• Im Gegensatz zu Tabak kann ich aber mit Öl-Investments gut leben, denn wie ich zu Kritikern immer sage, "wer tankt schafft die Nachfrage", nicht wer investiert.

    Hi buccaneer ,


    ich denke wir verstehen uns gut genug dass du es nicht falsch verstehst.

    Aber ich dachte ich greife diesen Punkt mal auf da du es nun selber angesprochen hast und das ein Thema ist über das auch ich in letzter Zeit vermehrt nachgedacht habe (ein Luxusproblem quasi, vermutlich bedingt durch weniger Rendite-"Zwang" nach Jahren guter Aktiengewinne).


    Das Argument mit der Nachfrage ist bekannt, und naja, sagen wir mal halb richtig. Egal, das ist garnicht mein Punkt.

    M.E. kommt nämlich noch eine Schwierigkeit hinzu wenn man "ethisch" investieren will:


    Und das ist der Zielkonflikt.


    Als Shell-Aktionär musste ich bis vor einigen Monaten letztlich hoffen dass der Öldurst der Menschheit steigt, ich musste eigentlich auch hoffen dass Trump & Konsorten sich durchsetzen und Massnahmen zur Reduktion des Öl-Verbrauch auf die lange Bank geschoben werden. Ich konnte mir eigentlich nicht wünschen dass Öl schneller als erwartet als Energieträger abgelöst wird und somit meine Assets an Wert verlieren.

    Aus Bürger-Sicht wünsche ich mir nun aber genau das Gegenteil - und mehr sogar, mir persönlich ist der Kampf gegen CO2 sogar ein recht wichtiges Anliegen.

    Das alles erzeugt imho (und ich nehme an es gibt Experten die das bestätigen und besser ausdrücken können als ich) eine kognitive Dissonanz.

    Kognitive Dissonanzen führen wiederum zu einer geringeren - hm, wie soll ich sagen - ethischen Standfestigkeit, zu weniger persönlicher Integrität, und - als Folge in Summe und auf Dauer auch zu einer latenten, unterschwelligen psychischen Belastung, einem Ungleichgewicht, mit entsprechender verminderter Lebensqualität. ("Es gibt kein richtiges Leben im Falschen").


    Es gibt verschiedene Wege kognitive Dissonanzen aufzulösen.

    Aber für mich war dieser Punkt der Grund meine Ölinvestments zu überprüfen. Ich gebe offen zu dass meine Entscheidung dadurch erleichtert wurde, dass ich Ölinvestments eben nur für bedingt aussichtsreich halte, bzw. genug Alternativen am Markt sehe aktuell.


    Meine drei Russen (Lukoil, Gazprom, Surgutneftegaz) habe ich übrigens bisher behalten.

    Hier ist der Zielkonflikt (für mich persönlich) geringer:

    Denn meine Investmentthese dort ist dass der Aktienpreis weniger von einem steigenden ÖL/Gas-Preis oder steigender Nachfrage abhängt (denn die Gewinne würden auch bei etwas niedrigeren Preisen hinreichend sprudeln), sondern er hängt eher von einem Auftauen des Nato-Russlandverhältnisses ab. Und das wiederum wünsche ich mir durchaus auch als Bürger.

    Zudem sehe ich Gas als sinnige Brückentechnologie zu Kohle an. Wobei Al's Punkt mit den Methanemissionen hier auch einen neuen Aspekt reingebraucht hat...dazu habe ich meine Meinung aber noch nicht abschließend gebildet...


    Wie gesagt soll kein moralischer Zeigefinger sein, nur ein Denkanstoss.


    Gruß,

    Woodpecker

    "Nicht Völker führen Kriege gegeneinander, sondern Regierungen führen Kriege gegeneinander"

    "If you act out of fear, anger, despair or suspicion - this will ruin everything." - Thich Nhat Hanh


  • Hi wp,


    sowieso klar, gar kein Thema. Danke für Deine Meinung! Ich bin auch teilweise bei Dir, bzw. denke dass viele Menschen so ticken.


