Überlegungen zu O`S besten Anlagestrategien

  • Graham und auch Schloss haben beide fast ausschließlich mechanisch investiert. Schloss hat mal gewitzelt, dass er eine riesige Karteikartensammlung habe und dort von Ihm geforderte Kriterien abgehakt habe. (War mal irgendwann ein Interview im Smartinvestor)


    Graham hatte keine große Outperformance - ich habe mal irgendwo gelesen irgendwas um 3% p.a.


    Schloss ist natürlich was anderes. Ich glaube aber auch, dass Schloss in der Zeit von 1982-2009 lange nicht so gut abgeschnitten hätte wie von 59-72. Die Gelegenheiten sind rarer geworden. Auch weil die Informationsdurchlässigkeit viel größer ist.
    Darum ist der Moat wie Buffett es nennt bei seinen Investitionen auch wichtiger geworden. Der frühe Buffett hat ja praktisch nur nach billigen Gelegenheiten genommen. Der heutige Buffett ist praktisch nur auf der Suche nach dem Moat zum angemessenen Preis. BNSF ist ja nun wirklich nicht "billig".

    Value investing is at its core the marriage of a contrarian streak and a calculator - Seth Klarman

    Einmal editiert, zuletzt von Matze ()

  • Die erste Auflage von O'Shaughnessys Buch erschien 1996 und enthielt glaube ich Daten bis 1994 - in den zehn Jahren danach bis zu der neuen Ausgabe haben die Strategien ebenfalls wieder eine Überrendite gebracht. Das ist dann kein Datamining, sofern er keine methodischen Fehler gemacht hat und es sich wirklich um Echtzeitdaten handelt (wovon ich beidesmal ausgehe).


    Keine Ahnung, warum es in seinen Fonds nicht so gut klappte - vielleicht weil er den Kleinfirmeneffekt nicht nutzen kann (die meisten Strategien funktionieren nur bei kleinen Aktien besonders gut)? Unter diesem Aspekt ist dann umgekehrt die Performance von den o.g. um so beeindruckender.
    Es spricht doch auch überhaupt nichts dagegen, weitere Kennzahlen heranzuziehen, um das zu verhindern, was Du kritisierst - z.B. Bilanzkennzahlen. Genau das mache ich auch! Ich versuche eigentlich schon, das (auch) Gesamtbild zu betrachten, aber gerade dazu braucht es die Kombination von mehr Kennzahlen.
    Ich bin auch nicht unbedingt Vollmechaniker. Wenn ich zwei Aktien mit gleichen Kennzahlen angeboten bekäme, dann würde ich auch die "bessere" nehmen, oder diejenige, die ein reelleres/nachvollziehbareres Geschäft betreibt oder in einer aussichtsreicheren oder weniger wettbewerbsintensiven Branche aktiv ist. Bloß finde ich diese qualitativen Aspekte oft sehr schwierig zu beurteilen. Wenn Profianalysten sich schon schwertun mit seriösen Prognosen - wie soll ich das dann können? Da würde ich mich überschätzen.
    Und das ist das, worauf ich bei Dir angesprungen bin - vgl. Deine ursprüngliche Aussage (und natürlich auf die Kritik an unserem Säulenheiligen)! Wie gesagt, die mechanischen Untersuchungen finde ich hilfreich als Ausgangsbasis, um zu wissen, welche Kriterien überhaupt funktionieren. Letztlich habe ich meine "Formel" längst gefunden, die bislang noch von keinem entdeckt wurde (die verrate ich aber (noch) nicht) - die Strategien aus den Büchern waren dafür nur Inspiration.


    Ich habe von den genannten Value-Investoren zugegebenermaßen noch nichts gelesen - vermute aber auch, daß sie allesamt so weit entfernt gar nicht sind mit ihrer Vorgehensweise.

    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

  • Zitat

    Original von quvalue
    Ich finde es einfacher in Outperformances zu rechnen. Ich betrachte nur Ergebnisse der Fonds, keine Backtests.


    Das halte ich für einen ziemlich schweren Fehler.


    1. Die Strategie-Fonds werden vermutlich aufgelegt, nachdem die Strategie publikumswirksam publiziert worden ist. Also wenn es einen gerade hype um die betreffende Strategie gibt. Keine gute Idee, genau dann auf den fahrenden Zug aufzuspringen.
    2. Die Fonds-Manager stehen unter Beobachtung und Erfolgsdruck, was die Umsetzung einer puristischen Strategie massiv erschwert.
    3. Die Zeiträume zur Beurteilung von Fonds sind lächerlich kurz. Welcher Fondsmanager kann ein und denselben Fonds unverändert über Zeiträume von mehr als 10 Jahren führen? Und selbst in 10-Jahres-Perioden kann eine gute Strategie mal Unterrendite bringen.


    Für puristische Mechaniker wie mich sind solche Verzerrungen natürlich Gold wert: Jede Unkerei, dass eine Strategie in der Praxis versagt, fördert goldwerte Investitionsgelegenheiten.


    Es versteht sich von selbst, dass auf der anderen Seite die backtests über jeden statistischen Zweifel erhaben sein müssen. Ein plausibles Erklärungsmodell, in Kombination mit backtests über verschiedene Zeiträume, ist da schon mal die halbe Miete.

  • Es ist für mich eine neue Sichtweise. Aber einen Teil der Value Investoren als Mechaniker zu betrachten ist eine interessante Erklärung für den Erfolg mancher Marktteilnehmer. Der Erfolg mancher Strategie, wäre dann die rein mechanische Betrachtung der Geschäftsberichte. Backtest der Strategie ist dann nicht nur zulässig - sondern sogar Schlüssel zum Erfolg.


