• Die Frage ist auch wie zuverlässig die USA als LNG Lieferant sind.


    Es gab neulich einen Vorstoß im Senat, bei Engpässen immer nationlen Verbrauch zu priorisieren, und in solchen Situationen Lieferverträge ins Ausland einfach nicht zu erfüllen.

    Ich hab es nicht weiter verfolgt, aber da in den USA die Stromproduktion grade ganz massiv von Kohle auf Gas umgebaut wird, ist mehr als unsicher ob man konstant beliefert wird.

    Zudem leiten die Amis ihr LNG auch gerne nach China um wenn dort mehr bezahlt wird - wie vor einigen Monaten geschehen.


    NL und Norwegen fallen auch zunehmend aus. NL hat ein Moratorium das die Erschließung neuer Gasfelder verbietet. Und Norwegens Reserven gehen zur Neige.


    Nein, wenn es einem um Energiesicherheit geht kommt man in Europa nicht herum um Russland.


    Ach so, doch, eine Möglichkeit gäbe es: Fracking in Deutschland.

    Dort wäre tatsächlich einiges zu holen.

    Bin gespannt wie die Grünen das dann ihrer Klientel erklären. ;-)

    "Nicht Völker führen Kriege gegeneinander, sondern Regierungen führen Kriege gegeneinander"

    "If you act out of fear, anger, despair or suspicion - this will ruin everything." - Thich Nhat Hanh


  • Nochmal Gazprom.


    Ich kenne ehrlich gesagt nicht die Anteile der verschiedenen Kunden und auch nicht die Lieferpreise.

    BC sagte öfter, Gazprom liefert generell deutlich unter Weltmarktpreis?

    Auf jeden Fall aber dürften sie aktuell drunter liegen, wegen langfristiger Verträge.


    Wenn nun das Kind eh im Brunnen ist, NS2 auf absehbare Zeit tot, die Russen eh die Bösen von denen mal loskommen will.


    Dann wäre doch die beste Strategie für Gazprom:


    1) Langfristige Verträge weiter erfüllen natürlich.

    2) Neue langfristige Verträge nicht mehr mit Discount abschließen sondern zum Margin-Preis von Gas am Markt in Europa. Das dürfe dann der Preis von LNG sein.

    Wäre ich Gazprom würde ich den knapp unterbieten, aber nicht viel. Warum sollten sie was herschenken? Das Argument goodwill wegen NS2 fällt ja fortan weg.

    Der LNG Preis dürfte DEUTLICH über dem aktuellen Preis für Pipelinegas liegen. Ich denke mal mindestens das Doppelte.

    3) Lieferung in andere Regionen maximale Menge und weiterhin deutlich unter dortigem Marktpreis um Kundenbindung zu erhöhen. Was sind diese Regionen? China eh, aber begrenzte Pipelinekapazität. Aber auch Türkei, oder? Und Balkan via SouthStream auch, nicht wahr? Oder wird dort auch danach gerufen dass man sich gerne in den Fuß schießen will? Ich habe bislang nicht den Eindruck.

    4) LNG Export ausbauen. Erstens kann man damit neue Märkte erschließen. Zweitens wird der LNG Preis durch die hohe Nachfrage Europas dauerhaft hoch sein. Drittens kann man damit hervorragend "Schmuddelexport" machen, wie damals der Iran, der ja immer Öl nach Bulgarien exportiert hat. Und dann Bulgarien nach Spanien (war in dieser Öl- Doku die einer hier verlinkt hatte neulich)

    5) Wasserstoffproduktion ausbauen. Gazprom hat ja schon geraume Zeit Pläne "grauen" Wasserstoff herzustellen. Ob das jetzt Umweltmäßig wirklich Sinn macht, keine Ahnung, vermutlich nur wenn man das mit CCS kombiniert. Wie auch immer, nach Wasserstoff wird es zukünftig nachhaltig hohe Nachfrage geben, das werden sie bestimmt los und es ist viel hochwertiger.


    Was ich sagen will:
    Durch die erzwungene Verknappung am europäischen Markt und der Freiheit Gazproms nun komplett egoistisch zu maximieren, könnte es paradoxerweise zu HÖHEREN Gewinnen bei Gazprom führen. Ähnlich wie bei der Verknappung durch Lieferkettenprobleme die wir hier neulich erörtert haben.


