Zinsen auf den Kopf gestellt

  • Nochmal ein Thread zum Thema Zinsen und Anleihe-Renditen. Vorweg gesagt: Bei näherer Betrachtung sind meine Überlegungen verstörend, vor allem für Anleger, die hoffen, mit verzinsten Anleihen Rendite zu erwirtschaften.


    Starten wir bei der gewohnten Einschätzung. Diese lautet: Zinsen führen zu einer Geldvermehrung (Kapital-Akkumulation). PUNKT. Absolut logisch: Ich verleihe 1.000 Euro zu derzeit 3,5% Zins an den Staat und bekomme nach einem Jahr 1.035 Euro zurück. Klare Sache: Das Kapital hat sich vermehrt, wir haben eine Kapitalakkumulation. Falls (wie meist der Fall) Geld an den Staat verliehen wird, gilt diese Form der Kapitalakkumulation als risikolos.


    Das Schema führt über den Zinseszins-Effekt zu exponentiell zunehmenden Einnahmen. Die bisher aufgelaufenen Zinsen verzinsen sich zusätzlich. Bei zunehmender Anlagedauer potenziert sich der Effekt. Als Extremfall steht der berühmte Josephspfennig, d.h. seit dem Jahr Null aufgelaufene Zinsen auf einen mickrigen Pfennig, die per Zinseszins-Effekt zu einem Vermögen führen, das höher ist, als das Gewicht der Erde, in Gold aufgewogen.


    Diese mathematisch tadellose Kalkulation provoziert Katastrophen-Szenarien: Zins und Zinseszins führen zu einer extremen Kapitalakkumulation bei denjenigen, die als Kreditgeber auftreten, die Kreditgeber werden immer reicher. Die Kapitalakkumulation ist außerdem exponentiell. Da exponentielles Wachstum auf Dauer unmöglich ist (sh. Josephspfennig), muss das Zins-System irgendwann an seine Grenzen stoßen und zu einem abrupten Systemkollaps führen. Diverse Zins-Kritiker prognostizieren an diesem Wendepunkt Krieg, Chaos und Anarchie, ausgelöst durch extreme Wohlstandsunterschiede zwischen Kreditgebern / Zinsempfängern einerseits, und Zinszahlern andererseits.


    Um dieses unausweichliche Katastrophen-Szenario abzuwenden, fordern diverse Zinskritiker die Abschaffung der Zinsen.


    Die resultierenden zinslosen Wirtschaftsräume sind - nach Meinung der Zinskritiker - inflationsfrei und provozieren dadurch wiederum das Horten von Bargeld. Neben der Abschaffung der Zinsen empfehlen sie deshalb zusätzliche Maßnahmen wie Steuern auf Bargeld (die berühmte Liquiditätsgebühr). Letztere wiederum erfordert - zur Verhinderung von Kapitalflucht - die Kontrolle von Kapitaltransfers ins Ausland, sowie zur Verhinderung einer Flucht in arbeitslose Einkommen aus Immobilien di- e- Besteuerung von Grund und Boden. Diese Zwangsmaßnahmen stimulieren letztlich den Kapitalfluss in produktive Wirtschaftsbereiche, beseitigen die Inflation, verhindern ungerechte Kapitalakkumulation und unsoziale Zinseinnahmen aus arbeits- und riskolosem Einkommen.


    Soweit die Theorie, nachzulesen z.B. bei der Architektin Margrit Kennedy unter http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/kennedy/. Die Kurzfassung aus der Feder von Frau Kennedy:


    Zitat

    Dieser [Zins-]Mechanismus [führt] zur Akkumulation von Kapital in den Händen von zunehmend weniger Menschen und [hat] damit in der Vergangenheit zu unzähligen Fehden, Kriegen und Revolutionen geführt. & Heute ist der Zinsmechanismus eine Hauptursache für den pathologischen Wachstumszwang der Wirtschaft mit allen bekannten Folgen der Umweltzerstörung.


    Die Bösen sind klar benannt: Reiche, die über Zinsen Kapital akkumulieren, bis das dadurch zu exponentiellem Wachstum gezwungene System kollabiert.


    _________________________________________________________________



    Die beschriebenen Mechanismen scheinen geradezu naturwissenschaftlichen Gesetzen zu unterliegen. Die Katastrophenszenarien lösen sich aber in Nichts auf, wenn man - völlig unspektakulär - zwei Faktoren aus der Realität in die Kalkulation einbezieht: Inflation und Steuern. David Dreman nannte sie die apokalyptischen Reiter für jeden Anleger. Warum?


