Buchwert und Goodwill

  • Heute kam eine Meldung über ROK plc:


    http://www.londonstockexchange…l?announcementId=10607737


    Rein technisch wäre die Aktie sehr billig, KBV 0,3 KGV10 um die 3 etc.


    Einziges Problem: Immaterielle Vermögensgegenstände wieder mal größer als das EK ähnlich wie bei Connaugh.


    Interessant auch die Entwicklung des "harten Buchwerts" pro aktie vs. dem ausgewiesenen Buchwerts. 1999 waren noch 80% "tangible", Ende 2009 war das verhältnis -39%, also 39% mehr Intangibles als Eigenkapital.


    Klar kann man das abschreiben und evtl. weitermachen (ist ja alles "non cash", aber es zeigt schon ein bischen den Grad an Volatilität den so eine Bilanz beinhaltet.


    MMI

  • Daß es Firmen ohne EK gibt und daß diese Gewinn machen können, wäre an sich trivial. Für mich überraschend war aber, daß in dem Beispiel sozusagen nur die (ehemaligen) Kapitalkosten verdient werden, und trotzdem noch ein Gewinn übrigbleibt. Weder das alte operative eigene Geschäft, noch das der Tochtergesellschaft interessieren sich schließlich für die Übernahme. Beide erzielen nur ihren bisherigen durchschnittlichen Gewinn.


    Aber ihr habt recht, es wird dann eng. Theoretisch denkbar wäre auch, daß die Schulden bereits abgetragen sind, dann wäre dieses Problem weg. Bloß scheint das in der Praxis kaum vorzukommen. Die meisten Bilanzen, die ich in der letzten Zeit angeschaut habe, und die so viel Goodwill enthielten, bestanden leider zugleich aus mehr oder weniger viel Finanzverschuldung (z.B. Eon, RWE, Freenet, France Telecom, Vivendi, ...).


    Balkenchart : Ja, Schaltbau - übrigens gut gelaufen und immer noch günstig - war so ein Beispiel. Da weigerte ich mich auch, das hohe KBV als Ausschlußkriterium gelten zu lassen; ich konnte es aber nicht präzise begründen.

    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

    Einmal editiert, zuletzt von Winter ()

  • Sehe gerade, daß ich die Klammerbemerkung mit den Beispielen nachträglich an den falschen Absatz hinzufügte; habe es jetzt korrigiert.

    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

  • Zitat

    Original von Winter
    Balkenchart : Ja, Schaltbau - übrigens gut gelaufen und immer noch günstig - war so ein Beispiel. Da weigerte ich mich auch, das hohe KBV als Ausschlußkriterium gelten zu lassen; ich konnte es aber nicht präzise begründen.


    Ich verwende eine Mischung von Kennzahlen (KUV,KBV ohne Firmenwert, KCV operativ, KGV, Dividende) plus relative Staerke, und da war Schaltbau tatsaechlich einmal auf meiner Kaufliste (Ende 2004?)


    Balkenchart

  • Ich hatte das ja schon einmal geschrieben: Goodwillbilanzierung ist praktisch die Verlagerung von zukünftigen Gewinnerwartungen der gekauften Einheiten in die Bilanz von heute, wofür ja der heutige Manager seinen Bonus bekommt. Die nachfolgende Generation kann sich dann mit den Bilanzklotz rumschlagen, falls das heutige Management sich damit vertan hat.

    „Das große Karthago führte drei Kriege. Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr aufzufinden.“

  • In einer Publikation namens "Corporate Finance biz" gibt es einen Artikel zur Entwicklung der Immateriellen Vermögensgegenstände bei HDAX Unternehmen.



    Für die Onlen Version braucht man einen Login:


    http://www.corporate-finance-f…ntent/dft,312,CFB_100512A


    Interessant sind m.E. aber nur die Zahlen:


    2005 war das Verhältnis Immaterialle Vermögensgegenstände zu EK :
    - Dax 32,4%
    - MDAX 15,8%
    - Tecdax 31,2%


    2009:
    - Dax 69,3%
    - MDAX 35,7%
    - TecDax 30,3%



    Schon sehr erstaunliche Werte, insbes. beim DAX.



    Edit: Es gibt im Artikel auch noch eine etwas grobe Korrelationsanalyse, die einen (geringen) statistischen negativen Zusammenhang zwischen Performance und Anteil der immateriellen Vermögensgegenstände.


    MMI

    Einmal editiert, zuletzt von memyselfandi007 ()

  • Hier ist eine etwas ältere Studie von Flossbach zum Goodwill in Dax und Mdax. Umfasst zwar nur das Jahrzehnt 2005-2014, da war aber immerhin die Finanzkrise mittendrin.


    https://www.flossbachvonstorch…28-die-goodwill-blase.pdf


    Ist seitdem so weitergegangen. 2014 hatte der Dax 243 Mrd. Goodwill, jetzt sind es 317 Mrd. (Abschreibungen 2019 5 Mrd.)


    Wie muß man sich das vorstellen? Den Goodwill kann man immer weiter erhöhen? Bei diversen Dax-Firmen übersteigt der Goodwill schon das Eigenkapital. Und wenn man dann plötzlich Riesensummen auf einmal abschreiben muß, das ist dann nicht justiziabel? Also quasi wie Insolvenzverschleppung, Abschreibungsverschleppung.