    Dem gegenüber stehen dann Schätzungen zukünftiger Erträge und des Unternehmenswertes durch die "fundamentalanalytische Fraktion" der Valuisten. In dem Zusammenhang lesenswert ist dann auch ein 72 Jahre altes von vielen 'Puristen' geschätztes Buch. www.amazon.de/gp/product/08703…1262418606&sr=1-1&seller=


    Die Frage wäre dann nur ob die CFROI-Fraktion überhaupt noch als Valuisten gesehen werden kann und ob man Graham Schloss und Co nicht besser Mechaniker nennen sollte ;D . Für die 'Unreinen' ;) www.amazon.de/Return-Investmen…-de&qid=1262422063&sr=8-3



    p.s. Wer noch wenige Bücher im Regal stehen hat, für den wäre www.amazon.de/Investment-Valua…-de&qid=1262423676&sr=1-3 ein guter Anfang. Auf der Website von Aswath Damodaran gibt es auch einigen Lesestoff und nützliche XLS's.

    "If it sounds too good to be true, it probably is."


    "Theoretisch gibt es keinen Unterschied zwischen der Theorie und der Praxis. Praktisch stimmt das aber nicht."


    "Erfahrung ist das was man bekommt, wenn man nicht bekommt was man möchte."

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  • Wie schreibt Raynar in seiner Signatur immer: Value and Growth are joined at the hip.


    Natürlich kann man Graham als Mechaniker sehen!

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  • Hier zusammengefasst meine grundsätzliche Schwierigkeiten mit der OS Methodik:


    1. Ranking-Methodik wie weiter unten beschrieben
    2. Keine Betrachtung der Leverage bzw. Schulden
    3. Branchenunabhängige Betrachtung
    4. Kein Kriterium für Ertragsstärke
    5. Zyklik


    3. ist für mich als Graham-Anhänger meistens nicht das Problem. Die anderen Punkte aber schon. Schloss kauft Unternehmen die kaum oder wenige langfristige Schulden haben. M.W. berücksichtigt er auch 5., weil er bei Value-Line sich die Gewinne über einen kompletten Zyklus anschaut.


    "Es versteht sich von selbst, dass auf der anderen Seite die backtests über jeden statistischen Zweifel erhaben sein müssen. Ein plausibles Erklärungsmodell, in Kombination mit backtests über verschiedene Zeiträume, ist da schon mal die halbe Miete."


    Genau das will ich bestreiten bzw. versuche es zu verstehen. Wieso sollte man KUV und KGV getrennt testen? Ich halte es logisch unmöglich, dass KUV besser als KGV ist. Sollen das die Tests belegen? Beide Indikatoren haben den gleichen Zähler und die Nenner sind über die Gewinnmarge verknüpft. Daraus sieht man m.E. schon, dass sie eigentlich äquivalent sind.


    Es gibt im Grunde zwei mögliche Bewertungsmöglichkeiten: DCF als Gong-concern (=> Gewinne bzw. Umsätze bzw. Dividenden bzw. Cashflows) und Liquidationserlös (=> Buchwerte). Mein Argument ist im Prinzip: Gewinne, Umsätze, Dividenden und Cashflows kann und sollte man nicht unabhängig voneinander in Form eines Rankings auswerten.


    Cashflows:
    Cashflows können aus hauptsächlich zwei Gründen von den Gewinnen abweichen: eine Änderung im Arbeitskapital (Working Capital) und Abschreibungen (Depreciation und Amortization). Man kann sich dazu das Ratio Cashflow zu Gewinn über einen längeren Zeitraum angucken. In jedem Fall sind Cashflows kein unabhängiger Indikator der Ertragsstärke. Das eigentlich interessante ist die genannte Ratio. KCV und KGV sind von daher nicht zwei Indikatoren. KGV und CV/G wären für mich zwei unabhängige Indikatoren.


    Dividenden:
    Am offensichtlichsten ist mein Argument bei Dividenden. Ein Unternehmen kann den freien Cashflows entweder reinvestieren oder ausschütten. Das eine ist apriori nicht besser als das andere. Berkshire Hathaway hat nie eine Dividende ausgeschüttet. Wenn eine Aktie eine Dividendenrendite von z.B. 5% hat, dann ist das gut. Eine Dividendenrendite von 0% muss aber nicht schlecht sein! Ein Ranking darauf aufzubauen ist zwar okay, aber suboptimal.


    Man wird also nicht Aktien auswählen die keine Dividende auszahlen. Mal angenommen Berkshire hat ein KGV von 5 und eine DR von 0%. Nun wird, dass Ranking sagen Berkshire ist nicht so gut, obwohl die DR hier überhaupt keine Aussagekraft hat. Eine Multirank verzerrt deswegen, weil man im Prinzip nur Unternehmen bekommt bei denen die Ausschüttungsquote hoch ist. Das sind meistens Unternehmen die nicht wachsen und damit meistens eine geringe Ertragsstärke aufweisen. Das sieht man an der Formel die annäherend gilt: Gewinnwachstum = ROE * (1-Ausschüttungsquote).