    Jeremy Siegel (Stocks for the long run, S. 15) ermittelte für die USA in der gesamten Nachkriegsperiode (1946 - 1997) nach Inflation und vor Steuern niederschmetternd niedrige Anleiherenditen: für langfristige Staatsanleihen 1,1% p.a., und für kurzlaufende Staatsanleihen 0,5% p.a.


    David Dreman (Contrarian investment strategies, the next generation, S. 309) kommt für die US-Nachkriegszeit (1946 - 1996) auf folgende Renditen nach Inflation und nach Steuern: Für Bonds jährlich -1,8% und für T-bills jährlich -1,7%, also systematisch negative (!!!) Renditen und Substanzschwund. Keine Spur von Kapitalakkumulation, auch wenns der Theorie widerspricht.


    Auch für Deutschland (1967 - 1998) fand Stehle bei Berücksichtigung von Inflation und Steuern negative Renditen für Anleihen: http://www.wiwi.hu-berlin.de/f…al/Forschung/dax_rexp.pdf


    Ich hatte diese Befunde bereits an anderer Stelle in diesem Forum zitiert. Um Mißverständnissen vorzubeugen: Natürlich kann man, z.B. in Zeiten fallender Zinsen und steigender Anleiherenditen, mit Anleihen phasenweise Geld verdienen. Langfristig aber klappt das offenbar nicht, und langfristig führen Anleihen offenbar nicht zu einem realen Vermögensaufbau.


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    Jetzt wirds für Zinskritiker (und nicht nur diese...) verrückt: Wenn Investoren (Gläubiger) unterm Strich mit Anleihen kein Geld verdienen, sondern Vermögen verlieren, dann folgert daraus zwingend, daß der entsprechende Gegenspieler (in der Regel der Staat mit seinen Staatsanleihen) unterm Strich als Schuldner Geld verdient! M.a.W.: Der Staat zahlt zwar Zinsen, macht aber unterm Strich ein Geschäft damit. Zugegeben: Das stellt so ziemlich jede gängige Vorstellung auf den Kopf und provoziert diverse Fragen:


    ____________________________________________________________



    Frage 1: Wer ist so dämlich, in Staatsanleihen zu investieren, wenn er damit Geld verliert?


    Hierzu fallen mir verschiedene Antworten ein:


    a) Viele Anleger sind nicht in der Lage, zwischen Nominal- und Realverzinsung zu unterscheiden.
    b) Inflation mit Zinseinkünften ist ein kleineres Übel, im Vergleich zu Inflation ohne Zinseinkünfte.
    c) Staats-Anleihen werden mit immensem Werbe-Aufwand als risikolos verkauft. (Vermutlich wider besseres Wissen siehe z.B. Wertverfall von Staatsanleihen in Reichsmark.)
    d) Der Staat zwingt Großanleger per Gesetz dazu, Staatsanleihen zu kaufen.


    Punkt d) wäre besonders brisant, und mir sind bisher zwei Indizien in diese Richtung aufgefallen:
    - In der Schweiz muss jeder Bürger zwingend einen bestimmten Prozentsatz seines Einkommens für die eigene Altersversorgung sparen die sogenannte zweite Säule. (Die erste Säule ist die umlagefinanzierte Rentenversicherung, wie wir sie in Deutschland kennen.) Die entsprechenden Anlagegelder der 2. Säule werden privatwirtschaftlich von Finanzinstituten (Banken etc.) gemanagt und angelegt. Der Clou hierbei: Per Gesetz ist der Aktienanteil für diese Zwangs-Ersparnisse auf 50% beschränkt, d.h. die Finanzinstitute müssen einen Großteil der gigantischen Summen in Anleihen anlegen.
    - In Deutschland scheint es ähnliche Vorschriften zu geben. In der aktuellen B:0 (Nr. 34, S. 27) gibt es ein Interview mit dem Allianz-Vorstand Joachim Faber.

    Zitat

    Frage: Werden dann die Versicherer ihre Aktienquoten wieder erhöhen?
    Antwort: Von der Vermögensaufteilung her wäre es angebracht. Aber angesichts der neuen Bilanzierungs- und Solvenzregeln gibt es leider kaum Spielraum. & Daher werden europäische Versicherer in den nächsten Jahren nicht groß in Aktien investieren, was aus Allokationssicht falsch ist.


