Aktienbewertung - was ist der nächste Trend?

  • Hallo witchdream,


    statt KGV würde ich 1/KGV besser finden.
    Das ergäbe nämlich die Gewinn-Rendite in Prozent.
    KGV von 10 bedeutet also 10% Gewinn.


    Mir gefällt diese Darstellung besser, denn bei KGV entstehen im chart Hyperbeln (Gewinn um null ergibt ein KGV gegen unendlich, das sind ärgerliche extrem-spitzen).


    bei 1/KGV würde man einen linearen graphen bekommen. Eine firma mit minimalenm Verlust würde nur unwesentlich schlechter bewertet werden als eine Firma mit minimalem Gewinn. Bei herkömmlichem KGV gibt es in den schlechten bereichen "dumme" exponentielle Sprünge.


    Ansonsten fahre ich voll die "witchdreamsche" Bewertungkriterien mit Ausnahme der smallcaps.
    Bei denen ist mir das Volumen zu gering, was meine chartanalyse erschwert und mir die Informationslage etwas dünn ist. Je weniger volumen desto weniger aussagekräftig die Massenpsychology (charttechnik). Dennoch, langfristig halte ich smallcaps auch für besser, nur sind dies momentan komische Zeiten.
    Ferner; Cashgiganten und Dividenden wirken (nicht nur auf mich) bestimmt vertrauenerweckender.


    Gruß,


    Joe

    “It’s the little things that matter. It’s one thing to tell someone they look like the first day of spring. It’s another thing to tell them they look like the last day of a long, hard winter.” - Zig Ziglar

  • Tja mit den Bewertungssystemen ist das schon schwierig. Da hat witchdream völlig recht. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass die in die Zukunft gerechneten Kennzahlen wie PEG völliger Murks sind. Mit der ersten oder zweiten zeitlichen Ableitung einer weitgehend geratenen Kurve zu rechnen ist einfach ein Witz.
    Das funktioniert meistens noch nicht mal wenn man die entsprechend in die Vergangenheit verwendet. Die meisten Firmen kaufen und verkaufen dauernd Teile, da wird andauernd bereinigt und konsolidiert und getan und gemacht. Es wäre ein unglaublicher Aufwand nötig, um nachzuprüfen ob die das auch richtig rausgerechnet haben.
    Meistens sehe ich wirklich erst mal den Umsatz bzw. das KUV an. Der Umsatz ist relativ eindeutig definiert. Um da zu fälschen braucht man hohe kriminelle Energie.
    Und ab da setze ich ein paar Zahlen in der Bilanz in Relation und versuche mit gesundem Menschenverstand - so vorhanden - ein paar Abschäzungen zu machen.


    Sind die Aktiva durch Goodwill aufgebläht?
    Traut sich die Firma den Goodwill auch abzuschreiben?
    Sind die Aktiva hauptsächlich Anlagevermögen oder seltsame Forderungen gegen irgendwen?
    Stehen Schulden und Eigenkapital in einen gesunden Verhältnis?
    Stehen Umsatz, zu erwartende Marge und Zinslast in gutem Verhältnis?
    Ist das überhaupt eine Branche, in der eine hohe Umsatzrendite möglich ist?
    Hat die Firma irgendwann schon mal Gewinn gemacht?
    Oder ist das Geschäftsmodell völlig Banane?
    usw.


    Wenn ich dabei was ausrechne, benutze ich selten mehr als 1 signifikante Stelle.
    Meiner Meinung nach ist es ein gefährlicher Fehler sich von pseudogenauen Zahlen blenden zu lasssen. Etwa die auf 3 Stellen angegeben Eigenkapitalrendite und deren zeitliche Entwicklung. Sowas ist einfach Quatsch.
    Wenn ich von z.B. von HGB nach IAS umstelle wird das Eigenkaptial auf einmal ganz anders in der Bilanz aussehen - in der Regel viel höher - und die EK Rendite kann dadurch lässig von 20% auf 10% sinken.


    Also die Moral von der Geschicht. Macht einen Aktienkauf nicht von einer einzelnen Zahl abhängig. Egal wie schön sie ausgerechnet ist.


    Guntfred

  • Hallo beisammen,


    Weiß jemand zufällig etwas über die Volatilität?
    Schneiden wenig volatile Werte durchschnittlich besser oder schlechter ab? Hat das irgendwer schon mal untersucht?


