Netflix - boom or bust

  • Das ist bei allen Abo-Modellen so "Kernkundenphänomen".

    Zwei Dinge dazu:

    1) Das ist vollständig anders bei Netzwerkeffekten. Dort hast Du es oft, dass eine Weile lang inkrementelle Kunden billiger werden - Du hast eine kurze Zeit eines irren Kundenansturms. Ich sehe aber keine Netzwerkeffekte für die Kunden bei Netflix.


    Das ist ja per se nichts schlimmes;

    Teil des Spiels ist es sogar, dass Du irgendwann Profiabilität zeigen "musst" - weil Du nicht mehr sinnvoll in Werbung investieren kannst.

    Ich würde Reed Hastings so einschätzen, dass er das schon sehr genau steuert und misst.


    2) Ich persönlich habe sehr sehr oft unterschätzt wie lange strukturelles Wachstum in Nutzerzahlen noch möglich ist.


    Ich habe seit dem Start 2014 oder so Netflix in Deutschland genutzt - so wie ich seit 1999 und 2003 Ebay und Paypal genutzt habe. Paypal wächst immer noch zweistellig in den Nutzerzahlen. Wenn Du mich das 2003 gefragt hättest wann das Wachstum von Accounts bei Paypal auf Bevölkerungswachstum runtergeht - hätte ich wahrscheinlich spätestens 2013 oder so gesagt...

    Die Zahl der Office-Lizenzen steigt übrigens auch noch in diesem Bereich... (also 365 und alt zusammen).


    Netflix hat aktuell rund 170mn Nutzer.

    Davon 60mn in den USA.
    In den USA gibt es 128mn Haushalte. (360mn Einwohner = 2,1x)

    Also Durchdringung 50% als das "Maß der Dinge".

    Laut Statista hat Europa 220mn Haushalte. (740mn Einwohner = 3,3x)


    Weltbevölkerung 7,8 mrd.

    Dann könnte es weltweit gesehen wahrscheinlich langfristig irgendwas bei 1 Mrd. Haushalte geben die für Netflix addressierbar sind?

    Gut da haben sie schon einen guten Marktanteil - aber mich würde es nicht wundern wenn die Nutzerzahl noch einige Jahre lang weitersteigt.

    Und auch, dass sie - wenn der Markt dann einmal verteilt ist - die Preise anheben - was sie jetzt aber auch schon tun.

    Aber 10 USD / Monat ist einfach ein super Schnapp als Kunde....


    (Nochmal ich bin nicht Netflix long!)

    Value investing is at its core the marriage of a contrarian streak and a calculator - Seth Klarman

  • Mann darf aber nicht vergessen, dass der US Fernsehmarkt schon sehr speziell ist. Da gibt es kein öffentliches Fernsehen, keine Zwangsabgaben und die Leute zahlen 100 USD im Monat für Kabel.


    https://fortune.com/2018/11/15…ble-tv-bill-cord-cutting/


    In Deutschland ist die Summe ungefähr auch 115 EUR, allerdings pro Jahr.


    https://www.stuttgarter-nachri…c4-984f-2dc3685b329f.html


    Deswegen würde ich USA nicht als Maßstab nehmen sondern als Outlier. Aber klar, Nutzerzahlen können nach wie vor weitersteigen.

  • Die einzige echte Konkurrenz die ich sehe ist Amazon und Disney. In meinen Augen ist nur unsicher wie viele ernsthafte Spieler es in diesem Markt am langen Ende geben wird. Aber das ist schon wichtig... Bei zwei Spielern entsteht etwas anderes als bei fünf Spielern.


    Ich sehe langfristig Youtube als Nummer 1 - mit Abstand!


    Ich selbst verbringe sehr viel mehr Zeit vor Youtube als vor Netflix, Amazon Prime, TV, etc. zusammen und vermutlich bin ich nicht der Einzige. Der Content bei Youtube ist vielfältig, interessant, gigantisch und user-driven.

    First focus on risk, before focus on return! (Seth Klarman)

  • Das ist Persönlichkeitssache. Mein Sohn ist fast nur bei Youtube, meine Tochter guckt ständig Netflix. Ich selbst schaue gar kein TV, und meine Frau hauptsächlich öffentlich-rechtliches Fernsehen, dazu noch ein bisschen BBC (unsere Satellitenschüssel ist entsprechend eingerichtet) und ein bisschen Netflix.