    Ranking heißt, dass jede Aktie mit höheren Rang besser ist als die mit niedrigerem. Das ist hier nicht gegeben. So fallen sonst automatisch stark wachsenden Unternehmen raus, die üblicherweise kaum Dividenden ausschütten. Diese im vorhinein auszuschließen macht für mich keinen Sinn. Genauso werden bei einem Multikrank Aktien ausgeschlossen die deutlich über ihrem Buchwert notieren. Das können aber auch sehr gute und billige Aktien sein. Wenn z.B. die ROE 20 oder 30% beträgt muss man zwangläufig mehrmals den Buchwert zahlen.


    Aus diesen Gründen benutze ich nur KGV und KBV. KCV, KUV und DR nehme ich nur als Verifikation. Dazu fehlt dann aber m.E. ein Ertragskriterium wie die langfristige ROE. Bei einem niedrigen KGV muss es üblicherweise temporäre Schwierigkeiten geben. Die Frage ist dann wie wahrscheinlich eine Überwindung dieser Hürden ist. Die ROE bildet das ganz gut ab.


    Zur Performancebewertung noch kurz:


    "Und selbst in 10-Jahres-Perioden kann eine gute Strategie mal Unterrendite bringen." Bei einer Unterrendite über 10 Jahre würde ich persönlich nicht mehr von einer guten Strategie sprechen. Buffett, ein zugegebenermaßen sehr extremes Beispiel, hatte mit seinen Partnerships nicht ein negatives Jahr. Ich glaube daran orientierte Strategien schneiden zwar nicht ansatzweise so gut ab, aber im Vergleich zu allem anderen doch sehr, sehr gut. Mir ist ein US-Investor bekannt der das versucht. Über die letzten 10 Jahre hat er 20%+ p.a. erzielt. Für mich sind diese Datenpunkte sehr überzeugend, dass ein nicht-mechanischer Ansatz bei den besten Praktikern die deutlich besseren Renditen erzielt, was nicht heißen muss, dass jeder so besser fährt. Da stimme ich überein.

  • Hi ich versuche mal in die Diskussion einzugreifen. Wir hatten hier schon öfter die angesprochenen Punkte. Meist wird das hier wie mit der Volksfront von Judäa (den Verrätern) und der Judäischen Volksfront behandelt. Irgendwie sind wir alle auf einer Seite - streiten uns manchmal aber ganz herrlich ;D


    Vielleicht mal bei Zeit ein paar Schlüsselwörter über die Suche suchen hier im Forum hat sich viel Weisheit angestaut.



    3. ist für mich als Graham-Anhänger meistens nicht das Problem. Die anderen Punkte aber schon. Schloss kauft Unternehmen die kaum oder wenige langfristige Schulden haben. M.W. berücksichtigt er auch 5., weil er bei Value-Line sich die Gewinne über einen kompletten Zyklus anschaut.


    Die Gewinne über einen ganzen Zyklus zu betrachten ist das sinnvollste. 10 Jahreszahlen sind hier wohl das beste - auch wenn es die ganze Datenlage natürlich 10x schwerer macht. (das automatisierte Screening)


    Schulden sollten sich in Grenzen halten - bei meinem Screeningmodell gibt's Abzüge bzw. Aufschläge für solide oder eben nicht solide Bilanzen. Gerne und vielfach diskutiert wird hier im Forum auch der EnterpriseValue zum Ebit. --> Magic Formula


    Cashflows:
    KCV und KGV sind von daher nicht zwei Indikatoren. KGV und CV/G wären für mich zwei unabhängige Indikatoren.


    Auch hier ist eine rein mechanische Betrachtungsweise des KCV's vielleicht suboptimal. Die Frage ist doch, wofür wird das Geld (Cashflow) zukünftig gebraucht. Braucht man praktisch kein Geld um den Laden aufrechtzuerhalten oder aber braucht man viel Geld um zukünftige Gewinne zu generieren ( In meinem Screening bekommt der Freecashflow sowie die Mehrgewinne die aus vergangenen Freecashflows eintreten eine Wertung)


    --> http://www.antizyklischinvesti…ad.php?threadid=3426&sid=



    Dividenden:
    Am offensichtlichsten ist mein Argument bei Dividenden. Ein Unternehmen kann den freien Cashflows entweder reinvestieren oder ausschütten. Das eine ist apriori nicht besser als das andere. Berkshire Hathaway hat nie eine Dividende ausgeschüttet. Wenn eine Aktie eine Dividendenrendite von z.B. 5% hat, dann ist das gut. Eine Dividendenrendite von 0% muss aber nicht schlecht sein! Ein Ranking darauf aufzubauen ist zwar okay, aber suboptimal.


    Ja/Nein: Es kommt darauf an ob man die reine Dividendenrendite nimmt oder diese bereinigt. Etwa in dem man Aktienrückkäufe/Kapitalerhöhungen und Steigerung der Gewinne durch einbehaltene Cashflows berücksichtigt. Bei ökonomischer Betrachtung ist immer die Gefahr, dass ein Unternemen die Gewinne einbehält (weil es schöner ist) und diese dann schlecht reinvestiert. Berkshire darf seine Gewinne behalten, da Buffett sie schlau investiert. Einer Nulpe die meine Gewinne in schlechte Projekte investiert sollte besser ausschütten.



    Genauso werden bei einem Multikrank Aktien ausgeschlossen die deutlich über ihrem Buchwert notieren. Das können aber auch sehr gute und billige Aktien sein. Wenn z.B. die ROE 20 oder 30% beträgt muss man zwangläufig mehrmals den Buchwert zahlen.


