Hunter Douglas NV

  • Ich hatte mir Hunter Douglas nochmal kurz angeschaut. Sachen die mir auffallen:


    - Die haben langfristig ein relativ anämisches Wachstum. Seit 2008 rund 2,0% CAGR Umsatzwachstum. (EPS ist auf dem Niveau von 2005/2006).

    - Man sollte den Einfluss/Zusammensetzung der Bruttomarge verstehen; Das EBITDA korreliert außergewöhnlich stark mit der Bruttomarge.

    - Capex ist über 20 Jahre im Schnitt 113% der Abschreibungen (und das obwohl das Unternehmen wenig wächst!) -> sprich die Earnings könnten etwas "overstated" sein - da man 113% der D&A investieren muss um das Niveau zu halten.

    - Die Steuerquote schwankte in den letzten Jahren. Ich glaube nicht, dass 15% aus 2019 nachhaltig sind?

    - Das Working Capital war in 2019 außergewöhnlich niedrig (22% vom Umsatz -> sonst stabil bei >30%)


    Die haben Seit 2008:

    2,6 Mrd. operativen Cashflow gemacht,

    1 Mrd. in Capex ausgegeben

    für 1 Mrd. akquiriert

    und 1 Mrd. Dividenden ausgeschüttet.


    Das EBITDA wurde (im Schnitt) von rund 300 auf rund 450 Mio. gesteigert. Sprich es wurden 2 Mrd. investiert um 150 Mio. Wachstum zu erzeugen (=7% ROIIC) -> das ist jetzt nicht so ruhmreich (vor Steuern, Abschreibungen etc.pp) ?!


    Wenn ich das alles einrechne, dann ist das ein schön stabiles Unternehmen - nichts einzuwenden. Ich gehe nicht davon aus, dass die besonders starkt wachsen (2-3% organisch); Ich würde dann mit normaler Steuerquote (22%) und Bruttomarge von 40% (Mittelwert von 20 Jahren) ein EPS von rund 5,80 USD / Aktie bekommen. Sprich ein KGV von etwas unter 8 auf den jetzigen Kurs.


    Allerdings: wenn ich das Working Capital auf 30% vom Umsatz anpasse, dann bekomme ich nochmal einen Cash-Need von rund 275 Mio. USD.

    Dann hätte ich ein KGV auf den EV von +900 Mio. USD (Net Debt, Pensionen + unterstellter WC Inflow) von rund 12x

    Beim Cash wird (historisch) nur 1/3 als Dividende ausgezahlt, was dann einer Dividendenrendite von 4-5% entspricht.


    Ist alles nicht schlecht -> man würde etwas Wachstum bekommen und etwas Dividende. Aber so richtig > 10% IRR erreicht man nicht, wenn man das Unternehmen 20 Jahre hält und die Zukunft so aussieht wie die Vergangenheit (und sich das Multiple nicht ändert)

    Value investing is at its core the marriage of a contrarian streak and a calculator - Seth Klarman

  • Zur Capex: Meinem Verständnis nach haben sie in den letzten Jahren in den USA das GEschäftsmodell umgestellt.


    Statt wie in Europa das tatsächlichee Customizing über 3te machen zu lassen, haben sie in USA diesen Schritt vertikal integriert und entsprechende Betribe akquiriert. Bin mir nicht sicher wievile das ausmacht, aber das könnte eine Erklärung für die relativ hohe Investitionsquote sein.


    Aber klar, es ist jetzt nicht das ganz tolle GEschäftsmodell, aber "OK".


    Mit 10% p.a. wäre ich persönlich eigentlich OK, dazu eine potentielle Upside wenn sich (temporär) der Multiple erhöht.


    Aber so ganz zum Kauf entschliessen kann ich mich noch nicht.

  • Die Aussagen oben waren ehrlich gesagt ohne totalen deep dive ins eigentliche Geschäftsmodell.

    Ich würde auch mal hinterfragen wie man mit 1 Mrd Akquisitionen nur 2% p.a. Umsatzwachstum hinkriegt.

    Das ist eigentlich ziemlich mau.


    Das müsste man sich in Ruhe und im Detail anschauen.