    "The only function of economic forecasting is to make astrology look respectable." - John Kenneth Galbraith

  • Ich sehe langfristig Youtube als Nummer 1 - mit Abstand!

    Das war auch mein Gedanke.

    Also meine kids wollen nur noch youtube schauen wie alle ihre kumpels auch.


    Netflix et al. ist nicht mehr das neue heiße Ding bei jüngeren Zielgruppen.

    Das ist schon eine ernste Gefahr für ein Modell das stark auf Wachstum ausgerichtet ist und das am Markt als Distuptor betrachtet wird und entsprechend hoch bewertet ist.


    Shorten würde ich sie aber auch nicht.

    Kann durchaus noch ne Zeit aufwärts gehen...

    "Nicht Völker führen Kriege gegeneinander, sondern Regierungen führen Kriege gegeneinander"

    "If you act out of fear, anger, despair or suspicion - this will ruin everything." - Thich Nhat Hanh


  • Ja das ist so.
    Problem bei Musik ist, dass der Content bei drei großen Labels liegt und die sich gegenseitig absprechen.


    Spotify muss 75% seiner Umsätze an diese drei Labels abführen - und braucht den Katalog mit alter Musik um die Nutzer zu halten.


    Problem mit Vincent Bolore ist, dass der halt in Untersuchungshaft sitzt... Nicht jemand mit dem ich umbedingt im Beiboot sitzen möchte.

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  • Ich sehe langfristig Youtube als Nummer 1 - mit Abstand!


    Ich selbst verbringe sehr viel mehr Zeit vor Youtube als vor Netflix, Amazon Prime, TV, etc. zusammen und vermutlich bin ich nicht der Einzige. Der Content bei Youtube ist vielfältig, interessant, gigantisch und user-driven.

    https://www.heise.de/newsticke…men-verraten-4652415.html

    Werbeeinnahmen von 15 Mrd USD. Ich frage mich allerdings ob das nicht der Höhepunkt war. Die Werbung hat dermaßen unerträgliches Niveau erreicht dass immer Mehr zum Adblocker greifen oder gar nicht mehr gucken. Und die Content-Provider wurden z.T. auch dermassen ausgequetscht dass viele die Reissleine gezogen haben, oder dazu übergehen ihre eigene Werbung in die Video einzubetten (my Video is sponsored by XYZ...). Ich befürchte dass man hier nicht wirklich weitsichtig/nachhaltig agiert hat. Time will tell.

  • YouTube versucht ja die Nutzer als Kunden für Ihr werbefreies Abo-Modell zu gewinnen bzw. In diese Richtung durch nervige Webung zu pushen. Für 11,99 Euro könnten sich die Kunden dann ggf. andere Musik Abos uns später ggf. auch VOD Abos sparen. Ich denke die Strategie kann funktionieren. Man wird sehen. Verzichten würde ich auf YouTube nur ungern.


    https://m.youtube.com/premium

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  • YouTube versucht ja die Nutzer als Kunden für Ihr werbefreies Abo-Modell zu gewinnen bzw. In diese Richtung durch nervige Webung zu pushen. Für 11,99 Euro könnten sich die Kunden dann ggf. andere Musik Abos uns später ggf. auch VOD Abos sparen. Ich denke die Strategie kann funktionieren. Man wird sehen. Verzichten würde ich auf YouTube nur ungern.


    https://m.youtube.com/premium

    ich denke auch.


    Denn wo ist denn der Moat bei Netflix und Co?

    Klar, sie waren die ersten und haben ein absolut geniales Geschäftsmodell geschaffen, aber was bringt ihnen das jetzt?


    Eine Plattform aufsetzten und an den Markt bringen ist praktisch keine Barriere.

    Natürlich, man braucht Marketing, aber auch das ist gut machbar, Markenbindung gibts ja nicht in dem Sektor.

    Und natürlich Content. Das Problem: Content wird immer kurzlebiger und in immer größeren Massen verfügbar.