    Dem Problem versuche ich zu umgehen, in dem eine Zusätzliche Rangordnung für ein "faires" KBV mit einem historischen durchschnittlichen ROE einführe. Das Ganze ist schlicht gehalten: Für ein KBV = 1 verlange ich eine EK-Rendite von X% für ein KBV von 2 eine EK-Rendite von X+Y%. Somit ergibt sich eine lineare Regression, die grob unterteilt ob ein KBV "durchschnittlich günstig" oder "durchschnittlich teuer". Ist eine Aktie zwar "relativ" teuer nach KBV kann sie aber durch das relativ günstig (und andere Faktoren) wieder weiter hoch rutschen.


    Irgendwo hatte ich dazu mal diese Grafik gepostet:



    Zur Performancebewertung noch kurz:


    Mir ist ein US-Investor bekannt der das versucht. Über die letzten 10 Jahre hat er 20%+ p.a. erzielt. Für mich sind diese Datenpunkte sehr überzeugend, dass ein nicht-mechanischer Ansatz bei den besten Praktikern die deutlich besseren Renditen erzielt, was nicht heißen muss, dass jeder so besser fährt.


    Naja: Wenn es eine Möglichkeit gäbe mit Vollinvestition (100% Aktien) durchgängig positive Erträge zu erwirtschaften, dann bin ich an einem Ansatz dazu interessiert. Ich meine aber, dass es eben nicht möglich ist. Mit viel viel viel Glück (wieviele Aktien waren 2008 positiv?) kann man das erreichen. Daher ist ein relative Return-Ansatz mit einem langen langen Zeitfenster aus meiner Sich die sinnvollste Zielrichtung


    --> Buffetts Partnership war sicherlich nicht deshalb nicht einmal negativ, weil die Zeit von 1957-1968 auch eine sehr gute Zeit für den S&P500 war in der sich der Index von ~30 auf 100 verfreifachte. Außer 1962 gab es auch keine nennenswerten Kursrückgänge.

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  • Danke für die Antwort.


    "Daher ist ein relative Return-Ansatz mit einem langen langen Zeitfenster aus meiner Sich die sinnvollste Zielrichtung"


    Da fällt mir: das habe ich meiner Auflistung von oben ganz vergessen.


    6. Keine Margin-of-Safety, kein absolute Value Ansatz


    Daraus folgt, dass man meistens nur ein Korb von Aktien hält und nicht viel Geld macht wenn sich eine echte Möglichkeit ergibt. Angenommen man findet eine garantiert deutlich unterbewertete Aktie. Dann macht es wenig Sinn nur 3% oder 5% des Portfolios zu investieren. Buffett hat in AXP und Sunborn Map Company und GEICO und Washington Post jeweils 30-50% investiert. In dem Fall braucht man eine gute Idee des inneren Wertes.


    Jede Investmentmöglichkeit ist eine Wette. Manche Wetten haben einen höheren Erwartungswert im Verhältnis zum Risiko als andere (Chance-Risiko-Verhältnis kurz CRV). Wenn man eine Wette mit einem extrem guten CRV vor sich hat, sollte man laut der Kelly Formel sehr viel setzen. Buffett orientiert sich grob an der Formel die theoretisch optimal ist. Manche wie Seth Klarman lehnen das ab, mit der Begründung das man einen Verlust schwer wieder aufholen kann.


    Zu KBV und ROE. Das ergibt sich direkt auf KGV und KBV, weil Gewinn/Buchwert = ROE. Wenn man die KxV Kennzahlen auf das KGV umrechnet bekommt man: KBV/KGV = ROE, KUV/KGV = Profit Margin, DR/(1/KGV) = Ausschüttungsquote, KBV/KUV = Asset Turnover. Das heißt genannte Beziehung ist zwangläufig linear.


    Beispiel auf Basis von onvista Daten 2008


    A)
    Daten:
    Wirecard KGV 10, KBV 2
    Bijou KGV 8.2, KBV 2.9


    Wenn man jetzt rechnet das KGV von Bijou auf 10 hochrechnet ergibt sich:
    10*2.9/8.2 = 3.5
    Dann hätte man


    B)
    Daten auf Basis gleicher Bewertung der Gewinne:
    Wirecard KGV 10, KBV 2
    Bijou KGV 10, KBV 3.5


    Die ROE von Wirecard ist = KBV/KGV = 2/10 = 20%
    Die ROE von Bijou ist 3.5/10 = 35%


    Im Fall B) wären die Unternehmen beide gleich fair bewertet, wobei Bijou eigentlich billiger ist, wenn Bijou innerhalb des Franchises wachsen kann (was in diesem Fall eher fraglich ist). Ich würde hier meistens Bijou vorziehen, weil eine c.p. eine höhere ROE besser ist. Sprich der Ansatz von Greenblatt widerspricht direkt dem von OS. Nach Greenblatt wird man lieber höhere KBVs zahlen. Bei einem Multirank-Verfahren nach OS wird Wirecard vorgezogen, was ich einfach unsinnig finde. Zwar kann man das mit potentiell rückgängigen Margen begründen, aber das erscheint mir unplausibel, denn es steht nicht fest, dass Wirecards Margen nicht genauso zurückgehen oder negativ werden könnten. In der Tat ist es genauso häufig, dass eine ROE von 40% auf 20% zurück geht, wie das eine von 20% auf 0% geht. Letzterer Fall ist wesentlich schlechter für das Unternehmen.

