Investmentstil und Persönlichkeitstyp

  • Zitat

    Original von woodpecker
    Also, wenn jemand Ideen und besser noch Statistiken dazu hat...?


    Ich habe mal eine Präsentation von Prof. Spahn aus Hohenheim gelesen (gehalten auf der Jahrestagung der Keynes-Gesellschaft 2011 in Izmir, leider anscheinend nicht mehr online, aber dafür eine Präsentation mit einem ähnlichen Chart (auf Seite 3) https://wipol.uni-hohenheim.de…ationen_Spahn/trichet.pdf)).


    Er zeigt dort im Vergleich die Kurven der Bankkredite an den privaten Sektor und den EuroStoxx50 mit einem erstaunlichen Gleichlauf.


    Die Frage ist nun, hat das einen Signalcharakter bzw. hat das Kreditvolumen einen Vorlauf (bzw. auch: kommt es auf den Kreditbestand oder eher auf die Kreditneuvergabe an?)?


    Die dort gezeigte Datenreihe von 1999 bis 2011 ist ein bißchen kurz, um darüber eine Aussage zu treffen, aber sowohl in 2000 als auch in 2007 hätte die Topbildung bzw. der Bruch des Anstiegs in den "bank credit to private sector" ein gutes Frühwarnsignal gegeben, in 2000 zeitlich recht knapp aber noch ausreichend, in 2007 mit sehr deutlichem Vorlauf. Auch 2003 wäre das ein brauchbares Signal für die Bodenbildung gewesen, nur 2009 kam die Trendwende bei den Krediten deutlich später als der Umschwung an den Börsen.


    Natürlich ist die betrachtete Zeitspanne zu kurz für statistisch signifikante Schlussfolgerungen, aber da der Zusammenhang auch logisch plausibel ist, halte ich die Korrelation für sehr bedenkenswert. Man müsste versuchen, die Datenreihe in die Vergangenheit zu verlängern und würde dann vielleicht belastbarere Aussagen bekommen, wenn sich die Aggregate in der Zeit nicht allzusehr in ihrer Struktur verändert haben.


    Auch scheinen, bei aller Vorsicht bei nur zwei vorliegenden Beobachtungswerten, die Kredite als Frühindikator nach einem Boom besser zu funktionieren als nach einem Crash, was mir auch logisch plausibel erscheint, weil ein Aufschwung realwirtschaftlich und auch an der Börse durch die montäre Alimentierung genährt wird und ins Stocken kommen sollte, wenn diese keinen Nachschub mehr liefert. Im Crash kommt der Umschwung meist abrupter und ist oft stärker durch psychologische Momente bestimmt, während das Ende eines Aufschwungs vielleicht meist mehr durch fundamentale Faktoren geprägt ist. (Das ist jetzt aber nur so eine Vermutung, die durch eine längere Datenreihe abgesichert werden müsste.)


    Damit könnte das Kreditvolumen ein möglicher, von "woodpecker" ja gesuchter Frühindikator für einen drohenden Aktiencrash sein? (Als ein weiterer fiele mir noch eine hohe Zahl an IPOs aus dem Buch von Ken Fisher ("The only Three Questions...") ein). Vielleicht kann man verschiedene Indikatoren auch miteinander kombinieren (wobei das dann schon in die Richtung Hussman gehen würde)?

  • woodpecker und quercus:


    Den Zusammenhang zwischen Kreditvergabe und volkswirtschaftlicher Nachfrage wird vor allem in der Modern Money Theory / Endogenes Geld thematisiert. Steve Keen hat das vor kurzem noch einmal in diesem Artikel dargestellt:


    http://www.businessspectator.c…budget-bounty-lucky-party


    Was in diesen Darstellungen meistens fehlt ist der anschließende Schritt, der die durch die Kreditausweitung künstlich erzeugte Nachfrage auf Nachfrage nach echten Gütern und nach Assets aufteilt. Letztere treibt die Assetpreise nach oben.