    Bezahlt werden diese Mehreinnahme, genau wie die fetten zukünftigen Gewinne der US Fracker, von den braven deutschen Verbrauchern. Nun, das machen die sicher gerne, weil sie mit dem wohligen Gefühl belohnt werden mit jeder hohen Rechnung was für den Fortschritt der Demokratie zu tun.

    Die Fracker freuen sich ebenso. Die Ukraine freut sich. Der Biden freut sich.

    Wenn es läuft wie oben beschrieben freut sich auch Gazprom und wir Aktionäre auch.

    Also alle glücklich :-)


    Nur mal so ein Gedanke.


    wp

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  • Du gehst davon aus, dass Gazprom wie ein normales Unternehmen geführt wird. Es ist aber ein politisches Unternehmen, insofern ziemlich unberechenbar.

    Gas-Knowhow für den Wasserstoff haben andere Gasunternehmen auch. Die sind vielleicht sogar noch stärker gezwungen, sich damit auseinanderzusetzen, wenn ihre Reserven zur Neige gehen.

    Vielleicht wären Gastanker ein interessanteres Invest?

    "Hey Du, möchtest Du ein A kaufen?" Standard & Poor's (zitiert aus: Marc-Uwe-Kling: Der falsche Kalender - 365 falsch zugeordnete Zitate)

  • Warum ist eigentlich das LNG teurer? Weil es aus Quellen mit höheren Förderkosten kommt, oder weil Verflüssigung und Transport per Tanker so teuer sind? Im letzteren Fall wäre der Gewinn von Gazprom nicht höher. Weiter wäre die Frage, ob dafür in Rußland ausreichend LNG-Terminals vorhanden sind (bei uns fehlt es nebenbei glaube ich auch daran). Wohl nicht? Bis die gebaut sind würde es erstmal nichts mit fetten Dividendenausschüttungen. Falls eine Pipeline nach Fernost gebaut würde ebenso.


    Wird man sich beim Öl zu Sanktionen trauen? Beim Iran ging das, aber Rußland ist ein sehr großer Produzent, und es geht doch nur entweder ganz oder gar nicht. Eine Quote wäre doch kaum zu überwachen. Falls doch, können sie das problemlos ausgleichen durch Exporte in oder über andere Teile der Welt? Ich fragte mich das auch schon, wie man denn feststellt, daß es russisches Öl ist? Je nach dem könnte z.B. Lukoil interessant sein. Die verloren von ca. 81 auf 63 bzw. 92 seit Oktober, während andere Ölwerte zulegten. Andere wie PhosAgro, Norilsk oder die Stahlhersteller verloren kaum.

    „Lasst uns doch die Quadratur des Kreises probieren.“Robert Habeck über sein Politikverständnis

  • Gasprom verdient bei uns einen guten Teil über die Durchleitungsgebühr im Netz. Das kriegen sie sogar, wenn wir Flüssiggas einspeisen.


    Die andere Seite des Asset-Tausches (Überkreuzbeteiligung) ist die, dass Wintershall nun Erdgas in Sibirien gehört. Das werden sie wohl hertransportieren dürfen.


    Vielleicht ist es gar nicht ganz so wild, wie es zuerst aussieht.

  • Winter


    Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet, habe aber eine grobe Vorstellung. Die Förderkosten für das Gas sind zum großen Teil vernachlässigbar. Ursprünglich wurde es (bis auf ökonomisch wenig relevante Ausnahmen) als Abfallprodukt der Ölförderung einfach abgefackelt. Selbst heute werden in den USA viele Öl-Bohrlöcher wieder geschlossen, wenn der Gas-Anteil des Vorkommens zu hoch ist. Das Problem ist der Transport: Ökonomisch kann Gas nur über Pipelines oder nach Verflüssigung durch Tanker (Lkw und Schiffe) transportiert werden. Der wesentliche Baustein der Kosten besteht in der Bereitstellung der Infrastruktur (Pipelines und/oder Verflüssigungsanlagen).

    Die Struktur des Gasmarktes ist ähnlich wie beim Strom: Die Grundlast wird durch langfristige Lieferverträge gesichert. Spitzenlasten werden auf dem Spot-Markt gehandelt. Langfristige Lieferverträge gibt es sowohl für LNG, wie auch für Gas aus Rohrleitungen. Die Preise auf dem Spotmarkt können weit unter oder weit über den Preisen der langfristigen Lieferverträgen liegen: In der Wüste kannst Du für eine Flasche Wasser jeden Preis verlangen; in der Oase ist das Wasser kostenlos.