  • Zitat

    Original von quvalue
    Zu KBV und ROE. Das ergibt sich direkt auf KGV und KBV, weil Gewinn/Buchwert = ROE. Wenn man die KxV Kennzahlen auf das KGV umrechnet bekommt man: KBV/KGV = ROE, KUV/KGV = Profit Margin, DR/(1/KGV) = Ausschüttungsquote, KBV/KUV = Asset Turnover. Das heißt genannte Beziehung ist zwangläufig linear.


    Dies ist ein auch in diesem Forum verbreiteter Irrtum. Die Linearität gilt nur bei Betrachtung einzelner Aktien und nicht bei Portfolios. Näheres hier: www.antizyklischinvestieren.de…ight=&hilightuser=&page=1

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  • Zu Deiner Kritik am "Multiranking" gebe ich Dir (teilweise) recht - ich habe das in "meiner" Kennzahl berücksichtigt (allerdings kann man nicht alles in einer einzigen Kennzahl verwursten, man muß Nebenbedingungen setzen, z.B. welchen Verschuldungsgrad man noch zu akzeptieren bereit ist), die man dann auch in ihrer absoluten Höhe bewerten kann.


    Auch wenn es an sich belebend ist, wenn jemand mal den üblichen Diskussionskreis aufmischt, stimme ich Matze zu und verweise aufs Archiv, dort wurden die meisten Fragen schon ausführlich durchgenudelt. Ein Punkt noch: Firmen mit hohen ROEs zu kaufen ist nicht antizyklisch (siehe Forumsnamen ...), weil die meisten Firmen die hohen Renditen auf Dauer nicht aufrechterhalten können. Das begreifen die allerwenigsten (und ich glaube auch nicht, daß der darob immer wieder bemühte Buffett so angefangen hat), und genau deswegen ist und bleibt der dies antizipierende Ansatz antizyklisch. Und Unternehmen zu suchen, die wachsen und die DCF-Methode hat wenig mit einem Value-Ansatz zu tun, wie bereits hier gesagt wurde.


    KCV und KGV sind von daher nicht zwei Indikatoren. KGV und CV/G wären für mich zwei unabhängige Indikatoren.


    (KGV, KCV) und (KGV, CF/G) sind linear abhängig ...


    Ich halte es logisch unmöglich, dass KUV besser als KGV ist.
    Gewinne sind einfach volatiler als die Umsätze ...


    usw.

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  • @ quvalue:


    Es ist sicher richtig, dass O'S nicht den Heiligen Gral darstellt, aber sein Ansatz war vor 14 Jahren Weg weisend (oder schreibt man immer noch wegweisend?). Meine persönlichen Kritikpunkte an ihm sind
    a) der Ausschluss von micro-caps und der zwanghafte Versuch, separat für die blue chips besonders gewinnbringende Strategien zu finden (Konstrukt der Marktführer usw.)
    b) die stärkere Betonung von Top-50-Depots gegenüber der Dezil-Auswertung
    c) die recht willkürlich zusammengeschusterten Kombi-Strategien wie Cornerstone usw.
    d) die Verwendung von lächerlichen Risikoparametern wie die sharpe-ratio
    e) die Einordnung von Relativer Stärke als growth strategy
    f) (wie du auch meinst) die Nicht-Berücksichtigung der Schulden


    Bei aller Kritik sollte man aber anerkennen, dass er
    a) verläßliche renditerelevante Kennzahlen identifiziert hat
    b) die Renditerelevanz dieser Kennzahlen quantifizieren kann
    c) auf die Überlegenheit von Kombinationsstrategien hingewiesen hat.


    Die meisten Mechaniker hier an Bord kombinieren deshalb mehrere Kennzahlen, und zwar mit einer stärkeren Gewichtung der besonders effektiven Kennzahlen. Die empirische Bestätigung dieses Ansatzes brachte vor relativ kurzer Zeit das Buch von Tortoriello, der Kombi-Strategien erstmals systematisch untersucht hat. Auch wenn seine Zeitreihen vergleichsweise kurz sind: Tortoriello repräsentiert für einen Mechaniker den Stand der Forschung.


    Die Schuldenproblematik kann man entschärfen, indem man hohes D/E mechanisch mit einem Malus belegt. Und man kann die Erkenntnisse von Greenblatt in die Datenbank einfließen lassen: Seine "Magic Formula" läßt sich mechanisch auf das Ranking nach ROIC einkochen, und beim ROIC sind die Schulden berücksichtigt.


    Zu deinem Kritikpunkt, dass O'S zu wenig Gelegenheit bietet, um kurzfristig erkannte Kaufgelegenheiten wahrzunehmen: Das sehe ich nicht so. Da verkauft man halt die "teuerste" Aktie im Depot und investiert das Geld in die bessere Kaufgelegenheit. Die festen Termine von O'S für die Depotbildung beruhen m.E. ausschließlich auf der empirischen Methodik.


    Dass man trotz alledem als Mechaniker ein paar tolle Gelegenheiten verpasst, ist fast schon Teil der Philosophie. Es geht nicht darum, die "besten" Aktien herauszupicken, sondern um eine konsequente Verschiebung der statistischen Wahrscheinlichkeiten in Richtung mehr Rendite. *) Wer keinen Spaß an Statistik hat, wird auch wenig Spaß an mechanischer Aktienanlage haben.


    *) edit: Das erklärt auch, warum ein stark konzentriertes Depot (mit einer geringen Zahl von Aktien) aus Sicht eines Mechanikers eher riskant ist.