    Noch eine Sache: die müssten eigentlich auch einen kräftigen US-Dollar-Effekt drin haben -> wenn das Geschäft in EUR und USD geteilt ist - das Reporting aber in USD stattfindet. Das ist analog Booking.com


    Die Kapitalrenditen (operatives EBIT (ohne Impairments und Co) / fixed capital + working capital) sehen eigentlich sehr gut aus.

    Die haben praktisch immer gutes Geld verdient. In 2000-2007 waren die Kapitalrenditen hoch (>20%), in 2008-2013 mittelmäßig (~8%) und ab 2013 dann wieder ok (~20% im Schnitt). Das ist ja erst mal nicht verkehrt und muss irgendwo herkommen (durch gutes Geschäft) .


    Im aktuellen Umfeld habe ich in meiner Watchlist aber relativ viele Firmen die ich >10% IRR (inkl. Dividenden und ohne Multiple-Ausweitung) sehen würde. Selbst eine Berkshire in der Nähe des Buchwertes könnte da bspw. reinfallen. Und dann muss man immer fragen: was in meinem Portfolio will ich verkaufen um Hunter Douglas dagegen einzutauschen?

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  • Über Akquisitionen haben sie oft auch neue Produktion dazubekommen. Über die letzten Jahre haben sie Produktionsstandorte zusammengelegt, was die Effizienz erhöht und auch die Margen wieder etwas erhöht hat. Das Management geht scheinbar davon aus, dass in einem normalen Makroumfeld mit dem aktuellen Set Up wieder zweistellige EBIT Margen möglich sind. Das Working Capital ist 2019 gefallen, weil das Metal Trading mit ca 150mn Inventory verkauft wurde.

  • Hier noch ein bischen Kontext zu meiner positiven Einschätzung: ich habe die Aktie seit ein paar Jahren auf einer Watchlist. Auf Multiples Basis war die ja eigentlich immer günstig. Ich habe mir aber erst vor ein paar Wochen eine Position gekauft. Über Wachstum, Margen, Renditen, etc haben wir hier schon gesprochen, aber auf aktuellem Niveau ist die Aktie auf KGV Basis günstiger als in den letzten 20 Jahren. Gewinn je Aktie 2019 von EUR 7,50 ergibt ein KGV von 5,9 beim aktuellen Kurs um die EUR 44 je Aktie. Ende 2008 war die Aktie mal bei KGV von 6,4. Das durchschnittle KGV über die letzten 20 Jahre war übrigens bei 11,2. Ausserdem ist es eine der wenigen Aktien, deren Business nicht durch Covid in Frage gestellt wird und die sich noch nicht wieder erholt haben. Ich hatte noch Liquidität und viele Unternehmen, die ich auch gut finde, waren schon wieder relativ teuer. Bei Hunter Douglas scheint der Zug noch nicht abgefahren zu sein.

  • Naja so singuläre und unbereinigte KGV Betrachtungen machen meiner Meinung nach leider häufig wenig Sinn.


    Bei normalisierter Steuerquote wäre der Gewinn 2019 bspw. ~1 USD pro Aktie niedriger gewesen.

    Dann hast Du in dem Gewinn rund 81mn (2 USD pro Aktie) Stepups wegen 3 Day Blinds und Impairments von 54mn (1,60 USD /Aktie) drin.

    Die sollte man zumindest auch bereinigen.


    Verstehst Du wie sich die Bruttomarge zusammensetzt?

    Der Korrelationskoeffizient zwischen EBITDA-Marge und Bruttomarge ist über die letzten 15 Jahre = 0,8x

    Was schon für einen relativ starken Zusammenhang spricht.


    Und in den letzten 15 Jahren gab es nur 2 Jahre mit höheren Bruttomargen als in 2019 -> was eher für "downside" in EBITDA/Bruttogewinn spricht?
    Es sei denn die haben strukturell irgendwas geändert?
    War das Metal-Trading immer schon Teil der Gruppe?

