Ein etwas reißerischer Aufmacher, aber ich denke mal ich habe einen (zumindest für mich) sehr interessanten Indikator entwickelt.
Mein Grundproblem war folgendes:
Unter den aktuellen Bilanzierungsregeln gibt es ja leider keine Kontinuität mehr beim Eigenkapital.
Früher galt ja: Eigenkapital t-1 + Gewinn lfd. Jahr - Divd. = Eigenkapital t
Als Aktionär war klar, mein Eigenkapital hat sich um den Gewinn erhöht und wird entweder thesauriert oder als Dividende geschüttet.
Mittlerweile werden aber so viele Vorfälle direkt ins Eigenkapital gebucht, dass dies v.a. bei Finanzfirmen aber auch in anderen Fällen die Gewinnzahlen relativ beliebig erscheinen lässt.
In den IFRS Berichten gibt es eine nachrichtliche Zeile die gerne überlesen wird, das sogenannte "Comprehensive Income", das den Gewinn plus Eigenkapitalveränderungen zeigt, dies juckt aber meistens niemanden.
Das hat natürlich auch Auswirkungen auf ansonsten sehr gute Kennzahlen wie KGV 10. So ist momentan das KGV 10 für Werte wie Allianz und Co. relativ günstig, trotzdem hat man als Aktionär nicht mehr Anteil am Eigenkapital wie vor 10 Jahren (inkl. Dividenden).
In einem Ersten Schreit errechne ich jetzt mit einem entsprechenden Screener für meine Werte statt dem KGV 10 jetzt einen Wert den ich "KCI10" nenne, also der aktuelle Kurs geteilt durch das durchschnittliche Comprehensive Income über die letzten 10 Jahre.
(P.S. Das historische Comprehensive Income errechne ich mir über BW t -BW t-1 + Div t)
Bei der Deutschen Bank ergibt sich z.B. ein KGV 10 von 7,5, mein KCI 10 ist mit 12,5 schon deutlich höher. Bei der Deutschen Telekom wird aus einem KGV 10 von 19.8 ein KCI von -67.
Man muss zwar bei der Zahl aufpassen, wenn z.B. die Accounting Methode wechselt, aber um diese Spezialeffekte zu zeigen funktioniert es schon ganz gut und erleichtert Vergleiche zwischen verschiedenen Industrien.
In einem zweiten Schritt habe ich mir noch überlegt, wie man die Ergebnisvolatilität bzw. die unterschiedlichen Risikoprofile der Firmen systematisch in diese Kennzahl einrechnen kann.
Dazu ist mir (ohne größere wissenschaftliche Untersuchung) folgendes eingefallen:
Als "Eigentümeraktionär" wünsche ich mir eine möglichst stabile und positive Gewinn bzw. CI Entwicklung. Im Prinzip ist mir egal ob das als Dividende oder Erhöhung des Eigenkapitals passiert. Eine relativ stabile Gewinnentwicklung über einen 10 Jahres Zeitraum (insbesondere 2000-2009) müsste Annahme gemäß mit einem relativ risikoarmen Geschäftsmodell einhergehen, sei es durch niedrige Verschuldung, starke Marktposition oder beides.
Ich rechne nun für jedes einzelne Jahr die Rendite des CI vs. das jeweilige Eigenkapital. Dann errechen ich eine Art Sharpe Ratio, d.h. die durchschnittliche Rendite geteilt durch die Standardabweichung der jährlichen CI Renditen.
Zu guter letzt teile ich dann das KCI Ratio durch diesen Risikofaktor und erhalten dann mein KCIr.
Eine hohe Durchschnittsrendite und eine niedrige Standardabweichung senkt also das KCIr, demnach je kleiner der Wert desto interessanter die Aktie.
Um das Ganze mal ein bisschen empirisch zu testen habe ich mir einen Screener mit bislang rund 300 Aktien gebastelt um das Ganze durchzurechnen, u.a. die meisten hier im Board diskutierten Aktien.
Ein gutes Beispiel für eine negative Überraschung ist die Eifelhöhenklinik,. Hier wird aus einem KGV10 von ca. 7.8 ein KCI10 von 16.5 und ein KCIr 10 von 39. D.h. zum einen scheint EIF in der Vergangenheit einige negative Effekte direkt im EK erfasst zu haben, zum anderen war die Volatilität des CI im Vergleich zur Höhe relativ schlecht (3.63% p.a. CI, 8,6% Stabw).
Gegenbeispiel wäre AS Creation: Ausgehend von einem KGV10 von knapp 11 kommt man auf ein KCI10 von 10,4 und auf ein sensationelles KCIr10 von 3,0. Das liegt daran, das AS Creation ca. 13,3% CI per annum schafft, aber nur eine ganz geringe Stabw von 3,8% und das über 2 Wirtschaftskrisen....
Spaßeshalber habe ich mal ein paar "Buffetaktien" in den Screener aufgenommen, und siehe da, einige Werte z.B. Coca Cola oder Johnson & Johnson schneiden deutlich besser ab als man auf den ersten Blick glaubt.
Wie setzt man diesen Indikator am besten ein? Ich denke, er ist am besten geeignet um "günstige langweilige" Aktien zu finden, die ohne allzu große Risiken Jahr für Jahr ihre Renditen erzielen ohne große Schwankungen und dafür recht preisgünstig sind.
Nicht erwischen wird man damit z.B. Unternehmen die nach langer Durststrecke einen Turnaround hinlegen. Aber für das muss man glaube ich ohnehin andere Zahlen anschauen.
Eine entsprechende Liste der "Top Werte" nach dieser Kennzahl kommt in Kürze...
MMI
P.S. Kommentare zur Vorgehensweise sind natürlich hochwillkommen!!!!