Russische Aktien - die neuen Griechen?

  • Naja, Gazprom hat relevante Einnahmen in USD (oder €?), mit denen sie die Kredite bedienen kann. Insofern sollte eine Rubelabwertung sie eher weniger treffen als beispielsweise der Ölpreisverfall in USD. Teils profitiert Gazprom sogar, da ihre Kosten mehrheitlich in RUB entstehen.

    Daher sehe ich es wie jerobeam, diese Währungsverluste sind eher in Papier.


    Die polnischen Unternehmen hingegen sind gekniffen, die keine relevanten Einnahmen in CHF generieren, die sich zur Kreditbedienung anbieten.

  • Naja, Gazprom hat relevante Einnahmen in USD (oder €?), mit denen sie die Kredite bedienen kann. Insofern sollte eine Rubelabwertung sie eher weniger treffen als beispielsweise der Ölpreisverfall in USD. Teils profitiert Gazprom sogar, da ihre Kosten mehrheitlich in RUB entstehen.

    Daher sehe ich es wie jerobeam, diese Währungsverluste sind eher in Papier.


    Die polnischen Unternehmen hingegen sind gekniffen, die keine relevanten Einnahmen in CHF generieren, die sich zur Kreditbedienung anbieten.

    Die USD Verschuldung hat in der P&L ja den Vorteil, dass deutlich weniger Zinsaufwand gezeigt wird als wenn Gazprom sich in Rubel verschuldet hätte. Dieser Zinsvorteil wird über die Zeit durch die Abwertung aufgefressen.


    Mann kann das Argument von oben (Dollar EInnahmen vs. Rubelkosten) auch umdrehen: Wenn das stimmt, ist das operative Ergebnis auch nur deswegen so hoch weil der Dollar gestiegen ist.

  • Mann kann das Argument von oben (Dollar EInnahmen vs. Rubelkosten) auch umdrehen: Wenn das stimmt, ist das operative Ergebnis auch nur deswegen so hoch weil der Dollar gestiegen ist.

    Das ist eine paradoxe Folge der Sanktionen, die nach 2014/2015 wegen der Ukraine gegen Russland verhängt wurden. Wegen der Sanktionen brach zunächst der Rubel stark sein. Russland blieb jedoch (fett) netto-Exporteur. Während nun importierte Produkte für die Konsumenten teurer wurden, stieg gleichzeitig (in Rubel) die Marge der Rohstoffexporteure. D.h. durch die Sanktionen wurde die Position der regierungsnahen Rohstofffirmen wie Gazprom in Russland noch gestärkt.


    Balkenchart

  • Ein Gedanke noch: Normalerweise kann eine Firma die Dollarverbindlichkeiten hat, die entsprechenden zukünftigen USD Cash Flows als "Cashflow HEdge" deklarieren und dann würde man keinerlei P&L Auswirkungen sehen.


    Entweder haben die bei Gazprom wenig Ahnung von Bilanzierung (was ich bezweifle) oder irgendwie haben sie vielleicht doch nicht alle die schönen Dollars zur Verfügung die so reinkommen.


    Ich könnte mir gut vorstellen, dass Gazprom einen guten Teil der Devisen an Onkel Wladimir & Co abgeben "darf". Sonst gibts Haue.

  • Ein Gedanke noch: Normalerweise kann eine Firma die Dollarverbindlichkeiten hat, die entsprechenden zukünftigen USD Cash Flows als "Cashflow HEdge" deklarieren und dann würde man keinerlei P&L Auswirkungen sehen.


    Entweder haben die bei Gazprom wenig Ahnung von Bilanzierung (was ich bezweifle) oder irgendwie haben sie vielleicht doch nicht alle die schönen Dollars zur Verfügung die so reinkommen.


    Ich könnte mir gut vorstellen, dass Gazprom einen guten Teil der Devisen an Onkel Wladimir & Co abgeben "darf". Sonst gibts Haue.


    Ich meine nicht dass das funktionieren würde. Das mark-to-rubel der Fremdwährungsverschuldung würde einen fair-value hedge erfordern (also z.B. einen Terminkontrakt EUR/RUB oder EUR/USD), ein cash flow hedge wäre ein Instrument dass die Variabilität der operativen cashflows eindämmt:

    https://www.ifrsbox.com/differ…ue-hedge-cash-flow-hedge/

  • Naja, Gazprom hat relevante Einnahmen in USD (oder €?), mit denen sie die Kredite bedienen kann. Insofern sollte eine Rubelabwertung sie eher weniger treffen als beispielsweise der Ölpreisverfall in USD. Teils profitiert Gazprom sogar, da ihre Kosten mehrheitlich in RUB entstehen.