    Ich schätze aber (und das kann natürlich eine Fehleinschätzung sein) dass ich nach dem gehe was ich als realistisch erachte. D.h. ich glaube der Öl-Verbrauch wird weiter zunehmen etc., was aber nicht heißt dass ich das unterstütze. Ganz im Gegenteil. Ich arbeite im Erneuerbaren-Bereich, ich versuche sparsames Autos zu fahren, wenig zu fliegen (was beruflich schwierig ist, aber zumindest im privaten), etc.


    Ich persönlich denke, als erstes sollen Kohle und Atom weg, da wird man Öl wohl noch ein bißchen brauchen. Ist für mich im Moment nicht das schlimmste.


    Ähnlich bei Plastik, also Petrochemie. Ich werde manchmal richtig wütend wenn man mir unnötig Plastik aufdrücken will, beim einkaufen etc. Und ich bin da strikt dagegen und für Vermeidung und wenn ich Tüten hab nehm ich sie so oft her wie möglich etc. Aber ich sehe nicht dass ich damit einen wesentlichen Einfluss habe.


    Und ja, ich würde wohl behaupten ich wünsche mir sogar dass der Öl-Verbrauch sinkt, auch wenn meine Investments dann darunter leiden würden.


    Aber ja, der Zielkonflikt ist da und es ist finde ich keine ganz unkomplizierte Sache. Aber trotzdem ist meine Meinung dass der Ressourcen-Verbrauch vom Ressourcen verbrauchen kommt und da ist für mich die Nachfrage ursächlich. Und das kann man sicher diskutieren wie erwähnt, aber ich für mich habe diese Überzeugung gewonnen, z.B. auch bei der Drogen-Thematik. Ich glaube nicht dass man das Angebot wesentlich beschränken kann und die Erfahrung zeigt das ja wohl auch. Ich denke man kann nur bei der Nachfrage ansetzen, also Erziehung, soziale Arbeit, etc.


    Übrigens, das bringt mich auch zu einem wesentlichen Unterschied. Natürlich könnte man Öl-Verbrauch wohl wesentlich wirksamer regulieren als das Beispiel mit den Drogen. Und ich bin auch überzeugt dass wesentlicher Umweltschutz nur über Regulierung funktionieren kann. Aber die sehe ich eben nicht und ich glaube leider auch nicht daran dass sich da was ändern wird. Der größte Zielkonflikt in der Thematik ist für mich Umweltschutz gegen (kurzfristig) wirtschafts-freundliche Politik.


    Also, ich bin bei Dir, aber ich glaube für mich behaupten zu können dass ich nach meiner Einschätzung der Realität investiere. Und nur investiere. Und dass ich trotzdem und entgegen dieser "Interessen" handle, wähle und wünsche.

    When a management with a reputation for brilliance tackles a business with a reputation for bad economics, it is the reputation of the business that remains intact.


    W. B.


    Investment is most intelligent when it is most businesslike.


    B. G.

  • Die OPEC Kürzung scheint am Markt komplett zu verpuffen.

    Wenn die Weltwirtschaft weiter Bremsspuren zeigt könnte es ein ziemlich schwieriges Jahre werden für Öl.

    ...und für den ein oder anderen Fracker auch. Bei <50 USD wirds für viele langsam schwierig....

    "Nicht Völker führen Kriege gegeneinander, sondern Regierungen führen Kriege gegeneinander"

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  • Wow, das ging schneller als ich dachte.


    Brent -9% an einem Tag, das habe ich glaube ich noch nie gesehen.

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  • Tja, spannende Zeiten. Das hab ich am Samstag schon befürchtet, als die Preise von den Saudis kamen, aber zugegeben nicht in dem Ausmaße..