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  • Scheinbar haben wir nicht die gleichen Zahlen. Die hier sind aus Factset:

    DEC '05 DEC '06 DEC '07 DEC '08 DEC '09 DEC '10 DEC '11 DEC '12 DEC '13 DEC '14 DEC '15 DEC '16 DEC '17 DEC '18 DEC '19
    Gross Margin (%) 41,2 42,1 40,4 38,4 36,7 39,3 39,6 39,9 38,9 38,8 40,8 39,2 39,1 39,3 38,8
    EBITDA Margin (%) 14,7 14,9 13,1 8,8 7,1 9,7 8,9 9,6 9,8 10,4 12,4 12,9 12,0 12,7 13,7

    Details zum Metal Trading habe ich nicht, aber ich vermute, dass das eher tiefere Margen hatte als der Rest.

  • Zitat von Matze

    Und in den letzten 15 Jahren gab es nur 2 Jahre mit höheren Bruttomargen als in 2019 -> was eher für "downside" in EBITDA/Bruttogewinn spricht?

    Es sei denn die haben strukturell irgendwas geändert?

    War das Metal-Trading immer schon Teil der Gruppe?

    Ja, das stoert mich auch. Am liebsten mag ich unternehmen, die ihr Margen-Tief 2018 hatten, 2019 war schon der turn around, die Aktie stieg - und dann kam Corona dazwischen.


    Aber Gruppenzwang und Herdentrieb-Impuls, und weil sie eh auf der Watchlist bei mir war, habe ich Hunter Douglas nun doch gekauft.

    Ist auch wegen der Diversifzierung, ich kann doch nicht immer nur Autobranche kaufen?

    “It’s the little things that matter. It’s one thing to tell someone they look like the first day of spring. It’s another thing to tell them they look like the last day of a long, hard winter.” - Zig Ziglar

  • Habe keinen Zugriff auf Factset. -> Seite 38 im Geschäftsbericht:

    http://investor.hunterdouglasg…37-4cf0-82cf-3242ac9f8286


    2019:

    Sales to external: 3686 USD

    Gross Profit: 1523 USD

    = 41,3%


    2018:

    Sales to external: 3634

    Gross Profit: 1462

    = 40,2%


    Seite 39 -> gibt noch non recurring restructuring charges 4 und 11 mio. für 2019 und 2018 an -> das macht die Marge aber nur noch etwas höher.

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  • Eigentlich sollte die vertikale Integration im größten Markt USA einen Teil des Anstiegs der Bruttomarge erklären, oder ?


    mmi

  • Leider ist die Informationlage ein bischen dünn bei HD, deshalb weiss ich auch nichts genaueres bezüglich Bruttomarge. In der Segmentberichterstattung auf S.38 siehst du, dass der Anstieg der Bruttomarge allein aus Window Coverings kommt. Eventuell erklärt sich das durch die Effizienzmassnahmen in der Produktion. Aus einem Gespräch mit dem CFO vor ein paar Wochen kann ich berichten, dass das Management in einem normalen Marktumfeld von weiter steigenden Margen (EBIT > 10%) ausgeht.

  • Ein interessanter "Peer" ist evtl. die Geberit.


    Logischerweise ist deren Geschäftsmodell besser als das von Hunter Douglas, aber es zeigt schon dass man in dem generellen Bereich auch EBIT Margen von 20% und mehr erzielen kann.


    Geberit hat im Übrigen auch ein schönes Tool zum Aufbereiten der eigenen Zahlen auf der Webseite:


    https://geschaeftsbericht.gebe…0/geberit-kennzahlen.html


    Die Firma ist die letzten 3 Jahre oder so auch nicht groß gewachsen, wird aber dennoch mit einem KGV von 25-30x bewertet.


    Wie gesagt, qualitativ einen Nummer besser als Hunter Douglas, aber auch eine Bewertung mit Faktor 3-4x.

  • Habe mir heute nochmal HD näher angeschaut.


    Es sit schon erstaunlich wie sie die Nettomarge in den letzten 10 Jahren von ca. 3-4% auf jetzt 7% hochgezogen haben und das bei sehr konstanten Bruttomargen um die 40%.


    Meiner Analyse nach kommt das hauptsächlich aus "General & Administrative" was für eine gesunde Kostendisziplin spricht.


    Einer der Knackpunkte ist m.E: aber, dass die Aktie eigentlich fast immer billig war, selten mal ein KGV von 10 oder mehr. Wenn ich jetzt mal einfach die Durchschnittsnettomarge mit dem 2019 Umsatz multipliziere komme ich auf ein EPS von 6,70 das Hunter nach der Krise vielleicht wieder in 2-3 Jahren erreichen wird. Das Durchschnitts KGV war so um die 9,9, d.h. ein Zielkurs von um die 66 in 3 Jahren. Das ist mir aber ehrlich gesagt auch zu wenig beim aktuellen Kurs von 48,5 EUR.