    Daher sehe ich es wie jerobeam, diese Währungsverluste sind eher in Papier.


    Die polnischen Unternehmen hingegen sind gekniffen, die keine relevanten Einnahmen in CHF generieren, die sich zur Kreditbedienung anbieten.

    Das ist doch mittlerweile ein alter Trick bei der Kommunikation der Geschäftszahlen der sogar schon in Russland angekommen ist:

    Die durch Wechselkurs inflationierten Gewinne sind "echt verdient" weil die Firma und das Management alle super sind.

    Die korrespondierenden Verluste (hier Aufwertung der Schulden) die sollen wir gefälligst ignorieren, die sind nicht "echt", nur "on paper".


    Darauf fallen wir doch nicht mehr rein! Oder doch?

  • Ich könnte mir gut vorstellen, dass Gazprom einen guten Teil der Devisen an Onkel Wladimir & Co abgeben "darf". Sonst gibts Haue

    War da nicht vor so ca 1 Jahr etwas, dass die Firmen Ihre Deviseneinnahmen innerhalb kurzer Zeit in Rubel umtauschen müssen und keine nennenswerten Devisenguthaben mehr halten dürfen?

  • Oder die werden von E&Y geprüft (Duck und weg)...

    https://www.surgutneftegas.ru/download.php?id=3210

    Falls da "Treuhandkonten" dabei wären bin ich mir ziemlich sicher dass da genau geschaut wird was damit geschieht.

    SNGS hat immer brav seine Dividenden gezahlt, Öl gepumpt und nie Kapitalerhöhungen gemacht, und außer den MOL-Trade 2009-2011 auch kein M&A gemacht - man kann also davon ausgehen dass das Geld auch existiert. Wer entscheidet was damit passiert, steht auf einem anderen Blatt... zumindest hält man sich an die Satzung was die Dividende der Vorzugsaktionäre betrifft, und damit kann man erst einmal zufrieden sein.

  • Meine eigenen Erfahrungen sowohl mit Russischen Investments wie auch im "Dayjob" sind so dass ich die Finder von alles lasse was mit Russland zu tun hat.


    Treuhandkonten gibt es in Russland nicht, dass es im Russischen Rechtssystem das Konzept eines Treuhandvermögens oder einer Verpfändung überhaupt nicht gibt bzw. praktisch nicht umsetzbar/durchsetzbar ist.


    Aber klar, solange die DIvidende kommt braucht einen das nicht zu stören. Darf halt nur nicht ausfallen.

  • Das kann man ja handhaben wie man möchte, siehe die Allegorie vom Hecht und Goldfisch im Aquarium (Jerobeam).

    Man sollte aber trotzdem objektiv bleiben und nicht mit zweierlei Maß messen (mark-to-market ist bei Berkshire kein Problem und kann ignoriert werden, bei Gazprom will uns aber einer hinter's Licht führen...) oder wegen der Aussage "on paper" ein Fass aufmachen. Im Q1-Bericht steht das ganz neutral:


    Zitat

    The net foreign exchange loss amounted to RUB 551,396 million for the three months ended March 31,2020 compared to the net foreign exchange gain of RUB 183,985 million for the same period of the prior year. The change was explained by the appreciation of US Dollar and Euro against the Russian Ruble by 26% and 24%, respectively for the three months ended March 31,2020 and the depreciation of US Dollar and Euro against the Russian Ruble by 7% and 8% respectively for the same period of the prior year.The loss and the gain were mainly related to the revaluation of loans and borrowings denominated in foreign currencies.

  • Die USD Verschuldung hat in der P&L ja den Vorteil, dass deutlich weniger Zinsaufwand gezeigt wird als wenn Gazprom sich in Rubel verschuldet hätte. Dieser Zinsvorteil wird über die Zeit durch die Abwertung aufgefressen.


    Mann kann das Argument von oben (Dollar EInnahmen vs. Rubelkosten) auch umdrehen: Wenn das stimmt, ist das operative Ergebnis auch nur deswegen so hoch weil der Dollar gestiegen ist.

    Das kann man ja objektiv prüfen in dem man mal mit einem GJ vergleicht in dem der Rubel aufgewertet hat, z.B. 2016.