    Daher wird Netflix auf Dauer nicht mit eine "offenen" Platform wie YouTube mithalten können, die ihren Content zumindest großteils fast gratis bekommen.

    Sobald die ersten Studios dann anfangen auch hochwertige Filme an Youtube zu verkaufen wird es echt gefährlich.

    Denen wird es eines Tages gehen wie (Online-)Zeitungen.


    Shorten würde ich Netflix auch nicht.

    Aber long? Nie im Leben.

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  • also Netflix stellt den Content allerdings selbst her und investiert Milliarden.. ich weiß nicht ob die „Studios“ dadurch irgendwann Geschichte sind... Vielleicht werden eher irgendwann Netflix Filme im Kino zu sehen sein als umgekehrt Studio Filme bei irgendwelchen „bisher kostenlosen“ Plattformen? Wer weiß...

  • also Netflix stellt den Content allerdings selbst her und investiert Milliarden.. ich weiß nicht ob die „Studios“ dadurch irgendwann Geschichte sind... Vielleicht werden eher irgendwann Netflix Filme im Kino zu sehen sein als umgekehrt Studio Filme bei irgendwelchen „bisher kostenlosen“ Plattformen? Wer weiß...

    Du meinst dass sie eines Tages quasi vom Plattform-Betreiber zum Studio mutieren und dann ihrerseits ihren Content verkaufen?

    Das wäre natürlich denkbar.

    Meine Skepsis bezieht sich auf die Nachhaltigkeit ihres Plattformgeschäfts.

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  • YouTube produziert bereits Serien und vermarktet diese unter YouTube Originals.


    Das war auch ein Versuch um aus anonymen Nutzern Abo-Kunden zu machen. Auch wenn es zunächst so aussieht als sei es fehlgeschlagen, macht ein Abo-Modell aus YouTube Sicht sehr viel Sinn - insbesondere um von der Werbung etwas unabhängiger zu werden.


    https://www.computerbild.de/ar…rien-gratis-23990309.html

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  • Wir haben nur Amazon Prime.

    Und die hauen auch Serien ohne Ende raus, von schrottig bis sehr gut, aber auf jeden Fall immer schneller, und längst mehr als man gucken kann.


    Ich frage mich auch wann da der Markt mal gesättigt ist.

    Ich fürchte hier wird der alte Fehler gemacht:

    Während des stärksten Anstiegs in einer sigmoiden Kurve linear oder gar exponentiell in die ferne Zukunft extrapolieren...

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  • Nee!!


    Die können morgen 10 Mrd FCF machen. Wenn sie wollen ... Dann haben sie aber ein Problem weil keiner dabei bleibt - weil dann die Library nicht voller wird.

    Jetzt werden wir es live und in Farbe sehen wie viel FCF Netflix in einer abrupten Krise macht.

    Offensichtlich sind alle Produktionen gestoppt worden. Netflix macht einen 100mn Relief Fund auf: https://techcrunch.com/2020/03/20/netflix-100-million-fund/


    Das ist aber schon ein feines Feature was die da haben, dass sie jetzt praktisch Cash drucken und mglw. relativ viele Leute das Kabel kündigen.

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  • Im aktuellen Spiegel ist ein Artikel zu den Streaming Wars der das Geschehen im Grunde zusammenfasst. Sie verweisen in ihrer Analyse auf Scott Galloway.


    Zitat

    Galloway zieht erst über Netflix’ hemmungsloses Geldausgeben für immer teurere Inhalte her, um dann zu zeigen, dass es auf Inhalte eigentlich nicht ankomme. Denn obwohl es um Unterhaltung gehe, würden die Streamingkriege auf anderen Schlachtplätzen gewonnen. Viel wichtiger als Inhalte, meint er, seien auf lange Sicht zwei andere Dinge: »der Flywheel-Effekt und die Distribution«.

    Flywheel heißt Schwungrad, und Galloway meint damit die Fähigkeit eines Mischkonzerns wie Amazon, den »Schwung« eines Geschäftsfelds auf andere Bereiche zu übertragen. Amazon ist das Paradebeispiel eines Unternehmens mit mächtigen, in einander verzahnten Schwungrädern. Streaming bringt mehr Prime-Kunden bringt mehr Onlinehandel bringt mehr Streaming und so weiter.