    Um eine Vorstellung zu kriegen:

    In einem Wikipedia-Artikel (hab ich nicht wiedergefunden, deshalb nicht verlinkt) fand ich als Gaspreis, den Gazprom im Jahr 2014 von Deutschland verlangte, die Zahl 184 € pro 1000 m3. Das entspricht etwa 7 € pro MMbtu. Hier sind andere und ältere Zahlen. Man sieht, dass Deutschland schon immer ein Vielfaches dessen zahlte, was die Vasallenstaaten an Russland zu löhnen hatten. Und die zahlten wiederum ein Vielfaches dessen, was russischen Verbrauchern berechnet wurde. Der Umrechnungsfaktor 1000 m3 zu MMbtu ist übrigens 26,4.


    Hier siehst Du die Spot-Preise am Henry Hub in den USA. Diese liegen in den Jahren seit 1997 in dem Bereich zwischen 1,72 USD und 12,69 USD. Die verlinkte Tabelle gibt einen guten Überblick über die Entwicklung des Gaspreises am Spot-Markt.


    Für die Verschiffung von Flüssiggas von Henry Hub nach Europa kommen noch Kosten von etwa 1 USD pro MMbtu hinzu, außerdem noch "tolling fees" in Höhe von 2-3 USD. Ein europäischer Einkäufer zahlt also HH-Preis plus 3-4 USD. Gazprom hatte bis vergangenes Jahr offenbar etwa 40% Marktanteil auf dem europäischen Spotmarkt. Seit letztem Sommer liefert es nichts mehr auf dem europäischen Spotmarkt. Dadurch stieg der Preis dort bis Dezember auf etwa 60 USD pro MMbtu an. Bei einem Spot-Preis am Henry Hub von 5 USD ergab sich eine wunderbare Arbitragemöglichkeit: Man füllte ein Schiff am Henry Hub für 20 Mio USD und verkaufte die Ladung in Rotterdam für 240 Mio USD. Putin sei Dank.


    Wird ein Erdgasfeld erschlossen, so werden üblicherweise zur Absicherung der Finanzierung ein oder mehrere langfristige Lieferverträge geschlossen. Seit vielen Jahren sind Japan, China und Süd-Korea Abnehmer solcher langfristiger (LNG-) Lieferverträge. Der größte LNG-Exporteur ist übrigens Australien, dicht gefolgt von Qatar, und dann erst die USA. Russland exportiert ungefähr halb soviel LNG wie die USA (über das Pipeline-Gas hinaus). Die großen Abnehmer von LNG sind Europa, China und Japan (jeweils etwa gleich viel), danach kommt Korea und Indien.


    In den vergangenen Jahren war der Gaspreis so niedrig, dass viele Erschließungsprojekte eingestellt wurden. Es gibt auch außerhalb Russlands Gasfelder zuhauf, die noch erschlossen werden können, solange der Gaspreis über 3 USD liegt. Wir sind nicht vom russischen Gas abhängig.


    PS: Äh, hatte ganz vergessen, dass ich eine Frage beantworten wollte: "Warum ist LNG teurer?". Die Antwort ist: LNG ist a priori nicht teurer. Eine Pipeline zu bauen ist sehr teuer. Das lohnt sich nur bei riesigen Gasfeldern. Es gibt Schiffe als mobile LNG-Verflüssigungsanlagen für kleinere Felder.

    Einmal editiert, zuletzt von monopole ()

  • Lt. Internet irgendwo sind für das Verflüssigen von Erdgas 10-25% der Menge aufzuwenden (ob die 100% gasförmig oder flüssig sind stand da nicht), wie auch immer kostet es Energie und setzt CO2 frei.


    Lt. Wiki ist die Kapazität von NS1


    Sowohl Nord Stream 1 als auch Nord Stream 2 haben nach Angaben von Gazprom jeweils eine nominelle Transportkapazität von 55 Mrd. Nm³ pro Jahr[5] entsprechend etwa 550 TWh/a oder 63 GW Heizwert Dauerleistung.


    55 * 10^9 Nm3 wären 55 * 10^9 * 10^27 m3 oder 55 * 10^36 m3.


    In 2021 sei NS1 zu fast 100% ausgelastet gewesen, hört man.


    Wieviel passt jetzt auf so einen Flüssiggastanker und wieviel kann ein (noch nicht vorhandener) Entladeterminal Pro Tag oder Jahr entladen?


    Aus Deinem Beispiel entnehme ich (20 Mio USD die Ladung à 5 Usd/MMbtu) 4 Mio MMbtu, das wären etwa 100 Mio m3.