    Gruß,


    Joe

    “It’s the little things that matter. It’s one thing to tell someone they look like the first day of spring. It’s another thing to tell them they look like the last day of a long, hard winter.” - Zig Ziglar

  • Hi Joe,


    in einem effizienten Markt schneiden volatilere Werte besser ab, denn Risiko ist gerade als Volatilitaet definiert, und wer ein Risiko auf sich nimmt, tut das nur, wenn er im Gegenzug eine Praemie kassiert.


    Das stimmt aber nur als sehr grobe Naeherung, sagen wir fuer voellig offensichtliche Risiken. Wir haben die Sache mit der Effizienz schon sehr ausfuehrlich am Beispiel small vs large caps diskutiert (siehe Thread Eine Lanze fuer SmallCaps und Auf der Suche nach ineffizienten Maerkten).


    Ich sehe zwei Probleme:
    1. Fuer den Anleger ist Risiko nur die Volatilitaet nach unten und nicht einfach die Varianz. Die Grundannahme ist also falsch. (ausfuehrlich in obengenannten threads diskutiert).
    2. Die Kurse werden nicht von dem tatsaechlichen Risiko bestimmt, sondern davon, wie die Anleger das Risiko einschaetzen. Schaetzungen sind jedoch meist falsch.


    Wenn Du Dir in den letzten 2 Jahren die Performance und Volatilitaet von small caps vs DAX ansiehst, dann hat der DAX die schlechtere Performance und gleichzeitig die hoehere Volatilitaet (hab mir die Zahlen nicht angesehen, bin aber ziemlich sicher). Das ist ein Widerspruch zum Verhalten in einem effizienten Markt und kann meiner Meinung nur dadurch erklaert werden, dass viele Anleger die Zukunftsaussichten der grossen Firmen falsch eingeschaetzt haben, vorher uebertrieben, jetzt evtl untertrieben. Das macht dem Markt natuerlich ineffizient.


    Wenn Du die Sache voellig ad absurdum fuehren willst, dann schau Dir mal die Performance der typischen Emerging Market Fonds gegenueber, sagen wir, einem US-Fond an. Da die Volatilitaet in den Emerging Markets deutlich hoeher ist, muessten sie einen Rendite-Bonus erwirtschaften. Tun sie aber nicht. Mit Emerging Market Funds ist im Gegenteil oftmals gar kein Geld zu verdienen.


    Wer meint, er koennte seine Performance dadurch steigern, dass er ein hoeheres Risiko auf sich nimmt, ist schon oft boese enttaeuscht worden.


    Viele Gruesse


    Balkenchart

  • Hallo zusammen,


    die ganze Malaise resultiert m.E. daraus, dass


    - mit der Datengrundlage Schindluder getrieben worden ist, das beeinträchtigt dern Aussagewert der Fundamentalanalyse;
    - in Folge des geminderten Vertrauens der Kursverfall auch die technische Analyse beeinträchtigt erscheinen lässt, so dass,


    - die Analyse von Einzelwerten nur im Zusammenhang mit dem vorherrschenden Marktumfeld Sinn macht;
    - Einzelwerte von Unternehmen hernzuziehen sind, die anerkanntermassen eine solide Marktstellung erworben haben und bei denen zu erwarten ist, dass vorübergehende Schwächeerscheinungen infolge der vorherrschenden Marktturbulenzen vorübergehender Natur sein werden.


    Nicht die Analysemethoden sind daher in Frage zu stellen, sondern die Manipulation des zugrundeliegenden Inputs. Ausserdem ist in Rechnung zu stellen, dass die Börse eine von Menschen gemachte Veranstaltung ist, die sich auf kurze Sicht keinem wie auch immer gearteten Bewertungsmodell unterwirft.Auf lange Sicht werden sich die fundamentaloekonomischen Rahmenbedingungen stets in den Kursen widerspiegeln. Davon bin ich fest überzeugt. Ich glaube daher, dass ein Ausverkauf stocksolider Titel die verfehlteste Entscheidung ist, die man treffen könnte. Es gilt, die Situation, so wie sie ist, zu akzeptieren und darauf zu warten, dass sich die psychologischen Rahmenbedingungen wieder verbessern.


    Grüsse,


    deaf ear