    Ich wollte schon länger einmal Keens Modell in dieser Richtung erweitern, mit der Zielrichtung der generellen Richtung der Indizes vorherzusagen. Dazu müsste man die Kreditausweitung mit den Faktoren f auf Güternachfrage und (1-f) auf Assetnachfrage aufteilten. f könnte man empirisch aus den GDP- und Importsaldowachstum bestimmen, womit sich (1-f) ergibt. Bleibt dann die Frage offen, wie stark eine entsprechende Nachfrageausweitung auf eine Preiserhöhung wirkt.


    Leider komme aber zur Zeit nicht dazu das Modell einmal durchzudenken und mit ein paar Daten von BuBa/EZB/Destatis zu füttern.

    „Das große Karthago führte drei Kriege. Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr aufzufinden.“


  • Wir brauchen einen neutralen Stimmungs-Indikator für die aktuelle Situation, wie den VDAX im Crash!


    Vorschläge irgendwer?!


    Eben bin ich über etliche Grafiken gestolpert, die den DowJones mit dem Volumen von Aktienkrediten ("margin debt") koppeln. Zumindest als Chart eindrucksvoll:
    http://www.markt-daten.de/research/maerkte/margin-debts.htm


  • Hatten wir den Chart (bzw. die Gegenüberstellung Margin Debt mit Dow) nicht auch schon in anderen Fäden?


    Margin Debt (absolut und realtiv) ist meiner Ansicht nach ein guter Fingerzeig in welchem generellen Stadium sich die Börse befindet und ein sehr guter Stimmungs- Indikator (bei der Beantwortung von Umfragen kann man schummeln, die Aufnahme von Kredit zum Aktienkauf ist dagegen ein starkes Signal, dass man an steigende Märkte glaubt). Ich denke Margin Debt wirkt als Treibsatz beim Aufschwung welcher zum Brandbeschleuniger/Zunder im Abschwung mutiert.



    http://www.institutionalinvest…-cracks.html#.U9ToB_l_u_k


    Katsenelson hat in dem obigen verlinkten Artikel geschrieben wie lange die Börse verrückt / über die fundamentalen Daten herausschlagen kann. Recht guter Beitrag über GMO´s Grantham und Japan.


    #Margin_Debt #Zunder #Brandbeschleuniger

    beati pauperes spiritu


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    “Facts do not cease to exist because they are ignored.” – Aldous Huxley



  • Wenn man R. Werners Idee des "disaggregierten Kredits" auf die Spitze triebt, würde man sagen, dass eine bestimmte Geldmenge im Markt für Aktien umläuft, man würde testen, ob die Umlaufgeschwindigkeit dort einigermaßen konstant ist, und dann wäre das Kreditvolumen (also margin debt) proportional zum Preisniveau, d.h. zum Aktienindex.


    Er hat dasselbe für den japanischen Immobilienmarkt und das Volumen der Hypothekenkredite dort gemacht und gesehen, dass das Hypothekenvolumen den Immobilienpreisen ca. 6-9 Monate vorläuft. Da es natürlich auch Geld gibt, das zwischen Immobilien und anderen Anlagen bzw. zwischen Immobilien und Konsum hin- und herwandert, ist der Zusammenhang nicht perfekt.


    Balkenchart

  • [...]dann wäre das Kreditvolumen (also margin debt) proportional zum Preisniveau, d.h. zum Aktienindex.


    Er hat dasselbe für den japanischen Immobilienmarkt und das Volumen der Hypothekenkredite dort gemacht und gesehen, dass das Hypothekenvolumen den Immobilienpreisen ca. 6-9 Monate vorläuft.


    Das ist hochinteressant, weil der prozentuale Anteil der margin debt am Volumen des Aktienmarktes gerade am Abschmieren ist:



    Wenn ein prozentualer Rückgang der margin debt ein Frühindikator für einen Crash ist, dann hätten wir hier ein sehr deutliches Signal.