    55 * 10^36 / (100 * 10^6) = 5,5 * 10^30 Schiffsladungen pro Jahr. Das kann man jetzt noch durch 365 teilen ... dann weiß man, wieviele Schiffe pro Tag es braucht.


    Bitte ruhig mal nachrechnen/recherchieren. Es sollen im Internet schon falsche Sachen gestanden haben ... ansonsten "Schiff ahoi" ;-)

    Auch unsere Gedanken sind wircksame Factoren des Universums. Novalis


    Everything will be allright!

  • Lt. Wiki ist die Kapazität von NS1


    Sowohl Nord Stream 1 als auch Nord Stream 2 haben nach Angaben von Gazprom jeweils eine nominelle Transportkapazität von 55 Mrd. Nm³ pro Jahr[5] entsprechend etwa 550 TWh/a oder 63 GW Heizwert Dauerleistung.


    55 * 10^9 Nm3 wären 55 * 10^9 * 10^27 m3 oder 55 * 10^36 m3.

    Ich würde Nm³ als "Norm-Kubikmeter" lesen (sh. dein wiki-link zu Nm³) und nicht als 10^27 m³. Die Northstream-Kapazität wäre demnach schlicht und einfach 55 Mrd. m³ (was ja schon eindrucksvoll genug ist).


    Zum Frachtvolumen der Tanker: Der weltgrößte LNG-Tanker fasst laut Spiegel 266.000 m³ (Stand 2010). Wenn wir mit einem durchschnittlichen Volumen von 250.000 m³ rechnen, dann komme ich auf 220.000 Tankladungen pro Jahr bzw. ca 600 Tanker pro Tag.


    Auch mit diesen Zahlen eher unrealistisch...


    edit: Sehe gerade den Kommentar von Winter - das wäre dann auch noch zu berücksichtigen...


    edit 2: Hier steht, dass ein m³ Flüssiggas 600 m³ Normalgas entspricht. Aus 600 Tankern pro Tag wird somit praktischerweise genau 1 Tanker pro Tag.

    "Spending money to make you happy is hard if you’re already happy." Quelle

    Einmal editiert, zuletzt von witchdream ()

  • Kurz gegoogelt:


    Ein Kubikmeter (m³) gasförmiges Flüssiggas (in der Regel Propangas) entspricht 3,93 Litern flüssigem Flüssiggas.


    1 m³ = 1000 Liter, d.h. Umrechnungsfaktor 1000/3,93 = 254.

    Dann wären es, wenn witchdreams Rechnung stimmt, 2-3 Tanker pro Tag.

    Aber wir haben glaube ich kein Terminal dafür. Kapazität in Rotterdam oder anderswo in Europa - und dann Einspeisung?

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  • Sind die 266 Tsd m^3 nicht flüssig (Kapazität des Frachters), während die 55 Mrd m^3 in der Pipeline gasförmig sind?


    Ich rechne mal für reines Butan. Dichte der Flüssigkeit knapp unter dem Siedepunkt ist 0,6g/cm^3, also 600kg/m^3.


    Butan ist C4H10, hat also 58g/mol und somit als Gas 58g/22,4l oder 2,59 kg/m^3.


    Damit wäre die Kompression beim Verflüssigen ein Faktor von etwa 230, womit man bei etwa 3 Tankern pro Tag ist. Da braucht man schon ein großes Verladeterminal, aber es ist technisch machbar.


    Die Tanker fahren allerdings erstmal noch mit Schweröl.

  • Ja, richtig, die 10^27 waren zuviel, kamen mir gleich hoch vor, hätte ich überprüfen sollen ...


    Von wegen m3 Gas oder flüssig, ich war bei der Tankergröße von MMbtu ausgegangen, was Energiegehalt ist, volumenunabhängig.


    Was noch eine offene Frage ist, wie lange dauert es, so ein Schiff zu befüllen oder zu entleeren, ob da 200.000 cbm in ein paar Stunden rein oder rauslaufen. Wenn das Gas beim Befüllen verflüssigt wird, wären dazu große Energiemengen pro Zeiteinheit nötig. Aber wird schon irgendwie gehen, wenn auch anspruchsvoll.


    Hier was zu Rotterdam, die Kubikmeter sind wohl gasförmig:


    https://transport-online.de/ne…m-lng-terminal-56365.html

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  • Logistisch machbar ist das. Nicht sofort weil es an Terminals in Deutschland mangelt und auch an Pipelines in den USA.