  • Alle Kritikpunkte
    1. Ranking-Methodik wie weiter unten beschrieben
    2. Keine Betrachtung der Leverage bzw. Schulden
    3. Branchenunabhängige Betrachtung
    4. Kein Kriterium für Ertragsstärke
    5. Zyklik


    Sind wohl richtig. Ob aber das zu dem Sch(l)uss fuehrt, dass es deshalb alles murks ist, ist dann doch wohl weit drueber hinausgeschossen.


    Von allen Kennzahlen die O'S vorschlaegt benutze ich in gewissem Sinne eigentlich inzwischen gar keine mehr.
    Weder das KBV, noch das KUV, schon gar nicht KGV, und KCV (C = E+D+A) auch nicht. Die Dividendenrendite bringt selbst bei O'S nicht viel, ist also nur ein "nice to have" und fuer mich auch nicht wichtig zur Entscheidungsfindung.
    Lediglich die RS wurde bis vor einem halben Jahr noch am Leben erhalten. Inzwischen habe ich selbst hier nur noch den RS-Grundgedanken uebernommen.
    Obwohl ich also gar keine O'S Kriterien mehr in "meinem" System benutze, sind die Kenntnisse die ich aus seinem Werk gesammelt habe elementar wichtig fuer meine Strategie.
    Es ist ein bisschen so, als ob O'S einen Teil der Atome ins Periodensystem geschrieben hat, ich jedoch Molekuele betrachte. Alle Kennzahlen haben vom Sinn her einen Einfluss, aber keine Kennzahl fuer sich nehme ich her.
    Schwer verstaendlich?
    Nun, wenn jemand eine reine ROE Strategie faehrt, dann nimmt er eigentlich das Molekuel "KBV/KGV", bestehend aus 2 O'S Kennzahlen*. O'S Feinanalyse gibt mir dann rueckschluesse was ich vom ROE halten kann (==> naemlich nix).
    Luecken hat O'S natuerlich viele. Keine Untersuchung zur Verschuldung - stimmt. Aber das aendert doch nichts an den Aussagen zu KBV oder KGV.


    Gruss,
    Joe
    P.S. O'S ist natuerlich nicht der Entdecker der KxV Kriterien. Sein Werk betrachtet lediglich einen ziemlich langen Zeitraum, was so bisher wohl noch nicht vorhanden war (bis auf das KBV, da gab es schon von Fama & French eine laengere Datenreihe, was dem ROE m.E. entgueltig den Todesstoss versetzt. Und uebrigens: gerade das ROE hat Zeitraeume von ueber 15 zusammenhaengenden Jahren, wo es durchaus eine Outperformance erzielt hatte.)

    “It’s the little things that matter. It’s one thing to tell someone they look like the first day of spring. It’s another thing to tell them they look like the last day of a long, hard winter.” - Zig Ziglar

    2 Mal editiert, zuletzt von Joe ()

  • Hallo quvalue,


    auch von mir noch ein bisschen Senf dazu.


    Zu Deinem Punkt (2). Ich glaube, da kommt es auf die Haltedauer an. Jemand wie Buffett haelt seine Investitionen ewig und wird auf eine nicht zu hohe Verschuldung achten, damit die Firma nicht beim naechsten Abschwung in 3-5 Jahren kaputtgeht.


    Wenn Deine Haltedauer aber nur 1 Jahr betraegt, wird Leverage belohnt. Siehe das Buch von Tortoriello.


    Edit:


    quvalue schreibt oben:

    Zitat

    Ranking heißt, dass jede Aktie mit höheren Rang besser ist als die mit niedrigerem.


    Sowohl O'S als auch Dreman, Sattler, Tortoriello geben normalerweise die Dezil- oder Quntil-Performance an. Bei der Konstruktion eines Mehr-Faktor-Modells wuerde ich aber nicht einach nur an den Dezilgrenzen abschneiden, sondern z.B. sowohl fuer KGV als auch fuer KUV eine Rangfolge bestimmen und dann die Rangfolge (gewichtet) mitteln. Dann kann eine Aktie mit extrem niedrigem KUV auch dann noch ausgewaehlt werden, wenn sie beim KGV alleine unter der Schwelle liegen wuerde. So machen das die meisten hier, denke ich.


    Joe schreibt oben:

    Zitat

    Von allen Kennzahlen die O'S vorschlaegt benutze ich in gewissem Sinne eigentlich inzwischen gar keine mehr.


    Joe, was genau machst Du denn eigentlich??


    Viele Gruesse,


    Balkenchart

  • Zitat

    Wenn Deine Haltedauer aber nur 1 Jahr betraegt, wird Leverage belohnt. Siehe das Buch von Tortoriello.


    Vorsicht, bei Sattler kam zu der genau gleichen Frage das Gegenteil heraus, über einen anderen Zeitraum gemessen (Tortoriello: Gesamtverschuldung relativ zur Bilanzsumme, Sattler: Eigenkapitalquote, was äquivalent ist). Interessanterweise ist bei Torto jedoch nicht einmal das Risiko erhöht ...

    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

  • Zitat

    Original von Winter


    Vorsicht, bei Sattler kam zu der genau gleichen Frage das Gegenteil heraus, über einen anderen Zeitraum gemessen


    Vielen (!) Dank fuer den Hinweis. Ich selbst verwende noch immer die Eigenkapitalquote (mit vergleichsweise geringem Gewicht) und wollte schon ueberlegen, sie evtl rauszuwerfen. Das koennte wieder ein Fall sein, in dem der kurze Zeitraum von Tortoriello ihm einen Streich spielt (oder in dem Sattler an einer schlechteren Datenbasis leidet - je nach Geschmack).


