Die Zauberformel-Strategie aus Joel Greenblatts aktuellem Buch THE LITTLE BOOK THAT BEATS THE MARKET(Deutsch: Die Börsen-Zauberformel)wurde zwar schon kurz im Thread STRATEGIEN IM VERGLEICH angesprochen. Trotzdem würde ich gerne noch einmal eine Diskussion über die Auswahlkriterien von Greenblatt hier im Forum beginnen, da wir es hier mit Value-Investing in einer simplen aber effektiven Ausführungsform zu tun haben. Obwohl ich das Buch selber (noch) nicht besitze oder gelesen habe, kenne ich einige zusammenfassende Artikel darüber.
Joel Greenblatt ist Harvard Professor und in Fachkreisen bereits eine Legende ähnlich Graham und Buffet. Seit 1985 ist er Geschäftspartner einer privaten und außerordentlich erfolgreichen Investmentfirma namens Gotham Capital, mit der er einen Hedge Fonds aufgelegt hat. Nach eigenen Angaben beruht der Erfolg von Greenblatt/Gotham Capital auf einer erstaunlich simplen Anlagestrategie, die seiner Firma angeblich jährliche Gewinne von durchschnittlich 30,8 % eingebracht hat, verglichen mit den 12,4 % des S&P 500. Eben diese Strategie offenbart er in seinem LITTLE BOOK THAT BEATS THE MARKET.
Um es kurz und einfach zu beschreiben: Das zugrunde liegende Ziel von Greenblatts Methode ist natürlich, unterbewertete Firmen ausfindig zu machen. Für seine sogenannte Zauberformel reichen ihm dabei im Prinzip zwei Finanzkennzahlen, von denen eine seiner Meinung nach die Qualität einer Aktie bestimmt und die andere als Maß dafür dient, ob eine Aktie günstig ist: die Kapitalrendite und die Gewinnrendite.
Die Kapitalrendite (Gewinne für investiertes Kapital) bemisst danach die grundlegende Qualität eines Unternehmens. Je höher die Gewinne auf das investierte Kapital, desto besser. Ein Unternehmen, das bei gleichem Kapitaleinsatz doppelt so viel Gewinn macht wie ein anderes, ist halt attraktiver und rechtfertigt einen höheren Kaufpreis, weil das Geschäftsmodell ganz offensichtlich besser funktioniert. Zur Berechnung der Kapitalrendite teilt Greenblatt den Unternehmensgewinn des letzten Jahres durch das Nettoumlaufvermögen plus das Nettoanlagevermögen (Buchwert).
Die Gewinnrendite oder auch Ertragsrate zeigt auf, ob die Aktie/das Unternehmen zur Zeit günstig ist. Diese Zahl setzt den Gewinn eines Unternehmens in Bezug zu seinem Preis am Markt. Obwohl die Gewinnrendite bei Greenblatt etwas komplizierter berechnet wird, handelt es sich dabei im Prinzip um den Kehrwert des Kurs-Gewinn-Verhältnisses KGV.
Greenblatt sagt also: Unternehmen mit niedrigem KGV und einer hohen Kapitalrendite sind kaufenswert. So ausgewählte Aktien sollen ein Jahr gehalten werden.
Sein System scheint in der Tat zu funktionieren. Auf seiner kostenlosen Webseite magicformulainvesting.com zeigt er anhand einer Unternehmensrangliste, dass die besten 10% der anhand seiner Kriterien ausgewählten Aktien durchschnittlich 17,9% pro Jahr erbracht hätten. Das zweite Dezil brachte noch 15,6%, das dritte 14,8%, und das letzte 2,5%.
Wir haben es hier also ganz ähnlich wie bei den erfolgreichen Anlagestrategien von O´Shaughnessy mit einer Zweikomponentenstrategie zu tun. Für mich stellt sich nun die Frage, ob Greenblatts oder O´Shaughnessys Strategie entscheidende Vorteile bietet, oder ob es nicht sogar sinnvoll wäre, beide miteinander zu kombinieren.
Zur Erinnerung: Nach O´Shaughnessy ist es erfolgversprechend, Aktien anhand eines günstigen KUV, KBV, KCV oder KGV in Verbindung mit einer hohen Relativen Stärke auszuwählen. Kernaussage: Aktien müssen a) Günstig sein und b) im Trend liegen.
Greenblatt sagt, Aktien müssen a) günstig sein (niedriges KGV) und b) ein qualitativ hochwertiges und ertragsstarkes Geschäftsmodell aufweisen (hohe Kapitalrendite).
Es liegt nun relativ nahe, beide Strategien zu koppeln und statt der ursprünglichen zwei drei Kriterien zu bemühen:
a) niedriges KUV, KGV, KCV, KBV (vulgo: günstig)
b) hohe Kapitalrendite (somit Qualitätsaktie)
c) hohe relative Stärke (Trendfolgekriterium)
Was sagt ihr dazu? Hat schon jemand das ganze Buch gelesen? Etwas Magie macht sich an der Börse bestimmt nicht schlecht, und vielleicht lässt sich die Magic Formula ja mit ein wenig Tüftelei noch verbessern. Es darf halt nur nicht zu lange dauern, bis man das Zaubern gelernt hat, siehe z.B. Herman van Veen:
Könntest Du zaubern
...Doch wird ein Zaubertrick dir nicht geschenkt
es kostet mehr Zeit als sich mancher denkt
zehn Jahre sucht man nach dem Tuch
und Fünzig nach dem Zauberbuch
und bis man es gelesen hat
ist man gebrechlich, alt und matt
den Zauberkurs von A bis Z
beherrscht man nicht mal als Skelett
Und doch, mein Sohn versucht im Leben
das Zaubern niemals aufzugeben!
Gruß, Mickymoto