    Oder einfach langfristig draufschauen, und nicht nur Y-o-Y oder Q-o-Q.

  • Hab jetzt da nicht im Detail reingeschaut, aber für mich klingt das einfach nach vernünftigem Fremdwährungs-Hedging. Sie haben viel Umsatz in USD, also haben sie sich auch in der Währung verschuldet. Macht doch Sinn, oder warum nicht?


    Wenn der USD total abwerten würde hätten sie geringere Einnahmen aber dafür auch weniger zurückzuzahlen (in Rubel).


    Also ich verstehe die Kritik jetzt da insofern nicht ganz. Und ich hab auch kein Problem wenn da jemand was "on paper" nennt. Solange was kein CashFlow ist, ist es auf Papier, das ist doch ok, oder? Andersrum sollte man aber auch sehr skeptisch mit Gewinnen "on paper" sein und mehr auf den CashFlow achten. So sehe ich es zumindest.

    When a management with a reputation for brilliance tackles a business with a reputation for bad economics, it is the reputation of the business that remains intact.


    W. B.


    Investment is most intelligent when it is most businesslike.


    B. G.

  • Zitat

    mark-to-market ist bei Berkshire kein Problem und kann ignoriert werden

    Keine Ahnung wen Du hierbei zitieren wills, mich aber sicherlich nicht.


    Ich schaue mir bei Financials (inkl. Berkshire die ich nie besessen habe) immer das Comprehensive Income an inkl. aller Buchungen gegen das EK. Das ist für Financials der relevante Maßstab.


    Auch bein Non-Financial empfiehlt es sich m.E. immer alles anzuschauen.


    Insbesondere wenn ich in einer Weichwährung reporte, müssen m.E: Währungsverluste durch FX Finanzierung berücksichtigt werden.


    Russische Aktien mit kapitalintensivem Geschäft haben neben meiner generellen Skepsis auch z.B. das Problem dass die Abschreibungen viel zu niedrig sind da sie auf historischen Rubeln-Anschaffungskosten beruhen aber das hast Du bei Deiner Bewertung sicherlich berücksichtigt ;-)


    Am Ende des Tages kann das aber jeder handhaben wie er will. Für mich persönlich würde ich aber für mein Leben nicht in eine Aktie investieren nur weil sie (gerade) Dividende zahlt.

  • Ich halte Gazprom nicht wegen der Dividende, sondern der Bewertung. Ich war sogar in den letzten Wochen aus dem Titel raus und habe ihn erst heute (ex-Dividende) wieder gekauft weil ich auf die ADR-Spesen keine Lust habe. Die sollen mal schön die Couponschneider bezahlen :).


    Zitiert hatte ich Buffett selbst, der ja auch seine Variante von "on paper" ausformuliert hat.

    https://markets.businessinside…swings-2019-2-1027976965#

    Zitat

    "A new GAAP rule requires us to include that last item in earnings," Buffett wrote, referring to generally accepted accounting principles (GAAP). "As I emphasized in the 2017 annual report, neither Berkshire’s Vice Chairman, Charlie Munger, nor I believe that rule to be sensible."


    He added: "Rather, both of us have consistently thought that at Berkshire this mark-to-market change would produce what I described as 'wild and capricious swings in our bottom line.'"

    Buffett said the "wide swings" in Berkshire's quarterly profits would "inevitably continue" because the company's nearly-$173 billion equity portfolio would experience substantial one-day price swings of $2 billion or more.

    The new accounting rule, which Buffett lamented and warned investors about in his letter last year, meant those price fluctuations "must be dropped immediately to our bottom line."

  • Das kann man ja handhaben wie man möchte, siehe die Allegorie vom Hecht und Goldfisch im Aquarium (Jerobeam).

    Wahrscheinlich kennt ja nicht jeder das angesprochene Zitat, daher hier vom Original abgetippt:
    (Die Aussprüche Jerobeams oder Das Geschäft in Actien)


    Zitat

    Die Weisheiten des Hechts


    Jeder kennt das klassische Experiment mit dem Hecht.

