Investor möchte Value Traps beim Screening minimieren

  • Ich könnte mal euren Input gebrauchen, ob meine Gedanken absoluter Blödsinn sind oder ob dies eine Idee sein könnte, die man weiterverfolgen sollte. Bei meiner Screening-Routine habe ich oft Werte, die rein rechnerisch ein absurdes Aufwärtspotential haben.


    Ich möchte mal zwei Beispiele nennen:

    Delticom und Heidelberger Druckmaschinen.


    Delticom hat ein Aufwärtspotential nach dem DCF, wie man es beispielsweise auf Gurufocus oder ähnlichen Seiten finden kann, von 370,18 % bzw. einem Kursziel von 10,25 €.


    Heidelberger Druckmaschinen hat ein Aufwärtspotential nach dem DCF, wie man es beispielsweise auf Gurufocus oder ähnlichen Seiten finden kann, von 949,18 % bzw. einem Kursziel von 10,49 €.

    Da es sich hierbei bekanntermaßen nicht um Qualitätsunternehmen handelt, sind diese Kursziele sehr wahrscheinlich illusorisch. Jetzt gehen die meisten Quants her und bauen sich einen Screener mit Qualitätsfiltern, sodass diese Werte nicht mehr auf den Listen auftauchen. Mein Gedanke dazu ist, dass ich gerne diesen Unternehmen trotzdem eine Chance geben möchte, wenn sie nur tief genug bewertet sind.

    Mein Ziel ist es, potenzielle Value Traps zu minimieren und Kapital durch niedrigere Kursziele kürzer zu binden, um mehr Chancen wahrnehmen zu können.

    Jetzt ist meine Idee, dass man das Kursziel, welches sich aus dem DCF-Wert oder einer relativen Bewertung o.ä. berechnet, nach unten korrigiert.


    Hier würde ich mir einen Ansatz wünschen, der reproduzierbar ist und nach festen Regeln definiert werden kann. Ich möchte mir nur Werte genauer anschauen, die ein Aufwärtspotential von mehr als 100 Prozent haben. Dies wäre bei den beiden genannten Werten bisher der Fall. Wenn ich jedoch Bewertungsabzüge definieren würde, wie sieht es dann aus?


    Meine bisherigen Überlegungen sehen wie folgt aus: Ich nehme die genannten Kursziele und ziehe jeweils 0 bis maximal 20 % vom Kursziel ab, wenn die Werte der folgenden Faktoren schlecht sind.


    Bisher sind mir folgende Faktoren in den Sinn gekommen:


    ·       Umsatzwachstum 5 Jahre

    ·       Umsatzstabilität 5 Jahre

    ·       Gewinnwachstum 5 Jahre

    ·       Gewinnstabilität 5 Jahre

    ·       Eigenkapitalrendite

    ·       Eigenkapitalquote

    ·       Piotroski F-Score

    ·       Bankruptcy-Risk (Altman Z-Score)


    Macht man dies beispielsweise für Delticom, reduziert sich das Kursziel um 65,5 %, und man hat „nur“ noch ein Potential von 62,21 %. Siehe Screenshot. Was denkt ihr? Ist das ein Ansatz, den man verfolgen sollte? Oder fallen euch andere/bessere Kriterien ein, die man nehmen sollte? Oder macht dieser ganze Ansatz keinen Sinn, weil es nicht funktionieren kann? Wenn ja, warum nicht?

    Bin gespannt auf euer Feedback.

  • Und noch ein drittes beispiel, das wirklich zeigt das value Traps reduziert werden ist

    Spirit Airlines. Hier hat das automatisierte DCF bzw. relative Bewertungsverfahren ein Potential von 601,99 % gesehen.


    Hier ist das Potential nach dem einfügen der Bewertungsabschlägen negativ.

    Sprich es würde garnicht mehr auf der List bleiben, was man sich mal genauer anschauen müsste.

  • paeda : Weil du dir Gedanken über "value traps" machst: Die bedingen ja, dass eine (scheinbar) günstig bewertete Aktie nicht in die Puschen kommt, also keine Kurssteigerung erfährt. Klassische Gegenmaßnahme: Nur value-Aktien kaufen, die bereits eine positive Relative Stärke beim Kursverlauf haben.


    Was das berechnete Kursziel betrifft: Die DCF-Methode reagiert da ohnehin extrem sensibel auf die zugrundeliegenden Annahmen (z.B. Höhe des Aufschlags auf den "risikolosen Zins", usw.). Praktikabler fände ich einen mentalen Trailing Stop-Loss oder die Beobachtung der Performance zu einem Vergleichsindikator. Wenn die Aktie dabei zu stark schwächelt, einfach wieder verkaufen.

  • Ein sehr erfolgreicher Deep Value Investor hat mir mal gesagt: "I thrive on value traps.". Er hat ca 50 Werte im Portfolio und hält diese oft für viele Jahre. Im Schnitt hat das sehr gut für ihn funktioniert.

  • paeda : Weil du dir Gedanken über "value traps" machst: Die bedingen ja, dass eine (scheinbar) günstig bewertete Aktie nicht in die Puschen kommt, also keine Kurssteigerung erfährt. Klassische Gegenmaßnahme: Nur value-Aktien kaufen, die bereits eine positive Relative Stärke beim Kursverlauf haben.


    Was das berechnete Kursziel betrifft: Die DCF-Methode reagiert da ohnehin extrem sensibel auf die zugrundeliegenden Annahmen (z.B. Höhe des Aufschlags auf den "risikolosen Zins", usw.). Praktikabler fände ich einen mentalen Trailing Stop-Loss oder die Beobachtung der Performance zu einem Vergleichsindikator. Wenn die Aktie dabei zu stark schwächelt, einfach wieder verkaufen.

    Relative Stärke nutze ich bereits bei meiner klassischen Strategie. Das funktioniert beim Faktorinvesting auch soweit okay. Man muss eben mit Momentumcrashs etc. leben.
    Ich möchte mittlerweile mein Portfolio etwas breiter aufstellen und neben der reinen Value + Momentum (Prognosefrei) ein kleines Depot (ohne den Faktor Momentum) aufbauen. Langfristig möchte ich mehrere wenig korrelierte Strategien haben. Aktuell ist es eher eine Idee als eine ausformulierte Strategie, die passenden Bausteine suche ich erst und werde diese dann per Hand testen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, bevor es mit "echtem Geld" losgehen würde. Der Faktor Momentum, ob 6 Monate oder 12 Monate, wird in den meisten Fällen genutzt, um Value Traps zu vermeiden. Da man aber mittlerweile leichter und kostengünstiger an Daten kommt, habe ich mir die Frage gestellt, ob es nicht andere Ansätze gibt, die ohne Momentum auskommen, so dass man auch schon früher und noch antizyklischer einsteigen kann. Habt ihr Ideen bzw. Erfahrungen dazu?

  • Ein sehr erfolgreicher Deep Value Investor hat mir mal gesagt: "I thrive on value traps.". Er hat ca 50 Werte im Portfolio und hält diese oft für viele Jahre. Im Schnitt hat das sehr gut für ihn funktioniert.

    Kann sein, dass ich am Ende auch der Meinung bin. Momentan würde ich einen konzentrierten Ansatz begrüßen mit 12-20 Werten. 50 Werte machen ja eher Sinn, wenn prozentual einige Nieten dabei sind...