    Aber gibt ja Länder die sich heute schon massiv via LNG versorgen.


    Die Frage ist eher das Angebot.

    Überall auf der Welt werden aktuell wegen Klimawandel Gaskraftwerke gebaut.

    China baut massiv, USA bauen massiv, und auch Deutschland baut kräftig.

    Da den größten Produzenten, Russland, rausnehmen, das wird nicht klappen.

    Uran sitzen ja auch die Russen auf 50%.

    Seltene Erden übrigens auch. Nickel, Paladium, etc ebenfalls.


    Also ist die Wahl: Russland (also genau genommen das russische Volk, der Putin wird schon klar kommen) in die totale Armut sanktionieren und auf Klimawandel und Wirtschaft schei***en, oder sich doch irgendwie einigen.


    Das schreib ich jetzt nicht weil ich Putin verteidigen will und toll finde dass der so nen langen Hebel hat, sondern weil ich nicht mag wenn man Fakten ignoriert und sich in Wunschträume versteigt, auch wenn letzteres politisch total en vogue ist aktuell.


    Ne andere Möglichkeit ist noch:

    Vornerum Gesicht wahren und "alles dicht machen", aber hintenrum das Zeug (also nicht Gas, aber die Erden) via China etc zu kaufen. So ne Lösung wäre auch typisch, da blechen die Verbraucher "Preis für die Demokratie", aber hintenrum können die big guys auch gut dran verdienen.


    Ein fieser Zug vom Putin wäre übrigens wenn er von sich aus alle Öl und Gaslieferungen morgen einstellt.

    Wie lange würde er das durchhalten?

    Und wie lange der Westen?


    Es beginnt grade ein neues Spiel.

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  • Hm, meinst Du das wäre ein fieser Zug? Glaub ich irgendwie gar nicht. Ich glaub, das wäre das dümmste, was er nur machen könnte.


    Die Verteidigung aus der Wirtschaft war ja stets, Politik ist Politik, aber Russland hat IMMER geliefert. Wenn Russland die Gas-Lieferungen einstellt, ist das mit einem Schlag hinfällig. Dann gibt es auch keinen Disput mehr um SWIFT usw. Denn dann sind die Verteidiger auch noch enttäuscht und wissen endgültig, dass sie sich um andere Quellen bemühen müssen.


    Also, hm, ich bin nicht sicher, aber es scheint mir eher, als ob das für Russland ein gewaltiger Fehler wäre.


    PS:

    Ich gehe dabei davon aus, dass man ohne russisches Öl und Gas klarkommen würde. Es wäre ein gewaltiger Schock, preislich und man müsste andere Quellen erschließen, sich erstmal massiv einschränken usw. Aber ich halte es für möglich. Es ist höchst unbequem, aber möglich, meine ich.

    Wenn aber Russland dauerhaft auf die Einnahmen verzichten müsste, halte ich das für äußerst schwierig für die. Auch wenn sie aktuell noch so gut dastehen. Natürlich, die können dann LNG verkaufen, da läuft's mal gut, mal weniger, aber viel Stabilität wäre weg. Also kurz gesagt, ich glaube es gibt eine starke gegenseitige Abhängigkeit, aber ich halte die von Russland eher für höher.


    PS2:

    Wenn sie kein Gas mehr liefern, können sie sich SWIFT glaub ich gleich selbst ausschalten.. Das kommt auch noch dazu. Der Widerstand dagegen das zu tun, aus diversen europäischen Ländern, kommt ja wohl rein daher, dass man noch Gas und Öl möchte.

    Ansonsten, hatte ich es schon erwähnt, ist die Situation mit NS2 ja dann perverser denn eh und je. Falls also weiterhin Gas z.B. durch Belarus fließen sollte. Das macht nach wie vor absolut keinen Sinn. Wenn Gas, dann lieber durch NS2, als durch Belarus. Und lieber keine Symbol-Politik wie diese, sondern ernsthafte Sanktionen. Das mit den persönlichen gegenüber der Führung, finde ich insofern einen sehr guten Anfang.

    When a management with a reputation for brilliance tackles a business with a reputation for bad economics, it is the reputation of the business that remains intact.


    W. B.


    Investment is most intelligent when it is most businesslike.