    Balkenchart

  • Balkenchart :
    Die 20 Jahres Analysen von Torto helfen mir, indem sie bestaetigen was mir logisch erscheint. Aber sie lassen genug raum, das anzuzweifeln was mir unlogisch erscheint (z.B. ROE Performance, oder die gute Performance EK-schwacher Firmen). :-)


    Kennzahlen die ich benutze?
    Statt KGV nehme ich KGV_10
    Statt KCV nehme ich KfreeCV_5
    Statt KBV achte ich auf EK_quote, auf q (= KBV ohne Goodwill und Intangibles), und einer spezial Zahl (geheimrezept).
    Statt RS-52W nehme ich eine 200tage aehnliche Glaettung. Nach allgemeinem Verstaendnis werden bei einem 200GDL oder 300GDL auch die neuesten 13 Wochen hergenommen werden. Ich jedoch nur die Wochen glaette die laenger als 13 Wochen zurueckliegen. Also die Glaettung von ca. KW13 bis ca. KW 43. (bzw. GDL300 minus die neuesten 90 Tage).
    Das ist aehnlich wie der Ansatz von jenen, die wie folgt glaetten: Rankingsumme von (RS_13W + RS_26W + RS_52W) geteilt durch 3. Nur eben noch genauer mit noch mehr RS_Zahlen.
    Ich lehne mich da gedanklich an die Analysen von Torto zur RS an.
    Nur dass ich es fuer eine RS_Kennzahl widerspruechlich finde, die juengsten paar Wochen (mindestens die neuesten 4 Wochen) mit im durchschitt zu ver-glaetten.
    Ganz sauber bin ich hier nicht, weil ich dazu die Wochekurse sammeln muss, und das vergesse ich ab und zu. Insofern habe ich luecken in den Wochenreihen, diesen Fehler dann aber konsequent ueber alle Aktien, so dass das RS_Ranking systematisch valide bleibt.



    Dividende beachte ich nicht, aber wenn ich es taete, dann wuerde ich Aktienrueckkaufprogramme oder (als Gegenteil) ausgabe von neue Aktien darin auch beruecksichtigen. Stichwort: Shareholder_value.


    Fazit: Am Ende bleibt von O'S nichts uebrig. Aber dennoch ist er meine Inspiration gewesen und seine Analysen habe viel fuer mein Verstaendnis zu Aktienbewertungen beigetragen. Seine Analysen sind teilweise meine Axiome zur Aktienbewertung. Wenn gezeigt wird, dass z.B. eine reine ROE Strategie ueber 50 Jahre nix bringt, dann nehme ich das als gegeben hin und zweifel es nicht an. Eher wuerde ich versuchen, zu erklaeren warum es nichts bringt. Aber dass diese Strategie nichts bringt, gilt mir bei dieser langen Datenreihe als sicher. Das die letzten 15 Jahre bei Torto starke Jahre waren fuer das ROE und schwache Jahre fuer das KBV aendert nichts daran. 15 Jahre beweisen gar nichts (laut O'S gab es das beim ROE schon einmal in den 60ern), wenn 50 Jahre das Gegenteil beweisen (bei Fama & French ist die Datenreihe zum KBV noch laenger). Und zum ROE liege ich ja staendig im Streit mit gedanklichen Buffett-"Verstehern".


    Gruss, Joe
    P.S. das liest sich noch immer reichlich unrund, aber jetzt verliere ich die Lust, das verstaendlicher und leserlicher rueberzubringen. Scheint eine Konzentrationsfrage zu sein, und ich habe offenbar ein Formtief.

    “It’s the little things that matter. It’s one thing to tell someone they look like the first day of spring. It’s another thing to tell them they look like the last day of a long, hard winter.” - Zig Ziglar

    6 Mal editiert, zuletzt von Joe ()

  • Danke, Joe,


    hast Du doch prima erklaert. Ich stimme zu bzgl ROE, Eigenkapitalquote. Ich verwende auch _breinigtes_ KBV und _freien_ Cashflow.


    Bloss beim KGV10 fuer Einzelaktien bin ich nicht sicher. Woher weisst Du, dass es fuer eine einzelne Aktie genommen, besser ist als z.B. das KGV des vergangenen Jahres? Ist KGV10 nicht zu traege?


    Balkenchart

  • Zitat

    Original von Balkenchart
    Bloss beim KGV10 fuer Einzelaktien bin ich nicht sicher. Woher weisst Du, dass es fuer eine einzelne Aktie genommen, besser ist als z.B. das KGV des vergangenen Jahres? Ist KGV10 nicht zu traege?


    Hallo Balkenchart,


    auch wenn sich die Frage an Joe richtet, kurz meinen Senf dazu:
    Ich betrachte sowohl KGV Vorjahr als auch "die Entwicklung der Gewinne der letzten 10 Jahre", damit auch KGV 10. Die Wertung der beiden Kennziffern hängt dann primär von der Tätigkeit des Unternehmens ab, besonders ob es in zyklischen Branchen tätig ist, ob es ein stark wachsendes Unternehmen oder z.B. als Dividenden-Cash-Cow anzusehen ist.