    Nebenbei bemerkt: Die Allianz Versicherung verwaltet ein Anlagevermögen von 1,07 Billionen Euro. Per Gesetz muss ein Großteil dieser 1.070 Milliarden Euro offenbar in Staatsanleihen angelegt werden.


    __________________________________________________________



    Frage 2: Wie funktioniert das System aus Sicht des Staats?


    Auch hier fallen mir spontan wieder mehrere Antworten ein:


    a) Die Inflation muß angeheizt werden. Man erhöhe z.B. die Steuern und Abgaben auf Benzin, Tabak, Alkohol, Abgase, Müllabfuhr, Mehrwertsteuer, usw usf.
    b) Größere Zinseinkünfte müssen voll besteuert werden z.B. im Gegensatz zu Aktiengewinnen (nach Spekufrist) oder Dividenden (Halbeinkünfte-Verfahren).
    c) Ein progressives Steuersystem mit entsprechenden Grenzsteuersätzen sorgt für optimale Besteuerung von zusätzlichen Zinseinkünften und treibt per Inflation immer mehr Bürger in den Spitzensteuersatz.
    d) Je höher die Staatsschulden, um so besser, falls Inflation und Steuersätze ausreichend hoch sind. Im Zweifelsfall lohnt es sich, jahrelang den EU-Stabilitätspakt und das Grundgesetz zu brechen, damit genug Steuern auf Zinsen (für Anleihen mit fallendem Rückzahlungswert) eingetrieben werden.
    e) Man bewerbe Staatsanleihen aggressiv als attraktive Anlageform, die ein deutlich geringeres Risko als Aktien besitzt.
    f) Man verhindere eine Grundausbildung von Schülern jeglicher Art in Finanzwissen. Grundwissen in Geldanlage? Physik oder Latein bringen deutlich mehr für den Rest des Lebens...


    ___________________________________________________



    Genug der Denkanstöße. Bin gespannt auf die Diskussion.


    Gruß, witchdream

  • Bevor Beobachter wieder anfängt zu polemisieren versuche ich mal Gegenargumente zu deiner These aufzuzählen.
    Soweit ich weiß zahlen Fonds/Lebensversicherer keine Steuern sondern die (Klein)Anleger. Die haben aber einen Freibetrag und es ist sicher nicht unüblich Geld das über diesem Betrag liegt in der Familie auszulagern. Ein Ehepaar kann bei 4% um die 65000euro anlegen bevor es Steuern darauf zahlen muß. Ob das schon in die Berechnungen mit eingegangen ist? Wie erklärst du dir eigentlich die verschiedenen Ergebnisse der Untersuchungen. (einmal leicht positiv, einmal leicht negativ)


    Aber im Grunde hast du schon recht. Alle (Vorsteuer)Untersuchungen die ich bis jetzt gelesen habe, belegen das man Aktien gegenüber Anleihen bevorzugen sollte.

    They did not know it was impossible, so they did it! --Mark Twain

  • Alles im goben und ganzen richtig.
    Ich gebe trotzdem noch meinen Senf dazu_


    1. Das Jahr Null gibt es nicht
    2. Guthaben auf der einen Seite sind stets Schulden auf der anderen.
    3. Laaaangfristig läßt sich mit Zinsen auf Anleihen kein Geld, denn das System muss kollabieren. Dann sind Schulden und Guthaben wieder auf Null oder nahe dran.
    Deswegen ist das Zinssystem letzlich für niemanden gut.
    4. würden die Zinsen seit 1967 sogar negativ sein, dann kann die angefügte Grafik nicht stimmen. Quelle statistisches Bundesamt(!)
    Es scheint doch so zu sein, dass die Zinszahlungen des Staates prozentual von der Leistund her zunehmen.
    Es ist also nicht genug Inflation bisher vorhanden gewesen.
    Deshalb, ganz richtig, bleibt nur die 2. Möglichkeit:
    Steuererhöhungen. Und tatsächlich. bis auf 2 mal waren die Steuereinnahmen jedesmal höher als im Vorjahr. Wers nicht glaubt den verweise ich ebenfalls aufs statistische Bundesamt, ich habe jedenfalls selbst nachgeguckt um nicht zu glauben sondern zu wissen.
    5. Zwangsanleihen. Soetwas hat es historisch gesehen oft gegeben und wird verstäkt kommen. Der Staat muss sich verschulden. Tut er es nicht, dann sucht sich das Geld andere Plätze um angelegt zu werden. Selbst wenn der Zins verboten werden würde, es würde der Schwarzmarkt blühen.