  • Goodwill entsteht doch bei Übernahme und Konsolidierung, und zwar als Differenz zwischen übernommenem Buchwert und Kaufpreis. Darf man den nach Gusto abschreiben? Im Steuerrecht sicherlich nicht, würde ich meinen.

    Auch unsere Gedanken sind wircksame Factoren des Universums. Novalis


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  • Darf man den nach Gusto abschreiben?

    Früher (nach HGB) hat man ihn planmäßig abgeschrieben bis er weg war oder gar nicht erst aktiviert. Jetzt wird er immer aktiviert und marodiert so lange in der Bilanz herum, bis er aufgrund eines negativen Impairment-Tests (mehr oder weniger auf Schlag) abgeschrieben werden muss. Die Impairment-Tests müssen jährlich erfolgen.

    "Es ist leichter, einen Atomkern zu spalten als ein Vorurteil." - Albert Einstein -

  • Goodwill entsteht doch bei Übernahme und Konsolidierung, und zwar als Differenz zwischen übernommenem Buchwert und Kaufpreis. Darf man den nach Gusto abschreiben? Im Steuerrecht sicherlich nicht, würde ich meinen.

    Der Unterschiedsbetrag zwischen Kaufpreis und NAV muss in IFRS aufgeteilt werden und zwar auf Goodwill und Wert der erworbenen Kundenbeziehungen. Der Goodwill muss jährlich auf Werthaltigkeit "getestet" werden, Kundenbeziehungen müssen abgeschrieben werden.


    In der Praxis hat man da ziemlichen Spielraum. Konservativ veranlagte Erwerber packen mehr in die Kundenbeziehung und schreiben dann ab.


    Steuerlich sind diese Abschreibungen soviel ich weiß zumindest in D nicht wirksam.

  • Lest doch einfach das verlinkte Dokument und noch besser, den Thread, dazu ist er doch da.


    Anmerkung: Wenn man ein Modell bastelt, in welches alle Kennzahlen einfließen und wie Balkenchart das KBV um den Firmenwert bereinigt, dann müßte man eigentlich beim KGV10 ggf. auch die Firmenwert-Abschreibung rausrechnen. Wenn die Kennzahlen nur isoliert nebeneinanderstehen, dann nicht.

    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

  • Ich bereinige beim KBV (korrigiert) um goodwill, weil sonst organisch gewachsene und durch Übernahmen gewachsene Firmen nicht vergleichbar sind. Aber beim KGV lasse ich die Abschreibungen auf goodwill drin, denn das Geld wurde ja als Prämie an die Vorbesitzer des Übernahmeziels gezahlt und ist jetzt weg. Klar, der Zeitpunkt der Abschreibung wird vom Management gewählt und ist mglw komisch. Aber das ist bei vielen Details zum ausgewiesdnen Gewinn der Fall. Deswegen spielt KGV bei mir auf micro-Ebene auch keine so große Rolle.


    Balkenchart

  • Ich bereinige beim KGV um goodwill, weil sonst organisch gewachsene und durch Übernahmen gewachsene Firmen nicht vergleichbar sind. Aber beim KGV lasse ich die Abschreibungen auf goodwill drin, denn das Geld wurde ja als Prämie an die Vorbesitzer des Übernahmeziels gezahlt und ist jetzt weg. Klar, der Zeitpunkt der Abschreibung wird vom Management gewählt und ist mglw komisch. Aber das ist bei vielen Details zum ausgewiesdnen Gewinn der Fall. Deswegen spielt KGV bei mir auf micro-Ebene auch keine so große Rolle.


    Balkenchart

    Hallo Balkenchart,


    verstehe ich nicht?!

    Wo und wie bereinigst Du beim KGV den Goodwill?

    Value investing is at its core the marriage of a contrarian streak and a calculator - Seth Klarman

  • ok - dann macht es natürlich Sinn.


    Ich würde immer empfehlen beide Varianten ("tangible capital" und "including goodwill") anzuschauen.

    Hat ja durchaus unterschiedliche ökonomische Aussagen.

    Es kommt ja auch oft darauf an wer den Goodwill "verbrochen" bzw. akquiriert hat.

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  • ja klar :-D


    Ist neben Headlam und Halstead einer der UK Spieler im Boden/Teppichmarkt.

    In den USA gibts noch Armstrong, Mowhak und Shaw (Berkshire).

    Keine schlechten Geschäfte - aber gerne hoch gehebelt.


    Mir schmeckt der Leverage überhaupt nicht - und ich verstehe die Akquisitionslogik nicht mit der die andere Firmen kaufen. Sprucehouse ist da letztes Jahr ins Bord gegangen. Der Chairman hat eine interessante Historie (in NZ) und wie er zu den Aktien gekommen ist - ist auch eine spannende Kiste (Stichwort: market cap performance based pay - und dann "riesige geleveragete Dividende").


    Für mich alles eher Popkorn-Kino und ich kann mich nicht entscheiden ob ich lachen oder weinen soll. Kann mir vorstellen, dass das ein X-bagger wird - sehe die genaus so gut aber aus der Kurve fliegen.

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