Ich kann schon fast schlecht schlafen wegen diesem Problem, es scheint keine wirkliche Lösung zu geben. Um mal die Gegenargumentation einzunehmen:
Wenn man ganz radikal wäre und den Goodwill immer abzieht, dann hieße das, daß das übernommene Unternehmen schlagartig weniger wert wäre. Gestern noch 100 Mio., heute nur noch 40 Mio. Die Mutter B müßte in diesem Jahr einen hohen Verlust ausweisen, und selbst wenn man es außerhalb der GuV unterbringen würde, hieße das, daß die 100 Mio. Cash auf einmal weniger wert sind, nur weil sie investiert wurden.
Regelmäßige Abschreibung wie nach HGB war ein Kompromiss, wenn auch eine Halbheit. Man hätte vielleicht so argumentieren können, daß wenn die Übernahme sinnvoll war, dann ist sie langfristig so rentabel, daß die Gewinne die Abschreibungen aufwiegen und damit das EK nicht sinkt. Aber das sind Fragen, die eigentlich nicht mein Geschäft sind, sondern das der BWL.
Daß es auch nach IFRS Firmenwertabschreibungen gibt, die vom Management nach eigener Einschätzung vorgenommen werden, macht es nicht besser. Ich muß einen Satz von mir oben korrigieren, der so ziemlicher Unsinn war: wenn ich schrieb, daß "die Bewertung Sache des Managements sei", nun, dann würde man sich damit von diesem abhängig machen, und das ist eigentlich genau das, was man nicht möchte. Man möchte ja möglichst harte Zahlen, wegen der Vergleichbarkeit, und nicht welche, die vom Management fast nach Belieben getrimmt werden können. Es wird kaum ein Vorstand zugeben wollen, daß vergangene Übernahmen, die man selbst zu verantworten hatte, doch weniger wert sind.
Zumal, neben dem KBV noch das Problem der durch fehlende Firmenwertabschreibung "aufgeblähten" Gewinne besteht. Kann man gleichzeitig die Gewinne und die tendenziell "aufgeblähte Bilanz" ernstnehmen?
Verrückt auch, daß man sich mit solchen Problemen herumschlagen muß, obwohl man es doch eigentlich bloß einfach haben wollte. Ist es am Ende besser, sich dumm zu stellen?
Unter US-GAAP gab es doch auch schon das Goodwill-Problem? z.B. O'Shaughnessy oder die anderen haben vermutlich nicht bereinigt.
Insofern könnte man, wenn man sich nicht allzuweit von ihm entfernen möchte, als Kompromiss so vorgehen, daß zwar zunächst auch der Einfachheit halber nur das ausgewiesene Eigenkapital herangezogen wird, um eine Liste von Kandidaten zu erhalten, aber dann vor dem Kauf noch eine "Due Dilligence" stattfindet, in der doch noch der Goodwill berücksichtigt wird.
Man muß ja nicht blind nach Liste kaufen.