauen um allgemein oder konkret bei den zwei genannten Firmen Adesso/nexus den Wirecard-Fall auszuschließen?

    The invention of the automobile, for example, not only created a large, new sector of the economy but led to people moving out of cities into the suburbs and enabled big box retail, amongst many other things. In other words, it changed the overall economy, not just transportation. Is it so different to the Internet? - Rob Vinall

  • Worauf würdet Ihr schauen um allgemein oder konkret bei den zwei genannten Firmen Adesso/nexus den Wirecard-Fall auszuschließen?


    Im Grundsatz kann man das nicht wirklich beantworten, weil Wirecard ja die Blanz schlicht gefälscht hat. Wenn eine Firma Cash / Kontostände erfindet, die gar nicht da sind, dann ist das nicht in der Bilanz mit einem (X) markiert.


    Das rote Signal bei Wirecard war für mich immer, wie man auf die auftauchende Kritik reagiert hat. Wenn man nichts zu verbergen gehabt hätte, wäre man viel gelassener gewesen.

    „Das große Karthago führte drei Kriege. Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr aufzufinden.“

  • Im Grundsatz kann man das nicht wirklich beantworten, weil Wirecard ja die Blanz schlicht gefälscht hat. Wenn eine Firma Cash / Kontostände erfindet, die gar nicht da sind, dann ist das nicht in der Bilanz mit einem (X) markiert.


    Das rote Signal bei Wirecard war für mich immer, wie man auf die auftauchende Kritik reagiert hat. Wenn man nichts zu verbergen gehabt hätte, wäre man viel gelassener gewesen.

    und andauerndes Anzapfen des Kapitalnmarkts trotz hoher Cash-Bestände..

  • Moin,

    es gibt leider kein "Schema F" mit dem man Firmen wie Wirecard o.ä. direkt erkennen kann. Ein zu lineares Wachstum ist m.E: nur ein kleiner Punkt.


    Transparenz der Bilanzierung ist m.E. sehr wichtig. Kann man die Bilanz wirklich verstehen ohne dass man bilaterale Erklärungen von der Firma braucht ? Das ist z.B. eines der Probleme die ich mit Grenke habe. Ich will da nix unterstellen, habe mir aber bei denen echt die Zähne ausgebissen.


    MMI

  • Zu Adesso konkret:


    Mir persönlich war die "Cash Conversion" (FCF/EBiT) eigentlich immer zu niedrig in den vergangenen Jahren. kein Wirecard, aber keine besonders gute "Ergebnisqualität".

  • Ganz persönlich: Ein Sensorium für rote Warnsignale aktiv entwickeln und pflegen.
    Wer zu Unrecht unterbewertete Aktien sucht, wird auch immer über zu Recht unterbewertete Aktien stolpern und sollte Wege zur Unterscheidung finden.


    M.E. hilft, gezielt Shorter-Analysen oder Interviews mit Shortern zu lesen.
    Shorter haben eine gute Sensibilität für die kleinen und großen Betrügereien entwickelt, daher sind diese Analysen recht lehrreich.
    Selber shorten ist schwierig, weil "dead man walking" auf dem Aktienmarkt nicht selten passiert. Bei Wirecard hatte MMI schon gut 10 Jahre (!) zuvor genug Indizien aufgezeigt (und später auch viele andere Leute), dass mitdenkende Menschen rechtzeitig die Flucht ergreifen konnten, aber jeder aktive Shorter unterwegs verhungert wäre.


    ABER: Betrugsfirmen haben oft eine Weile eine phänomenale Kursentwicklung. Gut gefakte Zahlen könnenhalt höhere Profitabilitäten und Wachstumszahlen aufzeigen als reale Zahlen - zu gut um wahr zu sein. Man sollte sich also unbedingt von FOMO (Fear of missing out) verabschieden.


    Persönliche Red Flags:
    - Cash Flow ist aussagekräftiger als Gewinn.
    - Ständige Kapitalerhöhungen statt Kapitalausschüttungen (Dividenden) bei profitablen Unternehmen.
    - Unerklärlich hohe Gewinnmargen im Vergleich zur Konkurrenz (Wirevard versus Ayden)
    - Schwerpunkt der Geschäfte in weiter Entfernung vom Hauptsitz (Bei Wirecard Asien) oder vom Ort der Börsennotierung ("Chinakracher" an deutschen Börsen) - je weiter weg, desto schwerer kommen Ungereimtheiten an die hiesige Öffentlichkeit und desto leichter lassen sich Luftnummern erfinden und aufrecht erhalten.

    - Black-Box-Bilanzen (siehe Grenke) und unverständliche Geschäftsmodelle.

    - Inflation "außerodentlicher" und "einmaliger" negativer Einflussfaktoren. (Das findet sich aber auch bei ansonsten respektablen Firmen wie großen DAX-Konzernen)

    - Schmierige bis kriminelle Typen an der Firmenspitze. Einige Shorter verfolgen gezielt die Lebenswege einst enttarnter Finanzkrimineller, um weitere faule Firmen zu entdecken.
    - Auch interessant: Welche Firmen kaufen erkannt Scammerbuden auf und enttarnen diese Scams rückblickend nicht?

  • John Hempton von Bronte Capital hat eine Datenbank von Leuten, die in irgendwelche Scams involviert waren. Insofern ist das Durchleuchten der Vita der Vorstände und Aufsichtsräte auch immer sinnvoll wenn man Zweifel hat.


    MMIs Gesichtsindikator finde ich auch immer hilfreich.

    „Das große Karthago führte drei Kriege. Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr aufzufinden.“

  • John Hempton von Bronte Capital hat eine Datenbank von Leuten, die in irgendwelche Scams involviert waren. Insofern ist das Durchleuchten der Vita der Vorstände und Aufsichtsräte auch immer sinnvoll wenn man Zweifel hat.


    MMIs Gesichtsindikator finde ich auch immer hilfreich.

    Ich glaube das ist einer der Dinge die am wenigsten beim Unternehmens-Research gemacht wird. Da wird echt Aufwand betrieben um das Geschäft zu verstehen, Industrieexperten angerufen etc. etc. Aber mal zu schauen wer die handelnden Personen sind? Einfach ein bisschen Googlen - das ist schon spannend!

    Value investing is at its core the marriage of a contrarian streak and a calculator - Seth Klarman

  • Zu Adesso konkret:


    Mir persönlich war die "Cash Conversion" (FCF/EBiT) eigentlich immer zu niedrig in den vergangenen Jahren. kein Wirecard, aber keine besonders gute "Ergebnisqualität".

    Könnte Adesso nicht auch - ähnlich wie Amazon - sobald es nicht mehr in Wachstum investiert, eine bessere Cash Conversion erzeugen.

    Kann man davon nicht ausgehen?

    The invention of the automobile, for example, not only created a large, new sector of the economy but led to people moving out of cities into the suburbs and enabled big box retail, amongst many other things. In other words, it changed the overall economy, not just transportation. Is it so different to the Internet? - Rob Vinall

  • Könnte Adesso nicht auch - ähnlich wie Amazon - sobald es nicht mehr in Wachstum investiert, eine bessere Cash Conversion erzeugen.

    Kann man davon nicht ausgehen?

    Bin mir nicht ganz sicher was Adesso und Amazon gemeinsam haben. Das Thema ist dass die ausgewiesenen Umsätze zumindest in der Vergangenheit zum großen Teil "Umsatz an Forderungen" war, d.h. keine externen "Verkäufe" und Cashflows gegenüber stehen. Das hat weniger zu tun mit dem Wachstum als dem Geschäftsmodell an sich (lange Projekte mit hoher Vorlaufzeit).