    Während für Netflix, wo es nichts anderes zu kaufen gibt als Filme, der Streamingkrieg zum Existenzkampf wird, geht es für die Tech-Riesen Amazon und Apple eher um weitere Diversifizierung. Sie erschließen sich ein neues Geschäftsfeld – die Filmindustrie wird zum Bestandteil der Tech-Industrie. Streaming ist für Amazon auch ein Mittel, mehr Windeln, Bücher oder Speicherplatz zu verkaufen. Für Apple: mehr iPhones und MacBooks. Die Tech-Firmen gewinnen selbst dann, wenn ihre Streamingangebote keinen Profit abwerfen sollten. »Diese Möglichkeit haben alle anderen nicht«, sagt Galloway.


    Quelle: Der Spiegel 13/2020, S. 77

  • Ich steck es mal hier rein weil ich keinen Disney Faden finden konnte:


    Unschöne Geste seitens Disney:


    Man setzt die Gehaltszahlungen für die Hälfte der Mitarbeiter aus, u.a. um die Dividende und das Bonusprogramm für die Führungskräfte zu sichern. Und empfiehlt denen sich für die staatliche Stütze zu melden.

    Das bringt Ersparnisse von 500m pro Monat, die Dividende wiegt 1,5Mrd.


    Zitat

    Durch die Entscheidung sind die Mitarbeiter von Disney auf staatliche Leistungen angewiesen – öffentliche Unterstützung, die sich in den kommenden Monaten auf Hunderte von Millionen Dollar belaufen könnte – während das Unternehmen Bonusprogramme für Führungskräfte und eine im Juli fällige Dividendenzahlung in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar nicht antasten will.

    https://www.handelsblatt.com/u…-k2JzvQyViEVrgcxGHB9Z-ap2


    Sowas verstehe ich nicht.

    Entweder ich zahle beides weiter, dann eben aus der Substanz, oder beide Seiten müssen sich beteiligen.

    z.B. indem man die Gehälter halbiert und die Dividende auch und den Bonus natürlich auch. Eine halbierte Gehaltshöhe könnte man alleine durch die gesparten 750m bei der Divi für 3 Monate finanzieren.

    Fertig.


    Naja, ist halt USA.

    Bei der Gelegenheit erinnere ich mich wieder warum ich unterm Stich einfach lieber in Europa lebe als dort.


    wp

    "Nicht Völker führen Kriege gegeneinander, sondern Regierungen führen Kriege gegeneinander"

    "If you act out of fear, anger, despair or suspicion - this will ruin everything." - Thich Nhat Hanh


  • Entweder ich zahle beides weiter, dann eben aus der Substanz, oder beide Seiten müssen sich beteiligen.

    Vermutlich etwas provokativ aber ich steh da wirklich etwas auf dem moralischen Schlauch:

    Zusammenhang Dividende und Kurzarbeitergeld (o.ä.)?


    Natürlich wird das Unternehmen zögern, Arbeitnehmer zu entlassen, falls es diese absehbar wieder benötigt und auch nur dann, wenn neue nur mit größerem Aufwand zu finden sind. Das ist dann halt eine Abwägung, was preiswerter für das Unternehmen ist.


    Aber wo ist der Zusammenhang mit einer Dividendenzahlung? Die ist nichts anderes als eine Umbuchung meines Geldes als Aktionär von der rechten Tasche (liegt auf dem Konto meines Unternehmens) in die linke Tasche (liegt auf meinem Konto). Mit der Vermeidung von unproduktiven Kostenfaktoren - hier unbeschäftigte Arbeitnehmer - hat diese Umbuchung erst mal nichts zu tun.

    Kurzarbeitergeld etc sind Zahlungen der Allgemeinheit im Interesse der Allgmeinheit, damit das Unternehmen Arbeitnehmer nicht entlässt und so ggf. längere Arbeitslosengeldzahlung seitens Allgemeinheit vermieden werden. Dass das Unternehmen dadurch auch wieder kurzfristig anfahren kann und somit Gewinn erzeugen kann, ist sicherlich auch im Sinne des Allgemeinheit (Steuern etc).