    Gruß
    best_choice

    “Investment is most intelligent when it is most businesslike.” -Benjamin Graham

  • Balkenchart :
    ich glaette den Gewinn ueber 10 Jahre, errechne also ein G10_Durchschnitt. Und nicht etwa 10 KGV's (z.B. (KGV2000 + KGV2001 + KGV2002 + ... + 2009)/10). Letzteres waere grober Unfug, was interessieren mich die historischen Kurse? Nur die historischen Gewinn sind interessant.
    Jedenfalls: Diesen Gewinn_durchschnitt trage ich dann als Variable G in das KGV ein.
    Es ist also wie ein KGV, nur nicht mit dem akutellen Gewinn, sondern mit dem durchschniitlichen Gewinn.
    Denn die Gewinne schwanken von jahr zu Jahr bei den meisten Aktien erheblich. Oft wechseln sie die Vorzeichen.
    Mit dem K(G10)V erhalte ich eine wesentlich stabilere Kennzahl. Mich interessiert schliesschlich mit was fuer einem Gewinn ich druchschnittlich fuer die Zukunft zu rechnen habe. Natuerlich kann das normale KGV dann immer noch interessant sein. Winter beachtet das KGV, um zu sehen wie sich das Unternehmen derzeit schlaegt, und wie weit weg das KGV wohl von seinem durchschnitt ist.
    Das hat etwas fuer sich es so zu betrachten, doch fuer mich ist es dann eine zu intensive Massierung der Kennzahlen, und deshalb ignoriere ich das KGV vollkommen.
    Mir genuegt zu wissen, dass die Aktie mir durchschittlich ein 1/K(G10)V = 27% p.a. bringt. Vielleicht war 2009 ein schwaches Jahr mit einem leichten Plus. Dann ist das z.B. aktuelle KGV = 32
    Gut oder nicht? Nun wenn das K(G10)V noch immer trotz neuestem schwachen Gewinn im Jahr 2009 mir durchschnittlich 27% Rendite verspricht, dann kann meinetwegen das aktuelle KGV auch 1000 oder negativ sein.
    Das KGV funktioniert fuer sich alleine natuerlich auch.
    Rein von der Logik her halte ich das K(G10)V von der Aussagekraft fuer deutlich staerker.
    Denn man stelle sich folgende Frage "Welche Kennzahl hat mehr Aussagekraft ueber den zukuenftig zu erwartenden Gewinn: 27% durchschnittlich zu erwartender Gewinn (gewusst aus 10 Jahren Gewinnstatistik), ODER 27% Gewinn bezogen auf die letzten 4 Quartale (gewusst aus 4 quartalen Statistik)?"


    Meiner Meinung ist die Antwort darauf so offensichtlich, dass ich den statistischen Nachweis gar nicht braeuchte (auch wenn ich den sogar indirekt kenne, aber ich moechte diesbezueglich nichts weiter verraten, weil Geheimrezept. Wenn die Zeit gekommen ist gibt es mehr dazu).


    Schwierig ist natuerlich die Datenbeschaffung. Das KGV ist wesentlich leichter zu ermitteln als das K(G10)V bzw. irritierend KGV10 genannt.


    @stille Mitleser: Zu O'S: Bei Amazon kann man bereits sehen, dass es ab Dezember 2010 eine neue Auflage seines "Whatworksonwallstreet" geben wird, mit einem Datenupdate.
    Die Daten wird man dann wohl auch unter
    www.whatworksonwallstreet.com
    einsehen koennen.
    Insofern bin ich mir nicht sicher, ob ich Geld dafuer ausgeben moechte. Eher nicht, mir genuegt mein altes Exemplar. Wer aber noch gar kein Exemplar hat sollte sich dieses Buch dringend anschaffen (ebenso Richard Tortoriello's Buch "quantitave Strategies for achieving alpha" - ich warte sehnsuechtig auf ein update hier, da Torties Analysen bisher leider nur 20 Jahre lang sind, was minimal zu kurz ist. Ein zusaetzlicher Baerenmarkt 2008 mit anschliessender Hausse waere nicht schlecht. Hoffentlich kommt das Updaten 2011 auf den Markt.)


    Gruss,
    Joe

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  • Kleine Korrektur: Winter beachtet manchmal zusätzlich oder ausschließlich das KGV, bei einer Teilmenge der Aktien, neben dem mehrheitlich ausschließlich beachteten KGV10, weil ein KGV=5 - vor allem wenn weiter zurückliegende Daten nicht aussagekräftig erscheinen, weil sich die Geschäftslage wesentlich verändert hat -, im aktuellen Umfeld so gut sein kann wie ein KGV10=5, das vor allem durch sehr weit zurückliegende Jahre zustandekommt, und wo sich ebenfalls das Geschäftsumfeld geändert hat, nur eben zum Negativen. Quasi als Diversifizierung den Spatz in der Hand. Die aktuellen Gewinne verachte ich nicht (obwohl sich natürlich oft die besten Chancen gerade dort ergeben - und eigentlich fast nur dort ergeben können -, wo der Gewinn in der Krise einbricht, was die KGV-Schieler zum blindwütigen Verkaufen veranlaßt).
    Niemals vergleiche ich das aktuelle KGV mit dem historischen Durchschnitt einer Einzelaktie.


    Das sind aber eher einzelne, attraktive Ausnahmefälle. Ich sehe mich sonst unverändert als Defender of the Faith, was das KGV10 angeht. Mein geliebtes KGV10 lasse ich mir doch nicht nehmen. ;)


    P.S. Aber danke für den Hinweis; ich werde die Bibel dann verkaufen, und mir die neue Ausgabe zulegen. Möglicherweise hat sich bei neuen Forschungsfeldern was getan.

    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin

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