    Letzlich wird es aber irgendwann dazu kommen, dass die Schulden entweder:
    a) weginflationiert werden
    b) wegversteuert werden (laut Dreyman s.o. witchdream), und das wäre dann letztendlich irgendwie eine Form von Liquiditätsgebühr.
    c) oder aber die Schuldenlast wird so drückend, und man will wege a und b nicht gehen. Dann gibt es nur die Möglichkeiten weitere Einnahmen zu generieren.
    c1): Überfall und versklavung anderer schwächerer Völker.
    (doch auch das verschiebt nur das Problem, löst es aber nicht, siehe Römer)
    c2): Modernere Variante: Export-Ankurbelung (verlegt auch unsere Arbeitlosigkeit in das importierende Land).
    Doch auch das geht irgendwann nicht, denn jedem Export steht ein Import gegenüber. Und die anderen Länder werden es sich nicht weiter gefallen lassen. Es wird zu Zollabschirmungen kommen, und im extremfall wieder zu Spannungen zwischen den Ländern, so geschen m.E. im ersten Weltkrieg. Nur noch ein Gestänker, man brauchte keinen guten Grund. Wenn man bedenkt das es hier nur um die Ermordung eines Prinzen ursprünglich ging, dann kann man ermessen wie sehr alle eigentlich Krieg sowieso wollten.
    c3) Die Spannungen werden nicht gelöst. Es kommt zu sehr unangenehmen Zeiten. Denn letzlich ist der Krieg unterm Strich noch eine Lösung. Kommt diese nicht, wird es zum Überwachungsstaat kommen, der dafür sorgt, dass man seine 80 Stunden in der Woche leistet. Irgendwann wird man jedoch auch nicht weiter kommen, und es kommt irgendwann doch zu einer Lösung, die dann eben am besten mit a oder b passiert, oder aber mit Krieg. Am wenigsten gefiele mir die Problem bis ins unerträgliche zu steigern. Arbeitslosigkeit, strenge Kontrollen, der gläserne Bürger.


    Gruß


    Joe

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    Einmal editiert, zuletzt von Joe ()

  • Und das Bild hier, laut Bund der Steuerzahler sind wir schon bei 20% Zinszahlung und 30% Rentenbeiträge.
    Ich persönlich habe am eigenen Geldbeutel auch in sachen Krankenkasse gemerkt.... Und das wo es doch hieß die Krankenkassenkosten werden mit der Reform sinken.

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  • zu Punkt d) von witchdream:
    dazu passt ganz gut der Artikel aus der aktuellen "die Zeit" (Nr. 34, S.25 "Inflation frisst die Rendite"). Da geht es um die Pflicht in mittel- und Osteuropäischen Staaten zur privaten Altersvorsorge. Nach diesem Artikel dürfen die Pensionsfonds in Polen nur 5% ihrer Anlagengelder außerhalb Polens anlegen. Zusammen mit einer Höchstgrenze des Aktienanteils ergibt sich dann der Zwang zum Kauf von Staatsanleihen.

  • Eine Nachsteuerrendite zu betrachten ist kompliziert, da der Steuersatz individuell verschieden ist. Pauschale Aussagen sind da kaum möglich.


    Zu Spuds Einwand kann ich noch die nachgelagerter Besteuerung z.B. der Rürup-Rente hinzufügen.

  • Das einzige was dieser "Moderator" kann
    (zur Erinnerung fuers Forumsarchiv: er nannte sich DAQel)
    ist Andersdenkende aus Norbert's ehemals tollem Forum zu ekeln.
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    und das finden wir ganz toll!

  • Doch, doch, durch die immer höhere Besteuerung können:
    a) mir die Guthaben etwas entwertet werden weil weniger hinzukommt (Bremswirkung durch beispielsweise Zins-abschlagssteuer, jedenfalls für den kleinen Mann der nicht im Ausland von seinen Ersparnissen leben kann.)


    b) kann das Problem der Schuldenlast hinausgezögert werden. Der Staat hat damit kein Einnahmenproblem.
    Schwierig wird es erst wenn er mehr als 100% (siehe mein Kuchdiagramm.) Er kann nicht mehr als 100% nehmen.