    Gute Zeiten für Umweltschützer, ganz abgesehen von dem Preiskrieg jetzt. Ich meine was den Nachfrage-Einbruch betrifft. Wenn man aber dann auch sieht welche Panik das bei Politikern auslöst (ich lese auf Bloomberg dass sogar Deutschland jetzt investieren bzw. unterstützen will; wenn auch m.M. nach nach wie vor viel zu halbherzig), sieht man einmal mehr den großen Zielkonflikt. Die Idee, wenn ich das richtig verstanden hatte, finde ich übrigens ziemlich genau richtig, dass man Firmen unterstützt (wenn auch bürokratisch schwierig), die vom Corona-Virus betroffen sind. Z.B. im Sinne eines Fonds der Liquidität bereitstellt die man dann im Anschluss zurückzahlen kann (ich sage jetzt mal worst case 2 Jahre Corona-Virus, wenn ich die Impfstoff-Entwicklung einigermaßen richtig einschätze). Könnte man natürlich auch über Kredit-Garantien machen, dann wären Banken auch gleich unterstützt, ist aber wohl dann regulatorisch schwierig.


    Ich bin gespannt wie Airlines etc. reagieren werden. Input-Kosten-Senkung vs. allgemeine Marktpanik..


    Möchte gerne wissen was da im Hintergrund läuft, das ist schon eine interessante Gemengelage. Die Russen sauer wegen der Sanktionen (z.B. kürzlich wieder Rosneft), aber auch Nord Stream (da bin ich auch sauer). Könnte mir sehr gut vorstellen dass die jetzt ziemlich viel verlangen gegen eine Marktstabilisierung Ihrerseits. Bis zur US-Wahl halten die nämlich sicher durch und wenn bis dahin Panik herscht dürfte das (schätze ich) einem Demokraten in's weiße Haus helfen. Insofern könnte ich mir vorstellen dass sie da einiges abverhandeln könnten. Vielleicht bekommen sie auf diesem Wege von den USA sogar die Krim anerkannt, wer weiß.


    Ist vielleicht auch der Grund dass es jetzt gleich so heftig abgeht. Vielleicht will man da von gewissen Seiten lieber jetzt bzw. kurzfristig einen richtigen Knall als hinten raus kurz vor der Wahl. Ich gehe schon eher davon aus das die Saudis und Amerika miteinander reden. Das gleichzeitig wieder ein paar Verhaftungen im Königshaus dort waren, noch ein Thema. Also es ist schon einiges los.


    Wenn ich "Deutschland wäre" (ich meine die entsprechende Entscheidungsgewalt hätte) würde ich mich langsam daran machen strategisch Öl einzukaufen. Wie lange das jetzt dauert weiß natürlich keiner, aber ich schätze nicht dass der Ölpreis langfristig unter 40-50 USD sein wird. Ich schätze mal die Chinesen werden es tun.


    Tja, wenn man in diesen Zeiten schon nicht mehr in's Kino gehen will, ist zumindest so genug geboten..

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    W. B.


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    B. G.

  • Nikkei -5%

    US Futures alle -5%

    DAX/FTSE Futures -6%

    Öl Futures -30%


    Das wird mehr als spannend wenn die Börsen öffnen.


    Und ich habe vor 2 Wochen 5000L Heizöl getankt ;( und auch noch RDS.A kräftig eingekauft ;(;(;(. Wie immer zu früh. Heizöl passt zwar nicht mehr in den Tank, aber für ein paar weitere Aktien ist immer noch Platz:). Mal sehen ob heute bei einigen Aktien die Börse ohne Aussetzung des Handels funktioniert.

    "If it sounds too good to be true, it probably is."


    "Theoretisch gibt es keinen Unterschied zwischen der Theorie und der Praxis. Praktisch stimmt das aber nicht."


    "Erfahrung ist das was man bekommt, wenn man nicht bekommt was man möchte."

  • Interessant. Ein sehr niedriger Ölpreis hat eigentlich eine stark konjunkturfördernde Wirkung, v.a. in Emergin Markets.

  • Ich muss gestehen, dass ich eine erste Miniposition TGS Nopec (0,3% vom Portfolio) nachgelegt habe.