    Unter 44 EUR würde ich glaube ich kaufen.


    Edit: Zu dem Thema "unproduktive Investments": Es könnte natürlich sein, dass HD stärker in Effizienz als in Umsatzwachstum investiert hat, was an sich nicht schlecht ist.


    Edit 2: Die Steurquote ist ganz schön niedrig. Über die letzten 10 Jahre haben sie kumuliert eine Steuerquote von 14,45% gehabt. Wie man das so hin bekommt ist schon erstaunlich.

  • Das mit "immer billig" ist sicher richtig und - wie hier schon mal geschrieben - könnte der extrem hohe "Familienanteil" ein oder der Grund sein.

    Ich habe mir bei etwa 45,5 eine 4% Position gekauft. Schlimmer als ein Langweiler kann es nicht werden.

    “Investment is most intelligent when it is most businesslike.” -Benjamin Graham

  • Edit 2: Die Steurquote ist ganz schön niedrig. Über die letzten 10 Jahre haben sie kumuliert eine Steuerquote von 14,45% gehabt. Wie man das so hin bekommt ist schon erstaunlich.

    Hab mir jetzt nur die letzten 2 Jahre angeschaut, aber vermutlich sind die Gewinne durch Hochschreibung und Buchgewinne bei Veräußerung steuerfrei und damit ist die Gewinnbasis "zu hoch". Rechne ich die raus, komme ich auf 20% Steuerquote für 2019 ---> scheint mir dann als Quote vernüftig.


    Die nachhaltige Nettomarge fällt dann auch zurück auf ca. 5% und das von Dir beobachte "Hochziehen der Marge" verschwindet und das KGV ist dann aktuell bei ca. 10x. Haut mich alles nicht so vom Hocker.


    Aber ich kenne den Laden auch nicht so gut wie die anderen hier.

  • Hab mir jetzt nur die letzten 2 Jahre angeschaut, aber vermutlich sind die Gewinne durch Hochschreibung und Buchgewinne bei Veräußerung steuerfrei und damit ist die Gewinnbasis "zu hoch". Rechne ich die raus, komme ich auf 20% Steuerquote für 2019 ---> scheint mir dann als Quote vernüftig.


    Die nachhaltige Nettomarge fällt dann auch zurück auf ca. 5% und das von Dir beobachte "Hochziehen der Marge" verschwindet und das KGV ist dann aktuell bei ca. 10x. Haut mich alles nicht so vom Hocker.


    Aber ich kenne den Laden auch nicht so gut wie die anderen hier.

    Beziehst Du Dich da auf das "Other income and other expenses" ? Wenn ja, dann sollte man doch da nur die Nettoposition vom "Nachhaltigen" Profit abziehen, oder ?

  • Beziehst Du Dich da auf das "Other income and other expenses" ? Wenn ja, dann sollte man doch da nur die Nettoposition vom "Nachhaltigen" Profit abziehen, oder ?

    Wenn in den "other expenses" Kosten sind, die direkt den Einmalerträgen zurechnen kannst, dann würde ich das netten, ja.

    Wenn es aber gewöhnliche Kosten sind, die sonst einfach in keine andere Kategorie passen, dann würde ich das nicht saldieren.

  • Wenn in den "other expenses" Kosten sind, die direkt den Einmalerträgen zurechnen kannst, dann würde ich das netten, ja.

    Wenn es aber gewöhnliche Kosten sind, die sonst einfach in keine andere Kategorie passen, dann würde ich das nicht saldieren.

    Lt. GB scheinen die auch eher "EInmal Charakter" zu haben. Interessanterweise gibt es die beiden P&L Positionen noch nicht so lange.

  • Puh, also wenn CauteInvest nichts zum Meckern findet, außer das das aktuelle KGV nur 10 ist, und der größte Kritikpunkt von MMI ist, daß die Aktie meistens billig war - also was Besseres finde ich wohl nicht. ;)

    „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht." – Benedikt Lux, Grüne Berlin