  • ... eine bestimmte Geldmenge im Markt für Aktien umläuft... dann wäre das Kreditvolumen (also margin debt) proportional zum Preisniveau, d.h. zum Aktienindex.


    Er hat dasselbe für den japanischen Immobilienmarkt und das Volumen der Hypothekenkredite dort gemacht und gesehen, dass das Hypothekenvolumen den Immobilienpreisen ca. 6-9 Monate vorläuft. Da es natürlich auch Geld gibt, das zwischen Immobilien und anderen Anlagen bzw. zwischen Immobilien und Konsum hin- und herwandert, ist der Zusammenhang nicht perfekt.


    Balkenchart


    Mit der Proportionalität zwischen Kreditvolumen und Aktienindex (als Aktienpreisniveau) wäre ich vorsichtig, denn ich hoffe doch, dass das meiste Geld, das "im Markt für Aktien umläuft", immer noch Eigenkapital - sei es in der Form von (Investment-)Fondsvermögen etc. oder privatem Geldvermögen - ist und nicht Margin Debt, auch wenn das bei Hedge Fonds vielleicht nicht mehr der Fall ist. Insofern sehe ich hier auch einen fundamentalen Unterschied zum Immobilenmarkt, weil hier die durchschnittliche Fremdkapitalquote viel höher sein dürfte, als bei Aktieninvestments, so dass ich für den Immobilienmarkt einen viel engeren Zusammenhang vermuten würde.


    Dennoch dürfte der Gedanke, wenn er nur qualitativ als Richtungsindikator verstanden wird, m.E. zutreffend sein, zumal am Sekundärmarkt in Aktien selbst ja kein Geld gebunden wird, sondern das Geld nur "durchläuft", so dass bereits sehr kleine Änderungen in der Nachfrage starke Kursveränderungen bewirken können, wenn die Preiselastizität der Asset Allocation zwischen den Vermögensklassen gering ist.


    Es wirft für mich aber auch ein Paar interessante Folgefragen auf: Ist der Effekt der Margin Debts umso stärker, je höher der Anteil der Margin Debts am investierten Kapital ist? Wenn ja, gibt es aktuelle Daten über die Margin Debts aufgeschlüsselt nach verschiedenen Ländern? So könnte man annehmen, wenn Margin Debts z.B. in den USA stärker verbreitet sind als bei uns, dass der Zusammenhang dort enger ist, aber vielleicht verläuft sich dieser Effekt auch durch die Wechselwirkungen von Kursveränderungen der jeweiligen Märkte? Dann scheint sich die Definition der Margin Debts, wenn ich das richtig verstehe, nur auf die eingeräumten Wertpapierkredite zu beziehen, ohne den tatsächlich in Anspruch genommenen Betrag zu berücksichtigen, der ja erheblich davon abweichen kann? Ich fände es interessant wenn man zwei getrennte Kurven für die tatsächlich genutzten und die nur als Linie eingeräumten Wertpapierkredite sehen könnte und wie sie sich zueinander und zu dem Kursniveau verhalten. Wenn man dann noch Daten nach verschiedenen Ländern hätte und den jeweiligen Anteil der Kredite an dem am Aktienmarkt investierten Vermögen mit berücksichtigen würde, dann könnte man schon eine interessante Statistik daraus machen, aber ich vermute mal, dass man die dafür erforderlichen Daten nicht bekommen kann, oder weiß da jemand eine Datenquelle?


    Eine ähnliche Kennzahl, von der ich eine ähnliche Behauptung zur Korrelation mit dem Markt gehört habe, wäre das Volumen bzw. der Anteil der nicht-investierten, liquiden Mittel der Investmentfonds. Die Frage wäre, ob eine solche Kenngröße, die man mit den Margin Debts kombiniert, eine noch bessere Korrelation ergeben würde oder nicht bzw. ob man etwas gewinnt, wenn man mehrere derartige Kenngrößen parallel betrachtet.