    Vmtl. zu früh, aber egal.

  • Interessant. Ein sehr niedriger Ölpreis hat eigentlich eine stark konjunkturfördernde Wirkung, v.a. in Emergin Markets.

    Der Klassiker der mir dazu einfällt ist die Türkei. Die hängt immer recht stark invers am Ölpreis.


    Für die USA allerdings sehe ich das eher kritisch:

    Viele Fracker sind eher kurzfristig oder über revolver finanziert.

    Hier dürften die Banken nun reihenweise den Hahn zudrehen und etliche Player in Schieflage geraten.

    Da die USA aber mittlerweile Netto-Exporteuer sind und der Ölboom dort etliche Jobs (zumal meist Trump-Wähler) geschaffen hat, wird das ziemlich "interessant" werden wie es mit dem Sektor nun weiter geht....


    Auch für die Saudis wird das unschön, der deal mit der eigenen Bevölkerung könnte weiter unter Druck kommen.

    Die Russen trifft es auch, aber die sind ja Leid gewohnt, um die mache ich mir weniger Sorgen.

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  • Du meinst die Russen versuchen jetzt das abzuziehen was die Saudis vor ein paar Jahren versucht haben?

    Den Frackern die Luft abzudrehen?!


    Könnte sogar klappen, da jetzt Ölpreisrutsch auf Corona-Panik trifft. Das dürfte zu empfindlichen Bremsspuren im Finanzierungsmarkt für Fracker führen.

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  • Die Saudis brauchen glaube ich einfach Kohle um den Apparat am laufen zu Halten.

    Auch der Grund warum die Saudi-Aramco an die Börse gebracht haben.


    Ist glaube ich viel profaner als alle denken...

    Die haben das nicht so mit Sparen...

    Seit dem der Öl-Preis fällt nehmen die Schulden auf - haben die immer schon so gemacht.


    https://tradingeconomics.com/s…ia/government-debt-to-gdp

    Value investing is at its core the marriage of a contrarian streak and a calculator - Seth Klarman

  • Ich müsste mich wundern wenn es nicht bald zu Übernahmen im Öl-Bereich kommen würde. Manche sind ja da grad so extrem abgeschmiert, Marathon Oil z.B., oder Occidental.


    Natürlich sind die reinen E&P-Player noch extremer vom Preis abhängig als die Multis, aber die sind ja teilweise auch recht gehedged und mittelfristig durchfinanziert, z.B. eben Marathon, hier:

    https://ir.marathonoil.com/202…-Flexibility-and-Dividend


    Also ich könnte mir schon vorstellen dass es da mutige Übernehmer geben könnte. Wenn man sich vorstellt was man da bekommt, verglichen mit den ganzen Entwicklungskosten, in einem Bereich den viele immer noch für eines der vielversprechendsten Öl-Felder der nächsten Zeit halten. Aber ich schätze schon dass sich da die Spreu vom Weizen trennen wird.


    Ganz generell, wünsche ich mir jetzt von ganz vielen Firmen mehr oder weniger massive Rückkäufe. Die Zinsen werden runtergeknallt, es gibt wohl staatliche Unterstützung von allen Seiten, generell, abgesehen vom Virus jetzt kurzfristig, könnte das eine hervorragende Ausgangslage sein. Die Firmen sollen sich jetzt einfach durchfinanzieren für die nächsten 3-5 Jahre, dann frägt keiner mehr nach dem Corona-Virus. Insofern könnte das mittelfristig durchaus auch für Banken gut sein, sie finanzieren und der Staat unterstützt.


    Ja, und eben die niedrigen Ölpreise jetzt erst mal. Wenn man mal ganz trocken bleibt und die aktuellen Schwankungen etwas ausblendet, wirkt alles wie ein massives Konjunktur-Programm. Öl runter, Zinsen runter, staatliche Unterstützung.

    When a management with a reputation for brilliance tackles a business with a reputation for bad economics, it is the reputation of the business that remains intact.


    W. B.


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    B. G.