aus http://www.ftd.de/bm/ga/FTDNLSA6XMC.html
ftd.de, Mo, 27.8.2001, 7:00
Geldanlage: Runter kommen sie immer
Von Horst Fugger
Fondsanleger wollen mit ihrem Investment nur Geld verdienen. Fondsmanager hingegen vor allem besser abschneiden
als ihre Kollegen. Darunter leiden mitunter die Anleger.
Zwei Fondsmanager wollen über das Wochenende in der Wildnis zelten. Nachdem die beiden ihr Zelt aufgestellt haben,
erzählt der eine Fondsmanager, es gebe in der Gegend gefährliche Bären. Sagt der zweite: "Das macht mir nichts aus. Ich
kann ziemlich schnell laufen." Der erste Manager widerspricht: "Man kann nicht vor Bären davonlaufen. Sie sind doppelt so
schnell wie der schnellste Sprinter!" Der zweite lächelt und sagt: "Natürlich bin ich nicht schneller als der Bär - aber
schneller als du!"
Dieser Wall-Street-Witz verrät viel über die Gedankengänge von Fondsmanagern. Nicht der absolute Erfolg spornt sie an,
sondern die relative Performance im Vergleich zur Benchmark. Als ein solcher Vergleichsmaßstab dient ein
repräsentativer Index.
Für Fonds, die in europäische Standardwerte investieren, ist der EuroStoxx 50 eine solche Benchmark. Für Japan-Fonds
ist es, je nach Ausrichtung, der Nikkei 225 oder der Topix. Schneidet ein Fonds in einem bestimmten Zeitraum besser ab
als seine Benchmark, hat das Management eine relativ gute Arbeit abgeliefert. Das Problem: Absolut kann es dennoch zu
haarsträubenden Verlusten für die Anleger gekommen sein.
Ein Held mit minus 50 Prozent
Ein Fondsmanager, der seit März 2000 am Neuen Markt "nur" 50 Prozent des Anlagekapitals durch den Schornstein
geblasen hätte, müsste fast als Genie gelten: Die Benchmark ist ja um 90 Prozent gefallen. Die Anteilseigner würden dem
Manager wohl dennoch keine Rosen streuen, schließlich wäre die Hälfte ihres Kapitals verloren. Der herbe Charme einer
zweiprozentigen Sparbuchrendite erstrahlt da in einem ganz anderen Licht als vor anderthalb Jahren.
Es gibt also eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Zielen der Fondsmanager und dem legitimen Ziel der Anleger, die
eigentlich nur die Kaufkraft ihres Kapitals bewahren und steigern wollen - und zwar in jeder Börsensituation.
Wer sein Geld in Fonds investieren will, ist ohnehin in keiner beneidenswerten Situation: Wer sich an seine Bank wendet,
bekommt hauseigene Produkte empfohlen. Die müssen bei weitem nicht besser sein als die Angebote der Konkurrenz.
Nun könnten Anleger sich die Mühe machen, alle Offerten sämtlicher Anbieter nach den verschiedensten Kriterien
(Ausgabeaufschlag, Managementgebühren, langfristige Performance usw.) miteinander zu vergleichen. Der typische
Fondsanleger will sich mit all diesen Dingen aber gar nicht beschäftigen.
Vorsicht mit Rankings
Etliche Anbieter von Finanzinformationen greifen dem Anleger in dieser Hinsicht unter die Arme: Sie veröffentlichen
Performance-Ranglisten verschiedener Fonds, unterteilt in die einzelnen Kategorien wie Aktien-, Renten-, Immobilien-
oder gemischte Fonds. Bei Aktienfonds wird nach thematischen oder regionalen Anlageschwerpunkten unterschieden,
denn es liegt auf der Hand, dass man einen Japan-, einen Goldminen- und einen deutschen Standardwerte-Fonds nicht
sinnvoll miteinander vergleichen kann. Die allgemein empfohlene Regel lautet nun: Man entscheide sich zunächst für
einen Anlageschwerpunkt, dem man eine besonders gute Performance zutraut, und wähle dann einen Fonds aus, der in
diesem Bereich eine langfristig weit überdurchschnittliche Performance vorweisen kann.