    So stimmt es, dass Inflation und Steuer das alles ausgleicht. (Nur das man darunter leidet, das ist der Punkt der hier nicht angesprochen wurde.) Aber das es durch Inflationierung und durch Steuereinnahmen bisher so ging wie es geht, zeigt ja alleine schon die Tatsache, dass es uns noch gibt.
    Ich denke also bin ich.


    Und ich kann mich nicht weiter verschulden wenn der Zins bei null ist. Ich würde es nur gerne tun. Denn das Kostnix-Geld würde mir keiner leihen wollen. Die Motivation es mir zu leihen strebt mit sinkenden Zinsen gegen Null.
    Die Deflation entsteht, da die Besitzer das Geld horten.


    Und dazu auch gleich ein Kommentar zur Lösung mit einer Liquiditätsgebühr (ich kopiere mal hier was rein, und schließe mich dem voll an. Gruss Joe)


    "...Da in früheren (vordeflationären) Zeiten aber nicht nur mit Geld, sondern auch mit Kredit nachgefragt wurde und
    in einer Deflation die Kreditnahme (selbst bei Nullzins!) rapide nachlässt, entfällt obendrein der Block der
    Nachfrage, die bisher mit Hilfe von Kredit ausgeübt wurde. Dem deflationären Teufelskreis kann kaum einer
    entkommen, zumal die laufenden Einkommen ihrerseits (Arbeitslosenproblem) auf breiter Front wegbrechen.
    Bis die Deflation ausgelaufen ist, gibt es faktisch kein Mittel, die Zahl der Kaufakte (vulgo = den Geldumlauf)
    irgendwie zu erhöhen, auch nicht mit dem Kunstgriff das Problem mit Hilfe von "sich selbst (also nicht durch die
    Preise) entwertendem Geld" zu lösen. Denn auch dieses Geld würde nicht zu neuen Kaufakten stimulieren,
    sondern es würde zunächst dazu dienen, die bereits existierenden und immens drückenden Schulden
    abzubauen.
    Auch ein Schein, auf dem stünde "Morgen nur noch die Hälfte wert" würde sofort zur Schuldentilgung verwendet
    werden, dies sogar umso mehr, je höher die Entwertung ist. Denn "Morgen" könnte ich nur noch halb so viele
    Schulden tilgen wie ich es heute kann. Für neue und zusätzliche Kaufüberlegungen wäre erst dann Platz,
    nachdem alle ihre Schulden getilgt haben, was umso länger dauert, je höher die bereits existierenden Schulden
    sind."

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  • Wow! Echt gut erklärt. Ich habe ein bisschen gebraucht um die gleichungen alle genau zu verstehen. Obwohl sie so einfach sind, ist es so schwierig zu Begreifen. Aber es stimmt. Insbesondere der letzte Teil ist erschreckend, dass die Inflation den am härtesten trifft der das Geld zuletzt bekommt.


    Zu meiner Sache ich bin hierauf etwas halbschief in meiner Antwort eingegangen. Die Ironie Deines Satzes ist mir dabei entgangen. Das ist bei Texten nicht immer so einfach, das zu sehen. ich habe Deine klammern übersehen bei folgendem Satz zu meiner Aussage oben:


    "Kann ich nicht nachvollziehen – man kann sich auch bei 0% Zinsen endlos verschulden (sofern man kann )"


    Richtig, sofern man kann. Das kann aber nicht jeder. Das können die Banken aber ich kann es zum Beispiel nicht.
    ----------------
    Zu Willys letztem Beitrag:


    Wem es zu kompliziert ist, das alles zu durchdenken, dem kann einfach Beweise liefern aus dem praktischen Leben:
    Die zu zahlende Zinslast die der Staat trägt ist gemessen an seinen Einnahmen im Laufe der Jahre immer schwerer geworden. (Siehe gelbes Kuchendiagram)
    Würden Zinsen durch Inflation entwertet werden so müßte die Zinslast stets konstant bleiben.
    Das ist aber offensichtlich nicht der Fall.
    Das BIP ist zwar gewachsen (auch mit hilfe der Inflation), die Zinsen die der Staat zu zahlen hat sind aber noch stärker gewachsen.
    Die Verhältnisgröße analog KGV ist beim Zins/Bip ist stets angwachsen. Der Schuldenberg ist also drückender als vor vielen Jahren. Jedem Schuldner steht aber auch ein Gläubiger gegenüber und das ist auch bei diesen Schuldlasten der Fall. Die immer drückendere Lasten auf der einen Seite sind die Auftriebskraft auf der anderen Seite. Sie erhalten im Gegenzug immer mehr.
    Egal was eine Statistik sagt das Renditen negativ sein sollen. Der Staat hat jedenfalls mehr zu zahlen als vorher. Wären seine Schulden weginflationiert worden dann wäre diese Last nicht angewachsen. Immerhin, die Steuern hat der Staat erhoben und sie haben einen bremsenden Effekt. Aber Willys Mathematischer Beweis zeigt, dass egal wie klein die Kapitalakkumulation ist, es sich um ein exponentiellen Sprengstoff handelt. Auch ein kleiner Prozentsatz von nur 1% > als Inflation muss zur Katastrophe führen. Es braucht nur länger.

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  • Zitat

    Graphisch dargestellt (Y-Achse = Kn, X-Achse = n) ergäbe sich eine Exponentialkurve, die mit n gegen +Unendlich steigen würde. Mit anderen Worten: für jedes m > n gilt: Km > Kn


    Wo kommen denn die Variablen m und Km her?


    Zitat

    ..einem jährlichen Steuersatz s besteuert. Dann gilt für den Kapitalbetrag nach Verzinsung und Steuer Kns = K * (1+p*(1-s))^n


    Da du von Steuersätzen und Zinssätzen sprichst (also der Form 5%) muss der Zinssatz als p/100 und der Steuersatz als s/100 dargestellt werden.


    Zitat

    So lange s < 100%


    Sollt doch wohl heissen "solange s < 1 ist..."

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  • Alles klar, da dies ja kein Mathethread ist erpare ich mir weitere Ausführungen, aber eines muss ich doch noch los werden:


    Zitat

    Die Frage ist damit ý im Rahmen der Regeln der klassischen Algebra ý eindeutig und zweifelsfrei beantwortet: Ja, Zinsen bewirken die Akkumulation von Kapital.


    Das ist zweifelsfrei falsch.


    Mathematischer Beweis:


    K(n) = K(0) * (1+p/100)^n
    wobei gilt:
    K(0)=100
    p=-5


    Daraus folgt:
    Jedes K(n) ist kleiner als K(0) und
    mit wachsendem n wird K(n) immer kleiner


    Beispiel:
    K(2)=90,2; K(5)=77,3
    also, K(2)<K(0), K(5)<K(0), und K(5)<K(2)


    So viel zu mathematischen Beweisen.


    Gruss,
    MB

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  • Um mal zwischendrin ein paar Fragen und Kommentare zu beantworten:


    @ Willy:


    Zu deiner Einleitung:


    Zitat

    Mir scheint es geht dir mit diesem Sräd darum die Frage zu klären ob Zinsen einen kapitalakkumulierenden Effekt haben oder nicht. Korrigiere mich bitte, falls ich das falsch verstanden haben sollte.


    Sorry, das hast du falsch verstanden - siehe mein 2. Absatz im Eröffnungs-Posting.


    Mir geht es sondern mehr um die Rendite, also die Frage, ob Anleihen eine sinnvolle Anlage zum Vermögensaufbau sind. (Ich sehe Vermögensaufbau nicht als numerische Kapitalakkumulation, sondern als echte Rendite nach Inflation und Steuern.) Leider gibt es zum Thema Vermögensaufbau über Anleihen kaum langfristige Renditeberechnungen - ich kenne nur die zitierten, und die besagen: Die Rendite für den Anleger ist negativ.


    (Falls jemand zusätzliche langfristige empirische Studien kennt, wäre ich äußerst dankbar.)


    Der Widerspruch zwischen mathematischer Kapitalakkumulation und realer Vermögensvernichtung für Anleger ist natürlich frappierend und provoziert bei mir verschiedene Folge-Fragen - siehe oben.


    @ Spud:


    Zitat

    Wie erklärst du dir eigentlich die verschiedenen Ergebnisse der Untersuchungen. (einmal leicht positiv, einmal leicht negativ)?


    Das ist einfach: Die leicht positiven Anleihe-Renditen von Siegel sind nach Inflation, aber noch vor Steuern. Die negativen Renditen von Dreman und Strehle sind nach Inflation und nach Steuern.