    In ein Aquarium, das durch eine Glaswand in zwei Teile geschieden ist, setzt man auf der einen Seite einen Hecht, auf der anderen ein Weißfischchen. Beim Anblick dieser Beute stürzt sich der Hecht auf den Weißfisch und saust mit der Nase gegen die Glaswand. Kaum hat er sich von diesem heftigen Schlag erholt, erneuert er den Angriff, um sich ein zweites Mal die Nase zu stoßen. Nun kann man die Glaswand getrost entfernen; der Weißfisch kann um den Hecht herumwimmeln; dieser wird ihn nicht anrühren. Für ihn ist der Weißfisch tabu: seiner begehren bedeutet, einen fürchterlichen Schlag auf die Nase erhalten. Er wird sich fortan der Weißfische enthalten.

    Dieser Hecht ist der Kapitalist. Ist er einmal kräftig auf den Köder einer Goldmine reingefallen und hat er bei diesem Abenteuer einige Haare lassen müssen, so wird er nie etwa seine Unüberlegtheit oder seine Dummheit verantwortlich machen: er wird alle Goldminen verfluchen und sich fortan enthalten, auf solche zu zeichnen. Daher entstehen dann die Weisheiten des Hechts: Lassen Sie Ihre Finger von industriellen Unternehmungen - Nichts ist riskanter als Minenwerte - Hüten Sie sich vor Kolonialgesellschaften - Alles was mit der Nahrungsmittelbranche zusammenhängt, bringt viel ein - Die Apports sind zu hoch eingesetzt

    und: "Finger lassen von allem was mit Russland zu tun hat" ;)

  • Kein schlechtes Zitat. Ich würde mit einem Zitat von "MMI dem Älteren" aus seinem Gesamtwerk "Wert, Chance & gutes Sushi" antworten:


    "Wenn Du an einem Strand ständig auf Stachelrochen getreten bist, dann suche Dir besser eine andere Bucht mit weniger oder gar keinen Stachelrochen. Dann kannst Du viel entspannter ins Wasser gehen".


    ;-)

  • Nach ziemlich genau 4 Jahren (insgesamt 6 Jahre) mal wieder ein Update.

    Seit 6.6.2014 - Entwicklung Eur/Rubel: von 47.46 auf 81.08 (+70.83%)

    Kurs 6/2014 Kurs aktuell in RUB
    in EUR Dividenden CAGR in EUR inkl. Div
    FSK YeES PAO Federal Grid Company 0.06 RUB
    0.19 RUB +217% +85% 0.069 RUB (115%)
    18% p.a.
    Mosenergo 0.80 RUB
    2.20 RUB +175% +61% 0.69 RUB (86%)
    14.5% p.a.
    Rosseti (Russian Grids) 0.54 RUB
    1.64 RUB +204% +78% 0.139 RUB (26%)
    12% p.a.
    Surgutneftegas Pref 27.50 RUB
    36.30 RUB +32% -23% 28.06 RUB (102%)
    7.4% p.a.
    Gazprom Neft 148.8 RUB
    318 RUB +114% +25% 111.87 RUB (75%)
    10.4% p.a.
    Gazprom 143.45 RUB
    189 RUB +32% -23% 70.22 RUB (49%)
    2.2% p.a.
    OGK-2 0.24 RUB
    0.75 RUB +213% +83% 0.13 RUB (54%)
    14.3% p.a.
    Rushydro 0.75 RUB
    0.77 RUB +3% -40% 0.178 RUB (24%)
    -4% p.a.


    Die Mühe die Dividenden Jahr für Jahr mit dem jeweiligen Wechselkurs in EUR umzurechnen habe ich mir nicht gemacht, wenn man hier ~25% herunterrechnet (was dem Durchschnittlichen Wechselkurs entspricht, aber eher konservativ ist weil die Dividendensumme ja tendenziel Jahr für Jahr ansteigt) kommt man wahrscheinlich auf einen guten Schätzwert (der wurde dann für die letzte Spalte "CAGR inkl. Div in EUR" benutzt).

    Insgesamt bin ich mit meinen "Stachelrochen" ganz zufrieden. Man muss auch bedenken dass der Startzeitpunkt der Betrachtung denkbar ungünstig ist da es im Herbst 2014 zu einer sehr starken Rubel-Abwertung kam (Ende 2014 war der Rubel-Kurs schlechter als heute).

    Guten "Total Return" über den Zeitraum hatten FEES, MSNG, RSTI, SIBN und OGKB.

    Enttäuschend die Entwicklung bei HYDR, ich habe aber weiter Hoffnung auf Besserung. Immerhin sind sie nur in RUB verschuldet ;), und Dividenden werden in den nächsten 3 Jahren deutlich steigen.