Das klingt logisch, aber es gilt einige Punkte zu beachten: Die Entwicklung in der Vergangenheit ist nur ein schwaches
Indiz für die künftige Performance. Wenn der Anleger beim wichtigsten Aspekt seiner Auswahl irrt, nämlich bei der
Entscheidung für ein bestimmtes Marktsegment, eine Region oder eine Branche, dann hilft es ihm nicht viel, wenn sein
Fonds besser abschneidet als vergleichbare Angebote. Das gilt sogar für lange Zeiträume. Wer sich 1990 für einen
unterdurchschnittlichen US-Fonds entschieden hat, dürfte bis heute immer noch besser abgeschnitten haben als ein
Anleger, der zum gleichen Zeitpunkt in den allerbesten Japan-Fonds investiert hat.
Rendite leidet unter Gebühren
Es gibt aber noch ein weiteres Problem: Immer wieder wird in der Finanzpresse nachgewiesen, dass es nicht mehr als
zehn, allerhöchstens 20 Prozent aller Fondsmanager schaffen, auf lange Sicht besser abzuschneiden als der Index, an
dem sie sich orientieren. Sind die anderen 80 oder 90 Prozent also Versager? So einfach ist es nicht.
Jeremy Siegel hat in seinem lesenswerten Buch "Stocks for the Long Run" gezeigt, dass es sich um eine systematische
Performanceverzerrung handelt. Die Gesamtrendite des Anlegers leidet zunächst darunter, dass die Fonds einen
Ausgabeaufschlag und/oder Managementgebühren verlangen. Beides summiert sich oft auf drei bis fünf Prozent pro Jahr.
Zudem haben Fondsmanager die Aufgabe, überdurchschnittliche Renditen zu erzielen. Daher tätigen sie weit mehr Käufe
und Verkäufe als Privatanleger. So akkumulieren sich Gebühren. Zwar zahlen Fonds weit niedrigere Gebühren als Otto
Normalanleger, aber häufige Depotveränderungen machen sich doch bemerkbar.
Auf diese Weise - Ausgabeaufschlag, Managementgebühren, Börsengebühren - entsteht für den Anleger ein Kostenberg,
der quasi automatisch dazu führt, dass seine langfristige Rendite hinter der Indexentwicklung zurückbleibt. Die
Fondsmanager schneiden also brutto nicht schlechter ab als der Marktdurchschnitt. Das wäre ja auch kaum möglich, denn
eigentlich sind sie der Markt. Schon durch die Höhe des Kapitals, das sie zu investieren haben, geben sie die Richtung an
den Börsen vor. Durch ihr Handeln entsteht allerdings ein so hoher Kostenberg, dass der Fondsanleger in der Regel netto
schlechter abschneidet als jemand, der sich Indexzertifikate ins Depot legt.
Nie investieren, wenn viele neue Fonds aufgelegt werden
Zwei Punkte sind in diesem Zusammenhang noch erwähnenswert. Erstens: Die Fondsanbieter sind keine karitativen
Organisationen. Sie bringen Produkte auf den Markt, die gerade gefragt sind und sich gut vermarkten lassen. Nicht
umsonst sind viele der heute abgestürzten Neuer-Markt- oder Internet-Fonds am Höhepunkt der Euphorie aufgelegt
worden. Folglich lässt sich festhalten: Investiere nie in einer Branche, in der zahlreiche neue Fonds aufgelegt werden. Der
Höhepunkt der Euphorie ist erreicht, es kann nur noch abwärts gehen.
Zweitens: Die langfristige Performance von Aktienfonds ist ins Positive verfälscht. Gerade jetzt kann man fast täglich lesen,
ein Fonds werde aufgelöst, den Anteilseignern werde ein Umtauschangebot gemacht oder dergleichen. Wer also
Performance-Ranglisten über fünf, zehn oder 20 Jahre liest, muss wissen: Die einzelnen Anbieter sind bei weitem nicht so
gut, wie sie sich darstellen. Die schlechtesten Fonds aus ihrem Angebot sind längst eliminiert. Nur die besten haben
überlebt, die Investmentleichen sind längst entsorgt.
© 2001 Financial Times Deutschland
--------------------------------------------------------------------------------
Gruß
bäs
ps: sorry für das Zeileformatieren, weiß auch nicht warum nicht alles linksbündig ist
(