    Zur Frage der Besteuerung von Fonds und Lebensversicherungen: Guter Punkt, um Mißverständnisse zu vermeiden. Ich gehe auch davon aus, daß Fonds und Lebensversicherer nicht mit Eigenkapital anlegen, sondern mit Kundengeld. Die Fonds etc. leben also nicht von einer Zinsrendite, sondern von Gebühren. Deshalb macht es für sie auch durchaus Sinn, den Anlegern unrentable Anleihen anzudrehen. Daran verdienen sie genauso gut wie am Verkauf von Aktien. Oder habe ich hier einen Denkfehler?


    Zu den Freibeträgen: Strehle hat unterschiedliche Steuersätze berücksichtigt, und natürlich führen niedrige Steuersätze zu weniger Substanzschwund. Interessant wäre die Frage, wie sich das unterm Strich aus Sicht des Staates darstellt, also die Balance aus Zinsbelastung, inflationsbereinigter Tilgung, und Einnahmen aus Zinssteuern. Kennt jemand Daten?


    @ Hofnarr: Die "Zwangsanleihen" in Polen sind äusserst interessant.


    Soviel für heute - das Essen ruft...


    Gruß, witchdream

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  • @ Willy,


    freut mich, daß wir uns mal außerordentlich einig sind: Zinsen führen zu nominal höheren Geldbeträgen, aber unterm Strich nicht zu realen Renditen.


    Damit können wir auch ein Dilemma lösen, das du in diesem thread benannt hast, nämlich das ...


    Zitat

    ....Dilemma eine andere Erklärung [als die Zinsen?] für die statistische nachgewiesene Spreizung der Wohlstandsschere benennen zu müssen. Stagnierende Löhne werden da selbst mit akrobatischsten Klimmzügen keinen Lösungsansatz liefern.


    Kurz gesagt: Die Anleihe-Zinsen mit ihrer negativen Real-Rendite können offenbar nicht "schuld" sein an der Spreizung der Wohlstandsschere. Das müssen also Anlageformen mit einer positiven realen Rendite (nach Inflation und Steuern) sein. Die Anlageform mit der höchsten realen Rendite, die ich kenne, sind Aktien.


    Man kann also daraus schließen, daß Aktien, eher als Anleihen, zu einer Spreizung der Wohlstandsschere beitragen. Ich hoffe, diese Antwort löst dein Dilemma.


    Die Frage ist nur, welche Schlüsse man daraus ziehen soll.


    Frau Kennedy, die (fälschlicherweise) Zinsen für die Spreizung der Wohlstandsschere verantwortlich machte, empfahl ein Verbot der Zinsen. Wenn nun ein echter Vermögensaufbau nicht über Anleihen stattfindet (soweit sind wir uns einig), sondern eher über Aktien erfolgen kann, dann sollte Frau Kennedy wohl über ein Verbot von Aktien nachdenken.


    Was meinst du dazu?


    Gruß, witchdream

  • Zum Statement


    Zitat

    Die Anleihe-Zinsen mit ihrer negativen Real-Rendite können offenbar nicht "schuld" sein an der Spreizung der Wohlstandsschere


    wollte ich kurz einen Kommentar abgeben.


    Fuer den Erwerbstaetigen gilt genau das gleiche, Steuern auf den Lohn und Gehalt und natuerlich die Inflation.


    Da die Inflation fuer beide Einkommen gleich ist, kann sie aus der Betrachtung entfallen. Bleiben die Zinsen und Steuern. Die Zinsen eines Arbeitnehmers sind die Aufschlaege auf den Lohn, also Lohnerhoehungen. Es waere nun zu untersuchen, wie sich die durchschnittlichen Lohnerhoehungen im Verhaeltnis zu den Anleihezinsen verhalten haben. Weiter waere festzustellen bei welcher Einkommensgruppe, Kapital oder Arbeit, die durchschnittlichen Steuern hoeher sind.


    Aus diesen Angaben koennte man dann die reale Rendite und den realen Lohn entwickeln.


    Vor kurzem war hier ein Chart ueber die Lohnentwicklung und dieser zeigte, dass die realen Loehne schon seit Jahren sinken. Falls das Gefaelle dieser negativen Entwicklung steiler sein sollte als das Gefaelle der negativen Real-Renditen, dann oeffnet sich die Wohlstandsschere trotzdem, da das Kapital weniger real verliert als die Arbeit.


    Gruss,
    MB

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