    B. G.

    Einmal editiert, zuletzt von buccaneer ()

  • Hier sind einige Zahlen:

    Im Jahre 2020 hat Gazprom 454,5 Mrd m3 Erdgas (d.h. im Wesentlichen Methan CH4) produziert. Davon gingen 41,6 Mrd m3 nach Deutschland. Der Rest des Nord-Stream 1 Volumens landete im restlichen Europa (einschließlich Polen). Um das Ganze mit LNG, d.h. im Wesentlichen flüssigem Methan, vergleichen zu können, sollte man das jeweils in Gewichtseinheiten umrechnen:


    454,5 Mrd m3 sind 325 Millionen Tonnen (Mt), davon gingen rund 30 Mt nach Deutschland (d.h. Gazprom nach Deutschland). Und ja, das wäre, wenn in toto per LNG transportiert, ziemlich genau 1 LNG-Tanker pro Tag.


    Zum Vergleich: Im Jahre 2021 wurden weltweit größenordnungsmäßig 400 Mt LNG (davon 30 Mt aus Russland) exportiert.


    ca. 80 Mt LNG gingen nach China, ebensoviel nach Japan. Süd-Korea importierte etwa 50 Mt, Indien 25 Mt, das restliche Asien etwa 45 Mt, Europa etwa 80 Mt.


    Dazu sollte man sagen: Gazprom produziert LNG auf der Yamal-Halbinsel, ein Teil der dortigen Produktion geht/ging vorrangig nach Europa (Rotterdam), im Winter letzten Jahres gingen einige Schiffsladungen sogar in die USA. Ein geringer Teil der Produktion geht über die Nordostpassage nach Fernost. Dieser Teil soll ausgebaut werden. Die oben zitierte Jahresproduktion von 325 Mt von Gazprom enthält etwa 30 Mt LNG.



    PS: Die Tatsache, dass Deutschland kein LNG-Terminal hat, sollte kein größeres Problem sein; notfalls kann man Zwischenlösungen arrangieren. In Brasilien zum Beispiel werden ausgediente LNG-Tankschiffe als Anlande-Terminals für LNG-Tanker benutzt. Man braucht dann natürlich noch eine Aufwärme-Einheit, um das Flüssiggas wieder zu vergasen. Aber dann kann man es direkt in die bestehende Infrastruktur einspeisen. Solche Lösungen werden, soweit ich weiß, auch in Polen praktiziert. Jedenfalls kann so etwas relativ kurzfristig installiert werden.


    PPS: Ein Teil des LNG auf LNG-Tankern verdampft und hält dadurch den Rest kalt. Das verdampfte Gas wird zum Teil wieder verflüssigt, zum Teil zum Antrieb des Schiffes benutzt. (Es gibt hier verschiedene Modernitätsstufen von Tankern, je moderner, desto effizienter). Die modernen LNG-Tanker gehören zu den umweltverträglichsten Schiffen.

    3 Mal editiert, zuletzt von monopole ()

  • buccaneer

    Überzeugende Argumente.

    Du hast Recht, wäre doof von Putin die Lieferungen einzustellen, wird er nicht tun.

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  • Swift-Ausschluss wäre im übrigen auch blöd. Dann kann Russland sagen, wir verkaufen unser Öl nicht mehr gegen USD oder EUR, sondern gegen Gold, und zwar für eine Unze geben wir 25 bbl - ein gutes Stück unter dem Exportpreis der Saudis, wenn man zu Marktpreisen umrechnet. Gas analog unter dem LNG-Exportpreis von Qatar.

  • Die Gesetzestexte zu den Russland Sanktionen wurden heute Nacht im EU Amtsblatt veröffentlicht:


    Wenn ich es richtig verstehe wird der Handel mit Gazprom ADRs (US3682872078) ab 12. April 2022 an europäischen Börsen nicht mehr möglich sein, da sich das Unternehmen zu 50,23% in Staatsbesitz befindet.


    "Es ist ab dem 12. April 2022 verboten, an in der Union registrierten oder anerkannten Handelsplätzen übertragbare Wertpapiere von in Russland niedergelassenen juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die sich zu über 50 % in öffentlicher Inhaberschaft befinden, zu notieren und Dienstleistungen dafür zu erbringen."

    https://eur-lex.europa.eu/lega…XT/?uri=OJ:L:2022:048:TOC


    50,23 % ( = 38,37 % + 10,97 % + 0,89 %)

    https://www.gazprom.com/investors/stock/


    Begriffsdefinitionen – ADR fällt wohl unter den Begriff „übertragbare Wertpapiere“

    https://eur-lex.europa.eu/lega…XT/?uri=OJ:L:2022:049:TOC

    First focus on risk, before focus on return! (Seth Klarman)